1. Nicht jeder Mitbewerber kann gegen eine unlautere geschäftliche Handlung vorgehen
a. Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen
b. in nicht unerheblichem Maße
4. Geschäftsführer/Gesellschafter
Nicht jeder Mitbewerber kann gegen eine unlautere geschäftliche Handlung vorgehen
Zum Begriff des Mitbewerbers siehe hier.
Bis zur UWG-Reform 2020 stand jedem Mitbewerber ein Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung steht zu. Ab dem 01.12.2021 (Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs) ist nicht mehr jeder Mitbewerber zur Verfolgung von UWG-Verstößen berechtigt. Die Mitbewerbereigenschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWH) und die Aktivlegitimation von Mitbewerbern (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) sind nicht mehr deckungsgleich. Einen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung haben nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nur noch
Mitbewerber, die Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreiben oder nachfragen.
Die Anspruchsberechtigung setzt mithin voraus:
- eine Mitbewerberstellung, dazu siehe hier.
- dass der Mitbewerber Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt.
BGH, Urt. v. 24.2.2022, I ZR 128/21, Tz. 12 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen II
Die Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nF setzt voraus, dass der Mitbewerber Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt.
In der Gesetzesbegründung in BT-Drcks. 19/12084, Seite 26 heißt es:
Die höheren Anforderungen verringern die Zahl der potentiellen Anspruchsberechtigten und damit die Gefahr, dass Abmahnungen primär aus finanziellen Interessen ausgesprochen werden. ...
Nach bisheriger Rechtslage konnte jeder Gewerbetreibende die Unterlassung einer wettbewerbswidrigen Handlung fordern, der mit dem Abgemahnten als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. … Nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 UWG-E muss ein Mitbewerber, der Unterlassungsansprüche nach § 8 Absatz 1 UWG erhebt, nachweisen, dass er tatsächlich in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder nachfragt wie derjenige, der die unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen hat. Wettbewerber, die ihre Geschäftstätigkeit gerade erst aufgenommen haben oder bei denen bereits das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, werden sich hierauf nur in Ausnahmefällen berufen können, zum Beispiel wenn unzweifelhaft ist, dass die Geschäftstätigkeit weiter geführt oder ausgeweitet werden wird. Jedoch sollen keine zu hohen Hürden an Umfang und Dauer der Geschäftstätigkeit gestellt werden. Es reicht nicht aus, wenn der Mitbewerber Waren oder Dienstleistungen lediglich anbietet. Spricht der Mitbewerber eine größere Anzahl von Abmahnungen aus, muss entsprechend der Umfang der geschäftlichen Tätigkeit größer sein. Der Nachweis des Merkmals „in nicht unerheblichem Maße“ kann durch Größenkategorien der Zahl der Verkäufe oder ähnlichem belegt werden. Konkrete Umsatzzahlen oder eine Steuerberaterbescheinigung müssen nicht vorgelegt werden.
Die Beschränkung der Aktivlegitimation gilt dem Wortlaut nach für jeden Mitbewerber, auch wenn er vom Rechtsverstoß unmittelbar betroffen wird. Wie die Rechtsprechung mit solchen Fällen unmittelbarer Betroffenheit z.B. bei gezielten Behinderungen nach § 4 UWG umgeht, bleibt abzuwarten. Gegebenenfalls kommt eine teleologische Reduktion in Betracht, da es nicht der Sinn und Zweck der Gesetzesänderung ist, unmittelbar Verletzte schutzlos zu stellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK sowie Art. 47 der EU-Grundrechte-Charta einen effizienten Rechtsschutz garantierten.
Ein Mitbewerber, der bis zum 30.11.2021 aktiv legitimiert war, verliert die Aktivlegitimation ab dem 1.12.2021, wenn er die neuen Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nicht erfüllt. Rechtshängige Verfahren müssten für erledigt erklärt werden.
Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen
Waren oder Dienstleistungen sind zunächst einmal diejenigen, die von beiden Parteien gleichermaßen angeboten oder die zumindest aus Sicht des angesprochenen Verkehrs substituierbar sind.
Ob es sich bei den Waren und Dienstleistungen aber stets um substituierbare Produkte handeln muss, ist offen. Die Frage stellt sich vor dem Hintergrund, dass die Rechtsprechung bis zur UWG-Reform 2020 davon ausging, dass ein konkretes Wettbewerbsverhältnis auch bestehen kann, wenn zwischen den Vorteilen, die die Beklagten für ihr Unternehmen zu erreichen suchen, und den Nachteilen, die die Klägerin dadurch erleidet, lediglich eine Wechselwirkung bestehen muss (zuletzt noch zeitgleich mit der Verabschiedung der UWG-Reform BGH, Urt. v. 5.11.2020, I ZR 234/19, Tz. 28 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen). Es ist davon auszugehen, dass sich diese Rechtsprechung nicht ändert (so auch Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl., § 8 Rn. 3.29c).
BGH, Urt. v. 5.11.2020, I ZR 234/19, Tz. 35 f - Zweitmarkt für Lebensversicherungen
... Eine Maßnahme, durch die ein Anspruchsgegner Vorteile für sein Unternehmen zu erreichen sucht und die mit den Nachteilen, die der Anspruchsteller erleidet, in einer Wechselwirkung steht, kann sowohl einen mitbewerberschützenden als auch einen verbraucherschützenden Tatbestand erfüllen.
Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Anspruchsteller die Unlauterkeit der Maßnahme danach nicht auch dann unter diesen beiden rechtlichen Gesichtspunkten geltend machen kann, wenn er keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versucht.
In solchen Fällen muss der Mitbewerber darlegen, dass er Waren oder Dienstleistungen anbietet, die von der geschäftlichen Handlung des Konkurrenten betroffen werden.
Das bloße Anbieten von Waren oder Dienstleistungen soll nach Ansicht des Gesetzgebers nicht ausreichen, wohl auch nicht, wenn es dauerhaft erfolgt. Diese Auffassung wird vom Gesetzeswortlaut gedeckt, in dem ausdrücklich von Vertrieb und/oder Nachfrage die Rede ist. Ebenso reicht es auf der Nachfrageseite nicht aus, dass lediglich Angebote eingeholt werden. Es muss tatsächlich zu Geschäftsabschlüssen gekommen sein (Harte/Henning-Goldmann, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 369).
in nicht unerheblichem Maße
Es ist Aufgabe der Rechtsprechung, anhand von Einzelfällen näher zu bestimmen, wann ein Vertrieb oder eine Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen „in nicht unerheblichem Maße“ erfolgt. Es liegt nahe, bei der Beurteilung konkret auf die Ware oder Dienstleistung abzustellen, aus der das Wettbewerbsverhältnis resultiert. Es muss sich aber nicht zwingend um substituierbare Waren oder Dienstleistungen handeln (s.o.). Hochpreisigere Waren oder Dienstleistungen werden auch bei kleineren Mengen eher in nicht unerheblichem Maße vertrieben oder nachgefragt. Bei Massenware dürften höhere Anforderungen gestellt werden.
Das bloße Anbieten von Waren oder Dienstleistungen soll nach Ansicht des Gesetzgebers nicht ausreichen, wohl auch nicht, wenn es dauerhaft erfolgt. Ebenso reicht es auf der Nachfrageseite nicht aus, dass lediglich Angebote eingeholt werden. Es muss tatsächlich zu Geschäftsabschlüssen gekommen sein (Harte/Henning-Goldmann, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 369).
Der Gesetzgeber will Umfang und Dauer des Vertriebs oder der Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen außerdem vom Umfang der Abmahnungen abhängig machen, die ein Mitbewerber ausspricht. Zum Umfang der Abmahnungen findet sich im Wortlaut des Gesetzes aber nichts wieder. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung dieses Kriterium trotzdem aufgreift. Eigentlich gehört der Umfang der Abmahnungen in die Rechtsmissbrauchsprüfung und findet sich im Beispielkatalog für rechtsmissbräuchliche Abmahnungen auch in § 8c Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Zur früheren Rechtslage siehe OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.7.2020, 15 U 76/19, Tz. 87
nicht nur gelegentlich
Auch dieses Tatbestandsmerkmal ist neu und es bleibt abzuwarten, wie es von der Rechtsprechung verstanden wird. Aus dem vorstehenden Zitat aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass an die „Dauer der Geschäftstätigkeit“, gemeint ist die Dauer des Vertriebs von Waren oder Dienstleistungen, für die ein Wettbewerbsverhältnis besteht, keine „zu hohen Anforderungen“ gestellt werden sollen. Da es dem Gesetzgeber mit der UWG-Reform 2020 vor allem darum geht, rechtsmissbräuchliche Abmahnungen zu verhindern, kann als „nur gelegentlich“ jeder Vertrieb und jede Nachfrage angesehen werden, die den Eindruck vermitteln, dass es dem Anspruchsteller nur darum geht, seine Mitbewerberstellung zu begründen. Das kann nicht bei jeder kurzfristigen Verkaufsaktion angenommen werden. Auch wenn von einem Anbieter manche Waren nur in kurzfristigen Aktionen, dafür aber im großen Stil vertrieben werden, wird die Aktivlegitimation nicht daran scheitern, dass die kurzfristigen Aktionen nur von Zeit zu Zeit durchgeführt werden.
Gesamtschau
Wahrscheinlich ist es vor diesem Hintergrund sinnvoll, die beiden separaten Tatbestandsvoraussetzungen „in nicht unerheblichen Maße“ und „nicht nur gelegentlich“ zusammenzufassen, und auf deren Grundlage ein Gesamturteil zu treffen(so auch Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl., § 8 Rn. 3.29b; Harte/Henning-Goldmann, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 370). Andernfalls müsste selbst Unternehmern, die Waren im großen Stil, aber nur von Zeit zu Zeit vertreiben (Bsp. Tchibo-Aktionen), die Aktivlegitimation abgesprochen werden.
Da es dem Gesetzgeber mit den erhöhten Anforderungen an die Anspruchsberechtigung darum geht, einen Rechtsmissbrauch auszuschließen, wird es in der Summe von Anzahl und Dauer des Vertriebs oder der Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen ausreichend sein, dass die wirtschaftliche Tätigkeit des Anspruchstellers den Eindruck vermittelt, dass es ihm damit um den Absatz von Waren oder Dienstleistungen geht und nicht etwa darum geht, eine Aktivlegitimation für die Geltendmachung von UWG-Ansprüchen zu begründen. Die wirtschaftliche Tätigkeit muss ernsthaft erscheinen. Dazu muss der Mitbewerber in der Abmahnung oder in einem Gerichtsverfahren aber konkret und unter Nennung von Daten zu Umfang und Dauer seiner Geschäftstätigkeit vortragen.
BGH, Urt. v. 24.2.2022, I ZR 128/21, Tz. 14 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen II
Nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nF ist die Anspruchsberechtigung der Klägerin als Mitbewerberin zusätzlich davon abhängig, dass sie in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich Waren oder Dienstleistungen vertreibt oder nachfragt. Damit soll Missbrauchsmöglichkeiten vorgebeugt werden, die sich aus einer nur pro forma, aber nicht ernsthaft und nachhaltig betriebenen Geschäftstätigkeit ergeben (vgl. Goldmann in Harte/Henning, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 361) und sich durch ein Missverhältnis der Abmahntätigkeit zur sonstigen Geschäftstätigkeit auszeichnen können (vgl. Fritzsche, WRP 2020, 1367 Rn. 6; Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl., § 8 Rn. 3.29a). Nach der Gesetzesbegründung sowie mit Blick auf die erforderliche Effektivität der Durchsetzung des Lauterkeitsrechts dürfen jedoch keine zu hohen Hürden an Umfang und Dauer der Geschäftstätigkeit gestellt werden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs, BT-Drucks. 19/12084, S. 26; Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 8 Rn. 3.29b). Bei der Prüfung der Voraussetzungen von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG nF sind ferner die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigen.
Eine Parallele dazu findet sich in der 'ernsthaften Benutzung' im Markenrecht. Siehe dazu EuGH, Urt. v. 11.3.2003, C-40/01, Tz. 38 - Ansul ; EuGH, Urt. v. 13.9.2007, C-234/06, Tz. 74 - Il Ponte Finanziaria und BGH, Beschl. v. 18.7.2017, I ZR 178/16, Tz. 17 , wobei für eine ernsthafte Benutzung bereits Vorbereitungshandlungen ausreichend sein können (BGH, Urt. v. 18.11.2018, I ZR 126/15, Tz. 35 ff - PUC II). Inwieweit diese Parallele bei § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG darauf zurückgegriffen wird, bleibt abzuwarten.
Weitere Einschränkung: Bei bestimmten Wettbewerbsverstößen sind nur unmittelbar betroffene Mitbewerber aktivlegitimiert
Wenn der Schuldner nur die wettbewerblichen Interessen eines bestimmten Mitbewerbers verletzt, ist nur dieser Mitbewerber anspruchsberechtigt (aktivlegitimiert).
BGH, Urt. v. 3. 5. 2007, I ZR 19/05, Tz. 26 - Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer
Die an sich nach § 8 Abs. 3, Nr. 1 UWG bestehende Anspruchsberechtigung kann ausgeschlossen sein, wenn durch ein wettbewerbswidriges Verhalten nur die Belange eines bestimmten Mitbewerbers betroffen sind.
Das ist in der Regel der Fall, bei Ansprüchen
- wegen einer Verletzung eines wettbewerblich eigenartigen Erzeugnisses gemäß § 4 Nr. 3 a) und b) UWG,
- bei der Verletzung von Geschäftsgeheimnissen (§ 4 Nr. 3 c) UWG) oder
- der Verletzung geschützter selektiver Vertriebssysteme oder von Direkt-Vertriebssystemen oder
BGH, Urt. v. 24. 2. 2005, I ZR 101/02, IV.2.b) - Vitamin-Zell-Komplex
Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen Herkunftstäuschung und unlauterer Rufausbeutung sollen vorrangig dem Schutz individueller Leistungen dienen und können dementsprechend grundsätzlich nur von denjenigen geltend gemacht werden, die diese Leistungen erbracht haben, d.h. dem Hersteller eines wettbewerblich eigenartigen Erzeugnisses und ausnahmsweise auch einem Händler.
- einer Herabsetzung gemäß § 4 Nr. 1 UWG oder
- einer Anschwärzung nach § 4 Nr. 2 UWG oder
- einer gezielten Behinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG, die sich gegen einen oder bestimmte Mitbewerber richtet.
BGH, Urt. v. 5.11.2020, I ZR 234/19, Tz. 43 - Zweitmarkt für Lebensversicherungen
Für die mitbewerberschützenden Tatbestände des § 4 UWG ist zwar anerkannt, dass ihre Geltendmachung dem in seinem individuellen Schutzinteresse betroffenen Mitbewerber vorbehalten ist (vgl. BGHZ 218, 236 Rn. 58 - Werbeblocker II, mwN). Der Begriff des Mitbewerbers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ist insoweit teleologisch zu reduzieren (vgl. Büscher/Hohlweck aaO § 8 Rn. 276; MünchKomm.UWG/Bähr aaO § 2 Rn. 216). Daraus folgt jedoch nicht, dass diese Mitbewerber ausschließlich für die mitbewerberschützenden Tatbestände aktivlegitimiert sind.
BGH, Urt. v. 28.10.2010, I ZR 174/08, Tz. 8 – Änderung der Voreinstellung III
Grundsätzlich muss es den einzelnen Mitbewerbern, die von einer möglichen Behinderung im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG betroffen werden, überlassen bleiben, ob sie die Behinderung hinnehmen wollen oder nicht (vgl. BGH, Urt. v. 2. 10.2008, I ZR 48/06 - Küchentiefstpreis-Garantie). Es spielt dabei … keine Rolle, ob die Interessen eines einzelnen oder mehrerer behinderter Unternehmen betroffen sind. Eine Anspruchsberechtigung eines Wettbewerbsverbands käme in einem solchen Fall nur dann in Betracht, wenn das fragliche Verhalten (auch) weitere wettbewerbsrechtliche Tatbestände wie etwa den der unangemessenen unsachlichen Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit gemäß § 4 Nr. 1 UWG oder den der Irreführung gemäß §§ 5, 5a UWG erfüllt.
BGH, Urt. v. 19.4.2018, I ZR 154/16, Tz. 58 – Werbeblocker II
Zwar ist für die mitbewerberschützenden Tatbestände des § 4 UWG anerkannt, dass ihre Geltendmachung dem in seinem individuellen Schutzinteresse betroffenen Mitbewerber vorbehalten ist. Dies gilt jedoch nicht für die Vorschrift des § 4a UWG, die aggressive geschäftliche Handlungen nicht im Horizontalverhältnis, sondern im Vertikalverhältnis - gegenüber Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern – verbietet.
BGH, Urt. v. 5.11.2020, I ZR 234/19, Tz. 40 f - Zweitmarkt für Lebensversicherungen
Eine Ausnahme vom Grundsatz der einheitlichen Auslegung des Mitbewerberbegriffs im UWG gilt nur, soweit eine richtlinienkonforme Auslegung dies erfordert; das ist bei § 6 Abs. 1 und 2 Nr. 3 bis 5 UWG und möglicherweise auch bei § 5 Abs. 2 UWG der Fall, nicht aber bei den übrigen Tatbeständen des UWG.
§ 6 Abs. 1 und 2 Nr. 3 bis 5 UWG dient der Umsetzung von Art. 2 Buchst. c und Art. 4 Buchst. d, f und h der Richtlinie 2006/114/EG über irreführende und vergleichende Werbung. Im Rahmen vergleichender Werbung gemäß § 6 Abs. 1 und 2 Nr. 3 bis 5 UWG entspricht es der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Senats, dass nur solche Parteien Mitbewerber sind, die Waren und Dienstleistungen anbieten, die substituierbar sind (vgl. EuGH, Urt. v. 19.4.2007, C-381/05, Tz. 28 und 30 - De Landtsheer Emmanuel; BGH, Urt. v. 1.10.2009, I ZR 134/07Tz. 12 - Gib mal Zeitung). Ob diese Auslegung auch für § 5 Abs. 2 UWG gilt, der der Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/EG dient, bedarf hier keiner Entscheidung (dafür Büscher/Wille aaO § 2 Abs. 1 Nr. 3 Rn. 2; Großkomm.UWG/Peukert aaO § 2 Rn. 388; Teplitzky/Büch, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 13 Rn. 9).
Bei Verstößen gegen § 3a UWG in Verbindung mit einer Marktverhaltensregel kommt es zudem darauf an, welchen Schutzzweck die verletzte Norm verfolgt. Dient sie nur dem Schutz bestimmter Mitbewerber, nicht auch dem Schutz anderer Mitbewerber, der Verbraucher oder der Allgemeinheit, ist nur ein Mitbewerber zur Verfolgung berechtigt, der durch die Norm geschützt werden soll.
Existenzgründer/Start ups
Die Aktivlegitimation eines sich erst im Aufbau befindlichen Unternehmens wurde im Rahmen der UWG-Reform 2020 vom Gesetzgeber bewusst eingeschränkt (siehe oben). Denn ein Unternehmen, dass überhaupt noch keine Waren oder Dienstleistungen am Markt vertrieben hat (, ein Angebot reicht nicht aus), erfüllt die Tatbestandsvoraussetzung eines Vertriebs in nicht unerheblichem Maße und/oder nicht nur gelegentlich nicht. Das gilt in gleicher Weise für Start ups, die zwar möglicherweise schon seit Jahren bestehen, seitdem aber ein Produkt nur entwickeln und noch nichts verkauft haben.
Überholt: OLG Köln, Beschl. v. 28.2.2011, 6 W 35/11
Diese Rechtslage kann in der Konsequenz dazu führen, dass ein neues Unternehmen am Markt von einem etablierten Mitbewerber wegen eines UWG-Verstoßes in Anspruch genommen werden kann, dass sich gegen einen UWG-Verstoß des etablierten Mitbewerbers selbst nicht zur Wehr setzen kann. Selbst gegen eine gezielte Behinderung kann das betroffene Unternehmen sich nicht mittels § 4 UWG wehren, sondern muss auf die lückenhaften und schwächeren Schutzmöglichkeiten der §§ 823 ff BGB zurückgreifen. Ob dies mit dem in Art. 3 GG verankerten Gleichheitsgrundsatz zu vereinbaren ist, muss von den Gerichten geklärt werden. Gegebenenfalls kommt eine teleologische Reduktion in Betracht, da es nicht der Sinn und Zweck der Gesetzesänderung ist, unmittelbar Verletzte schutzlos zu stellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK sowie Art. 47 der EU-Grundrechte-Charta einen effizienten Rechtsschutz garantierten.
Geschäftsführer/Gesellschafter
OLG Köln, Urt. v. 15.2.2019, 6 U 214/18, Tz. 43
Die Klagebefugnis des Mitbewerbers setzt daher voraus, dass der Anspruchsteller ein Unternehmer ist, der einer auf Dauer angelegten, selbstständigen wirtschaftlichen Betätigung nachgeht. Das ist bei dem Kläger zu 1 nicht der Fall. Er ist zwar Geschäftsführer der Klägerin zu 2 gewesen. Dies genügt für die Annahme einer Unternehmereigenschaft allerdings nicht. Denn wenn das Unternehmen von einer Gesellschaft betrieben wird, ist als Unternehmer nur die Gesellschaft als Inhaberin des Unternehmens anzusehen und nicht der oder die einzelnen Gesellschafter. Auch ein Geschäftsführer ist zwar beruflich tätig. Seine Berufstätigkeit ist aber nicht selbstständig, sondern er handelt als Vertreter für das eigenständige Unternehmen. Als solcher kann er zwar das von ihm vertretene Unternehmen fördern und dadurch geschäftlich handeln. Die Klagebefugnis, die sich aus der Mitbewerberstellung ergibt, steht aber nicht ihm zu, sondern der Gesellschaft
OLG Köln, Beschl. v. 28.2.2011, 6 W 35/11
Gesellschafter und Geschäftsführer einer Handelsgesellschaft sind grundsätzlich nicht Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG und daher nicht als Mitbewerber (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche legitimiert. Diese Grundsätze können jedoch nicht uneingeschränkt Anwendung finden. Wenn die angegriffene geschäftliche Handlung sich nicht nur gegen die Mitbewerber, sondern gegen jeden Versuch richtet, ein Konkurrenzunternehmen zu betreiben und ein Geschäftsführer oder Gesellschafter genau diese Absicht hat, ist er mit einem Existenzgründer zu vergleichen.