Der Auskunftsanspruch ist nicht unbegrenzt. Die Grenzen ergeben sich in erster Linie aus dem Hauptanspruch, dessen Vorbereitung er dient.
1. Nur Auskunft über den konkreten Verletzungsfall
3. Beschränkung auf Informationen zur Schadensschätzung
4. Kein Auskunftsanspruch bei Erstbegehungsgefahr
5. Zeitliche Grenzen des Auskunftsanspruchs
7. Einwand der Unmöglichkeit einer Auskunftserteilung
7. Selbstbezichtigung/Persönlichkeitsrechte Dritter/Datenschutz/Geschäftsgeheimnisse
Nur Auskunft über den konkreten Verletzungsfall
BGH, Urt. v. 23.2.2006, I ZR 27/03, Tz. 34, 36 – Parfümverkäufe
Der Auskunftsanspruch ist seinem Inhalt nach auf die Erteilung von Auskünften über den konkreten Verletzungsfall, d.h. über die konkrete Verletzungshandlung einschließlich solcher Handlungen, die ihr im Kern gleichartig sind, beschränkt. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung besteht dagegen nicht auch über mögliche andere Verletzungsfälle. Dies liefe darauf hinaus, unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln der Ausforschung Tür und Tor zu öffnen.
BGH, Urt. v. 17.5.2001, I ZR 291/98, II.1.g – Entfernung der Herstellernummer II
Der Auskunftserteilungsanspruch ist seinem Inhalt nach auf den konkreten Verletzungsfall beschränkt. Der Rechtsverletzer ist nicht verpflichtet, der Klägerin Auskunft über etwaige andere an sie erfolgte Lieferungen von Parfüms ohne Herstellungsnummer aus deren Produktpalette zu erteilen. Der Nachweis bestimmter Verletzungshandlungen reicht schon grundsätzlich nicht aus, um einen Anspruch auf Auskunft auch über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen zu begründen; denn dies liefe darauf hinaus, einen rechtlich nicht bestehenden allgemeinen Auskunftsanspruch anzuerkennen und der Ausforschung unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln Tür und Tor zu öffnen.
OLG Dresden, 20.06.2017, 14 U 50/17, V.
Soll als Hauptanspruch wie hier der Schadensersatzanspruch durchgesetzt werden, reicht der zur Konkretisierung verfolgte Auskunftsanspruch nicht weiter als der beanstandete Wettbewerbsverstoß, auf dessen sich daraus ergebenden Schaden das Ersatzverlangen schon dem Antrag nach ausdrücklich begrenzt ist.
Überhaupt erst zur Ermittlung eines weitergehenden Schadens dient der Auskunftsanspruch aber nicht. Ein Anspruch auf Auskunftserteilung darüber, ob ein Verletzer ähnliche Handlungen begangen hat, die weitergehende Schadensersatzansprüche rechtfertigen könnten, besteht nicht. Andernfalls hätte der Verletzer über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen Auskunft zu erteilen, was auf eine unzulässige Ausforschung entgegen der Beweislastregeln hinausliefe.
Etwas großzügiger
BGH, Urt. v. 20.6.2013, I ZR 55/12, Tz. 21 – Restwertbörse II
Der aus § 242 BGB hergeleitete Auskunftsanspruch kann sich grundsätzlich nur dann über die konkrete Verletzungshandlung hinaus auf Verletzungshandlungen erstrecken, die andere Schutzrechte oder Schutzgegenstände betreffen, wenn die Gefahr einer Ausforschung des Auskunftspflichtigen nicht besteht (BGH, GRUR 2010, 623 Rn. 51 f. - Restwertbörse I). Der Nachweis bestimmter Verletzungshandlungen genügt nicht, um einen Anspruch auf Auskunft über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen zu begründen, weil dies darauf hinausliefe, einen rechtlich nicht bestehenden allgemeinen Auskunftsanspruch anzuerkennen und der Ausforschung unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln Tür und Tor zu öffnen (BGH, Urt. v. 23.2.2006, I ZR 272/02, Tz. 41 - Markenparfümverkäufe).
Verhältnismäßigkeit
OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 63
Der Auskunftsanspruch ist damit durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt. In diesem Zusammenhang sind sowohl die Art und Schwere der Rechtsverletzung als auch die beiderseitigen Interessen des Berechtigten und des Verpflichteten angemessen zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. Urt. v. 17.5.2001, I ZR 291/98, Tz. 34). Die Auskunft ist insbesondere nur insoweit geschuldet, als sie jedenfalls zur Konkretisierung eines (gegebenenfalls zu schätzenden Mindest-) Schadens geeignet sein kann, was häufig bei markt- und nicht mitbewerberbezogenen Wettbewerbsverstößen nicht der Fall sein wird. Der Gläubiger muss jedenfalls darlegen, inwieweit er mithilfe der verlangten Auskunft seinen Schaden berechnen will (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 9 Rn. 4.13; vgl. auch BGH, Urt. v. 12.2.1987, I ZR 70/85, Tz. 16; Urt. v. 6.10.2005, I ZR 322/02,Tz. 14).
Beschränkung auf Informationen zur Schadensschätzung
Soweit der Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines Schadenersatzanspruchs geltend gemacht wird, ist zu berücksichtigen, dass der Schaden im Wettbewerbsrecht in den meisten Fällen nach §§ 252 BGB, 287 ZPO nur geschätzt werden kann (und muss). In diesen Fällen ist der Geschädigte auch nur berechtigt, vom Schädiger diejenigen Informationen zu verlangen, die er für die verlässliche Schätzung des Schadens benötigt. Darüber hinausgehende Details werden nicht geschuldet. Etwas anderes gilt allerdings, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der gesamte Verletzergewinns auf dem Wettbewerbsverstoß beruht.
BGH, Urt. v. 27.9.1990, I ZR 87/89, VI – Pizza & Pasta (=NJW 1991, 1350)
Für die Schadensberechnung bei Kennzeichenrechtsverletzungen, die grundsätzlich nur im Wege einer Schadensschätzung möglich ist, ist eine Auskunft allein über den Umfang der unter der verletzenden Kennzeichnung getätigten Umsätze - sowie allenfalls noch über Art und Umfang der getätigten Werbung erforderlich; einer Rechnungslegung oder anderweiter näherer Angaben, insbesondere über die Abnehmer sowie über die interne Aufschlüsselung der Unkosten des Verletzers, bedarf es insoweit nicht.
BGH, Urt. v. 27.11.1964, Ib ZR 23/63, Ls. – Umsatzsauskunft (= MDR 1965, 269)
Im Falle von Wettbewerbsverstößen hat sich - anders als bei der Verletzung eines gewerblichen Schutzrechts - der Auskunftsanspruch des Verletzten auf das Ziel zu richten, im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen geeignete Grundlagen für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu gewinnen, nicht aber, eine genaue Grundlage für die Schadensberechnung zu schaffen. Für die Schadensschätzung genügt es aber regelmäßig, dem Verletzten Einblick in die auf andere Weise sonst nicht feststellbare Art und den Umfang der begangenen Verletzungshandlungen zu gewähren.
Kein Auskunftsanspruch bei Erstbegehungsgefahr
BGH, Urt. v. 29.6.2000, I ZR 29/98, II. a - Filialleiterfehler
Ansprüche auf Auskunftserteilung und auf Schadensersatz können - soweit Wiederholungsgefahr anzunehmen ist - im Umfang der Verallgemeinerung gegeben sein; solche Ansprüche bestehen jedoch nicht, soweit der Unterlassungsantrag nur unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr begründet sein kann. Anträge auf Verurteilung zur Auskunftserteilung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht werden allerdings, wenn der Unterlassungsantrag über den Bereich hinaus, in dem Wiederholungsgefahr anzunehmen ist, verallgemeinert ist, vielfach dahin zu verstehen sein, dass sie sich nur auf die konkrete Verletzungsform beziehen sollen.
Zeitliche Grenzen des Auskunftsanspruchs
Der für das Wettbewerbsrecht zuständige Senat des BGH hat früher die Auffassung vertreten, dass die Verpflichtung zur Auskunft in zeitlicher Hinsicht nicht über den ersten bekannten Verletzungsfall zurückreicht. Davon ist er mittlerweile bei der Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten abgerückt und hat sich der Rechtsprechung des X. Zivilsenats angeschlossen, der für das Patentrecht zuständig ist.
BGH, Urt. v. 19.7.2007, I ZR 93/04, Ls. – Windsor Estate
Der aus einer Kennzeichenverletzung folgende Schadensersatzanspruch sowie der der Bezifferung dieses Anspruchs dienende Auskunftsanspruch sind zeitlich nicht durch die vom Gläubiger nachgewiesene erste Verletzungshandlung begrenzt (Aufgabe von BGH, Urt. v. 26. 11. 1987, I ZR 123/85, GRUR 1988, 307 - Gaby)
Die geänderte Rechtsprechung gilt auch für Auskunftsansprüche wegen der Verletzung von Rechtspositionen, die über das Wettbewerbsrecht quasi wie Ausschließlichkeitsrechte geschützt werden. Dazu gehören wettbewerblich eigenartige Erzeugnisse, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, geschützte Vertriebssysteme oder Erzeugnisse, die mittels eines Geheimnisverrats hergestellt wurden.
OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.2013, 11 U 48/08, Tz. 79
Die Auskunftspflicht beschränkt sich zeitlich nicht auf den Zeitraum von dem Zeitpunkt an, für den die Klägerin eine konkrete Verletzungshandlung … erstmals schlüssig vorgetragen hat (BGHZ 173, 269 - Rn. 24 f; Windsor Estate; GRUR 2010, 623 - Rn. 54 – Restwertbörse). Da die Umstände dafür sprechen, dass die Beklagte seit ihrem Tätigwerden ihren Kunden und potentiellen Interessenten entsprechende Angebote unterbreitet hat, begründet der festgestellte konkrete Verletzungsfall den Auskunftsanspruch in Bezug auf im Kern gleichartige Verletzungshandlungen für den gesamten nicht verjährten Zeitraum.
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.5.2021, 6 U 39/20, II.2.b
In zeitlicher Hinsicht beschränkt sich die Auskunftspflicht grundsätzlich nicht auf den Zeitraum von dem Zeitpunkt an, für den der Kläger eine konkrete Verletzungshandlung erstmals schlüssig vorgetragen hat (BGH GRUR 2007, 877 Rn 24 - Windsor Estate; BGH GRUR 2010, 623 Rn 54 - Restwertbörse; Steinbeck GRUR 2008, 110). Damit wird dem Interesse des Gläubigers an einer effektiven Rechtsdurchsetzung Rechnung getragen und zugleich der Gleichlauf zu den sondergesetzlichen Ansprüchen auf Drittauskunft (z.B. § 19 MarkenG) hergestellt, die ebenfalls keine zeitliche Begrenzung kennen (BGH GRUR 2007, 877 Rn 25 - Windsor Estate).
Wirtschaftsprüfervorbehalt
Beim Wirtschaftsprüfervorbehalt geht es darum, dass der Schuldner, der Auskunft erteilen oder Rechnung legen muss, diese Auskunft oder seine Belege nicht dem Gläubiger, sondern einer dritten Person vorlegen muss, die beruflich zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, beispielsweise einem Wirtschaftsprüfer. Der teilt dann diejenigen Informationen, die für den Gläubiger wichtig sind, dem Gläubiger mit.
Hintergrund des Wirtschaftsprüfervorbehalts es ist, dass der Schuldner bestimmte Informationen und Belege dazu ungern seinen Konkurrenten offen legt. Mit dem Wirtschaftsprüfervorbehalt soll auf diejenigen Fallkonstellationen Rücksicht genommen werden, in denen dem Gläubiger die begehrte Informationen und Belege zwar nicht vorenthalten werden sollen, gleichzeitig aber auch auf das Geheimhaltungsinteresse des Schuldners Rücksicht genommen werden soll. Manche Auskunft kann dem Schuldner nur zuzumuten sein, wenn er sich nicht seinem Wettbewerber, sondern einer zur Verschwiegenheit verpflichteten Person offenbaren muss.
BGH, Urt. v. 2.2.1999, KZR 11/97, II.2.f - Preisbindung durch Franchisenehmer (=NJW 1999, 2671)
Ein Wirtschaftsprüfervorbehalt kommt nur in Betracht, wenn bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung die berechtigten Belange des Gläubigers gegenüber denen des Auskunftsschuldners zurücktreten müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wirtschaftsprüfervorbehalt die Stellung des Auskunftsberechtigten regelmäßig schon deshalb beeinträchtigt, weil ihm die Informationen nicht selbst zugänglich sind und er sie nicht unmittelbar selbst überprüfen kann, sondern sich auf die Prüfung durch einen Dritten verlassen muss, dem eine vergleichbare Kenntnis aller maßgeblichen Tatsachen regelmäßig fehlt. Mit dem Vorbehalt sind daher Gefahren für die Durchsetzung der Ansprüche verbunden, deren Hinnahme von ihm nur bei einem deutlich höhergewichtigen Interesse des Auskunftspflichtigen erwartet werden kann.
Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 20.5.2021, 6 U 39/20, II.2.e.1
BGH, Urt. v. 21.2.2002, I ZR 140/99; II. 5 – Entfernung der Herstellernummern III
Der Wirtschaftsprüfervorbehalt ist nur mit einem unselbständigen, nicht dagegen mit dem selbständigen Auskunftsanspruch vereinbar. Den Wirtschaftsprüfer darf der Gläubiger bestimmen.
OLG Koblenz, Urt. v. 20.1.2021, 9 U 964/20 (GRUR-RR 2021, 171)
Die Auswahl dieser Person obliegt dem Verletzten (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 9 Rn. 21, mwN).
Voraussetzungen
BGH, Urt. v. 20.12.1994, X ZR 56/93, III.2.b – Kleiderbügel (=NJW 1995, 1905)
Da die gesetzliche Neuregelung dem Interesse des Verletzten an einer Aufdeckung der Lieferwege grundsätzlich Vorrang einräumt, kommt die Einräumung eines Wirtschaftsprüfervorbehalts für die Angabe von Namen und Anschriften gewerblicher Abnehmer nur ausnahmsweise in Betracht. Das kann der Fall sein, wenn ein weitergehender Anspruch im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Darlegungspflichtig ist insoweit der Auskunftspflichtige. Eine fehlende Verhältnismäßigkeit in diesem Sinne könnte etwa zu bejahen sein, wenn das berechtigte Interesse des Verletzten gering ist, weil weitere Verletzungen nicht mehr zu besorgen und Ersatzansprüche bereits ausgeglichen sind (vgl. Amtl. Begründung in BlPMZ 1990, 173, 184).
Ein Wirtschaftsprüfervorbehalt muss vom Schuldner in einem gerichtlichen Verfahren nicht beantragt werden. Das Gericht muss erforderlichenfalls von Amts wegen berücksichtigen, ob es die Auskunftspflicht des Schuldners mit einem Wirtschaftsprüfervorbehalt verbindet. Allerdings ist es sinnvoll, im Verfahren das Gericht auf diese Möglichkeit hinzuweisen.
BGH, Urt. v. 7.12.1979, I ZR 157/77, VII. - Monumenta Germaniae Historica (= GRUR 1980, 227)
Kann der zum Schadensersatz Verpflichtete mit Rücksicht auf die Wettbewerbslage nach Treu und Glauben verlangen, dass er die für die Berechnung der Schadenshöhe und der die Nachprüfbarkeit seiner Angaben maßgebenden Umstände statt dem Verletzten einer Vertrauensperson machen darf, so ist ihm in der Urteilsformel die Möglichkeit, seiner Verpflichtung in dieser Form nachzukommen auch dann vorzubehalten, wenn kein derartiger Hilfsantrag gestellt worden ist.
Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 20.5.2021, 6 U 39/20, II.2.e.1
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.5.2021, 6 U 39/20, II.2.e.1
Die Zumutbarkeit hängt wesentlich davon ab, ob das Geheimhaltungsinteresse des Verletzers oder das Aufklärungsinteresse des Verletzten überwiegt. Ein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse des Verletzers kann sich insbesondere aus Wettbewerbsgründen ergeben, etwa, weil die Parteien Wettbewerber sind und der Verletzte die mitgeteilten Daten im Wettbewerb zum Nachteil des Verletzers verwenden kann. Bei der Abwägung sind aber auch übergeordnete Interessen der Allgemeinheit zu berücksichtigen, z.B. daran, dass Verstöße mit Auswirkungen auf die Volksgesundheit unterbunden werden (BGH GRUR 2001, 841, 843 - Entfernung der Herstellungsnummer II). Für die Abwägung gilt: Grundsätzlich hat es sich der Verletzer selbst zuzuschreiben, wenn er Daten aus seinem Bereich offenlegen muss (BGH GRUR 1996, 78, 79 - Umgehungsprogramm). Das aus Wettbewerbsgründen an sich berechtigte Interesse des Verletzers an der Geheimhaltung einer Bezugsquelle oder eines Vertriebswegs (z.B. beim Vertrieb von Waren mit unzulässig entfernter Kontrollnummer oder von nachgeahmten Waren) oder an seiner Kalkulation hat daher grundsätzlich gegenüber dem Interesse des verletzten Herstellers zurückzutreten, wenn dieser auf die Angaben angewiesen ist, um seinen Schaden zu berechnen (BGH GRUR 2006, 419 Rn 17 - Noblesse). Darauf, ob die Rechtsposition des Berechtigten empfindlich beeinträchtigt würde, wenn die Verletzung nicht unterbunden wird, kommt es nicht an (BGH GRUR 2001, 841, 843 - Entfernung der Herstellungsnummer II). Bei wettbewerblich sensiblen Daten - z.B. über Kunden - hat das Geheimhaltungsinteresse des Verletzers allerdings Vorrang, wenn die Nachteile der Auskunft für den Verletzer außer Verhältnis zum Wert der Auskunft für den Verletzten stehen (BGH GRUR 1991, 921, 924 - Sahnesiphon; BGH GRUR 1994, 635, 636 - Pulloverbeschriftung; BGH GRUR 2006, 419 Rn 14 - Noblesse).
Einwand der Unmöglichkeit einer Auskunftserteilung
OLG Celle, Beschl. v. 31.10.2012, 13 W 87/12, II.2
Ein Zwangsgeld kann nicht festgesetzt werden, wenn die dem Schuldner obliegende Handlung unmöglich ist. Kann der Schuldner die geschuldete Leistung nicht mehr vornehmen, so kann dieser Erfolg auch durch die Zwangsmaßnahme des § 888 ZPO nicht herbeigeführt werden.
Daher darf, wenn die Unmöglichkeit der Erfüllung der geschuldeten Leistung feststeht aber auch wenn ihre Möglichkeit zweifelhaft ist, keine staatliche Zwangsmaßnahme in Form eines Zwangsgeldes oder der Zwangshaft gegen einen Schuldner verhängt werden. Die Möglichkeit der Handlungsvornahme ist deshalb im Vollstreckungsverfahren ebenso wie alle übrigen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vom Gläubiger zu beweisen.
Indessen kann der Beklagte die Vollstreckbarkeit nicht mit der pauschalen Behauptung unterlaufen, ihm sei die Erbringung der geschuldeten Leistung unmöglich. Vielmehr hat der Schuldner auch im Vollstreckungsverfahren die Tatsachen einschließlich der Beweismittel, aus denen sich die Unmöglichkeit der Handlung ergibt, in einer für den Gläubiger überprüfbaren und substantiierten Weise darzulegen. Denn dem Gläubiger wird es regelmäßig kaum möglich sein, Einzelheiten aus der Sphäre des Schuldners darzutun oder auch nur einen Ansatz für den Nachweis der Möglichkeit der Handlungsvornahme zu finden, wenn der Schuldner nicht alle Umstände darlegt, aus denen sich die Unmöglichkeit ergibt. Je mehr die Behauptung des Schuldners, dass ihm die Leistung unmöglich sei, der Lebenserfahrung widerspricht, umso strenger müssen die Anforderungen an die Darlegung von Einzelheiten und Beweismitteln sein. Der Verhängung der Zwangsmittel nach § 888 ZPO stehen deshalb nur solche Zweifel entgegen, die durch ein substantiiertes und nachprüfbares Vorbringen des Schuldners begründet sind. Auf der Grundlage solcher Darlegungen muss sich der Gläubiger dann darüber schlüssig werden, ob er diese Gründe entkräften und die Beweise widerlegen kann.
Selbstbezichtigung/Persönlichkeitsrechte Dritter/Datenschutz/Geschäftsgeheimnisse
Der Auskunftsverpflichtete kann sich zur Verweigerung seiner Auskunftspflicht nicht auf Persönlichkeitsrechte Dritter, wie sie insbesondere auch in den Datenschutzgesetz Niederschlag gefunden haben, berufen.
OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 75
Die Auskunftserteilung ist nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO gerechtfertigt. Sie ist zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich. Die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen nicht.
Soweit sich die Auskunft auf die Angabe von Namen oder Anschriften von Personen bezieht, erfolgt die Verpflichtung zur Auskunftserteilung ihrerseits auf einer gesetzlichen Grundlage. Diese besteht im Wettbewerbsrecht insbesondere in § 242 BGB. In den Gesetzen zum gewerblichen Rechtsschutz (Patentrecht, Markenrecht, Geschmacksmusterrecht, Gebrauchsmusterrecht etc.) und Im Urheberrechtsgesetz finden sie sogar in eine spezielle Regelung, zB. § 19 Abs. 3 MarkenG, § 101 Abs. 3 UrhG, § 140b PatG , § 46 Abs. 3 GeschmMG oder § 24b GebrMG. Eine entsprechende Verpflichtung besteht auch bei der Verletzung eines Rechts an einem wettbewerblich eigenartigen Produkt, der Verletzung eines geschützten Vertriebssystems oder der Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses.
Der Auskunftspflichtige kann sich nicht darauf berufen, dass er sich durch die Auskunft einer Straftat bezichtigen oder Dritte der Strafverfolgung aussetzen könnte.
OLG Stuttgart, Urt. v. 8.10.2015, 2 U 25/15, Tz. 65 ff
Der Beklagte kann auch nicht einwenden, dass ihm die begehrte Auskunft unzumutbar wäre, namentlich weil er sich oder einen Dritten möglicherweise der strafrechtlichen Verfolgung aussetzen würde. ...
... Materiell gleicht die Lage eines Wettbewerbsverletzers nicht derjenigen eines grundsätzlich unbeteiligten Zeugen im Zivilprozess. … Bei besonders gravierenden und deshalb mit Strafe bedrohten Rechtsverstößen wäre der Verletzte außerdem schutzloser gestellt als bei weniger gravierenden Lauterkeitsverstößen; umgekehrt könnte sich der Verletzer seiner Pflicht zur Auskunft stets gerade unter Hinweis darauf entziehen, dass sein Verstoß besonders schwerwiegend und daher mit Strafe bedroht sei. Und dies obwohl gerade bei besonders gefährlichen Verstößen wie einem Geheimnisentzug oder -missbrauch auch ein besonders gewichtiges Interesse des Verletzten besteht, alle Einzelheiten zu erfahren, um seine Rechte umfassend wahren und so den Schaden eindämmen und künftige Schäden vermeiden zu können. ...
Die Rechtsordnung kennt kein ausnahmsloses Gebot, dass niemand zu Auskünften oder zu sonstigen Handlungen gezwungen werden darf, durch die er eine von ihm begangene strafbare Handlung offenbarte. Vielmehr unterscheiden sich die Regelungen und die darin vorgesehenen Schutzvorkehrungen je nach der Rolle der Auskunftsperson und der Zweckbestimmung der Auskunft. Diese Differenzierung steht mit Art. 2 Abs. 1 GG jedenfalls insoweit in Einklang, als Art und Umfang des durch dieses Grundrecht gewährleisteten Schutzes auch davon abhängen, ob und inwieweit andere auf die Auskunft angewiesen sind und ob insbesondere die Auskunft Teil eines durch eigenen Willensentschluss übernommenen Pflichtenkreises ist (so BVerfG 56, 37, Rz. 15 f. und 30). Handelt es sich um Auskünfte zur Erfüllung eines berechtigten Informationsbedürfnisses, ist der Gesetzgeber befugt, die Belange der verschiedenen Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Er kann dabei berücksichtigen, dass es im Privatrechtsverkehr nicht allein um ein staatliches oder öffentliches Informationsbedürfnis, sondern zugleich um die Interessen eines Geschädigten geht (BVerfGE 56, 37, Tz. 27).
Muss ein Auskunftspflichtiger durch eine Auskunft zugleich die Begehung einer eigenen Straftat nach § 17 UWG (Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen) einräumen, so ist dadurch sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt, als dessen Teil das Bundesverfassungsgericht den Schutz vor einem Zwang zur Selbstbezichtigung anerkannt hat (vgl. BVerfGE 56, 37, 41 ff.; 95, 220. 241; 96, 171. 181). Allerdings ist ein solcher Zwang selbst in einem staatlichen Verfahren nicht generell unzumutbar, insbesondere dann nicht, wenn … schutzwürdige Belange Dritter betroffen sind (BVerfG, Beschl. v. 28.10.2010, 2 BvR 535/10, Tz. 18). Außerdem ist zu unterscheiden, ob die Offenbarung gegenüber dem Staat gefordert wird oder aufgrund zivilrechtlicher Ansprüche gegenüber einem Privaten, der seinerseits wiederum dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG und der staatlichen Rechtsdurchsetzungsgarantie untersteht. Das Schweigerecht ist in verschiedenen Verfahrensarten unterschiedlich ausgeprägt und differiert auch nach der Rolle des Betroffenen in dem jeweiligen Verfahren.
Dass auch sonst keine durchgreifenden Rechte des Betroffenen und Dritter vorgehen, wird in der Entscheidung weitergehend und sehr ausführlich begründet.
OLG Celle, Urt. v. 19.12.2019, 13 U 87/18, Tz. 64
Interessen des Schuldners an der Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen müssen zwar grundsätzlich zurückstehen, wenn der Gläubiger auf die Angaben angewiesen ist, um seinen Schaden zu berechnen. Kommt aber ohnehin nur eine grobe Schätzung in Betracht, ist dem Schuldner eine Offenbarung von Geschäftsinterna zumindest dann nicht zuzumuten, wenn diese Schätzung auch auf anderer Grundlage erfolgen kann (BGH, Urt. v. 6.10.2005, I ZR 322/02,Tz. 17).
Verjährung
KG Berlin, Urt. v. 28.8.2012, 5 U 48/06, IV.3.a - Creation Lamis
Beim selbstständigen Auskunftsanspruch richtet sich die Verjährung nach der für seine Rechtsgrundlage geltenden Regelung, also etwa bei Auskunft als Schadensersatz wegen eines lauterkeitsrechtlichen Verstoßes oder zur Beseitigung eines gegen lauterkeitsrechtliche Normen verstoßenden Störungszustands nach Auffassung des Senats unmittelbar nach § 11 UWG.
Zitiervorschlag zur aktuellen Seite
Omsels, Online-Kommentar zum UWG: