BGH, Urt. v. 18.10.2001, I ZR 193/99 - Elternbriefe
Das Empfehlen der Leistungen eines privaten Unternehmens durch eine staatliche Stelle verstößt gegen das UWG, wenn dadurch das der öffentlichen Verwaltung entgegengebrachte Vertrauen in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung missbraucht wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Empfehlung nicht das Ergebnis einer sachlichen und unparteiischen Wertung ist, sondern von geschäftlichen Interessen bestimmt wird und die Gleichbehandlung von Mitbewerbern beeinträchtigt.
BGH, Urt. v. 18.10.2001, I ZR 193/99 - Elternbriefe
Als unlauter ist es zu erachten, wenn amtlich erlangte Informationen dazu verwendet werden, um unter Ausnutzung amtlicher Autorität eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern.
OLG München, Urt. v. 30.9.2021, 6 U 6754/20, Tz. 108 – muenchen.de
Auch soweit ein Hoheitsträger nicht pressemäßig tätig wird, müssen staatliche Empfehlungen im Aufgabenbereich der jeweiligen Verwaltung liegen und neutral, objektiv und sachgerecht erfolgen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 3a Rn. 2.52). Der Bürger bringt Äußerungen der öffentlichen Verwaltung, seien es Auskünfte, Empfehlungen oder Kritik, besonderes Vertrauen entgegen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 3a Rn. 2.49). Dieses schutzwürdige Vertrauen in die Objektivität und Neutralität der Amtsführung darf nicht missbraucht werden, um eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 3a Rn. 2.49, 2.52). Ob in einem bestimmten Verhalten eine Empfehlung liegt, beurteilt sich nach dem Eindruck des Verkehrs, wobei auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher abzustellen ist (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 3a Rn. 2.51).
Die Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb an solche stellt allerdings noch keinen Autoritätsmissbrauch dar.
OLG Hamm, Beschl. v. 5.11.2013, 4 U 72/13, Tz. 80
Auch wenn die Klägerin sich darüber mokiert, dass die Beklagte mit ihrem Angebot ihre amtliche Autorität und das Vertrauen in die Objektivität und Neutralität ihrer Amtsführung in Anspruch nimmt, betrifft auch dieser Vorwurf den mit der Marktteilnahme per se verbundenen Vorteil der öffentlichen Hand.
Es kann aber bereits unlauter sein, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft wie eine Stadt einem einzelnen privaten Anbieter erlaubt, das (bekannte) Stadtlogo zu verwenden.
OLG Brandenburg, Urt. v. 5.4.2018, 6 U 50/13, Tz. 107
Unter Verletzung von § 3 Abs. 1 UWG hat die Stadt Potsdam der T… GmbH gestattet, die für sie bei dem Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene Wort-/Bildmarke „…logo“ auch für die Bewerbung der von der T.. GmbH durchgeführten Stadtrundfahrten und -rundgänge zu verwenden. Die Stadt Potsdam ist deshalb zur Unterlassung verpflichtet, demjenigen Unternehmen, das für sie die Touristinformationen betreibt, die Nutzung des …logos für die Bewerbung der durch das Unternehmen angebotenen und/oder durchgeführten Stadtrundfahrten und/oder Stadtrundgänge zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, sofern nicht die Beklagte an dem genannten Unternehmen die Geschäftsanteile vollständig, unmittelbar oder mittelbar hält.
Der Wettbewerbsverstoß ist darin zu sehen, dass die Beklagte mit der Gestattung der Nutzung der Marke einem Unternehmen für dessen erwerbswirtschaftliche Betätigung in einem die Stadt … betreffenden touristischen Geschäftsbereich, in dem verschiedene Unternehmen am Markt tätig sind, einseitig einen Vorteil eingeräumt hat.
Mit der in Rede stehenden Wort-/Bildmarke, verbindet der Verkehr die Stadt … als öffentliche Kommune und touristischen Standort von Schlössern und Gärten. Dasjenige Unternehmen, das die Marke nutzen darf, hat dadurch einen Vorteil, dass ihm das von der Beklagten in vielfältiger Weise, namentlich im Bereich des Tourismus verwendete Logo als Erkennungszeichen zugutekommt. Mit der Einzelgestattung der Nutzung der öffentlichen Ressource des Benutzungsrechts der Wort-/Bildmarke hat die Beklagte den Wettbewerb eines einzelnen Unternehmens gefördert. Das verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) sowie das Gebot der Neutralität der Amtsführung und ist deshalb nach § 3 Abs. 1 UWG (§ 3 Abs. 1 UWG a.F.) wettbewerbswidrig (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm a.a.O. § 3 Rn. 2.65; Pfeifer in Teplitzky/Peifer/Leistner a.a.O. § 3 Rn. 498).
OLG Brandenburg, Urt. v. 5.4.2018, 6 U 50/13, Tz. 112, 114
Die Beklagte ist verpflichtet, es künftig zu unterlassen, die Stadtrundfahrt desjenigen Unternehmens, das für sie die Touristinformationen betreibt, als „die Stadtrundfahrt des offiziellen Dienstleisters der Landeshauptstadt …“ zu bezeichnen und/oder bezeichnen zu lassen, sofern sie nicht an dem genannten Unternehmen die Geschäftsanteile vollständig, unmittelbar oder mittelbar hält. Die Werbung der Beklagten auf ihrer Internetseite für die Stadtrundfahrt der T… GmbH hat ebenfalls gegen § 3 Abs. 1 UWG verstoßen. ...
... Der öffentlichen Hand ist grundsätzlich untersagt, amtliche Beziehungen zur Werbung oder zum Abschluss von Verträgen auszunutzen, um sich oder einem Dritten dadurch Vorteile im Wettbewerb zu verschaffen. In einem solchen Vorgehen liegt ein Missbrauch der amtlichen Stellung und der Einrichtungen der Verwaltung, was zugleich eine unlautere geschäftliche Handlung i.S.v. § 3 UWG darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 26.9. 2002, I ZR 293/99 - Altautoverwertung; Urt. v. 16.2.2009, I ZR 106/06 - Buchgeschenk vom Standesamt).