Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Verbraucherrechte

Zu Verbraucherrechten siehe auch die Ausführungen zu den Informationspflichten, insbesondere gegenüber Verbrauchern, zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und zum Widerrufsrecht. Darüber hinaus ergeben sich Rechte von und Verhaltenspflichten gegenüber dem Verbraucher insbesondere aus Normen, die ihre Grundlage im Europäischen Recht haben.

§ 270a BGB Vereinbarungen über Entgelte für die Nutzung bargeldloser Zahlungsmittel

 

Eine Vereinbarung, durch die der Schuldner verpflichtet wird, ein Entgelt für die Nutzung einer SEPA-Basislastschrift, einer SEPA-Firmenlastschrift, einer SEPA-Überweisung oder einer Zahlungskarte zu entrichten, ist unwirksam. Satz 1 gilt für die Nutzung von Zahlungskarten nur bei Zahlungsvorgängen mit Verbrauchern, wenn auf diese Kapitel II der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. L 123 vom 19.5.2015, S. 1) anwendbar ist.

BGH, Urt. v. 25.3.2021, I ZR 203/19, Tz. 14 - Nutzungsentgelt für bargeldlose Zahlungen

Die Bestimmung des § 270a BGB stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar. ... Die Bestimmung des § 270a BGB verbietet die Vereinbarung von Entgelten für bestimmte Zahlungsmittel. Sie betrifft damit die Durchführung von Verträgen und insoweit ein Marktverhalten. Da sie zumindest auch den Schutz der Schuldner bezweckt, stellt sie eine Regelung des Marktverhaltens auch im Interesse der Marktteilnehmer dar. Ein Verstoß gegen § 270a BGB ist geeignet, die Interessen von Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen, weil ihnen solchenfalls zu Unrecht Kosten auferlegt werden.

§ 312a Allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen; Grenzen der Vereinbarung von Entgelten

 

(1) Ruft der Unternehmer oder eine Person, die in seinem Namen oder Auftrag handelt, den Verbraucher an, um mit diesem einen Vertrag zu schließen, hat der Anrufer zu Beginn des Gesprächs seine Identität und gegebenenfalls die Identität der Person, für die er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen.

(2) Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Artikels 246 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu informieren. Der Unternehmer kann von dem Verbraucher Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten nur verlangen, soweit er den Verbraucher über diese Kosten entsprechend den Anforderungen aus Artikel 246 Absatz 1 Nummer 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche informiert hat. Die Sätze 1 und 2 sind weder auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge noch auf Fernabsatzverträge noch auf Verträge über Finanzdienstleistungen anzuwenden.

(3) Eine Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung des Verbrauchers gerichtet ist, kann ein Unternehmer mit einem Verbraucher nur ausdrücklich treffen. Schließen der Unternehmer und der Verbraucher einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr, wird eine solche Vereinbarung nur Vertragsbestandteil, wenn der Unternehmer die Vereinbarung nicht durch eine Voreinstellung herbeiführt.

(4) Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, ist unwirksam, wenn

1. für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder

2. das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.

(5) Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass der Verbraucher den Unternehmer wegen Fragen oder Erklärungen zu einem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag über eine Rufnummer anruft, die der Unternehmer für solche Zwecke bereithält, ist unwirksam, wenn das vereinbarte Entgelt das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigt. Ist eine Vereinbarung nach Satz 1 unwirksam, ist der Verbraucher auch gegenüber dem Anbieter des Telekommunikationsdienstes nicht verpflichtet.

§ 312a BGB umschreibt allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen (= Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher; § 310 Abs. 3). Sie finden in den Fällen des § 312 Abs. 2 - 5 BGB auf bestimmte Verbraucherverträge teilweise keine Anwendung)

§ 312a Abs. 3 BGB

 

OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.3.2024, 14 U 134/23

§ 312a Abs. 3 BGB ist Marktverhaltensregel gemäß § 3a UWG. ...

§ 312a Abs. 3 BGB ist zumindest auch dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG, insbesondere der Verbraucher, zu regeln. ...

Sinn und Zweck von § 312a Abs. 3 BGB ist es, den Verbraucher davor zu schützen, sich vertraglich in einem größeren Umfang zu verpflichten, als er es tatsächlich will (vgl. BT-Drs. 17/12637, S. 53, 1. Spalte, 2. Absatz). Die Norm dient dem Schutz der Privatautonomie des Verbrauchers und seiner rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.3.2024, 14 U 134/23

§ 312a Abs. 3 BGB setzt entgegen des missverständlichen Wortlauts „vereinbartes Entgelt für die Hauptleistung" nicht voraus, dass die Parteien bereits einen Vertrag über die Hauptleistung geschlossen haben. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift. § 312a Abs. 3 Satz 1 BGB setzt Art. 22 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2011 über die Rechte der Verbraucher — Abl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64 ff. um.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.3.2024, 14 U 134/23

§ 312a Abs. 3 BGB greift nur ein, wenn ein zusätzliches Entgelt vorliegt, das über das für die Hauptleistung vereinbarte Entgelt hinausgeht. lm Lichte des bereits zitierten Wortlauts von Art. 22 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU, der den Begriff der „Extrazahlung" verwendet, ist der Terminus der „über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehenden Zahlung" weit auszulegen. Erfasst werden alle Zusatzleistungen, die für die Erbringung der Hauptleistung nicht zwingend erforderlich sind, sondern diese ergänzen und das Leistungsspektrum des Unternehmers erweitern. Abzugrenzen sind solche Zusatzleistungen von Wahlmöglichkeiten des Verbrauchers, mithilfe derer die vertragliche Hauptleistung überhaupt erst konkretisiert wird.

Beispiel

Voreingestellte Expresslieferung gegen ein zusätzliches Entgelt (OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.3.2024, 14 U 134/23).

§ 312a Abs. 4 BGB

 

BGH, Urt. v. 28.7.2022, I ZR 205/20, Tz. 28 - Servicepauschale

Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Vorschrift des § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 aF (§ 3a UWG nF) darstellt (vgl. BGH, Beschl. v. 18.11.2021, I ZR 195/20, MMR 2022, 390 [juris Rn. 28]).

BGH, Urt. v. 28.7.2022, I ZR 205/20, Tz. 32 - Servicepauschale

Den Entgeltcharakter dieser Servicegebühr hat der Bundesgerichtshof damit begründet, dass sich der Preis erhöhte, sobald der Kunde ein anderes als das voreingestellte Zahlungsmittel wählte (BGH, WRP 2021, 1600 [juris Rn. 16]), und die Gegenüberstellung von Servicegebühr und Rabatt bei der voreingestellten Kreditkarte dem Kunden den Eindruck vermittelte, der höhere Preis sei nicht die Folge von - nicht näher spezifizierten - Serviceleistungen, sondern beruhe allein auf der Auswahl eines anderen Zahlungsmittels (BGH, WRP 2021, 1600 [juris Rn. 18]).

OLG Dresden, Urt. v. 11.2.2020, 14 U 1885/19, II.1.b

§ 312a Abs. 4 BGB ist ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 Abs. 2 S. 1 UKlaG. …

Nach § 312a Abs. 4 BGB sind Vereinbarungen unwirksam, wonach ein Verbraucher ein Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels schuldet, wenn (1.) für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder (2.) das Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen. Hiergegen wird durch das beanstandete Verhalten verstoßen, indem ein verdecktes Entgelt für die Nutzung gängiger Zahlungsmittel erhoben wird.

Die von der Beklagten erhobene Servicegebühr („Service Fee“) ist als verdeckte Zahlungsmittelgebühr einzuordnen, wenn sie wie in der vom Kläger beanstandeten Form erhoben wird. Ein Verstoß gegen § 312a Abs. 4 BGB liegt vor.

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Zwar liegt grundsätzlich eine Vereinbarung im Sinne von § 312a Abs. 4 BGB nur vor, wenn der Unternehmer ein gesondertes Entgelt für die Nutzung eines Zahlungsmittels ausweist. Zu prüfen ist aber darüber hinaus, ob nicht die Vorgaben von § 312a Abs. 4 BGB durch eine anderweitige Gestaltung umgangen werden, indem eine nicht so bezeichnete, verdeckte Zahlungsmittelgebühr erhoben wird. Eine Umgehung der Vorgaben von § 312a BGB ist nach § 312k Abs. 1 Satz 2 BGB unzulässig.

Anlass zur Prüfung, ob § 312a Abs. 4 BGB umgangen wird, besteht beim Vorliegen einer Preisdifferenz, das heißt wenn der Unternehmer für dieselbe Leistung bei Nutzung verschiedener Zahlungsmittel verschiedene Preise verlangt. ...

Unberührt von § 312a Abs. 4 BGB bleiben im Grundsatz zwar Preisnachlässe, die der Unternehmer dem Verbraucher im Falle der Nutzung bestimmter Zahlungsmittel gewährt. Dabei muss aber sichergestellt werden, dass dem Verbraucher zunächst der höhere Preis, also der Preis ohne Einrechnung des Nachlasses, angezeigt wird. Zulässig wäre zu diesem Zeitpunkt allenfalls der Hinweis auf die Möglichkeit eines späteren Preisnachlasses bei der Verwendung ein bestimmten Zahlungsmittels, solange die Preisgestaltung transparent und nicht verwirrend ist.

Wird hingegen zunächst der niedrigere Preis angezeigt und kommt es dann während des Bestellvorgangs zu „Mehrkosten" bei Nutzung eines anderen Zahlungsmittels, ist dies nur in den Grenzen von § 312a Abs. 4 BGB zulässig. Dies entspricht Sinn und Zweck von § 312a Abs. 4 BGB, der den Verbraucher davor schützen soll, zunächst durch einen geringen Preis angelockt zu werden und dann erst am Ende des Bestellvorgangs mit dem aufgrund des Zahlungsmittels höheren Preis konfrontiert zu werden.

Für die erforderliche Bewertung eines Preisnachlasses kommt es darauf an, wie sich die Preisbildung nach außen hin darstellt. Ein Zahlungsmittelentgelt im Sinne von § 312a Abs. 4 BGB liegt vor, wenn sich aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers der Preis während des Bestellvorgangs gerade wegen der Wahl eines anderen Zahlungsmittels erhöht.

Gängig im Sinne von § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB ist eine Zahlungsmöglichkeit nur dann, wenn sie hinreichend allgemein verbreitet ist. Dies ist bei einer auf ein bestimmtes Unternehmen bezogenen („gelabelten“) Mastercard Gold nicht der Fall …

OLG Hamburg, Urt. v. 1.10.2020, 15 U 79/19

Gemäß § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB ist eine Vereinbarung unwirksam, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, wenn für ihn keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht. Die Norm ist Marktverhaltensregel i.S.v. § 3a UWG (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage 2020, § 3a Rn. 1.292; s. auch OLG Dresden, 11.02.2020, 14 U 1885/19, Tz. 19). ...

Gängig ist eine Zahlungsmöglichkeit nur dann, wenn sie hinreichend allgemein verbreitet ist (OLG Dresden, 11.02.2020, 14 U 1885/19, Tz. 27). ...

Für das Preisverständnis ist abzustellen auf den Empfängerhorizont (OLG Dresden, 03.02.2015, 14 U 1489/14 – Tz. 29; 11.02.2020, 14 U 1885/19, Tz. 25). ... Ein Zahlungsmittelentgelt im Sinne von § 312a Abs. 4 BGB liegt vor, wenn sich aus Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers der Preis während des Bestellvorgangs gerade wegen der Wahl eines anderen Zahlungsmittels erhöht (OLG Dresden, 11.02.2020, 14 U 1885/19, GRUR-RS 2020, 6067 Rn. 25 m.w.N.).

Grundsätzlich liegt eine Vereinbarung im Sinne von § 312a Abs. 4 BGB vor, wenn der Unternehmer ein gesondertes Entgelt für die Nutzung eines Zahlungsmittels ausweist (OLG Dresden, 11.02.2020, 14 U 1885/19, GRUR-RS 2020, 6067 Rn. 22 mit Verweis auf BeckOK BGB/Martens, 52. Ed. 1.11.2019, BGB § 312a Rn. 30). Zu prüfen ist aber darüber hinaus, ob nicht die Vorgaben von § 312a Abs. 4 BGB durch eine anderweitige Gestaltung umgangen werden, indem ein nicht so bezeichnetes, verdecktes Zahlungsmittelentgelt erhoben wird. Eine Umgehung der Vorgaben von § 312a BGB ist nach § 312k Abs. 1 Satz 2 BGB unzulässig. Anlass zur Prüfung, ob § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB umgangen wird, besteht beim Vorliegen einer Preisdifferenz, das heißt wenn der Unternehmer für dieselbe Leistung bei Nutzung verschiedener Zahlungsmittel verschiedene Preise verlangt (OLG Dresden, 11.02.2020, 14 U 1885/19, GRUR-RS 2020, 6067 Rn. 23 mit Verweis auf MüKoBGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, BGB § 312a Rn. 78). Wird ein erhöhtes Entgelt, unabhängig von seiner Bezeichnung, nur bei Zahlung mit bestimmten Zahlungsmitteln erhoben, muss der Verbraucher davon ausgehen, dass das zusätzliche Entgelt wegen der Benutzung dieser Zahlungsmittel anfällt. Das gilt auch dann, wenn mehrere Entgeltbestandteile abhängig von der Wahl des Zahlungsmittels sind. ...

Zwar bleiben Preisnachlässe, die der Unternehmer dem Verbraucher im Falle der Nutzung bestimmter Zahlungsmittel gewährt, im Grundsatz von § 312a Abs. 4 BGB unberührt. Dabei muss aber sichergestellt werden, dass dem Verbraucher zunächst der höhere Preis, also der Preis ohne Einrechnung des Nachlasses, angezeigt wird (OLG Dresden, 11.02.2020, 14 U 1885/19, GRUR-RS 2020, 6067 Rn. 24 m.w.N.). Wird hingegen wie hier zunächst der niedrigere Preis angezeigt und kommt es dann während des Bestellvorgangs zu „Mehrkosten“ bei Nutzung eines anderen Zahlungsmittels, liegt aus Sicht des angesprochenen Verbrauchers kein Rabatt vor, sondern ein (zusätzliches) Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels.

BGH, Urt. v. 28.7.2022, I ZR 205/20, Tz. 35 - Servicepauschale

Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 24. August 2021 (WRP 2021, 1600) unter Verweis auf ein früheres Urteil (NJW 2017, 3289 [juris Rn. 19] - Sofortüberweisung) bekräftigt, dass die in der Literatur umstrittene Frage, ob § 312a Abs. 4 Nr. 1 BGB auf alle Arten von Verbraucherverträgen Anwendung findet, zumindest dann dahingestellt bleiben kann, wenn die in Streit befindliche Zahlungsentgeltvereinbarung in den Anwendungsbereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen fällt. Denn nach Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2011/83/EU bleibt das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom Regelungsbereich der Richtlinie unberührt (BGH, WRP 2021, 1600 [juris Rn. 13]). Werden die abstrakten und für eine Vielzahl von Vertragsschlüssen konzipierten Regeln beanstandet, die einem Buchungsvorgang zugrunde liegen, fällt auch dies in den Anwendungsbereich des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, WRP 2021, 1600 [juris Rn. 14]).

§ 312a Abs. 5 BGB

 

§ 312a Abs. 5 BGB geht zurück auf Art. 21 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher. Darin heißt es:

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen.

Grundtarif

 

EuGH, Urt. v. 2.3.2017, C-568/15, Tz. 27, 29, 31 – Zentrale ./. Comtech

Aus dem Zusammenhang, in dem Art. 21 der Richtlinie 2011/83 steht, ergibt sich somit, dass der Begriff „Grundtarif“ den üblichen Tarif für ein Telefongespräch ohne zusätzliche Kosten für den Verbraucher meint. ...

Eine Auslegung des Begriffs „Grundtarif“ dahin, dass es dem Unternehmer gestattet ist, höhere Tarife zu berechnen als den Tarif für einen gewöhnlichen Anruf unter einer geografischen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer könnte die Verbraucher nämlich davon abhalten, eine Service-Rufnummer zu nutzen, um Informationen zu einem geschlossenen Vertrag zu erhalten oder ihre Rechte, namentlich in den Bereichen Gewährleistung oder Widerruf, geltend zu machen.

Daraus folgt, dass der Unternehmer dem Verbraucher nur die Kosten auferlegen darf, die die Kosten eines gewöhnlichen Telefongesprächs nicht übersteigen. Soweit diese Grenze beachtet wird, ist es demnach unerheblich, ob der Unternehmer Gewinne erzielt, indem er von einer geografisch nicht gebundenen Service-Rufnummer Gebrauch macht.

§ 312k Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr

 

§ 312k Abs. 2

 

OLG Hamburg, Urt. v. 26.9.2024, 5 UKl 1/23, Tz. 50

Der Begriff der Webseite ist deckungsgleich mit § 312j Abs. 1 BGB zu verstehen (BT-Drs. 19/30840, 16; Maume in BeckOK BGB, 71. Ed., § 312k Rn. 9; Wendehorst in MüKo BGB, 9. Aufl., § 312k Rn. 5). Es ist irrelevant, ob die Webseite vom Unternehmer selbst oder einem Dritten betrieben wird (BT-Drs. 19/30840, 16; so iE auch LG Hildesheim GRUR-RS 2024, 5599; OLG Celle GRUR-RS 2024, 15825). …  Für die Anwendung von § 312k BGB ist allein entscheidend, ob der Vertragsschluss über die Webseite ermöglicht wird, nicht dass er tatsächlich auf diesem Wege abgeschlossen wurde (Maume in BeckOK BGB, 71. Ed., § 312k Rn. 11).

OLG Nürnberg, Urt. v. 30.7.2024, 3 U 2214/23, Tz. 16

Der Wortlaut des § 312k Abs. 2 S. 4 BGB verlangt, dass die Schaltflächen und die Bestätigungsseite „ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich“ sein müssen.

OLG Hamburg, Urt. v. 26.9.2024, 5 UKl 1/23, Tz. 52

Die sog. Kündigungsschaltfläche ist gem. § 312k Abs. 1 und 2 BGB auf der Webseite anzubringen, „über die“ den Verbrauchern ermöglicht wird, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr abzuschließen. Dabei handelt es sich zumindest auch um die Webseite, auf der der Verbraucher aus seiner Sicht den Bestellprozess beginnt (OLG Celle GRUR-RS 2024, 21679 Rn. 5 – Gitarrenkurs).

OLG Nürnberg, Urt. v. 30.7.2024, 3 U 2214/23, Tz. 21

Der Unternehmer genügt seinen Verpflichtungen aus § 312k Abs. 2 S. 4 BGB auch dann, wenn der Kunde aufgrund der Gestaltung des Bestellvorgangs bereits ein Kundenkonto besitzt, nur, wenn sich die Schaltfläche auch ohne eine Anmeldung auf dieses Konto erreichen lässt.

OLG Nürnberg, Urt. v. 30.7.2024, 3 U 2214/23, Tz. 27 f

Im Zentrum der gesetzgeberischen Absicht bei der Einführung von § 312k BGB stand, dass für eine Kündigung mittels des Kündigungsbuttons keine hohen Hürden aufgestellt werden dürfen. Mit der Verpflichtung zur Einrichtung eines Kündigungsbuttons sollte darauf reagiert werden, dass die Kündigung von im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossenen Verträgen Verbraucher oft vor besondere Herausforderungen stelle, weil im Vergleich zum einfachen Abschluss eines solchen Vertrags dessen Kündigung direkt über eine Webseite teilweise gar nicht möglich sei oder häufig durch die Webseitengestaltung erschwert werde (BT-Drs. 19/30840, S. 17).

Nach Auffassung des Senats sprechen zwar gute Argumente dafür, es als unschädlich anzusehen, dass der Kündigungsbutton erst nach einem Login sichtbar und nutzbar ist, wenn die Nutzung des Dienstes, welcher Gegenstand des Dauerschuldverhältnisses ist, seiner Natur nach ohnehin ein Login erfordert. Der Gesetzgeber dürfte solche Fallgestaltungen nicht vor Augen gehabt und berücksichtigt haben. Muss der Nutzer sich ohnehin regelmäßig einloggen, kann bei typisierender Betrachtung, davon ausgegangen werden, dass er die notwendigen Anmeldedaten stets parat hat. Die Eingabe derselben, um seine Identität und das Vertragsverhältnis, auf welches die Kündigung sich beziehen soll, anzugeben, bereitet dann nicht weniger Mühe und Schwierigkeiten als die nach § 312k Abs. 2 Nr. 1 lit. c) BGB gesetzlich geforderte eindeutige Bezeichnung des Vertrags auf der nachfolgend einzublendenden Bestätigungsseite. Der Button ist dann jedenfalls „unmittelbar und leicht zugänglich“. Auch die ständige Verfügbarkeit und Sichtbarkeit ist, ein regelmäßiges Login zwecks Nutzung unterstellt, dann gegeben.

OLG Hamburg, Urt. v. 26.9.2024, 5 UKl 1/23, Tz. 58

Die Bestätigungsschaltfläche muss mit den Wörtern „jetzt kündigen“ beschriftet sein. Andere Angaben sind wiederum nur zulässig, wenn sie ebenso eindeutig sind. Entscheidend ist, dass die Beschriftung zum Ausdruck bringt, dass das Betätigen der Schaltfläche unmittelbar Rechtsfolgen nach sich zieht und der Verbraucher den Vertrag mit dem Betätigen der Schaltfläche normalerweise verliert (vgl. Wendehorst in MüKo BGB, 9. Aufl., § 312k Rn. 22). Diese Bestätigungsschaltfläche („Kündigungsbutton“) bringt den Kündigungsvorgang des Verbrauchers zum Abschluss, wenn dieser die entsprechende Schaltfläche per Klick betätigt. An den Kündigungsbutton werden vom Gesetzgeber konkrete grafische und inhaltliche Anforderungen gestellt (Stiegler in VuR 2021, 443, 448).

OLG Hamburg, Urt. v. 26.9.2024, 5 UKl 1/23, Tz. 60

Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze ist eine Bestätigungsschaltfläche „Kündigungsabsicht abschicken“ nicht ebenso eindeutig wie „jetzt kündigen“. Jedenfalls kann bei der Formulierung „Kündigungsabsicht abschicken“ und dabei vor allem dem gewählten Wort „Kündigungsabsicht“ der Eindruck entstehen, dass noch keine endgültige Kündigungserklärung damit verbunden ist. Die gewählte Formulierung bringt nicht klar zum Ausdruck, dass das Betätigen der Schaltfläche unmittelbar Rechtsfolgen nach sich zieht und der Verbraucher den Vertrag mit dem Betätigen der Schaltfläche normalerweise verliert. Damit genügt diese Formulierung nicht den gesetzlichen Anforderungen.