Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

C. Beseitigungsanspruch

Literatur: Köhler, Helmut, Der wettbewerbsrechtliche Beseitigungsanspruch - ein Folgenbeseitigungsanspruch?, WRP 2019, 269; Büscher, Wolfgang, Zur Streitfrage eines auf Entgeltrückzahlung gerichteten Beseitigungsanspruchs gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG, WRP 2023, 513 (Teil 1) und WRP 2023, 639 (Teil 2)

Der Beseitigungsanspruch setzt einen fortdauernden Störungszustand voraus.

OLG Köln, Urt. v. 8.4.2022, 6 U 86/21, Tz. 78

Der Beseitigungsanspruch erlischt, wenn der Störungszustand wegfällt.

BGH, Urt. v. 25.4.2019, I ZR 93/17, Tz. 11 - Prämiensparverträge

Der Beseitigungsanspruch setzt voraus, dass eine bereits in der Vergangenheit eingetretene Beeinträchtigung noch fortdauert (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.2017, I ZR 184/15, Tz. 25 - Klauselersetzung). Wie beim Unterlassungsanspruch erfordert die Begründetheit, dass die beanstandete Beeinträchtigung im Zeitpunkt ihres Eintritts rechtswidrig war und ihre Folgen zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Revisionsinstanz andauern.

Der Beseitigungsanspruch besteht neben dem Unterlassungsanspruch:

BGH, Urt. v. 18.9.2014, I ZR 76/13, Tz. 64 – CT-Paradies

Hat eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, besteht neben dem Unterlassungsanspruch ein Beseitigungsanspruch. Dabei handelt es sich um selbständige Ansprüche mit grundsätzlich unterschiedlicher Zielrichtung. Der Gläubiger hat es in der Hand, ob er den einen oder den anderen Anspruch oder aber beide Ansprüche geltend macht. Er kann bei einer solchen Fallgestaltung allerdings auch bereits mit dem Unterlassungsanspruch die Beseitigung des Verletzungszustands verlangen. Das folgt daraus, dass bei einer Dauerhandlung die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (BGH, GRUR 1977, 614, 616 - Gebäudefassade).

Ebenso BGH, Beschl. v. 29.9.2016, I ZB 34/15, Tz. 28

OLG Frankfurt, Urt. v. 21.3.2019, 6 U 190/17, II.3

Auch einem Verbraucherschutzverband als Anspruchsberechtigter gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG steht grundsätzlich ein Beseitigungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG zu, der - soweit die allgemeinen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch erfüllt sind - auch auf die Beseitigung der hervorgerufenen Irreführung bei den betroffenen Kunden gerichtet sein kann (BGH 14.12.2017, I ZR 184/15, Tz. 51 - Klauselersetzung). Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass der Verband selbst durch das beanstandete unlautere Verhalten nicht beeinträchtigt wird.

BGH, Beschl. v. 29.9.2016, I ZB 34/15, Tz.29

Der Beseitigungsanspruch setzt nicht nur voraus, dass der durch die Verletzungshandlung hervorgerufene Störungszustand fortbesteht. Er steht unter dem Gebot der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit des verlangten Mittels zu dem angestrebten Erfolg und setzt daher außerdem voraus, dass die erstrebte Maßnahme zur Beseitigung des andauernden Störungszustands geboten erscheint (BGH, GRUR 1995, 424, 426 f. - Abnehmerverwarnung). Die Klärung der Frage, welche Maßnahmen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands geboten sind, muss zwar grundsätzlich im Erkenntnisverfahren und kann nicht im Vollstreckungsverfahren erfolgen (vgl. OLG Hamburg, Pharma Recht 2003, 171).

BGH, Urt. v. 12.3.2015, I ZR 188/13, Tz. 35 - Uhrenankauf im Internet

Der Beseitigungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG kann alle geeigneten Maßnahmen umfassen, die zur Beseitigung der fortwirkenden Störung geeignet und erforderlich sind. Dazu kann auch die Aufhebung eines rechtswidrigen Verbots gehören (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 1.69 und 1.80; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 24 Rn. 1; Fe- zer/Büscher, UWG, § 8 Rn. 9 und 16).

OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.10.2016, I-20 U 37/16, Tz. 33

Es liegt in der Natur des Beseitigungsanspruchs, dass er nicht auf eine bestimmte Handlung gerichtet ist, sondern dass sich sein Inhalt stets nach der Art der Beeinträchtigung bestimmt. Was auch immer erforderlich ist, um den rechtswidrigen Störungszustand zu beseitigen, ist Gegenstand des Anspruchs.

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 8.4.2022, 6 U 86/21, Tz. 49

OLG Köln, Urt. v. 8.4.2022, 6 U 86/21, Tz. 55

Beim wettbewerblichen Folgenbeseitigungsanspruch gilt der Grundsatz, dass es dem Schuldner überlassen bleiben muss, wie er den Störungszustand beseitigt.

OLG Köln, Urt. v. 8.4.2022, 6 U 86/21, Tz. 63

Einen Anspruch auf eine bestimmte Beseitigungshandlung hat der Schuldner nur dann, wenn es lediglich eine mögliche Beseitigungsmaßnahme gibt (Fritzsche in Gloy/Loschelder/Danckwerts, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 5. Aufl. § 79  Rn. 68, 70).

Der Anspruchsteller kann dem Schuldner aber bestimmte Vorgaben machen, die umschreiben, was dazu gehört, dass der Störungszustand beseitigt ist.

Rechtsschutzbedürfnis

BGH, Urt. v. 30.1.2014, I ZR 19/13, Tz. 14 - Gebundener Versicherungsvermittler

Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Beseitigungsansprüch ergibt sich daraus, dass der Beklagte durch die von der Klägerin beanstandete Verhaltensweise - das Vorliegen eines Rechtsverstoßes unterstellt - einen fortdauernden Störungszustand geschaffen hat, der fortbesteht, solange die Störungsstelle nicht beseitigt ist. In einem solchen Fall besteht ein Rechtsschutzbedürfnis schon deshalb, weil der Beseitigungstitel nicht wie der Unterlassungstitel nach § 890 ZPO, sondern nach § 887 ZPO oder § 888 ZPO vollstreckt wird (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 1.72).

Ein Beispiel für einen Beseitigungsanspruch ist der Widerrufsanspruch. Aber:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.6.2012, 20 U 142/10

Der Anspruch betrifft nur wettbewerbswidrige Tatsachenbehauptungen (vgl. nur Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl. 2012, § 8 Rn. 1.95, 1.97 m. Nachw.).

OLG Koblenz, Urt. v. 25.7.2012, 9 U 31/12 - Spielabbruch durch Mehrweg

Zwar muss für einen uneingeschränkten Widerruf die Unrichtigkeit der Behauptung feststehen, ansonsten nur eine Art Distanzierung von den früheren Aussagen verlangt werden kann. Die Klägerin wird jedoch durch die Beweislastregelung nach § 4 Nr. 8 UWG begünstigt, wonach der Beweis der tatsächlichen Richtigkeit der geschäftsschädigenden Behauptung von der Beklagten zu erbringen ist. Unter Beachtung dieser Beweislastregelung, dem Vortrag der Parteien sowie dem Ergebnis der Beweisaufnahme erweisen sich die Aussagen der Beklagten als objektiv unrichtig.

In der Regel erfolgt die Beseitigung bereits durch die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs. Wem beispielsweise untersagt wurde, eine bestimmte Werbeaussage nicht mehr zu verbreiten, muss sämtliche Werbemittel, in denen sich diese Werbeaussage findet, beseitigen, wenn er nicht gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen will.

BGH, Urt. v. 18.9.2014, I ZR 76/13, Tz. 65 – CT-Paradies

Vereinbaren die Parteien bei einem dauerhaften Störungszustand eine Unterlassungsverpflichtung, ist regelmäßig davon auszugehen, dass diese auch die Verpflichtung zur Beseitigung des Verletzungszustands umfasst, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie allein die Verpflichtung zur Unterlassung zukünftiger Verletzungshandlungen erfassen soll. Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn die Parteien bei ihrer Vereinbarung eindeutig zwischen Unterlassung und Beseitigung unterscheiden (vgl. BGH, Urt, v, 21.10.2010, III ZR 17/10, Tz. 15).

Für den Beseitigungsanspruch bleibt aus diesem Grunde im Wettbewerbsrecht wenig Raum. Eine besondere Ausprägung des Beseitigungsanspruchs ist der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung.

Ein seltenes Beispiel für einen Widerrufsanspruch als Ausprägung des Beseitigungsanspruchs bot die falsche Behauptung eines Einwegbecher-Anbieters, wonach der Abbruch des Fußballbundesligaspiels zwischen dem FC. St. Pauli und Schlake 04 darauf beruht haben soll, dass ein Mehrwegbecher einen Linienrichter zu Boden gestreckt habe.

OLG Koblenz, Urt. v. 25.7.2012, 9 U 31/12 - Spielabbruch durch Mehrweg

Zwar besteht grundsätzlich ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch auf Beseitigung von Fehlvorstellungen, die durch eine irreführende Werbung hervorgerufen worden sind, nicht, weil die Fehlvorstellung als solche in der Regel nur Folge des wettbewerbswidrigen Handelns sind. Die vorliegenden Umstände des Einzelfalles rechtfertigen jedoch die Annahme des Beseitigungsanspruches, da eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbes vorliegt, dessen Beseitigung nur im Wege des Widerrufes als Teil der Naturalrestitution erfolgen kann.

Entscheidend ist, dass sich die Beklagte für den Kreis der informierten Leser ihrer Kundenzeitschrift eindeutig auf die Klägerin als Mitbewerberin bezieht, an ein medial präsentes Ereignis anknüpft und die Waren der Klägerin im Vergleich zu den Waren der Beklagten in einer sehr massiven Art und Weise herabsetzt. Diese massive Herabsetzung in Verknüpfung mit dem, dem informierten Publikum stets präsenten aktuellen Geschehen wird sich in das Gedächtnis der Leser der Zeitschrift einprägen und in diesem fortleben. Die Darstellung der Beklagten geht über eine bloß kurzlebige Werbung weit hinaus und wird im Bewusstsein der Leserschaft weiter präsent sein. Dies gilt bis heute.

Zum Verhältnis von Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch

BGH, Beschl. v. 11.10.2017, I ZB 96/16, Tz. 28 ff

Bei den Ansprüchen auf Unterlassung einerseits und auf Beseitigung andererseits handelt es sich um selbständige Ansprüche mit jeweils unterschiedlicher Zielrichtung. Hat eine Verletzungshandlung einen andauernden rechtswidrigen Verletzungszustand hervorgerufen, bestehen die beiden Ansprüche allerdings nebeneinander. Der Gläubiger hat es daher in der Hand, ob er den einen oder den anderen Anspruch oder beide Ansprüche geltend macht. Er kann dementsprechend bereits mit dem Unterlassungsanspruch die Beseitigung des Verletzungszustands verlangen. Der Umstand, dass der damit zum Unterlassungsanspruch in Konkurrenz tretende Beseitigungsanspruch durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beschränkt ist, das heißt die erstrebte Maßnahme zur Beseitigung des andauernden Störungszustandes geboten sein muss, ist bei der Auslegung des Unterlassungstitels zu berücksichtigen. Auch auf der Grundlage des Unterlassungstitels sind daher nur verhältnismäßige Beseitigungsmaßnahmen geschuldet, die zur Beseitigung des Störungszustands geboten erscheinen.

Die spezialgesetzlichen Regelungen zum Anspruch auf Rückruf (§ 98 Abs. 2 UrhG; § 18 Abs. 2 MarkenG; § 43 Abs. 2 DesignG; § 140a Abs. 3 PatG; § 24a Abs. 2 GebrMG; § 37a Abs. 2 SortSchG) schließen es nicht aus, einen Unterlassungstitel dahin auszulegen, dass er den Schuldner verpflichtet, sich bei seinen Abnehmern im Rahmen des Möglichen, Zumutbaren und Erforderlichen um eine Rückgabe der bereits vor Erlass und Zustellung des Titels vertriebenen schutzrechtsverletzenden Gegenstände zu bemühen. Die der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG dienenden spezialgesetzlichen Vorschriften entfalten insoweit keine Sperrwirkung. Sie lassen nicht erkennen, dass sie den Vorrang vor anderen Vorschriften beanspruchen. Die in ihnen geregelten Ansprüche auf Rückruf und Entfernung aus den Vertriebswegen stellen der Sache nach Ausprägungen des Beseitigungsanspruchs dar, der vor der Umsetzung der Richtlinie 2004/48/EG auf eine entsprechende Anwendung des § 1004 BGB gestützt wurde. ...

Außerdem unterscheidet sich die im Wege der Auslegung zu ermittelnde Verpflichtung des Unterlassungsschuldners zum Rückruf inhaltlich von dem, was nach den spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlagen des Rückrufs geschuldet ist. Der Unterlassungsschuldner ist lediglich verpflichtet, die möglichen, erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, die der Verhinderung weiterer konkret drohender Verletzungshandlungen dienen. Dagegen kann der Gläubiger eines Rückrufanspruchs den Rückruf schlechthin aller schutzrechtsverletzenden Erzeugnisse verlangen, selbst wenn dieser Rückruf nicht unmittelbar der Verhinderung konkret drohender weiterer Verletzungshandlungen dient. Während also die spezialgesetzlich normierten Rückrufansprüche einen abstrakten und damit weiteren Schutz bieten, dient die aufgrund einer entsprechenden Auslegung des Unterlassungstitels je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls anzunehmende Verpflichtung des Schuldners zum positiven Handeln durch Rückruf allein dem Schutz vor konkret drohenden weiteren Verletzungshandlungen.

Typischerweise wird eine Konkurrenz zwischen spezialgesetzlichen Rückrufansprüchen und einer auf einem Unterlassungstitel beruhenden Rückrufpflicht deshalb in Fällen eintreten, in denen zum einen ein Vertrieb rechtsverletzend gestalteter, gekennzeichneter oder aufgemachter Erzeugnisse bereits erfolgt und zum anderen der fortgesetzte Vertrieb durch den oder die Abnehmer des Schuldners rasch und in erheblichen Mengen zu erwarten ist. In solchen Fällen ist regelmäßig ein Rückruf zur Abwehr konkret drohender weiterer Verletzungshandlungen auf einer nachgeordneten Vertriebsstufe in einem solchen Maß erforderlich, dass das Unterbleiben eines Rückrufs durch den Schuldner der Fortsetzung seiner eigenen Verletzungshandlungen gleichkommt. Daneben verbleibt für die spezialgesetzlichen Rückrufansprüche ein eigenständiger Anwendungsbereich, in dem sie mit der Rückrufpflicht nach Auslegung eines Unterlassungstitels nicht konkurrieren. Das gilt etwa für alle Fälle, in denen rechts-verletzend gestaltete, gekennzeichnete oder aufgemachte Erzeugnisse zwar vertrieben worden sind, ein weiterer Vertrieb aber nicht konkret zu erwarten ist.

Zu einem Folgenbeseitigungsanspruch bei einer falschen Widerrufsbelehrung:

OLG Koblenz, Urt. v. 20.1.2021, 9 U 964/20 (GRUR-RR 2021, 171)

Der Kl. hat gegen die Bekl. gem. §§ 8 I 1 Alt. 1, III Nr. 3, 3 I, 3 a, 5 I 1, 2 Nr. 7 UWG, 312g I, 312 d I BGB, Art. 246 a EGBGB einen Folgenbeseitigungsanspruch. ...

Die aus dem hier streitgegenständlichen Verstoß resultierende Folge ist typischerweise eine Fehlvorstellung der betreffenden Vertragspartner der Bekl. über den Bestand des ihnen zustehenden Widerrufsrechts sowie über die Modalitäten und Folgen seiner Ausübung. Um diese Folgen rückgängig zu machen, kann der Kl. von der Bekl. insbesondere die Versendung entsprechender Berichtigungsschreiben gemäß dem Klageantrag zu 2 verlangen (vgl. insoweit Köhler/Bornkamm/Feddersen, § 8 Rn. 1108 c).

Zu einem Rückzahlungsanspruch wegen der Vereinnahmung unzulässiger Mahnkosten:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.8.2023, 20 U 102/22, Tz. 115 ff

Offen bleiben kann, ob ein Rückzahlungsanspruch bereits deshalb ausscheidet, weil ein Beseitigungsanspruch – anders als ein Schadensersatzanspruch – lediglich auf die Beseitigung einer Störungsquelle für zukünftige Beeinträchtigungen gerichtet ist. Eine solche Störungsquelle dürfte hier wohl nur anzunehmen sein, wenn man diese in der durch die unrechtmäßig erhaltenen Beträge gegenüber rechtstreuen Wettbewerbern erzielte verbesserte finanzielle Ausstattung des beklagten Unternehmens erblicken wollte. ...

... Unabhängig davon ist ein Anspruch auf Rückzahlung von Geldbeträgen gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG an Kunden eines Unternehmens, dessen Verhalten beanstandet wird, deshalb ausgeschlossen, weil ein solcher Anspruch mit dem System der Durchsetzung von Ansprüchen der Kunden gegen das sich unlauter verhaltende Unternehmen nicht vereinbar ist. ...

Dogmatisch gesehen handelt es sich bei einem derartigen Beseitigungsanspruch zwar um einen solchen einer in § 8 Abs. 3 UWG genannten Person. Wirtschaftlich gesehen überschneidet er sich jedoch weitgehend mit einem etwaigen Anspruch des Dritten (Verbrauchers).

Dieser Dritte kann nach der gegenwärtigen Rechtslage einen Zahlungsanspruch nur selbst (bzw. bei Abtretung durch einen Zessionar) geltend machen. Eine gewisse Hilfe bietet ihm dabei lediglich die Musterfeststellungsklage, die aber nur von bestimmten Verbraucherschutzverbänden (§ 606 Abs. 1 S. 2 ZPO; zukünftig: § 2 VDuG-E) zugunsten von Verbraucher im Sinne des § 13 BGB erhoben werden kann.

OLG Hamburg, Urt. v. 21.3.2024, 5 U 128/22, Tz. 93ff

Nach zutreffender Ansicht gewährt § 8 Abs. 1 1. Alt. UWG keinen Folgenbeseitigungsanspruch dergestalt, dass die Rückzahlung der aufgrund unwirksamer AGB-Klauseln erhobenen Beiträge an die geschädigten Kunden beansprucht werden kann.

Die Beantwortung dieser Frage ist umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt (vgl. ausführlich zum aktuellen Meinungsstand OLG Düsseldorf GRUR-RS 2023, 30144; s.o.).

Einerseits wird vertreten, ...

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dass der Beseitigungsanspruch auch die Rückzahlung umfasse, da die Störung in der Vereinnahmung der Gelder aufgrund unwirksamer AGB bestehe und mithin solange andaure, wie die Gelder nicht zurückgezahlt seien (LG Berlin BKR 2022, 109 Rn. 59). Weiter wird geltend gemacht, dass ein solcher auf Rückzahlung an die Verbraucher gerichteter Folgenbeseitigungsanspruch als Mittel der effektiven Durchsetzung von Verbraucherrechten geeignet sei und zugleich im Sinne des UWG den durch die zu Unrecht einbehaltenen finanziellen Mittel geschaffenen wirtschaftlichen Vorteil beseitigen könne (OLG Dresden VuR 2018, 266, 269; Rott, VuR 2016, 109, 113). Dies sei insbesondere auch deswegen konsequent, da der Gesetzgeber zwar das Problem bereits schon länger erkannt, jedoch nur unzureichend über den Gewinnabschöpfungsanspruch aus § 10 UWG gelöst habe (Rott, VuR 2016, 109, 113).

Nach anderer Auffassung widerspreche ein solcher Folgenbeseitigungsanspruch sowohl dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 UWG als auch der Systematik der §§ 8-10 UWG (OLG Düsseldorf NJOZ 2024, 14 Rn. 68; OLG Düsseldorf GRUR-RS 2023, 30144 Rn. 33 m.w.N. Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 33 ff.). Der in § 8 Abs. 1 UWG normierte Beseitigungsanspruch ziele grundsätzlich darauf ab, eine in der Vergangenheit eingetretene Beeinträchtigung zu beseitigen, um den aus dieser Beeinträchtigung fortwirkenden bestehenden Störungszustand für die Zukunft auszuräumen (LG Hamburg, Urt. v. 29.6.2016 - 312 O 211/15, zitiert nach juris Rn. 73 f.; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl., § 8 Rn. 68 ff; Baldus/Siedler, BKR 2018, 412, 415; Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 13 ff. m.w.N.). Soweit nunmehr Vermögensverschiebungen, die ihren Grund in unwirksamen AGB haben, erfolgten, stelle dies einen in der Vergangenheit entstandenen Schaden dar, der kein fortwirkender zukünftiger Störungszustand im Sinne des § 8 UWG sei. Ließe man dessen ungeachtet auch die Beseitigung von in der Vergangenheit durch Störungen entstandenen Schäden im Rahmen des § 8 UWG zu, würde dies der Regelungssystematik des UWG widersprechen (OLG Düsseldorf GRUR-RS 2023, 30144 Rn. 33 ff. m.w.N.). Zur Durchsetzung der individuellen Schadensersatzansprüche der betroffenen Verbraucher habe der Gesetzgeber einen verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruch in § 9 Abs. 1 UWG und zur Wahrung der kollektiven Rechtsdurchsetzung in § 10 UWG einen Gewinnabschöpfungsanspruch der in § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG genannten Verbände geschaffen (OLG Düsseldorf NJOZ 2024, 14 Rn. 68; OLG Düsseldorf GRUR-RS 2023, 30144 Rn. 37). Überdies bestehe bei einem Folgenbeseitigungsanspruch im Sinne einer Rückzahlung aus § 8 Abs. 1, 1 Alt. UWG auch die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme durch den Verbraucher einerseits und Verbände andererseits sowie von Friktionen im Verjährungsrecht aufgrund der unterschiedlichen Fristen in § 11 UWG und den §§ 195, 199 Abs. 1 BGB (s. dazu auch Baldus/Siedler, BKR 2018, 412, 419).

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Die Begründung eines Anspruchs auf Rückzahlung von Entgelten, die aufgrund unwirksamer AGB vereinnahmt worden sind, würde einerseits der Rechtsnatur des Beseitigungsanspruches aus § 8 Abs. 1 UWG widersprechen, andererseits würde es zu einer Aufhebung der in den §§ 8 – 10 UWG vom Gesetzgeber vorgenommenen Differenzierungen hinsichtlich der Anspruchsberechtigten und des Anspruchsinhaltes kommen.

Bereits der Wortlaut der §§ 8 und 9 UWG zeigt, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Ansprüche zwischen der Störungshandlung und dem daraus resultierenden Schaden unterschieden hat. Dieser Differenzierung folgend hat er eine klare Trennung zwischen dem Anspruch auf Beseitigung der unzulässigen geschäftlichen Handlung in § 8 Abs. 1, 1. Alt. UWG und dem Anspruch auf Ersatz des durch die unzulässige geschäftliche Handlung entstandenen Schadens in § 9 Abs. 1 UWG vorgenommen.

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Die notwendige Differenzierung ergibt sich darüber hinaus auch aus dem Zweck der Ansprüche. Der lauterkeitsrechtliche Beseitigungsanspruch ist darauf ausgerichtet, die unzulässige geschäftliche Handlung und insbesondere die von ihr ausgehende Gefahr für die Zukunft zu beseitigen (BGH NJW 2021, 2193 Rn. 55; Köhler, WRP 2019, 269 Rn. 25). Dies steht jedoch im Widerspruch zu einem Beseitigungsanspruch, mit dem die Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Gelder verlangt werden kann. Damit würde über den Beseitigungsanspruch ein bereits eingetretener und in der Vermögenslage des Betroffenen bereits manifestierter Zustand, der aus der unlauteren geschäftlichen Handlung entstanden ist, wieder „rückgängig“ gemacht werden. Diesem Ziel dient aber grundsätzlich der Schadensersatzanspruch aus § 9 UWG (Ohly in Ohly/Sonitza, UWG, 8 Aufl. 2023, § 8 Rn. 70).

Ebenfalls spricht für die hier vertretene Auffassung, dass die Gewährung eines Anspruchs auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltender Gelder systemwidrig einen verschuldensunabhängigen Schadensersatz begründen würde (Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 33)Nach der bisherigen Systematik sind allein die Ansprüche nach § 8 Abs. 1 S. 1 UWG auf Unterlassung zukünftiger Rechtsverletzungen oder Beseitigung fortdauernder wettbewerbsrechtlicher Störungszustände verschuldensunabhängig ausgestaltet. Die Ansprüche auf Schadensersatz nach § 9 UWG und auf Gewinnabschöpfung nach § 10 UWG knüpfen hingegen an ein Verschulden an.

Ebenso würde die Anerkennung eines Folgenbeseitigungsanspruchs auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Beträge den nach § 8 Abs. 2 UWG Anspruchsberechtigten die Befugnis einräumen, dem Schadensersatzanspruch nach § 9 Abs. 1 UWG entsprechende Ansprüche geltend zu machen, obwohl sie nach § 9 Abs. 1 UWG nicht aktivlegitimiert wären (Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 34). Da der Kläger auch ein Recht im eigenen Namen aus § 8 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 UWG in Anspruch nimmt, scheidet auch eine Geltendmachung im Wege der Prozessstandschaftaus (vgl. Scherer, VuR 2019, 243).

Und schließlich wäre ein solcher Anspruch nach zutreffender Ansicht auch nicht mit den Regeln über die Musterfeststellungsklage nach §§ 606 ff. ZPO a.F. bzw. nunmehr Abhilfeklage im Sinne des § 14 VDuG in Einklang zu bringen (ebenso OLG Düsseldorf GRUR-RS 2023, 30144 Rn. 40; Büscher, WRP 2023, 639 Rn. 35). Mit diesen Verfahren wird es bestimmten Verbraucherverbänden ermöglicht, im kollektiven Interesse Ansprüche der Verbraucher geltend zu machen. Sowohl bei der Musterfeststellungsklage als auch bei der Abhilfeklage war/ist es erforderlich, dass sich der Verbraucher der jeweiligen Klage anschließt. Mit einem Beseitigungsanspruch auf Rückzahlung aus § 8 Abs. 1 UWG würden jedoch diese Beschränkungen bezüglich der klageberechtigten Stellen und des vertretenen Verbrauchers umgangen (OLG Düsseldorf GRUR-RS 2023, 31044 Rn. 37; Büscher, WRP 2023, 639, Rn. 33 ff.; Köhler, WRP 2019, 269 Rn. 57 ff.).

So nun auch laut Presserklärung der BGH, Urt. v. 11.9.2024, I ZR 168/23