Haftung für Verhalten Dritter
BGH, Urt. v. 6.4.2000, I ZR 67/98 – Neu in Bielefeld I, II.b, c
Eine Person ist für das Verhalten eines von ihr gänzlich unabhängigen Dritten nur verantwortlich, wenn es sich bei der beanstandeten geschäftlichen Handlung auch um einen von ihr selbst begangenen Wettbewerbsverstoß handelt. Wenn eine Person eine geschäftliche Handlung nicht veranlasst hat, kommt ein durch Unterlassen begangener Verstoß in Betracht, wenn der Person hinsichtlich des Verhaltens des anderen eine Erfolgsabwendungspflicht trifft, die sich beispielsweise aus Gesetz oder aus vorangegangenem gefährdenden Tun ergeben könnte.
BGH, Urt. v. 6.5.2021, I ZR 61/20, Tz. 24 - Die Filsbacher
Handlungen Dritter können dem in Anspruch Genommenen als eigene Handlungen zugerechnet werden, wenn er sich diese zu eigen gemacht hat. Dafür ist entscheidend, dass die in Anspruch genommene Person nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die Handlung eines Dritten übernimmt oder den zurechenbaren Anschein erweckt, sie identifiziere sich mit ihr. Ob dies der Fall ist, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen. Diese Haftungskategorie betrifft jedoch nicht die zunächst festzustellende Verursachung im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne. Betroffen ist vielmehr - ebenso wie bei der Kategorie der Täterschaft und Teilnahme - die der Feststellung der äquivalenten Kausalität nachgelagerte normative Zurechnung, bei der zu fragen ist, nach welchen Kriterien sich die Haftung bestimmt, wenn mehrere Personen einen für die Rechtsverletzung äquivalent kausalen Beitrag geleistet haben. Konkret geht es bei der Haftung unter dem Gesichtspunkt des "Sich-Zu-Eigen-Machens" darum, ob derjenige, der einen äquivalent kausalen Beitrag für eine Rechtsgutsbeeinträchtigung durch einen Dritten geleistet hat, aus normativen Gründen nicht für diese Beeinträchtigung verantwortlich ist.
BGH, Urt. v. 6.5.2021, I ZR 61/20, Tz. 27 - Die Filsbacher
Besteht das dem Verletzer vorgeworfene Verhalten in einem Unterlassen, ist zu fragen, ob eine pflichtgemäße Handlung den Eintritt der Rechtsgutsverletzung verhindert hätte.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.2019, 6 W 29/19, 1.a
Die Auffassung der Klägerin, wonach der Beklagte unabhängig von Kenntnis und Veranlassung für mutmaßlich unlautere Internetauftritte Dritter hafte, ist verfehlt. Eine Grundlage für eine solche anlasslose Haftung für das Verhalten Dritter ist nicht ersichtlich. … Für Fälle des sogenannten Verhaltensunrechts, um die es bei Wettbewerbsverstößen geht und in denen keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht, kann die Passivlegitimation allein nach den deliktsrechtlichen Kategorien der Täterschaft und Teilnahme begründet werden, so dass in vergleichbaren Konstellationen, soweit keine „eigenhändige“ Tatbegehung oder -beteiligung vorliegt, nur die Verletzung einer Verkehrspflicht haftungsbegründend wirken kann.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.5.2019, 6 W 29/19, 1.a
Die Tatsache alleine, dass die Beklagte Kenntnis von den hier streitgegenständlichen Handlungen Dritter gehabt hatte, kann die Verletzung einer Verkehrspflicht nicht begründen. Der Senat teilt insoweit auch nicht die Auffassung des LG Hamburg (MMR 2017, 48), wonach die unternehmerische Sorgfalt im Sinne von § 3 Abs. 2 UWG eine Handlungspflicht bei offensichtlich fehlerhaften und irreführenden Äußerungen Dritter auslösen kann. Für die Verletzung einer Verkehrspflicht ist zumindest erforderlich, dass irgendeine Art von Gefahrsetzung erfolgt (vgl. BGH GRUR 2007, 890 - Jugendgefährdende Medien bei Ebay).
Haftung für Anschein einer Verantwortlichkeit
BGH, Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14, Tz. 23 – Smartphone-Werbung
Einem Unternehmen, das sich nach dem äußeren Erscheinungsbild einer Werbung als hierfür verantwortlich geriert, steht der Nachweis offen, tatsächlich nicht in der Lage gewesen zu sein, auf den Inhalt der beanstandeten Werbung Einfluss zu nehmen (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 183/09, Tz. 31 - Irische Butter).
Haftung des Händlers
BGH, Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14, Tz. 23 – Smartphone-Werbung
Wenn ein Unternehmer im Rahmen einer geschäftlichen Handlung für ein Warenangebot eines anderen Unternehmers wirbt, so trifft ihn gleichermaßen die in der Pflicht des Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG zur Aufklärung, weil er wie für ein eigenes Angebot verantwortlich ist. Er muss sich deshalb, wenn ihm entsprechende Kenntnisse fehlen, über die dem Angebot zugrundeliegende Bevorratung informieren. Anderenfalls liefe die Bestimmung der Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG teilweise leer, weil sie durch die Einschaltung dritter Unternehmen für die Werbung leicht umgangen werden könnte.
Das Haftungsmodell der Störerhaftung hat der BGH im Wettbewerbsrecht aber zwischenzeitlich aufgegeben, so dass in solchen Fällen nur eine Haftung aufgrund der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten in Betracht kommt.
Haftung des Herstellers für die Händlerwerbung
OLG Hamburg, Urt. v. 21.12.2017, 3 U 26/15, II.3.a (WRP 2018, 484)
Ein Unternehmen, das ein Erzeugnis auf den Markt bringt, kann grundsätzlich für ein wettbewerbswidriges Verhalten der das Erzeugnis vertreibenden Händler in Anspruch genommen werden, wenn es deren Wettbewerbsverstoß durch sein eigenes Verhalten gefördert oder gar erst ermöglicht hat, indem es zumindest bedingt vorsätzlich zu einer Lage beigetragen hat, die nach der Lebenserfahrung zu einem bestimmten wettbewerbswidrigen Verhalten seiner Abnehmer führt (vgl. BGH, GRUR 2003, 624, Rn. 32 – Kleidersack; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 8 Rn. 2.13c).