Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

i) Bestimmte Personen (Geschäftsführer, Mitarbeiter etc.)

1. Geschäftsführer/Vorstand eines Unternehmens

a. Grundsätze

i. Garantenstellung

ii. Verletzung von Verkehrspflichten

iii. Kenntnis vom Wettbewerbsverstoß/Unterlassene Verhinderung weiterer Verstöße

b. Störerhaftung

c. Störerhaftung bei Schutzrechtsverletzungen

d. Haftung für Organisationsmängel

e. Haftung als Profiteur

f. Deliktische Haftung des Organs

2. Mitarbeiter eines Unternehmens

3. Administrativer Ansprechpartner für eine Domain

4. Verleger

5. Gesellschafter

Geschäftsführer/Vorstand eines Unternehmens

Literatur: Werner, Rüdiger, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Wettbewerbs­verstöße und Immaterialgüterrechtsverletzungen durch die Gesellschaft, GRUR 2015, 739; Dregelies, Max, Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers für Patent- und andere Immaterialgüterrechte, GRUR 2018, 8; Wick, Gottlieb, Die Außenhaftung des Geschäftsführers im Spannungsfeld zwischen Wettbewerbsrecht und Immaterialgüterrecht in Theorie und Praxis, GRUR 2020, 23

Grundsätze

Der Geschäftsführer haftet als Täter, Mittäter oder Teilnehmer.

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 14 - Geschäftsführerhaftung

Der Geschäftsführer haftet für einen Wettbewerbsverstoß der von ihm vertretenen Gesellschaft, wenn er die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben hat.

Eine weitergehende Verantwortlichkeit des Geschäftsführers/Vorstands besteht nur, wenn

    • er eine Garantenstellung hat oder
    • das Organ gegen wettbewerbsrechtliche Verkehrspflichten verstößt, oder
    • eine geschäftliche Handlung zu beurteilen ist, über die typischerweise auf höchster Leitungsebene entschieden wird.

BGH, Urt. v. 7.4.2022, I ZR 5/21, Tz. 72 - Kinderzahnärztin

Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann, wenn er entweder durch positives Tun an ihnen beteiligt war oder wenn er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung - insbesondere aus vor-angegangenem gefahrbegründenden Verhalten - hätte verhindern müssen. Ersteres liegt vor, wenn der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. So liegt es etwa bei der rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird. Zweiteres kann sich auf Grund besonderer Umstände ergeben, etwa wenn der Geschäftsführer sich bewusst der Möglichkeit entzieht, überhaupt Kenntnis von etwaigen Wettbewerbsverstößen in seinem Unternehmen zu nehmen und dementsprechend Einfluss zu ihrer Verhinderung ausüben zu können (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juni 2014 - I ZR 242/12, BGHZ 201, 344 Rn. 17 bis 26 - Geschäftsführerhaftung).

BGH, Urt. v. 5.11.2020, I ZR 234/19, Tz. 69 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen

Die schlichte Kenntnis von Rechtsverletzungen scheidet als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass die Rechtsverletzung auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. Dazu rechnen Maßnahmen, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird.

Ebenso BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 145/23, Tz. 99 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht III

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Garantenstellung

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 17 - Geschäftsführerhaftung

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht nur, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen.

Ebenso BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 145/23, Tz. 99 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht III; BGH, Urt. v. 5.11.2020, I ZR 234/19, Tz. 69 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen; BGH, Urt. v. 27.4.2017, I ZR 55/16, Tz. 29 - PreisportalOLG Frankfurt, Beschl. v. 22.2.2019, 6 W 9/19, II.5OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2018, I-2 U 37/18, Tz. 84

BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2015, X ZR 170/12, Tz. 19 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung II

Nach gefestigter Rechtsprechung haftet der Geschäftsführer auch gegenüber Dritten persönlich, wenn ihm eine über die Organstellung hinausgehende Garantenstellung zukommt, die ihn zum Schutz Außenstehender vor der Gefährdung oder Verletzung ihrer durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten Rechte verpflichtet (BGHZ 109, 297, 303; 125, 366, 375; BGH, Urt. v. 15.12.2014, X ZR 30/14, Tz. 111 - Glasfasern II). Eine solche Garantenstellung kann sich beim Geschäftsführer aus einer mit dessen Zuständigkeit für die Organisation und Leitung und der daraus erwachsenden persönlichen Einflussnahme auf die Gefahrenabwehr und -steuerung verbundenen persönlichen Verantwortung für fremde absolut geschützte Rechte ergeben. In dieser Beziehung gilt letztlich im Grundsatz nichts anderes als für jeden anderen für ein Unternehmen Tätigen, soweit sich dessen Aufgabenbereich auf die Wahrung deliktscher Integritätsinteressen Dritter erstreckt (BGHZ 109, 297, 303).

In der Geschäftsführerhaftungs-Entscheidung nennt der BGH im Zusammenhang mit der Garantenstellung - und nicht bei der Täterschaft, Mittäterschaft oder Teilnahme - das Mitwirken des Geschäftsführers an grundlegenden Entscheidungen eines Unternehmens.

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 19 - Geschäftsführerhaftung

Erforderlich ist grundsätzlich, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist.

Ebenso BGH, Urt. v. 5.11.2020, I ZR 234/19, Tz. 69 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen; BGH, Urt. v. 27.4.2017, I ZR 55/16, Tz. 29 - Preisportal; OLG Hamburg, Urt. v. 19.1.2015, 5 U 203/11, Tz. 87 (= GRUR-RR 2015, 250); OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2018, I-2 U 37/18, Tz. 84OLG Dresden, Urt. v. 15.11.2022, 14 U 849/22, V.

Als Beispiele nennt der BGH in der Entscheidung die Verantwortung des Geschäftsführers für

    • die Gestaltung eines Preisvergleichsportals,

Für einzelne Werbemaßnahmen wurde die Haftung des Geschäftsführers abgelehnt (OLG Hamburg, Urt. v. 19.1.2015, 5 U 203/11, Tz. 89 (= GRUR-RR 2015, 250)).

OLG Frankfurt am Main, 15.10.2015, 6 U 161/14, II.6

Die Kennzeichnung der Produkte mit der Hausmarke gehört zu den Vorgängen, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird.

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2018, 6 U 37/17, II.2

Bei Taxibetrieben gehört die Einteilung der Fahrzeuge für die Taxifahrten nicht zu den Aufgaben, die typischerweise auf Geschäftsführerebne entschieden werden.

KG, Urt. v. 3.12.2019, 5 U 45/19

Die grundsätzliche Entscheidung, ob und über welches Medium eine Gesellschaft mit Werbung an ihr Publikum tritt, wird typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden.

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 32 - Geschäftsführerhaftung

Eine Garantenstellung und damit die Haftung eines Gesellschaftsorgans kann auch dadurch begründet werden, dass es über seine ihm gegenüber der Gesellschaft obliegenden Pflichten hinaus eine weitere Erfolgsabwendungspflicht Dritten gegenüber persönlich übernommen hat. Daran wird es indes bei Wettbewerbsverstößen regelmäßig fehlen, da die Parteien im Vorfeld eines Verstoßes vielfach nicht miteinander in Kontakt oder in einer Geschäftsbeziehung stehen, aus der heraus das Organ einer Gesellschaft ein besonderes, unter Umständen haftungsbegründendes Vertrauen erzeugen könnte.

OLG Köln, Urt. v. 29.5.2020, 6 U 288/19, Tz. 22

Sollte es in einem Unternehmen tatsächlich so sein, dass eine Abteilung Maßnahmen, die üblicherweise vom Geschäftsführer entschieden werden,  alleinverantwortlich trifft, beruht eine solche Organisation letztlich auf einer Entscheidung der Geschäftsführung, für die sie im Ergebnis ebenfalls verantwortlich zeichnet, weil sie die Struktur in dieser Weise eingeführt und „in Gang gesetzt“ hat.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2018, I-2 U 37/18, Tz. 85

Die Abberufung als Geschäftsführer lässt die Wiederholungsgefahr und damit den Unterlassungsanspruch nicht entfallen, da der Repräsentant die Verletzungshandlung in gleicher Weise als selbstständiger Unternehmer oder Verantwortlicher eines anderen Unternehmens weiter betreiben oder wieder aufnehmen kann (BGH, WRP 2009, 1001 – Internet-Radio-Recorder).

Zur Darlegungslast:

KG, Urt. v. 3.12.2019, 5 U 45/19

Den Geschäftsführer trifft eine sekundäre Darlegungslast, weil der Kläger, der grundsätzlich die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs und damit auch für die Verantwortlichkeit des Geschäftsführers für den Wettbewerbsverstoß die Darlegungslast trägt, außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablauf steht und der Geschäftsführer alle wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind.

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Verletzung von Verkehrspflichten

Siehe dazu grundsätzlich hier. Die Verletzung von wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten kann zu einer Garantenstellung aus Ingerenz führen. Bezogen auf den Geschäftsführer/Vorstand bedeutet das:

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 21 f - Geschäftsführerhaftung

Der Haftung wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der Dritten daraus drohenden Gefahren notwendig sind. ...

Solche Verkehrspflichten können auch das Organ einer Gesellschaft treffen. Sie stellen sich als Garantenpflicht aus vorangegangenem gefahrbegründenden Verhalten dar (vgl. BGH, Urt. v. 28.6.2007, I ZR 153/04, Tz. 21 - Telefonaktion). Verstößt das Organ einer juristischen Person, das in seiner beruflichen Tätigkeit nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG als Unternehmer im Sinne des Lauterkeitsrechts behandelt wird, gegenüber Verbrauchern gegen eine wettbewerbliche Verkehrspflicht, so entspricht sein Handeln nicht den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt (§ 3 Abs. 2 UWG). Im Verhältnis zu anderen Marktteilnehmern handelt das Organmitglied unlauter gemäß § 3 Abs. 1 UWG (vgl. Bergmann/Goldmann in Harte/Henning aaO § 8 Rn. 83 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, § 8 Rn. 2.8).

Diese Verkehrspflichten ergeben sich aber nicht alleine schon aus dem Umstand, dass der Geschäftsführer/Vorstand das Untermehmen leitet und gegenüber der juristischen Person u.a. verpflichtet ist, wettbewerbswidriges Handeln zu vermeiden.

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 23 f - Geschäftsführerhaftung

Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen aber keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern. Die nach § 43 Abs. 1 GmbHG und § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG dem Geschäftsführer einer GmbH und den Mitgliedern des Vorstands einer Aktiengesellschaft obliegende Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung umfasst zwar auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Rechtsverletzungen - wie etwa Wettbewerbsverstöße - unterbleiben. Diese Pflicht besteht aber grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft und nicht auch im Verhältnis zu außenstehenden Dritten.

Eine Erfolgsabwendungspflicht des Geschäftsführers kann sich nur in begrenztem Umfang aufgrund besonderer Umstände ergeben.

So haftet der Geschäftsführer/Vorstand persönlich, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 31 - Geschäftsführerhaftung; BGH, GRUR 2009, 841 Rn. 21 f. - Cybersky; OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2018, 6 U 37/17, II.2.c ("Die Anforderungen an diese Form der Haftung sind hoch.")

Ebenso OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.2.2019, 6 W 9/19, II.5

OLG Hamburg, Urt. v. 23.11.2023, 5 U 25/23, Tz. 84

Der Geschäftsführer haftet persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell, nämlich hier die (gegen das RDG verstoßende) standardmäßige Beanstandung von Internet-Bewertungen ..., selbst ins Werk gesetzt hat (vgl. BGH GRUR 2014, 883, 885 Rn. 31 – Geschäftsführerhaftung). Ein solches Geschäftsmodell wird grundsätzlich auf Geschäftsführerebene beschlossen. Bei einer Maßnahme der Gesellschaft, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird, kann nach dem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen davon ausgegangen werden, dass sie von den Geschäftsführern veranlasst worden ist (BGH GRUR 2014, 883, 884 Rn. 19 – Geschäftsführerhaftung; BGH GRUR 2017, 541, 542 Rn. 25 – Videospiel-Konsolen III).

ABER:

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 26 - Geschäftsführerhaftung

Die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht im Zusammenhang mit der Organisation der von ihm vertretenen Gesellschaft ist zu erwägen, wenn der Geschäftsführer sich bewusst der Möglichkeit entzieht, überhaupt Kenntnis von etwaigen Wettbewerbsverstößen in seinem Unternehmen oder von ihm beauftragter Drittunternehmen zu nehmen und dementsprechend Einfluss zu ihrer Verhinderung ausüben zu können. In der Rechtsprechung ist dies angenommen worden, wenn ein Geschäftsführer sich dauerhaft im Ausland aufhält (vgl. OLG Nürnberg, GRUR 1983, 595; OLG Hamburg, GRUR-RR 2002, 240, 243; GRUR-RR 2006, 182, 183).

Es reicht allerdings nicht aus, dass das Unternehmen bestimmte Aufgaben an selbständige Dritte delegiert.

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 28 - Geschäftsführerhaftung

Die gegenteilige Ansicht hätte zur Folge, dass mit jeder Beauftragung eines Subunternehmers die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verbunden wäre, für die Einhaltung der Wettbewerbsvorschriften durch die Mitarbeiter der Subunternehmer zu sorgen. Das kann aber schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Auslagerung von Tätigkeiten auf andere Unternehmen eine wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Unternehmensentscheidung ist, die nicht per se als Gefahrenquelle für Wettbewerbsverstöße angesehen werden kann.

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Kenntnis vom Wettbewerbsverstoß/Unterlassene Verhinderung weiterer Verstöße

Die bloße Kenntnis des Geschäftsführers, dass jemand im Unternehmen einen Wettbewerbsverstoß begangen hat, führt nicht zur eigenen Verantwortung des Geschäftsführers/Vorstand. Dies gilt auch dann nicht, wenn sich der Wettbewerbsverstoß ohne Mitwirkung des Unternehmers wiederholt.

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 19 f - Geschäftsführerhaftung

Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von Wettbewerbsverletzungen scheidet als haftungsbegründender Umstand aus.

Erlangt der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden oder ihre Begehung bevorsteht, trifft ihn persönlich regelmäßig keine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht im Verhältnis zu außenstehenden Dritten, eine (weitere) Verletzung durch das Wettbewerbsrecht geschützter Interessen von Marktteilnehmern zu verhindern.

OLG Frankfurt, Urt. v. 1.2.2018, 6 U 37/17, II.2.d

Eine Garantenstellung kann sich aus vorhergehendem gefährdendem Tun (Ingerenz) ergeben. Nicht ausreichend ist, dass der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon hat, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit Wettbewerbsverstöße begangen werden. Erforderlich ist vielmehr, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist.

Diese Rechtslage hat sich durch die 'Geschäftsführerhaftung'-Entscheidung des BGH im Vergleich zur früheren, jahrzehntealten Spruchpraxis des BGH und der Instanzgerichte geändert. Danach galt:

BGH, Urt. v. 17.8. 2011, I ZR 223/10, Tz. 32

Ein Geschäftsführer haftet für das wettbewerbswidrige Verhalten der Gesellschaft dann, wenn er die Rechtsverletzung entweder selbst veranlasst oder aber gekannt und pflichtwidrig nicht verhindert hat (vgl. BGH, Urt. v 22.4.2009 I ZR 216/06, Tz. 47 - Internet-Videorecorder (= GRUR 2009, 845 = WRP 2009, 1001).

Von dieser Rechtsprechung hat der BGH ausdrücklich Abstand genommen:

BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 15 - Geschäftsführerhaftung

Nach der bisherigen Rechtsprechung haftet der Geschäftsführer ... auch dann für Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft, wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern. Diese Rechtsprechung, in der nicht daran angeknüpft wird, dass der gesetzliche Vertreter der juristischen Person das wettbewerbswidrige Verhalten selbst veranlasst hat, hat ihre ursprüngliche Grundlage in der Störerhaftung (vgl. BGH, GRUR 1986, 248, 251 - Sporthosen; BGH, Urt. v. 15.1.2009, I ZR 57/07, Tz. 14 f. und 18 - Cybersky). Nach Aufgabe der Störerhaftung im Lauterkeitsrecht kann an der bisherigen Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden.

 Unter Umständen kann es auch nach der modifizierten Rechtsprechung ausreichen, wenn der Kläger/Antragsteller ausreichende Indizien für eine persönliche Haftung des Geschäftsführers/Vorstands einer juristischen Person vorträgt. Denn der Gläubiger hat in der Regel keine Kenntnisse von Interna des Schuldners.

OLG Hamm, Urt. v. 13.3.2014, Tz. 141, 4 U 121/13

Angesichts des Umstandes, dass der Beklagte Alleingeschäftsführer des Unternehmens ist, ist die klägerische Annahme, er habe den Inhalt des Internetangebots selbst veranlasst, zumindest sei ihm dieses bekannt gewesen, durchaus gerechtfertigt. Mehr konnte und musste der Kläger mangels Einblicks in die Unternehmensinterna nicht vortragen.

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Störerhaftung

KG Berlin, Urt. v. 13.11.2012, 5 U 30/12, Tz. 34

Die Grundsätze der Störerhaftung, mit denen die persönliche Haftung des Geschäftsführers einer GmbH ursprünglich begründet worden ist (vgl. BGH GRUR 1986, 248 – Sporthosen), lassen sich nicht mehr heranziehen, da sie für das Wettbewerbsrecht aufgegeben worden sind (vgl. BGH GRUR 2011, 152 – Kinderhochstühle im Internet, Rn 48).

Bestätigt durch BGH, Urt. v. 18.6.2014, I ZR 242/12, Tz. 15 - Geschäftsführerhaftung (siehe oben).

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Haftung für Organisationsmängel

KG Berlin, Urt. v. 13.11.2012, 5 U 30/12, Tz. 57 ff

Nach wohl überwiegender Auffassung in der Literatur trifft die Haftung für Organisationsmängel zumindest primär die Gesellschaft als Unternehmensinhaberin.

Unter welchen Voraussetzungen auch eine Eigenhaftung des Geschäftsführers in Betracht kommt, ist streitig.

Wird in Rdn. 59 ff detailliert ausgeführt und im Einzelfall für möglich gehalten.

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Haftung als Profiteur

KG Berlin, Urt. v. 13.11.2012, 5 U 30/12, Tz. 76 f

Im Hinblick auf die Haftung für Wettbewerbsverstöße wird zudem mit einem ganz anderen Ansatz die Auffassung vertreten, das Ausmaß der wirtschaftlichen Vorteile, die der Geschäftsführer aus der Tätigkeit der Gesellschaft ziehe (Gehalt, Tantiemen, Gewinnbeteiligung etc.), könne dessen persönliche Haftung ausnahmsweise begründen, da der Adressat einer Verkehrssicherungspflicht sich auch durch das Interessenprinzip (Vorteils-Nachteils-Kohärenz) bestimme.

Dies greift einen Aspekt auf, mit dem der BGH die Haftung aufgrund wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten begründet (vgl. BGH GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay, Rn 22).

War im konkreten Fall nicht einschlägig

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Deliktische Haftung des Organs

KG Berlin, Urt. v. 13.11.2012, 5 U 30/12, Tz. 79

Wer annimmt, jede deliktische Haftung der juristischen Person setze eine deliktische Haftung des Organs voraus, die nach § 31 BGB auf die Gesellschaft ausgedehnt werde, müsste grundsätzlich zu einer Haftung des Geschäftsführers kommen.

Dieser Auffassung ist jedoch zum einen entgegen zu halten, dass natürliche und juristische Personen einander haftungsrechtlich gleichstehen. Zum anderen entspricht es auch dem Gerechtigkeitsgebot einer Korrespondenz von Risiko und Nutzen, der Gesellschaft, die von den Vorteilen der Arbeitsteilung im Unternehmen profitiert, auch die Risiken einer mangelhaften Unternehmensorganisation anzulasten.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.9.2019, I-15 U 48/19, Tz. 139

Hat ein Organ i.S.d. § 31 BGB den Wettbewerbsverstoß „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“ begangen, so ist die dahinterstehende Organisation dafür verantwortlich, ohne dass die Möglichkeit einer Entlastung besteht. Die Haftung gilt nicht nur für den eingetragenen Verein (§ 21 BGB), sondern auch für sonstige juristische Personen des öffentlichen und privaten Rechts, insbesondere eine GmbH. Die Vorschrift ist nicht nur auf den Schadensersatzanspruch, sondern auch auf den verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch anwendbar. Das „Organ“ begeht dann einen Wettbewerbsverstoß „in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“, wenn zwischen seinem Aufgabenkreis und der schädigenden Handlung nicht bloß ein zufälliger zeitlicher und örtlicher, sondern ein sachlicher Zusammenhang besteht (vgl. zum Vorstehenden Köhler/Feddersen, K/B/F, § 8 Rn. 2.19). Folge einer streng auf den Wortlaut des § 31 BGB abstellenden Auslegung wäre, dass die Vorschrift weitgehend leerliefe. Daher muss Hauptaugenmerk auf den Zweck des Tatbestandsmerkmals gerichtet werden, die Zurechnungswirkung des § 31 BGB auf organschaftliche Verrichtungen zu begrenzen bzw. den Verein pp. nicht für rein privates Verhalten der Repräsentanten haften zu lassen. Erforderlich ist daher ein sachlicher (nicht bloß zeitlicher und örtlicher) Zusammenhang zwischen dem schädigenden Verhalten und dem Aufgabenkreis des Repräsentanten als Organ des Zurechnungsadressaten (BGH NJW 1968, 391 (392); NJW 1986, 2941 (2942 f.)). Ein solcher Zusammenhang ist zu bejahen, solange sich das schädigende Verhalten aus der Sicht eines Außenstehenden nicht so weit vom Aufgabenkreis des Repräsentanten entfernt, dass der generelle Rahmen der ihm übertragenen Obliegenheiten überschritten ist. Es ist dazu allerdings nicht nötig, dass sich der Repräsentant in den Grenzen seiner Vertretungsmacht hält (BGH NJW 1986, 2941 (2942 f.)). Auch kommt es nicht darauf an, ob der Repräsentant seine Befugnisse im Innenverhältnis zum Zurechnungsadressaten überschreitet. Vielmehr kann sogar bei vorsätzlichen deliktischen Handlungen ein so enger Bezug zur Tätigkeit des Repräsentanten als Organwalter vorliegen, dass dieser in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen handelte (BGH NJW 1968, 391 (392)).

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Mitarbeiter eines Unternehmens

OLG Bamberg, Urt. v. 11.5.2011, 3 U 20/11 (MD 2011, 986)

Täter kann auch ein Mitarbeiter oder ein Arbeitnehmer sein. § 8 Abs. 1 UWG stellt nicht auf den Geschäftsinhaber eines werbenden Unternehmens ab, sondern auf denjenigen der eine ,,unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt" (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Aufl., § 8 UWG, Rdnr. 2.5).

Derjenige, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr in einer ihm zurechenbaren Weise die Gefahr eröffnet, dass Dritte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, die durch das Wettbewerbsrecht geschützt sind, kann eine unlautere Wettbewerbshandlung begehen, wenn er diese Gefahr nicht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren begrenzt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 6.3.2014, 6 U 246/13, Tz.21

Der Beklagte hat den Verletzungstatbestand durch eigenes Verhalten verwirklicht und dadurch den Absatz der Dienstleistungen seines Arbeitgebers zu Lasten der behinderten Taxiunternehmen gefördert (§ 2 I Nr. 1 UWG). In diesem Fall ist der Handelnde selbst Täter des Wettbewerbsverstoßes und haftet daher grundsätzlich als solcher (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, Rdz. 2.5a zu § 8). Für die Annahme, dass derjenige, der selbst eine unlautere geschäftliche Handlung zu Gunsten eines Dritten im Sinne von § 2 I Nr. 1 UWG begeht, nicht passivlegitimiert für die sich daraus ergebenden Ansprüche aus §§ 8, 9 UWG sei, lassen sich weder aus dem Gesetz noch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreichende Anhaltspunkte entnehmen. Es ist im Gegenteil anerkannt, dass beispielsweise der Geschäftsführer einer Gesellschaft, der einen Wettbewerbsverstoß zur Förderung des Absatzes des von ihm geleiteten Unternehmens begeht, als Täter auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann, obwohl er selbst weder Unternehmer noch Mitbewerber im Sinne von § 2 I Nr. 3 UWG ist. Auch der Umstand, dass das Verhalten des Täters zugleich - sei es über die Organhaftung nach § 31 BGB, sei es über die Haftung für Mitarbeiter und Beauftragte nach § 8 II UWG - die Haftung eines Dritten begründet, lässt den Anspruch gegen den Täter grundsätzlich unberührt (vgl. Ahrens-Jestaedt, Der Wettbewerbsprozess, Rdz. 38 zu Kap. 21).

Aber

OLG Frankfurt, Urt. v. 30.4.2015, 6 U 3/14, Tz. 28

Für einen Wettbewerbsverstoß als unerlaubte Handlung haftet nur, wer den Verstoß als Täter oder Teilnehmer mit verursacht hat. Die angegriffenen Werbeaussagen sind Bestandteil des Internetauftritts der Beklagten zu 1. Der Beklagte zu 2 ist Angestellter der Beklagten zu 1. Unstreitig wurde die Gestaltung der Internetseite allein von der Beklagten zu 1 vorgenommen. Für eine täterschaftliche Mitwirkung an den streitgegenständlichen Werbeaussagen genügt es nicht, dass der Beklagte zu 2 Informationen über seinen Werdegang zur Verfügung stellte und mit deren Veröffentlichung einverstanden war. Daraus lässt sich kein bestimmender Einfluss auf die hier streitgegenständlichen Formulierungen ableiten.

Bei leitenden Mitarbeitern soll aber eine Haftung über § 831 BGB in Betracht kommen:

OLG Frankfurt, Beschl. v. 15.7.2021, 6 W 40/21

Die Antragsgegner zu 2) und 3) können von der Antragstellerin wegen des Wettbewerbsverstoßes gemäß § 831 Abs. 1 BGB auf Unterlassung persönlich in Anspruch genommen werden (- zur Anwendbarkeit von § 831 BGB im Lauterkeitsrecht vgl. BGH WRP 2012, 1517 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT). Die Antragsgegner zu 2) und 3) sind als leitende Mitarbeiter der Antragsgegnerin zu 1) für die Wettbewerbsverstöße verantwortlich, die die ihnen nachgeordneten Mitarbeiter begehen, soweit sie sich nicht gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 exkulpieren können. Insoweit spielt es keine Rolle, dass es sich bei den Unterschriften der Antragsgegner zu 2) und 3) unter dem streitbefangenen Schreiben um Faksimile gehandelt hat und sie an der Erstellung des Schreibens nicht unmittelbar beteiligt waren. Eine Entlastung nach § 831 Abs. 2 BGB würde voraussetzten, dass den Antragsgegnern zu 2) und 3) bei der Auswahl und Überwachung der Mitarbeiter, die das streitgegenständliche Schreiben erstellt haben, keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden könnte (Palandt/Sprau BGB; 80. Auflage, § 831 Rn 10 ff. - m.w.N.). ... Der Umstand, dass die nachgeordneten Mitarbeiter nach den Vorgaben aus einem Organisationshandbuch gehandelt haben, gibt keinen Aufschluss darüber, wie es zu den inhaltlichen Formulierungen in dem streitgegenständlichen Schreiben gekommen ist, und auf welche Weise von den Antragsgegnern zu 2) und 3) überhaupt überwacht wird, welche Formulierungen genutzt werden.

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Administrativer Ansprechpartner für eine Domain

KG, Urt. v. 3.7.2012, 5 U 15/12, Tz. 5, 9 f

Aus den Umstände, dass der Antragsgegner ... bei der DENIC als administrativer Ansprechpartner (nachfolgend: "Admin-C") für die (von einem offenbar in Frankreich ansässigen Unternehmen gehaltene) Domain "ve….de" registriert war und dass er nach der ersten E-Mail trotz dieserhalb erhaltener Abmahnung des Antragstellers vom 19. April 2011 nichts unternommen hat, um die Übersendung der zweiten und dritten E-Mail zu verhindern, ergibt sich nicht, dass der Antragsgegner Täter, Teilnehmer oder Störer ist. ...

Als Störer kann bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH GRUR 2012, 304, Tz. 49 - Basler Haar-Kosmetik).

Im Streitfall fehlt es bereits am adäquat kausalen Beitrag an der Verletzung des geschützten Rechts. Der einzige Zusammenhang zwischen dem Verhalten des Antragsgegners und der Störung war, dass er zu einem Zeitpunkt als administrativer Ansprechpartner für eine Domain "ve….de" fungierte, als jemand mit einem Absender "kontakt@ve….de" unerbetene Werbe-E-Mails (mit der Bezeichnung "ve….de - Newsletter") versandt hat. Das Versenden solcher E-Mails stellt aber eine völlig eigenständige Handlung dar, die nicht adäquat kausale Folge des Umstands ist, dass der Antragsgegner als Admin-C einer solchen Domain fungiert. Der Umstand, dass nach den Bestimmungen der DENIC ein ausländischer Antragsteller eine Domain nur registrieren lassen kann, wenn er eine inländische Person als Admin-C benennt (BGH GRUR 2012, 304, Tz. 50 - Basler Haar-Kosmetik), ändert daran im Streitfall nichts. Denn vorliegend geht das zu unterbindende Unrecht weder von der Domain als solcher aus, noch von dem Inhalt des mit der Domain aufrufbaren Internetauftritts (z.B. wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung, vgl. etwa KG [10. Zivilsenat] MMR 2006, 392 f; siehe unten). Es ist mit anderen Worten ein nicht mit dem Unrechtsgehalt in Zusammenhang stehender Umstand, ob die Absenderanschrift der unerbetenen Werbe-E-Mail als Schlussbestandteil eine solche Domain enthält, für die (zufälligerweise) der Antragsgegner als Admin-C fungiert, oder aber irgendeine andere Domain wie beispielsweise “gmx.de", "web.de", "t-online.de" oder "berlin.de", deren sämtliche administrativen Ansprechpartner augenscheinlich gleichfalls nicht wegen unerbetener E-Mail-Werbung in der hier in Rede stehenden Fallkonstellation als Störer (auch nicht nach vorangegangener Inkenntnissetzung) in Anspruch genommen werden könnten.

OLG Hamburg, Beschl. v. 17.1.2012, 3 W 54/10, (= MMR 2012, 489)

Neben dem Unternehmen kann nicht auch der Admin-C für ein fehlerhaftes Impressum auf der Website seines Arbeitgebers haftbar gemacht werden. Ihn trifft keine Verkehrspflicht, die ihm zugeordneten Seiten in gesetzeskonformer Weise zu gestalten.

ABER (jedenfalls bei Persönlichkeitsverletzungen):

KG, Beschl. v. 20.3.2006, 10 W 27/05, Tz. 18 f

Besteht die Beeinträchtigung in der Darbietung persönlichkeitsrechtsverletzender Inhalte auf den Webseiten einer Internetsuchmaschine, kommen als Maßnahmen zur Unterbindung zukünftiger Störungen die Löschung bzw. Blockierung des Links oder die Löschung der Domain in Betracht. Ein administrativer Ansprechpartner kann Störungen allerdings nur durch die – ihm rechtlich mögliche – Löschung der Domain durch Kündigung des Domainvertrages unterbinden. Dass er allein aufgrund seiner Funktion als ADMIN-C die Möglichkeit zur inhaltlichen Gestaltung derjenigen Webseiten hätte, die über die von ihm verwaltete Domain aufgerufen werden können, ergibt sich aus den DENIC-Domainrichtlinien nicht. ... Die Stellung eines gesetzlichen Vertreters des Domaininhabers kommt dem ADMIN-C nicht zu. Danach kann ein ADMIN-C – sofern er nicht aus anderen Gesichtspunkten eine Änderung der Programmierung der Webseite bewirken kann – zukünftige Störungen allein durch eine Kündigung des Domainvertrages und der damit verbundenen Auflösung der Verlinkung der Domain mit der Webseite unterbinden.

Vor diesem Hintergrund ist dem administrativen Ansprechpartner eine Prüfung nach Auffassung des Senats erst dann zuzumuten, wenn davon auszugehen ist, dass die Störung nicht durch eine Änderung der Programmierung des Crawlers der Suchmaschine, sondern nur durch eine Aufhebung der Registrierung des Domain-Namens unterbunden werden kann. Dies berücksichtigt die Funktion und Aufgabenstellung des ADMIN-C, der - wie schon der Name sagt - in erster Linie Ansprechpartner der Registrierungsstelle ist und seine Aufgaben dieser gegenüber wahrzunehmen hat. Die Arbeit eines administrativen Ansprechpartners würde nach Ansicht des Senats über Gebühr erschwert, wenn er in jedem Fall einer ihm zur Kenntnis gebrachten behaupteten Persönlichkeitsrechtsverletzung in die Prüfung eintreten müsste, ob der Domainvertrag zu kündigen ist. Zu berücksichtigen ist, dass die Kündigung des Domainvertrages eine einschneidende Maßnahme darstellt, die weitreichende wirtschaftliche Folgen für den Domaininhaber und den ADMIN-C nach sich ziehen kann. Angesichts der Bedeutung dieser Maßnahme ist eine eingehende rechtliche Prüfung angezeigt, die dem administrativen Ansprechpartner nach Ansicht des Senats auch deshalb nicht ohne weiteres und in jedem Fall zuzumuten ist, weil die Domain im Interesse ihres Inhabers betrieben wird, der auch die Gewinne aus der Nutzung erzielt. Schutzwürdige Interessen des von einer Persönlichkeitsrechtsverletzung Betroffenen werden durch die Annahme einer nur eingeschränkten Prüfungspflicht des administrativen Ansprechpartners nicht unzumutbar beeinträchtigt. Ist der Domaininhaber nicht greifbar oder verweigert er die Löschung der beanstandeten Inhalte, kann der ADMIN-C als Störer in Anspruch genommen werden.

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Verleger

OLG Köln, Urt. v. 27.08.2010, 6 U 43/10

Der Verleger haftet aber bei einer Veröffentlichung von Anzeigen, die eindeutige, leicht erkennbare Wettbewerbsverstöße (hier: irreführende Angaben über die Wirkung eines Schlankheitsmittels) enthalten, wegen der Verletzung von wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten als Täter. Die aus diesem Grunde bestehende Kontrollpflicht des Verlegers setzt nicht erst mit dessen Kenntnis von dem wettbewerbswidrigen Inhalt einer Anzeige ein, sondern besteht bei jedem Anzeigenauftrag. Die mit der Eliminierung von Anzeigenaufträgen, die eindeutige Wettbewerbsverstöße enthalten, verbundenen Belastungen des Verlegers sind diesem zumutbar.

Das Veröffentlichen von ungeprüften Anzeigen in einer Zeitungsbeilage eröffnet den Inserenten die Möglichkeit, Anzeigen jedweden Inhalts zu schalten, und birgt so die Gefahr der Irreführung der Leser und damit einer Verletzung von Vorschriften zum Schutz der Verbraucher, zu denen auch § 11 Abs. 1 LFGB gehört. Dabei handelt es sich um eine nicht nur theoretische, sondern ernsthafte Gefahr.

Das Bestehen und der Umfang der Prüfungspflichten im Einzelfall richten sich nach einer Abwägung aller betroffenen Interessen und relevanten rechtlichen Wertungen. Dabei dürfen im Hinblick darauf, dass es sich – dies gilt auch für die Entgegennahme von Anzeigenaufträgen - um eine erlaubte geschäftliche Tätigkeit handelt, allerdings keine überspannten Anforderungen gestellt werden. Entsprechend den zur Störerhaftung entwickelten Grundsätzen kommt es entscheidend darauf an, ob und inwieweit dem in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Diese Abwägung führt zu der Verpflichtung der Beklagten, im Ausgangspunkt sämtliche eingehenden Anzeigenaufträge vor ihrer Veröffentlichung einer Überprüfung zu unterziehen.

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Gesellschafter

BGH, Urt. v. 10.12.2020, I ZR 26/20, Tz. 41 - Steuerberater-LLP

Der Gesellschafter einer Kapital- oder Personengesellschaft haftet nach § 8 Abs. 1 UWG nicht schon aufgrund seiner Gesellschafterstellung, sondern nur, wenn auch in seiner Person der Tatbestand der Zuwiderhandlung als Täter oder Teilnehmer begründet ist, weil er den Verstoß selbst begangen oder ihn pflichtwidrig nicht verhindert hat.

Ebenso BGH, Urt. v. 7.4.2022, I ZR 5/21, Tz. 71 - Kinderzahnärztin

BGH, Urt. v. 3.11.2005, I ZR 311/02, Tz. 22

Der Kläger macht mit der Klage einen deliktsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Voraussetzung für das Bestehen eines solchen Anspruchs gegen eine Gesellschaft ist dabei stets die unerlaubte Handlung einer natürlichen Person, die der Gesellschaft, etwa über die Bestimmung des § 31 BGB, zuzurechnen ist. Daneben können auch gegen die handelnden Gesellschafter Ansprüche geltend gemacht werden. Wird in einem solchen Fall neben der Gesellschaft der Gesellschafter als handelnde Person auf Unterlassung in Anspruch genommen, handelt es sich nicht um eine Verbindlichkeit der Gesellschaft im Sinne von §§ 128, 129 HGB, für die der Gesellschafter einstehen müsste, sondern um einen Anspruch, der in erster Linie gegen den Gesellschafter persönlich gerichtet ist. Dem Gesellschafter soll dabei das beanstandete Verhalten unabhängig davon untersagt werden, ob sein Verhalten der Gesellschaft zugerechnet werden kann oder nicht. Das Schicksal dieses Anspruchs wird durch die Rechtskraft der gegen die Gesellschaft ergangenen Entscheidung nicht berührt.

OLG Stuttgart, Urt. v. 5.7.2018, 2 U 167/17, VI

Ist ein Unterlassungsanspruch gegen eine Gesellschaft begründet, so haftet der einzelne Gesellschafter nicht schon auf Grund seiner Gesellschafterstellung auf Unterlassung. Nicht erheblich ist, ob die Gesellschaft als Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder - was angesichts des geschäftlichen Umfangs nahe liegt - als offene Handelsgesellschaft zu qualifizieren ist, vgl. § 1 Absatz 2 HGB. § 128 HGB findet auf den Unterlassungsanspruch nach § 8 Absatz 1 UWG keine (analoge) Anwendung (BGH, Urt. v. 3.11.2005, I ZR 311/02, Tz. 22).

Der Gesellschafter haftet nur, wenn er selbst den Wettbewerbsverstoß begangen oder ihn pflichtwidrig nicht verhindert hat oder wenn er Teilnehmer im Sinne von § 830 Absatz 2 BGB ist. Eine Haftung kann auch nicht damit begründet werden, dass die übrigen Gesellschafter nicht die Wettbewerbsverstöße unterbunden haben. Eine persönliche Haftung setzt voraus, dass eine entsprechende Garantenpflicht gegenüber dem außenstehenden Dritten bestand, der aus der Verletzung der Pflicht zur Erfolgsabwendung Ansprüche herleitet.

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Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

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