Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

12. Notarielle Unterlassungserklärung

1. Was ist eine notarielle Unterlassungserklärung

2. Wirkungen einer notariellen Unterlassungserklärung

Rechtsschutzbedürfnis

Wiederholungsgefahr

3. Ordnungsmittelandrohung

Literatur: Pustovalov, Evgeny, Notarielle Unterwerfungserklärung - Rechtlicher Rahmen und Handhabung in der Praxis, ZUM 2016, 426; Kessen, Martin, Die notarielle Unterlassungserklärung - der Vorhang zu und kaum noch Fragen offen, GRUR 2017, 141; Ahrens, Hans-Jürgen, Die notarielle Unterlassungserklärung: Vollstreckbarkeit, Ordnungsmittelandrohung, Ordnungsmittelfestsetzung, WRP 2017, 1304

Was ist eine notarielle Unterlassungserklärung

Bei der notariellen Unterlassungserklärung verpflichtet sich der Unterlassungsschuldner gegenüber dem Gläubiger vor einem Notar, ein bestimmtes Verhalten, bspw. eine geschäftliche Handlung nicht zu wiederholen. Er muss sich dabei der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen. Eine Vertragstrafe verspricht er aber nicht. Wenn der Gläubiger erreichen möchte, dass der Schuldner im Falle eines Verstoßes gegen die notarielle Unterlassungserklärung bestraft wird, muss er beim Gericht zunächst beantragen, dass die notarielle Unterlassungserklärung mit einer Ordnungsgeldandrohung verbunden wird, die dem Schuldner dann noch zugetellt werden muss.

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Wirkungen einer notariellen Unterlassungserklärung

Es war längere Zeit streitig, ob eine notarielle Unterwerfungserklärung das Rechtsschutzbedürfnis für ein gerichtliches Vorgehen und dem Unterlassungsanspruch die Wiederholungsgefahr nimmt. Mittlerweile hat der BGH beides geklärt:

Rechtsschutzbedürfnis

BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 100/15, Tz. 16, 20 f, 23 f - Notarielle Unterlassungserklärung

Das Rechtsschutzbedürfnis ist durch den Zugang der notariellen Unterwerfung nicht beseitigt worden, weil die Klägerin vernünftige Gründe hatte, ihren Unterlassungsanspruch gleichwohl gerichtlich geltend zu machen.

... Solange aus einer notariell beurkundeten Unterlassungserklärung mangels Zustellung eines Androhungsbeschlusses nach § 890 Abs. 2 ZPO oder Ablaufs der Wartefrist des § 798 ZPO nicht vollstreckt werden kann, verfügt der Gläubiger nicht über eine dem gerichtlichen Titel in der Hauptsache gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit, weil zwischenzeitliche Verstöße des Schuldners gegen seine Unterlassungspflicht nicht geahndet werden können und es somit an der effektiven Sicherung der Unterlassungspflicht fehlt (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rn. 1.112d).

Der Gläubiger muss sich auf die notarielle Unterwerfung aber auch wegen der mit ihrer Durchsetzung verbundenen Unsicherheiten und Erschwernisse nicht einlassen. Besondere Bedeutung erlangt hier die in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortete Frage, welches Gericht als Prozessgericht erster Instanz für den Erlass der Ordnungsmittelandrohung (§ 890 Abs. 2 ZPO) sowie die Durchführung des Bestrafungsverfahrens (§ 890 Abs. 1 ZPO) zuständig ist.

... Im Rahmen der Beurteilung des Rechtsschutzbedürfnisses ist allein maßgeblich, ob der bereits bestehende Titel eine dem angestrebten Titel gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit bietet. Dies ist nicht der Fall, solange der Beschluss über die Androhung von Ordnungsmitteln wegen Verstoßes gegen die notarielle Unterlassungserklärung nicht dem Schuldner zugestellt ist.

... Lässt sich der Gläubiger nicht auf die Streiterledigung mittels notarieller Unterwerfung ein, indem er etwa davon absieht, die Ordnungsmittelandrohung gemäß § 890 Abs. 2 ZPO herbeizuführen, so bleibt das Rechtsschutzbedürfnis für das gerichtliche Vorgehen unberührt. Der Gläubiger hat es deshalb in der Hand, ob er sich auf die notariell beurkundete Unterwerfung einlässt und die Androhung von Ordnungsmitteln beantragt oder davon absieht und einen Unterlassungstitel im Hauptsacheverfahren erwirkt.

So jetzt auch: KG, Urt. v. 25.1.2017, 5 U 115/15. Zur früheren Diskussion siehe OLG Köln, Urt. v. 10.4.2015, 6 U 149/14; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.5.2016, 15 W 13/16; OLG Köln, Beschl. v. 26.3.2014, 6 W 43/14

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Wiederholungsgefahr

BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 100/15, Tz. 29, 33 - Notarielle Unterlassungserklärung

Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr ist durch den Zugang der notariellen Unterlassungserklärung ... nicht beseitigt worden.

... Für den Wegfall der Wiederholungsgefahr ist im Falle der notariellen Unterlassungserklärung jedoch die Zustellung eines Beschlusses über die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderlich. ...

Ob der Gläubiger eine Ordnungsmittelandrohung bewirken will oder stattdessen ein gerichtliches Verbot anstrebt, entscheidet alleine er.

BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 100/15, Tz. 37 - Notarielle Unterlassungserklärung

Es ist Sache des Gläubigers, sich für die aus seiner Sicht angemessene Form der Rechtsdurchsetzung zu entscheiden, sofern nicht der Schuldner - dem gesetzlichen Leitbild der außergerichtlichen Streitbeilegung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 UWG) entsprechend (vgl. jurisPR-WettbR/Hess 2/2015 Anm. 2 unter C II) - eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgibt.

Zur früheren Diskussion: OLG Köln, Urt. v. 10.4.2015, 6 U 149/14; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 4.5.2016, 15 W 13/16

Wenn der Gläubiger sich auf die notarielle Unterlassungserklärung einlässt, ist sie nach Zustellung der Ordnungsmittelandrohung (s.u.) geeignet, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen.

BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 100/15, Tz. 30 - Notarielle Unterlassungserklärung

Dass die notarielle Unterlassungserklärung - wie andere Vollstreckungstitel auch - im Grundsatz geeignet ist, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen, steht nicht in Zweifel (vgl. Köhler, GRUR 2010, 6, 9; Teplitzky, WRP 2015, 527, 531). Besonderheiten ergeben sich allerdings im Hinblick auf die aus der Gleichstellung mit gerichtlichen Titeln folgenden sowie in § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO genannten Erfordernisse an den Inhalt der Urkunde. Danach muss sich der Schuldner wegen eines Anspruchs, der einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und konkret und inhaltlich bestimmt bezeichnet ist, der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen (vgl. Zöller/Stöber ZPO, § 794 Rn. 27 ff.). Aus dem Charakter der notariellen Unterlassungserklärung als Willenserklärung des Schuldners folgt zudem - wie im Falle der strafbewehrten Unterwerfung - das Erfordernis der Ernsthaftigkeit der Erklärung (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1997, I ZR 62/95, GRUR 1998, 483, 485 = WRP 1998, 1296 - Der M.-Markt packt aus). Zudem muss die Erklärung den gesetzlichen Unterlassungsanspruch im vollen Umfang erfassen, um die Wiederholungsgefahr auszuräumen (vgl. BGH, Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14, GRUR 2016, 395 Tz. 34 = WRP 2016, 454 - Smartphone-Werbung, mwN).

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Ordnungsmittelandrohung

Der Gläubiger kann sich natürlich mit der notariellen Unterlassungserklärung auch zufrieden geben. Damit ein Verstoß gegen eine notarielle Unterlassungserklärung in diesem Fall nicht sanktionslos bleibt, muss sie mit der Androhung einer Ordnungsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung verbunden werden. Dafür ist ein entsprechender Androhungsantrag erforderlich.

BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 100/15, Tz. 14 - Notarielle Unterlassungserklärung

Die Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO setzt zunächst voraus, dass sich der Schuldner wegen eines Anspruchs, der einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat und konkret und inhaltlich bestimmt bezeichnet ist, der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Die Zwangsvollstreckung findet aus der mit der Vollstreckungsklausel versehenen vollstreckbaren Ausfertigung (§§ 795, 724 ZPO) statt, die der die Urkunde verwahrende Notar erteilt (§ 797 Abs. 2 ZPO). Im Falle einer in der Urkunde titulierten Unterlassungsverpflichtung bedarf es für die Vollstreckung einer Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 Abs. 2 ZPO. Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Schuldtitel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt ist (§ 798 ZPO).

Für den Androhungsantrag ist nach h.M. das Amtsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat.

OLG Köln, Beschl. v. 26.3.2014, 6 W 43/14, Tz. 3

Ausschließlich zuständiges Prozessgericht des ersten Rechtszugs (§§ 802, 890 Abs. 2 ZPO) für die Androhung oder Anordnung von Ordnungsmitteln wegen Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung aus einer vor einem deutschen Notar errichteten vollstreckbaren Urkunde ist das sachlich zuständige Gericht, in dessen Bezirk der Notar seinen Sitz hat.

OLG München, Beschl. v. 5.3.2015, 34 AR 35/15

Die einhellige obergerichtliche Rechtsprechung wie Literatur weist Anträge nach §§ 887 ff. (§ 890 Abs. 2 ) ZPO bei Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden dem Gericht am Sitz des Notars zuweist und wendet in diesem Stadium die besonderen Vorschriften für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Wettbewerbsverstößen (§§ 13, 14 UWG) nicht an (siehe auch OLG Köln v. 26.3.2014, 6 W 43/14, OLG Düsseldorf v. 5.9.2014, 20 W 93/14; Zöller/Stöber ZPO, § 887 Rn. 6; Musielak/Lackmann ZPO, § 890 Rn. 10 und 17 mit § 887 Rn. 18; MüKo/Gruber ZPO, § 887 Rn. 25; Schuschke/Walker Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz,  § 887 Rn. 13). Dies beruht auf der zutreffenden Erwägung, dass der Prozess und die Zwangsvollstreckung des prozessualen Erkenntnisses (Titels) voneinander unabhängige, selbständige Verfahren bilden (vgl. BGH NJW 2002, 754), die Systematik also ersichtlich für eine Zuständigkeit nach vollstreckungsrechtlichen Bestimmungen spricht. ...

Örtlich wie sachlich ausschließlich (vgl. § 802 ZPO) zuständig ist das Amtsgericht .... Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich in entsprechender Anwendung von § 797 Abs. 3 und 6 ZPO, die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts aus § 797 Abs. 3 ZPO (analog; siehe OLG Düsseldorf v. 5.9.2014, 20 W 93/14, Tz. 17).

Anderer Ansicht: Nippe, Wolfgang, Notarielle Unterlassungserklärung und Gerichtszuständigkeit für die Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel, WRP 2015, 532: "Für die Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel zu einer Unterlassungsverpflichtung, die in einer notariellen Erklärung enthalten ist, ist aufgrund analoger Anwendung der §§ 796 a Abs. 1 und 796 b Abs. 1 ZPO das Gericht zuständig, bei dem der Unterlassungsanspruch nach Maßgabe der §§ 13 und 14 UWG geltend zu machen gewesen wäre. Dieses Ergebnis entspricht gesetzgeberischen Wertentscheidungen sowohl auf zivilprozessualem als auch auf wettbewerbsprozessualem Gebiet." Ihm folgend: Teplitzky, WRP 2015, 527, 529; Tavanti, WRP 2015, 1411, 1412; s.a. LG Paderborn, WRP 2015, 117. Offen gelassen in BGH, Urt. v. 21.4.2016, I ZR 100/15, Tz. 14 - Notarielle Unterlassungserklärung.

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