Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Verbraucherleitbild

Von ganz zentraler Bedeutung im UWG ist das Verbraucherleitbild. Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten unzulässig ist, beurteilt sich in allen Fällen, in denen es (auch) um den Schutz des Verbrauchers geht, nach dem Verbraucherleitbild, das dem UWG zu Grunde liegt.

Nach § 3 Abs. 4 UWG sind

„Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.“

WICHTIG: Das Maß der Dinge bei allen verbraucherschützenden Bestimmungen des UWG ist der

Dieser Verkehrskreis ist nach § 3 Abs. 2 S. 2 UWG in der Regel der Durchschnittsverbraucher. Dient die gesetzliche Bestimmung wie etwas § 4 Nr. 2 UWG  dem Schutz anderer Personenkreise, bspw. dem Schutz von Kindern oder Jugendlichen oder alten Menschen, ist der Maßstab eine einsprechend aufmerksame, informierte und verständige Person dieser Bevölkerungsgruppe. Werden von der geschäftlichen Handlung gezielt besonders Schutzbedürftige Personen angesprochen, ist darauf abzustellen. Näheres zur Differenzierung siehe unter Verkehrskreise.

OLG Köln, Urt. v. 27.11.2020, 6 U 65/20 – 100,- € günstiger als 299,- € (WRP 2021, 371 Tz. 76)

Bei der Beurteilung, ob eine Irreführung im Sinne des § 5 UWG vorliegt, ist zwar auf die Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abzustellen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die genannte Vorschrift nur dann eingreift, wenn die Angabe geeignet ist, jeden durchschnittlich informierten und verständigen Werbeadressat irrezuführen. Denn auch durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher können eine Werbeangabe unterschiedlich auffassen.

Nur in wenigen Ausnahmefällen kann auf die Sicht eines Teils des angesprochenen Verkehrskreises abgestellt werden:

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 125/20, Tz. 45 - Influencerin II

Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG ist auf die Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers abzustellen, der zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehört. ... Auf die Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrundeliegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, ins-besondere Kinder und Jugendliche, ist gemäß § 3 Abs. 4 Satz 2 UWG im Übrigen nicht schon dann abzustellen, wenn möglicherweise auch diese durch die fragliche geschäftliche Handlung beeinflusst werden, sondern nur dann, wenn voraussichtlich und vorhersehbar allein das geschäftliche Verhalten dieser Verbrauchergruppe wesentlich beeinflusst wird.

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

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