Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Medien/Presse

Bei Medien (Fernsehen, Radio, Presse, Internetmedien (Newslettern) etc.) ist zunächst danach zu differenzieren, ob eine redaktionelle Tätigkeit, eine Werbung um Zuschauer, Leser etc. oder eine Tätigkeit im Anzeigengeschäft zur Beurteilung steht.

1. Redaktionelle Tätigkeit

2. Werbung um Kunden

3. Anzeigengeschäft

4. Newsletter

5. Facebook Faktencheck

6. Äußerungen gegenüber Medien

Redaktionelle Tätigkeit

OLG Köln, Urt. v. 10.9.2021, 6 U 51/21, Tz. 49

Für die Antragsgegnerin und ihre Darstellung ist bei Auslegung des Begriffs der geschäftlichen Handlung der besondere Schutz der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Dieser führt dazu, dass insoweit bereits bei der Frage, ob eine geschäftliche Handlung vorliegt, zwischen einer redaktionellen Berichterstattung und einer geschäftlichen Handlung zu unterscheiden ist.

OLG Köln, Urt. v. 10.9.2021, 6 U 51/21, Tz. 45

Nach ganz herrschender Meinung ist im Bereich der Presseberichterstattung zu prüfen, ob die Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erfolgt. Eine geschäftliche Handlung kann nur angenommen werden, wenn vorrangig ein Absatzförderungszusammenhang besteht und die Absatzförderungswirkung nicht allein eine bedingte Folge der redaktionellen Berichterstattung ist. Der BGH geht davon aus, dass bei einem redaktionellen Beitrag ein objektiver Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG mit der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens zu verneinen ist, wenn der Beitrag allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2014 – I ZR 113/13, GRUR 2015, 694 – Bezugsquellen für Bachblüten; Urteil vom 19.05.2011 – I ZR 147/09, GRUR 2012, 74 – Coaching-Newsletter).

OLG Köln, Urt. v. 10.9.2021, 6 U 51/21, Tz. 52

Für die Annahme, dass die Absatzförderung im Vordergrund steht und nicht lediglich eine Information der angesprochenen Verkehrskreise erfolgt, kann eine übermäßig werbende Darstellung, die besondere Erwähnung bestimmter Unternehmen oder das Fehlen eines publizistischen Ansatzes sprechen, wobei eine Würdigung aller Umstände im Einzelfall zu erfolgen hat . Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Presse ein weiter Spielraum bei Form und Inhalt ihrer Beiträge zusteht. Die Presse ist berechtigt, polemisch überspitze Äußerungen zu tätigen oder subjektiv zu berichten. Wenn ein Beitrag jede Objektivität vermissen lässt, spricht dies für eine gewerbliche Handlung.

Bei ihrer redaktionellen Tätigkeit handeln Medien in der Regel nicht im geschäftlichen Verkehr, soweit sie sich im Rahmen der Presse- und Rundfunkfreiheit bewegen. Am Beispiel der Ausstrahlung eines (werbefreien) Radioprogramms durch einen öffentlich rechtlichen Sender:

OLG München, Urt. v. 27.7.2017, U 2879/16 Kart, Tz. 26

Es fehlt an einem Zusammenhang mit dem Absatz von Waren oder Dienstleistungen. Insbesondere setzt der Beklagte seine Leistung in Gestalt der Ausstrahlung des Programms PULS nicht im Sinne dieser Vorschrift ab, da er sie in Erfüllung seines rundfunkrechtlichen Grundversorgungsauftrags kostenlos erbringt; der Begriff des Absatzes eines Produkts erfordert aber, dass das Produkt gegen Entgelt - im weitesten Sinne - vertrieben wird. Die Entrichtung des Rundfunkbeitrags ist hierfür nicht zu berücksichtigen, denn sie stellt als öffentlich-rechtliche Abgabe, die ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten erhoben wird, keine Entgeltleistung für tatsächlich empfangene Sendungen dar.

Eine Ausnahme besteht aber, wenn es den Medien nicht darum geht, ein Produkt oder ein Unternehmen redaktionell positiv oder negativ vorzustellen, sondern darum geht, es zu bewerben (‚redaktionelle Werbung‘) oder andere Unternehmen oder Produkte oder das Unternehmen des Verlegers oder dessen Produkte zu fördern.

BGH, Urt. v. 17.12.2015, I ZR 219/13, Tz.11

Bei einem redaktionellen Beitrag ist ein objektiver Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens zu verneinen, wenn er allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 16/10145, S. 40; BGH, Urt. v. 19.5.2011, I ZR 147/09, Tz. 15 - Coaching-Newsletter).

BGH, Urt. v. 9.2.2006, I ZR 124/03, Tz. 23 – Rechtsanwalts-Ranglisten

Die objektive Eignung des Verhaltens eines Presseunternehmens, den Absatz der Waren oder Dienstleistungen von Unternehmen zu fördern begründet wegen des allgemeinen Presseprivilegs nach Art. 5 Abs. 1 GG keine Vermutung für eine Wettbewerbsabsicht (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1994 - I ZR 216/92, GRUR 1995, 270, 272 = WRP 1995, 186 - Dubioses Geschäftsgebaren; Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 282/97 - Mattscheibe). Vielmehr bedarf es in Fällen, in denen keine Vermutung für das Vorliegen einer Wettbewerbsförderungsabsicht besteht, der Feststellung konkreter Umstände, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe die Absicht des Presseorgans, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle gespielt hat (BGH, Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 196/94, GRUR 1997, 912, 913 = WRP 1997, 1048 - Die Besten I; Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 = WRP 1997, 1051 - Die Besten II).

Anm.: Die in der Entscheidung erwähnte Wettbewerbsförderungsabsicht gibt es im UWG seit 2008 nicht mehr. Die Ausführungen des BGH gelten aber entsprechend für das Kriterium, wonach eine geschäftliche Handlung nur bei einem objektiven Zusammenhang mit der Absatz- oder Bezugsförderung vorliegt.

BGH, Urt. v. 13.4.2000, I ZR 282/97, II.2.b.2 - Mattscheibe

Bei Medien ist … zu berücksichtigen, dass es ihre Aufgabe ist, die Öffentlichkeit über Vorgänge zu informieren und zur Meinungsbildung beizutragen. Das schließt die Information über Produkte oder Unternehmen und deren Bewertung ein, auch wenn es sich um Produkte eines Konkurrenten oder den Konkurrenten handelt. Darin liegt in der Regel die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Medien und keine geschäftliche Handlung.

Bei der Aufnahme der Satire "G. " in ihr Programm handelte die Beklagte im Rahmen ihrer Aufgabe als Sendeunternehmen, die Öffentlichkeit über Vorgänge von allgemeiner Bedeutung zu unterrichten und zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen. Zur Aufgabe der Presse- und Sendeunternehmen als öffentliche Medien gehört auch die Medienkritik. Dieser hat auch der Beitrag "G. " in künstlerischer Form gedient. Die grob satirische, subjektiv einseitige und gewollt herabsetzende Art und Weise der Kritik ändert nichts daran, dass bei dieser die Absicht, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken, ganz im Vordergrund stand. Es ist nicht erkennbar, dass der Beitrag mitbestimmt war durch eine Absicht, mit der kritisierten Sendung "Der Preis ist heiß" gerade auch den Sender R. , der sie ausgestrahlt hat, als einen Wettbewerber der Beklagten zu treffen. Ebenso wenig kann der Beitrag als Werbevergleich zwischen den von der Klägerin gestalteten, vom Sender R. ausgestrahlten Programmen und dem Programm der Beklagten verstanden werden. Wenn die Beklagte einen Beitrag wie die Satire "G. " in ihrem Programm ausstrahlte, handelte sie deshalb nicht wettbewerbswidrig, sondern im Rahmen ihrer - auch durch die Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützten - Aufgabenstellung.

OLG Frankfurt, Urt. v. 18.6.2015, 6 U 46/14, Tz. 24

Im Falle der Medienberichterstattung über Unternehmen muss im Hinblick auf die grundgesetzlich geschützte Pressefreiheit äußerste Zurückhaltung bei der Bejahung eines Drittabsatzförderungszusammenhangs angewandt werden. Dies gilt auch für solche Äußerungen eines Presseorgans, die der Vorbereitung einer entsprechenden Berichterstattung dienen. Selbst eine unsachliche und überzogene Kritik lässt nicht ohne weiteres darauf schließen, dass das Presseunternehmen in den Wettbewerb zwischen dem kritisierten Unternehmen und dessen Mitbewerber eingreifen will (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, Rn. 66 zu § 2 UWG).

BGH, Urteil vom 9.2.2006, I ZR 124/03, Tz. 23, 28 – Rechtsanwalts-Ranglisten

Eine Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, folgt nicht aus einem besonderen Interesse des Verlags, zahlungskräftige Anwaltskanzleien in die Ranglisten aufzunehmen, um deren Bereitschaft zu erhöhen, Anzeigen zu schalten. Anzeigenfinanzierte Medien sind regelmäßig darauf angewiesen, die werbenden Verkehrskreise zur Schaltung von Anzeigen zu veranlassen. Diesem weit verbreiteten allgemeinen Interesse bei der Herausgabe von Publikationen ist für sich genommen nichts dafür zu entnehmen, dass beim Erstellen der Rangliste ein Handeln zur Förderung fremden Wettbewerbs vorliegt.

Anm.: Die vorstehend zitierte Entscheidung erging auf der Grundlage des UWG 2004, das im Unterschied zum UWG 2008 für die Annahme einer Wettbewerbshandlung eine Wettbewerbsförderungsabsicht verlangte. Es wird aber allgemein davon ausgegangen, dass diese Rechtsprechung im Rahmen des Tatbestandsmerkmals "objektiver Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen" weiterhin gilt.

Dazu auch:

OLG Hamm, Urt. v. 11.5.2010, I-4 U 14/10, 4 U 14/10

Geschäftliche Handlung ist definiert als jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Dieser Zusammenhang besteht nicht bei einem Beitrag in den Medien, dessen Ziel nicht die Förderung der Angebote eines bestimmten Unternehmens dient. Die kritische Darstellung vermag zwar Auswirkungen auf den Absatz des kritisierten konkurrierenden Produkts haben, diente aber vornehmlich anderen Zielen als einer wettbewerblichen Förderung etwaiger Angebote eines anderen Unternehmens, die auch weder direkt angesprochen wurden noch als Alternative für das kritisierte Produkt ins Auge springen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beitrag im Sinne einer Presseberichterstattung redaktioneller Art war, nämlich zur Informations- und Meinungsbildung der Leser.

OLG Naumburg, Urt. v. 23.04.2010 - 10 U 31/09

Bei Fallgestaltungen, bei denen keine Vermutung für das Vorliegen einer Wettbewerbsförderungsabsicht der Presse besteht, bedarf es schon aus den Gründen der nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Meinungs- und Pressefreiheit der Feststellung konkreter Umstände, wonach neben der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe die Absicht des Presseorgans, fremden Wettbewerb zu fördern, eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt (BGH, Urt. v. 28.11.1996 - I ZR 184/94, WRP 1997, 434, 436 - „Versierter Ansprechpartner“). Dabei ist die Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, in der Regel dann mehr als eine mit der journalistischen Berichterstattung einhergehende Begleiterscheinung und fällt wettbewerbsrechtlich ins Gewicht, wenn in redaktionellen Beiträgen Produkte oder Dienstleistungen von Inserenten namentlich genannt und angepriesen werden (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.1992 - I ZR 129/90, GRUR 1992, 463, 465 – Anzeigenplazierung). Doch ist auch in solchen Fällen nicht ausgeschlossen, dass einer Wettbewerbsförderungsabsicht der Presse eine nur untergeordnete Bedeutung zukommen kann, und zwar unter Berücksichtigung des Informationsgebots der Presse, also ihrer Aufgabe, über Anliegen von allgemeinem Interesse zu unterrichten, und unter Würdigung der Aufmachung und des Inhalts der redaktionellen Beiträge - auch in Fällen ihrer Verknüpfung mit Werbeanzeigen der erwähnten Unternehmen. Damit entfiele der Vorwurf, die Presse stelle ihre Berichterstattung in die Dienste der werbenden Wirtschaft (zu alledem BGH, Urt. v. 19.02.1998, I ZR 120/95 - „AZUBI ’94“).

OLG Frankfurt, Urt. v. 31.7.2014, 6 U 74/14, Tz. 9

Grundsätzlich ist im Falle der kritischen Medienberichterstattung über Unternehmen, zu der auch Beiträge auf Informationsseiten im Internet gehören, bei der Bejahung eines Drittabsatzförderungszusammenhangs - auch im Hinblick auf das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 GG) - Zurückhaltung geboten. Selbst eine unsachliche und überzogene Kritik lässt einen Schluss auf das Bestreben des Presseorgans, damit - jedenfalls auch - in den Wettbewerb zwischen dem kritisierten Unternehmen und dessen Konkurrenten einzugreifen, in der Regel nicht zu (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, Rdz. 66 zu § 2 UWG m.w.N.).

Aber:

OLG Köln, Urt. v. 19.2.2021, 6 U 103/20, Tz. 64

Ein Verhalten redaktioneller oder informierender Natur steht einer Bewertung als geschäftlicher Handlung nicht entgehen. Schon der Umstand, dass der Tatbestand der redaktionell getarnten Werbung auch mit lauterkeitsrechtlichen Vorschriften überprüfbar ist, spricht dafür, dass Presse, Rundfunk und sonstige journalismusnahe Tätigkeiten der UWG-Kontrolle nicht entzogen sind, wenn ihre Tätigkeit mittelbar durch Werbung finanziert wird. Da die Beklagte ihre Tätigkeit durch die Gegenleistung von Unternehmen, seien es Kooperationen, Einladungen und Gratisprodukten finanziert, fördert sie jedenfalls ihr eigenes Unternehmen, und zwar auch dadurch, dass sie auf künftige Kooperationen durch ihre Bloggertätigkeit im produktnahen Bereich hofft.

OLG Jena, Urt. v. 13.1.2016, 2 U 364/15, II.2

Bei unternehmerischem Handeln spricht grundsätzlich die Vermutung für ein wettbewerbsbezogenes Handeln im Sinne einer Absatzförderung. Diese Vermutung gilt zwar nicht bei Äußerungen der Presse, die unter dem besonderen Schutz von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG stehen und bei denen der Wettbewerbsbezug deshalb im Einzelfall darzulegen ist. Der objektiv-funktionale Zusammenhang im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG fehlt dann, wenn der Beitrag der Information und Meinungsbildung der Leser dient (BGH WRP 2012, 77 Tz. 15 - Coaching-Newsletter). Von einer geschäftlichen Handlung  ist demgegenüber zumindest dann auszugehen, wenn der Durchschnittsverbraucher erkennt, dass der Beitrag der Absatzförderung eines Unternehmens dient, wobei bei der sog. getarnten Werbung gerade wegen deren verschleiernden Charakters keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Maßgeblich ist, welchen Eindruck der redaktionelle Beitrag erweckt  (BGH aaO. Tz. 16 - Coaching-Newsletter), also insbesondere, ob er von Objektivität und Unvoreingenommenheit zeugt oder - unkritisch - Vorzüge herausstreicht (so Köhler/Bornkamm § 2 UWG Rn. 67).

Bei redaktionellen Beiträgen in den Medien spricht deshalb keine Vermutung dafür, dass sie mit der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängen (BT-Drucks 16/10145, S 21). Anders verhält es sich aber dann, wenn das Medium für den Beitrag ein Entgelt oder einen sonstigen wirtschaftlichen Vorteil erhalten hat. Von einem objektiven Zusammenhang kann auch ausgegangen werden, wenn der Inhalt des Beitrags oder sein Kontext dafür sprechen, dass das Medium die Öffentlichkeit mit dem Beitrag nicht nur über bestimmte Ereignisse oder Produkte informieren möchte, sondern dass es ihm (auch) darum geht, ein Unternehmen oder dessen Produkte oder Dienstleistungen im Wettbewerb zu unterstützen.

Bei einer wirtschaftlichen Verflechtung eines Organs oder Gesellschafters des Mediums mit einem Wettbewerber des im Medium kritisierten Unternehmens:

OLG Frankfurt, Urt. v. 31.7.2014, 6 U 74/14, Tz. 10

Die darin zum Ausdruck kommende Interessenverflechtung ... begründet für sich zwar ebenfalls noch keinen Drittabsatzförderungszusammenhang, .... Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung kann und muss die dargestellte Interessenverflechtung jedoch durchaus Berücksichtigung finden mit der Folge, dass bei einer kritischen Berichterstattung ... eine geschäftliche Handlung zugunsten der mit ihr verbundenen A AG jedenfalls eher anzunehmen ist als bei einem Medienunternehmen ohne eine vergleichbare Verflechtung. Entscheidend ist letztlich eine Abwägung der Gesamtumstände, bei der auch auf Form und Inhalt des Medienbeitrags selbst zurückgegriffen werden kann, um beurteilen zu können, ob die normalerweise im Vordergrund stehenden Ziele der Information und Meinungsbildung auch im konkreten Fall vorherrschen oder ob andere, wettbewerbsspezifische Motivationen daneben eine nicht ganz untergeordnete Rolle spielen.

Zur nahezu wörtlichen Übernahme einer Pressemitteilung eines Unternehmens:

OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.8.2019, 6 W 64/19, II.2.b.aa

Von einem Beitrag, der allein oder vorrangig der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient, kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Der Artikel berichtet nicht objektiv über die Spende der A GmbH. Er entspricht fast wörtlich einer „Pressemitteilung“ der A GmbH. Es handelt sich also entgegen dem Anschein gerade nicht um einen redaktionellen Beitrag der Zeitungsredaktion. In dem Artikel werden sowohl der Geschäftsführer des Unternehmens als auch Lokalpolitiker mit Aussagen wörtlich zitiert, die die Bedeutung der Spende sowie die Spendenbereitschaft des Unternehmens in ein überaus positives Licht rücken. Der Artikel geht damit über eine sachliche Information bei weitem hinaus. Es liegt eine geschäftliche Handlung zur Förderung des Absatzes der A GmbH vor.

Ob bei Influencer-Posts, die nicht (vergütete) Werbung für Dritte sind, das Medienprivileg gilt, ist umstritten. Siehe zum aktuellen Meinungsstand OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.9.2020, 6 U 38/19, Tz. 75 f.

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Werbung um Kunden

Wenn Medien (außer durch ihre redaktionellen Beiträge) um Zuschauer, Abonnenten, Anzeigenkunden etc. werben, liegt eine geschäftliche Handlung vor.

OLG München, Urt. v. 2.8.2012, 29 U 1471/12, B.II.1 - Unsere Experten sind für Sie da

Fördert aber ein Medienunternehmen das Interesse an seinem eigenen Angebot, so liegt eine geschäftliche Handlung i. S. d. § 2 Nr. 1 UWG vor, ohne dass dem der redaktionelle Gehalt des beworbenen Angebots entgegenstünde.

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Anzeigengeschäft

Das Anzeigengeschäft ist eine geschäftliche Handlung zur Förderung des eigenen Absatzes und zur Förderung des Absatzes des Anzeigenkunden. Die Haftung von Medien für den Inhalt der veröffentlichten Anzeigen oder sonstigen Werbebeiträge ist aber eingeschränkt.

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Newsletter

Soweit es sich bei einem Newsletter nur um die Werbung für Produkte oder ein Unternehmen jandelt, steht der Charakter als geschäftliche Handlung außer Zweifel. Soweit es sich um redaktionelle Inhalte handelt, liegt keine geschäftliche Handlung vor. Die Grenzziehung kann bisweilen schrierig sein.

BGH, Urt. v. 19.5.2011, I ZR 147/09, Tz. 15 – Coaching-Newsletter

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG bedeutet „geschäftliche Handlung“ im Sinne dieses Gesetzes jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Bei einem redaktionellen Beitrag ist ein objektiver Zusammenhang mit der Förderung des Absatzes eines fremden Unternehmens zu verneinen, wenn er allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, (BT-Drucks 16/10145, S. 40; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 2 Rn. 67).

Hiervon kann aber nicht ausgegangen werden, wenn der Newsletter den Eindruck vermitteln, die Beklagte sei ein besonders fachkundiger und wissenschaftlichem Arbeiten verpflichteter und damit ein seriöser Anbieter; dieses Image wird gerade durch die redaktionellen Beiträge gefördert.

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Facebook Faktencheck

OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.5.2020, 6 U 36/20, Tz. 67 f

Die Beklagte kann sich als Medienorgan auf die in Art. 5 GG verbürgte Presse-, Rundfunk- und Meinungsfreiheit berufen, die auch bei der Anwendung des Lauterkeitsrechts zu berücksichtigen sind. Ein redaktioneller Beitrag ist daher nicht als geschäftliche Handlung zu qualifizieren, wenn er allein der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient. Ist in dem Beitrag dagegen auch oder sogar vorrangig das Ziel der Absatzwerbung und -förderung erkennbar, handelt es sich um eine geschäftliche Handlung. Das gilt auch für die kritische Medienberichterstattung; hier ist für die Annahme einer Absatzförderung besondere Zurückhaltung geboten.

Der objektive Zusammenhang mit der Absatzförderung kann darin liegen, dass dem Leser des Beitrags der Eindruck vermittelt wird, der Urheber des Beitrags sei ein besonders fachkundiger, wissenschaftlichem Arbeiten verpflichteter und damit seriöser Anbieter oder wenn die Veröffentlichung auch darauf abzielt, die eigene Reputation und Wettbewerbsstellung des Autors zum Nachteil des kritisierten Konkurrenten zu verbessern. Zudem ist zu unterscheiden zwischen der Veröffentlichung selbst und deren Nennung und Verlinkung an anderer Stelle. Wird etwa in einem Newsletter auf einen redaktionellen Beitrag verwiesen, ist dessen Inhalt bei der lauterkeitsrechtlichen Bewertung des Newslettereintrags zwar mit zu berücksichtigen, der Hinweis teilt aber nicht insgesamt den Charakter des Beitrags. Selbst wenn der Beitrag als reine Meinungsäußerung zu qualifizieren ist und nicht dem Lauterkeitsrecht unterfällt, kann es sich bei dem Hinweis und der Verlinkung um eine geschäftliche Handlung handeln, wenn bei diesen – anders als beim Beitrag selbst – ein objektiver Zusammenhang mit der Absatzförderung besteht.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.5.2020, 6 U 36/20, Tz. 70

Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist zunächst die Tätigkeit der Beklagten als Faktenprüferin auf Facebook von ihrer sonstigen Betätigung als Medienorgan zu unterscheiden. Während die allgemeine publizistische Tätigkeit der Beklagten zum Großteil spendenfinanziert ist, erhält die Beklagte für die Tätigkeit als Faktenprüferin eine Aufwandsentschädigung von Facebook in unbekannter Höhe. Dementsprechend trennt die Beklagte die beiden Geschäftsbereiche auch organisatorisch …. Anders als bei der sonstigen publizistischen Tätigkeit kann die Beklagte auch Inhalt, Länge und Format der Bewertungen auf Facebook nicht frei wählen. Inhaltlich ist die Beklagte an die Kategorien gebunden, die als Bewertungskriterien vorgegeben sind. Eine Begründung für die Bewertung ist – soweit ersichtlich – fakultativ, deren Veröffentlichung erfolgt jedenfalls in einem anderen Medium und kann auf Facebook nur verlinkt werden. … All dies charakterisiert die Tätigkeit der Beklagten auf Facebook als entgeltliche Prüfungs- und Bewertungstätigkeit, die mit ihrer von Meinungs- und Pressefreiheit geschützten publizistischen Tätigkeit nur über die – fakultative – Verknüpfung auf anderweitige Veröffentlichungen in Zusammenhang steht.

Dass die Beklagte in dem mit dem streitgegenständlichen Hinweis verknüpften Beitrag zu einem in der Öffentlichkeit intensiv diskutierten Thema Stellung bezogen hat, ist deshalb bei der Bewertung des auf Facebook veröffentlichten Hinweises zwar zu berücksichtigen, entzieht diesen Hinweis selbst aber nicht der lauterkeitsrechtlichen Kontrolle. Dieser teilt insgesamt nicht den Charakter des in Bezug genommenen Beitrags als publizistische Meinungsäußerung, vielmehr stehen wirtschaftliche und geschäftliche Aspekte im Vordergrund.

Denn die Beklagte profitiert von dem Hinweis in zweierlei Hinsicht: Zum einen erhält sie die im Rahmen des Kooperationsvertrages von Facebook gewährte Aufwandsentschädigung, zum anderen wirkt der Hinweis als Werbung für die Beklagte. Deren Position als Faktenprüferin ist geeignet, sie als besonders fachkundigen, neutralem Arbeiten verpflichteten und damit seriösen Anbieter auszuweisen. … Überdies erhöht die Verlinkung auf den Beitrag der Beklagten die Bekanntheit und Verbreitung dieses Beitrags und auch die Bekanntheit der Beklagten selbst. Indem interessierte Nutzer auf die Webseite der Beklagten weitergeleitet werden, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass einige Nutzer den dortigen Spendenaufrufen folgen und die Beklagte damit höhere Einnahmen generiert.

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Äußerungen gegenüber Medien

BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 31 - Influencerin I

Weltanschauliche, wissenschaftliche, redaktionelle oder verbraucherpolitische Äußerungen von Unternehmen oder anderen Personen, die nicht in funktionalem Zusammenhang mit der Absatz- oder Bezugsförderung stehen, unterfallen nicht dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (vgl. BGH, GRUR 2016, 710 Rn. 12 - Im Immobiliensumpf).

OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.7.2021, 6 W 64/21

Von einer geschäftlichen Handlung kann nur ausgegangen werden, wenn das beanstandete Verhalten bei der gebotenen objektiven Betrachtung dem Ziel der Förderung des Absatzes oder Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dient. Dient die Handlung vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Produkte und wirkt sie sich lediglich reflexartig auf die Absatz- oder Bezugsförderung aus, so stellt sie keine geschäftliche Handlung dar. Vorrangige andere Ziele sind die Unterrichtung der Öffentlichkeit oder die Verfolgung weltanschaulicher, wissenschaftlicher, redaktioneller oder verbraucherpolitischer Äußerungen von Unternehmen oder anderen Personen, die nicht in funktionalem Zusammenhang mit der Absatz- oder Bezugsförderung stehen. Sie unterfallen demnach nicht dem UWG.

Der Antragsgegner hat die angegriffenen Äußerungen als Fachmann und Wissenschaftler getätigt. Sie erfolgten gegenüber einer führenden Tageszeitung im Rahmen eines redaktionellen, kritischen Artikels über die True-Crime-Fernsehsendung, in der die Antragstellerin auftritt. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung dient das Verhalten des Antragsgegners damit nicht vorrangig der Förderung der von ihm selbst bzw. der von ihm geleiteten Forschungseinrichtung angebotenen Leistungen, sondern der redaktionellen Unterrichtung der Öffentlichkeit. Sollte sich die geäußerte Kritik an den Leistungen der Antragstellerin als eine Art Reflex förderlich auf die Vortrags- oder Gutachtertätigkeit des Antragsgegners auswirken, würde dies nicht zur Einordnung als geschäftliche Handlung führen, da die Äußerungen darauf erkennbar nicht abzielen. Es kann nicht angenommen werden, dass die fachlich-wissenschaftliche Zielsetzung der Äußerungen nur vorgeschoben ist und es dem Antragsgegner in Wahrheit doch vorrangig um die Absatzförderung eigener Leistungen geht (vgl. dazu BGH GRUR 2016, 710 Rn. 16 - Im Immobiliensumpf). Hierfür fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Insbesondere kann aus der Art der Äußerungen nicht auf eine derartige Zielsetzung geschlossen werden. Die geäußerte Kritik mag deutlich und direkt sein, lässt jedoch in keiner Weise den sachlichen Bezug zu der fraglichen Sendung als Bezugspunkt des Artikels vermissen. Der Antragsgegner kritisiert die Verpflichtung der Antragsgegnerin durch das Sendeunternehmen, da sie nicht über die seiner Meinung nach notwendige forensisch-psychologische Qualifikation verfügt und trotz unwissenschaftlicher Herangehensweise pseudo-wissenschaftliche Begriffe verwende. Aus dem Kontext der fraglichen Äußerungen ergibt sich für den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Leser ohne weiteres, dass nicht pauschal die Leistungen der Antragstellerin als Marktteilnehmerin, sondern ihre Tätigkeit für die Sendung auf dem Prüfstand stehen.

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