Im Einzelfall ist es schwierig zu bestimmen, wann eine geschäftliche Handlung der öffentliche Hand vorliegt. Eine geschäftliche Handlung liegt nicht vor, wenn und soweit die öffentliche Hand auf gesetzlicher Grundlage, schlicht verwaltend oder als Hoheitsträger im Rahmen der öffentlichen Daseinsfürsorge handelt. Andererseits liegt eine geschäftliche Handlung vor, wenn die öffentliche Hand ihre Eigenbetriebe fördert.
OLG Stuttgart, Urt. v. 5.8.2010, 2 U 53/10, B.3.c
Eine privilegierende Nennung und steuernde Lenkung einer Nachfrage zu Gunsten eines Eigenbetriebes ist ein objektiv marktbezogener lenkender einseitiger Eingriff, der das Verhalten einer Kommune zur geschäftlichen Handlung macht. ...
Der öffentlichen Hand darf ihr Verwaltungshandeln auch ohne zwingende Gründe der Daseinsvorsorge nach wirtschaftlich vernünftigen Erwägungen zu gestalten. Sie darf dabei allerdings die sachlich berechtigten Interessen privater Wettbewerber nicht außer Acht lassen. Denn es ist der öffentlichen Hand verwehrt, über das sachlich Gebotene und verfassungsrechtlich Zulässige hinaus, in den Bereich der privaten beruflichen Betätigung Dritter zu deren Nachteil einzugreifen Die öffentliche Hand kann sich auch nicht unter Hinweis auf das Vorliegen einer „öffentlichen Aufgabe" den Anforderungen des Lauterkeitsrechts entziehen. Die objektiv feststellbare tatsächliche Begünstigung von Unternehmen der Öffentlichen Hand ist ein Indiz für das Vorliegen der geschäftlichen Handlung, ebenso wie ein Interesse der Öffentlichen Hand am wirtschaftlichen Erfolg eines begünstigten Privatunternehmens.
Darüber hinaus ist von folgenden Grundsätzen auszugehen (, wobei sich die Terminologie seit den maßgeblichen Urteilen des BGH insoweit geändert hat, als die Wettbewerbsabsicht durch den 'objektiven Zusammenhang der Absatzförderung' in § 2 Nr. 1 UWG und das Handeln im geschäftlichen Verkehr (Wettbewerbshandlung) durch die geschäftliche Handlung ersetzt wurde.
BGH, Urt. v. 8.7.1993, I ZR 174/91, II.2.a - Abrechnungs-Software für Zahnärzte
Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs ist dann anzunehmen ist, wenn das von einer Wettbewerbsabsicht getragene Verhalten geeignet ist, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil eines anderen zu beeinflussen. Insoweit ist auch beim Handeln der öffentlichen Hand darauf abzustellen, welche Auswirkungen das Verhalten auf die wettbewerbliche Situation der Anbieter auf dem Markt hat. Dabei reicht aus, dass das Verhalten der öffentlichen Hand objektiv geeignet ist, den Absatz anderer Hersteller und Vertreiber von Konkurrenzprodukten - zum Vorteil des von ihr mit begünstigten Unternehmens - zu beeinträchtigen.
Die Feststellung Wettbewerbsabsicht ist nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß die öffentliche Hand für sich in Anspruch nimmt, bei dem beanstandeten Verhalten ausschließlich in Erfüllung der ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben zu handeln. Es ist zwar davon auszugehen, daß bei einem hoheitlichen Handeln mit privatrechtlichen Auswirkungen auf Mitbewerber nicht ohne weiteres vom Bestehen einer Wettbewerbsabsicht ausgegangen werden kann. Eine Wettbewerbsabsicht ist aber auch bei einem Tätigwerden der öffentlichen Hand dann anzunehmen, wenn die konkrete Zielsetzung ihres Handelns in einer Beteiligung am Wettbewerb besteht, ohne daß es auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankäme (BGH, Urt. v. 26.4.1974 - I ZR 8/73, GRUR 1974, 733, 734 - Schilderverkauf; BGHZ 82, 375, 395 f. - Brillen-Selbstabgabestellen). Die maßgebliche Absicht der Beklagten, zu Wettbewerbszwecken zu handeln, folgt im Streitfall schon daraus, dass die Beklagte das Ziel verfolge, dass sich ihre Mitglieder bei der Wahl eines Abrechnungsverfahrens speziell für die von ihr in Auftrag gegebene Software eines bestimmten Wettbewerbers entscheiden. Die dabei zutage tretende Wettbewerbsförderungsabsicht ist erheblich, da es an einem sachlich rechtfertigenden Grund für das beanstandete Verhalten der Beklagten fehlt, der die wettbewerbliche Zielsetzung als nebensächlich erscheinen lassen könnte.