Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kann "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich" erfolgen.
Durch diese Wendung wird zum Ausdruck gebracht, dass der Abgemahnte zwar der Meinung ist, dass die Abmahnung unbegründet oder möglicherweise unbegründet ist. Er möchte über die Frage der Berechtigung des Unterlassungsanspruchs aber keinen Rechtsstreit führen und gibt die Unterlassungserklärung 'um des lieben Friedens willen' ab.
Die Unterlassungserklärung ist trotz des Vorbehalts wirksam. Aus der Wendung "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich" als solcher folgt nicht, dass die Abgabe der Unterlassungserklärung nicht ernst gemeint sein könnte.
Ein Rechtsstreit wird auf die Frage der Verpflichtung zur Kostenerstattung aus § 13 Abs. 3 UWG (und -selten - vielleicht noch etwaiger Auskunfts- und Schadenersatzansprüche) begrenzt. Man spricht beim Kostenerstattungsprozess vom 'kleinen Wettbewerbsprozess'. Der Streitwert dieses Rechtsstreits liegt deutlich niedriger als bei einem Rechtsstreit über den Unterlassungsanspruch. Er richtet sich im Kostenerstattungsverfahren nach der Höhe der durch die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltsgebühr. Dadurch reduzieren sich die Kosten des Rechtsstreits erheblich, gelegentlich um mehrere 1000,- Euro. Hinter der Abgabe einer Unterlassungserklärung "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich" steht daher in der Regel die Hoffnung, der Verpflichtung zur Übernahme der Kosten des Abmahnenden zu entgehen.
Dabei hilft meines Erachtens u.U., dass die Abgabe der Unterlassungserklärung "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich" kombiniert wird mit der auflösenden Bedingung, dass die Unterlassungserklärung gekündigt werden kann, wenn gerichtlich festgestellt wird, dass gar kein Unterlassungsanspruch bestand. In diesem Falle läuft der Abmahnende Gefahr, dass er nicht nur die Kosten der Abmahnung und des Rechtstreits über den Erstattungsanspruch tragen muss, sondern auch noch den Anspruch aus der Unterlassungserklärung verliert, wenn das Gericht im Rahmen eines Klageverfahrens über den Aufwendungsersatzanspruchs der Auffassung sein sollte, dass die Abmahnung unberechtigt war.
Manche Gerichte sind in der Vergangenheit (vor Ende Oktober 2013) davon ausgehen, dass ein Anspruch auf Erstattung von Kosten dem Grunde nach anerkannt wird, wenn eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ohne den Vorbehalt 'ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" abgegeben wird. Dieser Auffassung wurde vom BGH mittlerweile widersprochen (näheres dazu hier).
BGH, Urt. v. 24.9.2013, I ZR 219/12, Tz. 10 - Medizinische Fußpflege
Sofern der Abgemahnte den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten nicht förmlich anerkennt oder sonst ausdrücklich zu erkennen gibt, dass der Vorwurf des Abmahnenden zu Recht erfolgt ist, sondern lediglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt, kann darin nicht das Anerkenntnis des zugrundeliegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs und der Pflicht zur Übernahme der Abmahnkosten gesehen werden. Die Unterlassungserklärung hat die Funktion, mit Wirkung für die Zukunft die Wiederholungsgefahr zu beseitigen und so den Streit zwischen den Parteien beizulegen. Dabei ist es für die Wirksamkeit der Unterlassungserklärung unerheblich, ob der Abgemahnte der Ansicht ist, die Abmahnung sei berechtigt gewesen, oder ob er sich unterwirft, weil er zukünftig am angegriffenen Wettbewerbsverhalten kein Interesse mehr hat oder lediglich Kostenrisiken und Prozessaufwand vermeiden möchte. Dies gilt auch dann, wenn der Abgemahnte die Unterlassungserklärung abgibt, ohne zugleich zu erklären, dass dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, aber gleichwohl rechtsverbindlich erfolgt. Da in der strafbewehrten Unterlassungserklärung selbst keine Anerkennung der Berechtigung der Abmahnung liegt, hat ein solcher Zusatz eine allein klarstellende Funktion (Hess in Ullmann aaO § 12 Rn. 31; Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 12 Rn. 1.111).
Spätestens nach der Entscheidung BGH, Urt. v. 24.9.2013, I ZR 219/12, Tz. 10 - Medizinische Fußpflege steht fest, dass der Vorbehalt "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich" rechtlich ohne Bedeutung ist. Er schadet aber auch nicht und räumt alle Interpretationsmöglichkeiten über die Bedeutung des Verhaltens des Abgemahnten aus.
Eine besondere Konstellation liegt im Falle einer Abschlusserklärung vor, mit der eine einstweilige Verfügung als abschließende Regelung anerkannt wird. Darin kann ein Anerkenntnis der Berechtigung der Abmahnung liegen.
BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 199/10, Tz. 13 - Unbedenkliche Mehrfachabmahnung
Hinsichtlich des mit dieser Abmahnung geltend gemachten Verstoßes gegen das Irreführungsverbot hat die Beklagte mit Abschlusserklärung vom ... die einstweilige Verfügung ... „als endgültige und zwischen den Parteien materiell rechtlich wirksame Regelung gleich einem Hauptsacheurteil anerkannt“. ... Damit ist ... von einer berechtigten Abmahnung auszugehen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin besteht.
Wer diese Konsequenz vermeiden möchte, sollte die Abschlusserklärung mit dem Zusatz "ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht, jedoch rechtsverbindlich" versehen. Dadurch entgeht man zwar nicht der Verpflichtung, die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens nach Maßgabe der gerichtlichen Kostengrundentscheidung zu tragen. Es lässt sich dann aber zumindest noch über die Kosten der Abmahnung streiten. Ob das Sinn macht, dürfte in aller Regel zweifelhaft sein. In der Praxis kommt dies sehr selten vor.
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Omsels, Online-Kommentar zum UWG: