UWG-Reform 2015
Zum 10. Dezember 2015 wurde das UWG geändert. Die Änderungen schlagen sich in Umformulierungen und der Verschiebung einzelner Bestimmungen nieder, die dem Zweck dienen, das UWG besser mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken zu harmonisieren.
Soweit Bestimmungen aufgehoben oder verschoben wurden, habe ich in die den früheren Bestimmungen ein (alt) eingefügt. Das neue Pendant findet sich über die folgende Konkordanztabelle:
§ 4 Nr. 1 (alt) UWG = aufgehoben
§ 4 Nr. 2 (alt) UWG = aufgehoben
§ 4 Nr. 3 (alt) UWG = § 5a Abs. 6 UWG
§ 4 Nr. 1 (alt) UWG = aufgehoben
§ 4 Nr. 1 (alt) UWG = aufgehoben
§ 4 Nr. 1 (alt) UWG = aufgehoben
§ 4 Nr. 7 (alt) UWG = § 4 Nr. 1 UWG
§ 4 Nr. 8 (alt) UWG = § 4 Nr. 2 UWG
§ 4 Nr. 9 (alt) UWG = § 4 Nr. 3 UWG
§ 4 Nr. 10 (alt) UWG = § 4 Nr. 4 UWG
§ 4 Nr. 11 (alt) UWG = § 3a UWG
§ 5 ff wurden teilweise geändert, sind aber an gleicher Stelle geblieben.
Zur UWG-Reform 2015 habe ich in meinem Newsletter geschrieben:
Das neue UWG
Die UWG-Reform 2015 ist abgeschlossen. Die Änderungen am Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wurden am 9. Dezember 2015 im Bundesgesetzblatt verkündet und treten heute in Kraft. Das UWG wurde der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken angepasst. Zu diesem Zwecke wurde der Wortlaut einiger Bestimmungen geändert. Unlauterkeitstatbestände wurden gestrichen, andere neu eingefügt. Wieder anderes wurde schlicht um sortiert. Das klingt nach einschneidenden Änderungen Auf die Rechtslage und die Rechtsprechung werden sie aber keine Auswirkungen haben.
Das gilt zunächst für die Streichung des § 4 Nr. 1 bis Nr. 5 UWG, die vor dem Hintergrund der UGP-Richtlinie ohnehin als Fälle irreführender oder aggressiver geschäftliche Handlungen bzw. Geschäftspraktiken bzw. Ausdruck der Pflicht, Verbraucher alle wesentlichen Informationen für ihre geschäftlichen Entscheidungen zur Verfügung zu stellen, angesehen wurden. Die gestrichenen Beispieltatbestände gehen zum Teil in den neuen § 4a UWG (Aggressive geschäftliche Handlungen), ansonsten in dem modifizierten § 5a Abs. 2 UWG auf. § 4 Nr. 3 UWG wird zu § 5 Abs. 6 UWG (Verschleierung des kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung). § 4 Nr. 6 UWG war ohnehin bereits tot, nachdem der EuGH bereits vor Jahren festgestellt hatte, dass die Vorschrift mit der UGP-Richtlinie nicht zu vereinbaren ist.
Durch die Streichung des § 4 Nr. 1 bis Nr. 6 UWG blieben mit Ausnahme des § 4 Nr. 11 UWG im § 4 UWG nur noch Tatbestände, die dem Mitbewerberschutz dienen. Da lag es für den Gesetzgeber nahe, eine eigene Vorschrift für den Mitbewerberschutz zu schaffen. § 4 Nr. 11 wurde zu diesem Zwecke in einen § 3a UWG transferiert, die Nummerierung des § 4 Nr. 7 bis Nr. 10 rutschte durch die vakanten Nummern nach oben und wurde zu § 4 Nr. 1 bis Nr. 4 UWG. Im Ergebnis bedeutet das:
- § 3 Abs. 2 UWG, ggfs. i.V.m. § 3 Abs. 4 UWG
- § 4 Nr. 3 UWG wird zu § 5a Abs. 6 UWG
- § 4 Nr. 4, 5 UWG wird zu § 5a Abs. 2 UWG
- § 4 Nr. 6 UWG wurde ersatzlos gestrichen
- § 4 Nr. 7 bis Nr. 10 UWG wird zu § 4 Nr. 1 bis Nr. 4 UWG
- § 4 Nr. 11 UWG wird zu § 3a UWG
- 3 Abs. 1 UWG wird als Auffangtatbestand und nicht – wie es ursprünglich geplant und heftig kritisiert worden war – als reine Rechtsfolgenverweisung verstanden. Bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern kommt ein Rückgriff auf § 3 Abs. 1 UWG allerdings nicht in Betracht. Hier stellt § 3 Abs. 2 UWG den abschließenden Auffangtatbestand dar. Diese Vorschrift entspricht der Art. 5 Abs. 2, der Grundnorm zu unlauteren Geschäftspraktiken in der UGP-Richtlinie. Da die UGP-Richtlinie eine abschließende Regelung enthält, scheidet ein weitergehender Rückgriff auf einen allgemeineren Auffangtatbestand wie § 3 Abs. 1 UWG im Anwendungsbereich der Richtlinie aus.
Eine weitere Änderung besteht in der Streichung der Bagatellklausel in § 3 Abs. 1 UWG. Die Bagatellklausel ist aber nicht etwa ersatzlos weggefallen. Sie wurde vielmehr in die einzelnen Unlauterkeitstatbestände individuell implementiert. Eine scheinbare Ausnahme davon macht nur der neue § 4 UWG (= Mitbewerberschutz). Ein Verstoß gegen diese Vorschrift liegt allerdings – mit der Ausnahme des Schutzes eines wettbewerblich eigenartigen Erzeugnisses - ohnehin nur vor, wenn die wettbewerblichen Interessen von Mitbewerbern ‚gezielt‘ beeinträchtigt werden. Dieses Tatbestandsmerkmal setzt bereits eine gewisse Qualität der geschäftlichen Handlung voraus und schließt Bagatellen aus.
Darüber hinaus stellt das neue UWG klarer heraus, dass es beim Schutz von Verbrauchern, aber auch sonstigen Marktteilnehmern im Wesentlichen darum geht, eine freie geschäftliche Entscheidung zu gewährleisten. Der Begriff der geschäftlichen Entscheidung wird in § 2 Abs. 1 Nr. 8 UWG im Einklang mit der UGP-Richtlinie definiert als „jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmer darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden“. Ich wage einmal zu prognostizieren, dass der Begriff der geschäftlichen Entscheidung bei der Bewertung von geschäftlichen Handlungen in der Zukunft stärker in den Mittelpunkt der rechtlichen Beurteilung rücken wird. Denn die Gerichte müssen zukünftig nicht eher abstrakt darüber entscheiden, ob eine geschäftliche Handlung irgendwie geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Sie müssen jeweils herausarbeiten, worin die geschäftliche Entscheidung liegt bzw. die geschäftlichen Entscheidungen liegen, die durch eine bestimmte geschäftliche Handlung beeinträchtigt wird oder werden.
Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass der Begriff der geschäftlichen Entscheidung weit gefasst ist. Die Entscheidung, sich auf den Weg zu einem bestimmten Geschäftslokal zu machen, gehört dazu. Die Entscheidung, im Internet einen Bestellvorgang einzuleiten, ebenfalls. Die Entscheidung, sich näher mit einer bestimmten Werbeanzeige auseinanderzusetzen, gehört allerdings noch nicht dazu. weiter...
Bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern macht nur die neue Vorschrift des § 3a UWG (vormals § 4 Nr. 11 UWG) eine Ausnahme. Sie stellt nicht auf die freie geschäftliche Entscheidung ab, sondern darauf, ob eine Vorschrift auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und der Verstoß gegen diese Vorschrift geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Bei Verbrauchern kommen insoweit nur Vorschriften in Betracht, die ihre Grundlage im europäischen Recht haben. Vor diesem Hintergrund ist es konsequent, nicht auf die „geschäftliche Entscheidung von Verbrauchern“, sondern allgemeiner von „Interessen von Verbrauchern“ auszugehen. Denn solche Vorschriften begegnen bestimmten Gefahren und Interessen von Verbrauchern abstrakt, ohne dass im Einzelfall festgestellt werden kann, ob durch einen Verstoß auch im konkreten Fall die geschäftliche Entscheidung von Verbrauchern beeinträchtigt wird.
UWG-Reform 2020
Literatur: Fritzsche Jörg, Endlich: Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs, WRP 2020, 1367
Zum ... trat die UWG-Reform 2020 in Kraft, die zu weitreichenden Änderungen im Wettbewerbsverfahrensrecht führte. Ziel des Reformvorhabens war die Bekämpfung des Rechtsmissbrauchs im Abmahnwesen. Die Änderungen betrafen im Wesentlichen die Aktivlegitimation der Mitbewerber und Verbände, den Inhalt von Abmahnungen, den Aufwendungsersatzanspruch von Abmahnendem und Abgemahnten und den sog. fliegenden Gerichtsstand. Außerdem wurde die Rechtsprechung zum Rechtsmissbrauch und zur Vertragsstrafe kodifiziert.