2. Ladenschlussgesetze und UGP-Richtlinie; Verfassungsrecht
3. Allgemeine Regelung der Ladenschlussgesetze
4. Verkaufsstellen auf Bahnhöfen für den Personenverkehr und an Flug- und Fährhäfen
5. Verkaufsstellen in Kur- und Erholungsorten, in Wallfahrtsorten und in anerkannten Ausflugsorten
7. Verkauf von Blumen und Pflanzen
Marktverhaltensregelung
Ladenöffnungszeiten sind in Landesgesetzen geregelt. Sie sind in den meisten Bundesländern ähnlich. Die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen sind Marktverhaltenregelungen im Sinne des § 3a UWG, vormals 4 Nr. 11 UWG.
BGH, Urt. v. 27.7.2023, I ZR 144/22, Tz. 13 - Zweibrücken Fashion Outlet
Die gesetzlichen Vorschriften über die Ladenöffnungszeiten, insbesondere das in § 3 Satz 1 Nr. 1 LadöffnG RP geregelte Verbot der Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen, stellen das Marktverhalten regelnde Vorschriften im Sinne des § 3a UWG dar, weil sie nicht allein dem Arbeitsschutz, sondern im Interesse der Wettbewerber zugleich der Wettbewerbsneutralität dienen (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2019, I ZR 44/19, Tz. 10 - Sonntagsverkauf von Backwaren).
Ebenso BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 6 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 46
§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG ist im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG zumindest auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Bei den Regelungen über den Ladenschluss handelt es sich nach überwiegender Ansicht um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (Köhler/Bornkamm, § 4 UWG Rn. 11.144, m. w. N.). Dies beruht darauf, dass sie Wettbewerbsbezug aufweisen und zumindest sekundär auch Regelungen im Interesse der Mitbewerber darstellen, denn sie betreffen die Tätigkeit gleichartiger Unternehmen in gleicher Weise beim Absatz der Ware.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2012, I-20 U 168/11, Tz. 16
Bei § 4 Abs. 1 LÖG NW handelt es sich um eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zwar dient sie in erster Linie dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe, sie soll aber auch für Wettbewerbsneutralität zwischen den Wettbewerbern sorgen (vgl. Senat, GRUR-RR 2008, 16 - Automaten-Videothek, zu § 3 FeiertagsG NW; Köhler/ Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 4 Rn. 11.144).
Ladenschlussgesetze und UGP-Richtlinie; Verfassungsrecht
Die Regelungen der Ladenschlussgesetze fallen in den Anwendungsbereich von UWG und UGP-Richtlinie.
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 47
Soweit in der Literatur befürwortet wird, gesetzliche Bestimmungen zum Ladenschluss mangels Regelung im EU-Recht wegen der Vollharmonisierung vom Anwendungsbereich des UWG auszuschließen (so Link in: Ullmann jurisPK-UWG, 3. Aufl. 2013, § 4 Nr. 11 UWG), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Zwar hat die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-Richtlinie) in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt. Sie regelt die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern abschließend. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG grundsätzlich nur noch begründen, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben (BGH, GRUR 2012, 949 - Missbräuchliche Vertragsstrafe - m. w. N.). Hier geht es indes nicht um den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern. Die Regelungen über den Ladenschluss betreffen vielmehr das Verhältnis zwischen Unternehmern und Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern, so dass der Anwendungsbereich der UGP-Richtlinie nach deren Art. 3 Abs. 1 hier nicht eröffnet ist (vgl. Köhler/Bornkamm, § 4 UWG Rn. 11.6f).
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 51
Die Vorschrift des § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG ist verfassungsgemäß.
Allgemeine Regelung der Ladenschlussgesetze
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2012, I-20 U 168/11, Tz. 15
Das Verbot des Verkaufs an Sonn- und Feiertagen ergibt sich aus § 4 Abs. 1 LÖG NW; § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NW regelt eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage von 00.00 bis 24.00 Uhr geöffnet sein. § 4 Abs. 1 Satz 1 LÖG NW normiert somit ein grundsätzliches Verkaufsverbot für Sonn- und Feiertage, wie sich aus § 4 Abs. 2 LÖG NW ergibt, wonach außerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeit nach Absatz 1 auch das gewerbliche Anbieten von Waren zum Verkauf an jedermann außerhalb von Verkaufsstellen verboten ist. Dieses Ergebnis steht im Einklang mit der Gesetzesbegründung zu § 4 Abs. 1 LÖG NW, wonach Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich geschlossen bleiben müssen.
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 49
Gem. § 3 Abs. 2 NLöffVZG dürfen Verkaufsstellen an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen nur in den Ausnahmefällen der §§ 4 und 5 NLöffVZG geöffnet werden.
Zum Verhältnis des Ladenöffnungsgesetzes (NRW) und § 23 ApoBetrO siehe eingehend OLG Köln, Urt. v. 12.1.2024, 6 U 65/23.
Verkaufsstellen auf Bahnhöfen für den Personenverkehr und an Flug- und Fährhäfen
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 57
Die durchgehende Öffnung der Verkaufsstellen auf Bahnhöfen für den Personenverkehr und an Flug- und Fährhäfen zum Verkauf der in § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 c) NLöffVZG genannten Waren rechtfertigt sich wegen des entsprechenden Bedarfs der Reisenden (für sich selbst oder zu Geschenkzwecken). Dieser Bedarf kann zu unterschiedlichen Tageszeiten auftreten, zumal sich Reisende je nach Ankunfts- bzw. Abreisezeit zu verschiedenen Zeitpunkten an den genannten Verkehrsstellen aufhalten.
Zu einer möglicherweise rechtswidrigen Ausnahmebestimmung für ein Outlet in der Nähe eines stillgelegten Flughafens: BGH, Urt. v. 27.7.2023, I ZR 144/22 - Zweibrücken Fashion Outlet
Verkaufsstellen in Kur- und Erholungsorten, in Wallfahrtsorten und in anerkannten Ausflugsorten
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 58
Soweit nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Nr. 4 b) und S. 2 NLöffVZG für Verkaufsstellen in Kur- und Erholungsorten, in Wallfahrtsorten und in anerkannten Ausflugsorten für den Verkauf der dort genannten Waren eine tägliche Öffnungszeit von acht Stunden gestattet ist, liegt ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu dem von § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG erfassten Sachverhalt vor. Die längeren Öffnungszeiten sind mit Blick auf die Erwerbsinteressen der Kurgäste bzw. Touristen gerechtfertigt. Touristen halten sich in Erholungs-, Wallfahrts- und Ausflugsorten gerade auch an Sonn- und Feiertagen auf und haben dort ebenfalls ein Interesse am Erwerb der genannten Waren. Insbesondere bei Kurgästen kann zwar davon ausgegangen werden, dass sie zumindest eine Grundversorgung in der Kureinrichtung erhalten, in der sie sich befinden. Aber auch sie mögen durchaus ein Interesse an der Deckung eines weitergehenden Bedarfs durch einen Warenerwerb im Kurort außerhalb der Einrichtung haben. Zu berücksichtigen ist zudem, dass es Kurgäste gibt, die nicht über eine hinreichende Mobilität verfügen und für die etwa Besucher im Kurort Einkäufe tätigen. Da solche Besuche vielfach an Wochenenden stattfinden und sich die Ankunftszeit der Besucher nicht immer sicher vorhersehen lässt, erscheint eine Öffnungszeit der Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen von lediglich drei Stunden nicht ausreichend bemessen.
Verkauf in Gaststätten
Der Schank- oder Speisewirt darf außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch
1. Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht,
2. Flaschenbier, alkoholfreie Getränke, Tabak- und Süßwaren
an jedermann über die Straße abgeben.
Eine Gaststätte betreibt auch eine Bäckerei, die vor Ort Tische und Stühle zum sofortigen Verzehr von Speisen und Getränken vorhält.
BGH, Urt. v. 17.10.2019, I ZR 44/19, Tz. 22 - Sonntagsverkauf von Backwaren
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG darf der Schank- oder Speisewirt außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht, an jedermann über die Straße abgeben. Soweit eine Abgabe nach dieser Vorschrift zulässig ist, darf sie mithin außerhalb der nach § 18 GastG landesrechtlich verordneten Sperrzeiten ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss erfolgen.
BGH, Urt. v. 17.10.2019, I ZR 44/19, Tz. 26 f - Sonntagsverkauf von Backwaren
Ein Gaststättengewerbe im Sinne des Gaststättengesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht, wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GastG). Das Tatbestandsmerkmal des Verzehrs an Ort und Stelle erfordert einen räumlichen Zusammenhang zwischen der Abgabestelle und dem Ort, an dem das Getränk oder die Speise verzehrt werden soll, sowie einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Abgabe- und Verzehrzeitpunkt. Bei der Beurteilung ist auf die typischen Verkehrsgewohnheiten und -anschauungen abzustellen. Ein Verabreichen von Getränken oder Speisen liegt auch in der Bereitstellung zur Selbstbedienung. Das Vorhalten von Sitzgelegenheiten kann für einen Verzehr an Ort und Stelle sprechen, der vom Verzehr im Weitergehen abzugrenzen ist. Der Anwendung des Gaststättenrechts steht nicht entgegen, dass im Rahmen eines gemischten Betriebs innerhalb desselben Raums neben einer Schank- oder Speisewirtschaft auch ein Einzelhandel betrieben wird. In einem solchen Fall behalten die zu einem einheitlichen Gesamtbetrieb vereinigten verschiedenen Gewerbe ihre rechtliche Eigenständigkeit mit der Folge, dass der Einzelhandel den gesetzlichen Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes, die Schank- oder Speisewirtschaft hingegen ausschließlich dem Gaststättenrecht unterliegt.
… Für die gaststättenrechtliche Einordnung im Rahmen eines Mischbetriebs ist es unerheblich, in welchem Umfang nach den konkreten Gegebenheiten die Ausprägung als Einzelhandel oder Gaststätte überwiegt.
Bestätigung von OLG München, 14.02.2019, 6 U 2188/18
BGH, Urt. v. 17.10.2019, I ZR 44/19, Tz. 29, 31 f - Sonntagsverkauf von Backwaren
Zubereitete Speisen im Sinne dieser Vorschriften sind alle essfertig gemachten Lebensmittel, ohne dass es auf den bei der Zubereitung getriebenen Aufwand ankommt. Sie sind abzugrenzen von solchen Lebensmitteln, die, wie etwa Obst, schon an sich verzehrfertig sind. Für die Beurteilung der Verzehrfertigkeit ist auf die Verkehrsanschauung abzustellen. …
… Zwar kann die Notwendigkeit einer weiteren Bearbeitung der Einordnung als zubereitete Speise im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG entgegenstehen. Dies gilt jedoch nicht, wenn es sich um Bearbeitungen handelt, die Gäste üblicherweise auch selbst vornehmen. Dazu zählt etwa das Anrichten eines Salats, aber auch das Aufschneiden, Belegen oder Bestreichen eines Brötchens oder Brotes.
… Im Rahmen des § 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG kommt es nicht darauf an, ob die abgegebene Speise in der Speisewirtschaft oder andernorts zubereitet worden ist. Die Erlaubniswirkung knüpft an die Verabreichung der zubereiteten Speise in der Gaststätte, nicht an deren dortige Zubereitung an.
Verkauf von Blumen und Pflanzen
Zu §§ 4, 5 LÖG NRW
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 61
§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG verstößt nicht gegen das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Bestimmtheitsgebot bzw. das Gebot der Normenklarheit. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 a) NLöffVZG dürfen an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen Verkaufsstellen, die nach ihrem Sortiment auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen ausgerichtet sind, sofern sie sich auf den Verkauf von Blumen und Pflanzen in kleinen Mengen beschränken, für die Dauer von täglich drei Stunden, die außerhalb der ortsüblichen Gottesdienstzeiten liegen sollten, geöffnet werden. Nach dem Wortlaut der Norm ist der Regelungsgehalt eindeutig. Zweifel an der Reichweite dieses Ausnahmetatbestands ergeben sich lediglich mit Blick auf die Gesetzesbegründung, nach der auch ein Verkauf von Zubehör in engem Rahmen gestattet sein soll. Das führt aber nicht zur Unbestimmtheit der gesetzlichen Regelung.
Urteil bestätigt durch BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
Kern- und Randsortiment
Am Beispiel von § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW:
An Sonn- und Feiertagen dürfen geöffnet sein:
1.Verkaufsstellen, deren Kernsortiment aus einer oder mehrerer der Warengruppen Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften oder Back- und Konditorwaren besteht, für die Abgabe dieser Waren und eines begrenzten Randsortiments für die Dauer von fünf Stunden. Die für Wirtschaft zuständige oberste Landesbehörde kann zur näheren Bestimmung der Begriffe Kern- und Randsortiment im Einvernehmen mit dem für Wirtschaft zuständigen Landtagsausschuss eine Rechtsverordnung erlassen.
BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 12 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
Bei der Auslegung und Anwendung der abstrakt-generellen Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW ist eine typisierende Betrachtung geboten, im Rahmen derer auf die hauptsächliche Zweckbestimmung des betroffenen Gegenstands abzustellen ist. Es kommt daher nicht darauf an, in welcher Weise ein Gegenstand daneben außerdem genutzt werden könnte.
BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 21 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
In § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NW wird der Verkauf bestimmter Waren (Blumen, Pflanzen, Zeitungen, Zeitschriften, Back- und Konditorwaren) "sowie eines begrenzten zugehörigen Randsortiments" für zulässig erklärt (LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14). Die Verwendung des Worts "sowie" bringt hinreichend klar zum Ausdruck, dass auch der alleinige Erwerb von Waren des Randsortiments der gesetzlichen Privilegierung unterfallen soll. Wäre dem Gesetzgeber daran gelegen gewesen, eine Ausnahmeregelung nur für Konstellationen zu schaffen, in denen Waren des Randsortiments gleichzeitig mit Waren des Kernsortiments erworben werden, hätte er sich einer anderslautenden und insoweit unmissverständlichen Formulierung (etwa durch Verwendung der Worte "gleichzeitig", "zusammen mit" oder eines sonstigen, diese Einschränkung ausdrückenden Zusatzes) bedienen können. Dies ist nicht erfolgt. Vielmehr hat der Gesetzgeber, …, sein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, mittels der zur Unterscheidung von Kern- und Randsortiment heranzuziehenden Kriterien klarzustellen, welche Verkaufsstellen überhaupt öffnen dürfen.
BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 8 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
In Ermangelung einer die Begriffe "Kernsortiment" und "Randsortiment" näher bestimmenden Rechtsverordnung bedürfen diese der Auslegung. Maßgebliche Anhaltspunkte dafür, was unter dem Begriff "Randsortiment" zu verstehen ist, lassen sich der Begründung der Landesregierung für das Gesetz zur Änderung des Ladenöffnungsgesetzes (LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14) entnehmen. Danach haben Randsortimente lediglich ergänzenden Charakter und stehen in Beziehung zum Kernsortiment. Randsortimentsangebote müssen dem Kernsortiment in Umfang und Gewichtigkeit deutlich untergeordnet sein. Merkmale dieser Unterordnung sind vor allem die jeweiligen Anteile an der Gesamtverkaufsfläche sowie am Gesamtumsatz des jeweiligen Betriebs. Bei den Waren des Randsortiments handelt es sich im Vergleich zu denjenigen des Kernsortiments häufig um kleinteilige Artikel, die zwar keinen großen Raumbedarf aufweisen, jedoch ein wesentlich (mit)tragendes Standbein der Verkaufsstelle überhaupt sein können.
BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 11 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
Das Berufungsgericht hat zutreffend auf die nach den zuvor wiedergegebenen Kriterien erforderliche deutliche Unterordnung der Waren des Randsortiments im Verhältnis zu denjenigen des Kernsortiments hingewiesen (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf, WRP 2018, 103 [juris Rn. 10]; OVG Münster, NVwZ 1999, 79 [juris Rn. 27]; NVwZ-RR 2001, 17 [juris Rn. 19]) und festgestellt, die noch in Rede stehenden Waren seien als "kleinteilige Accessoires" für die von der Beklagten hauptsächlich angebotenen Blumen und Pflanzen anzusehen. Aus dieser Eigenschaft als "Accessoires" ergibt sich der für die Zuordnung zum "begrenzten Randsortiment" erforderliche ergänzende Charakter der Waren und deren Beziehung zum Kernsortiment. Dies gilt unabhängig davon, ob die Waren des Randsortiments in Kombination mit solchen des Kernsortiments verkauft werden, beispielsweise als Bestandteil eines floristischen Gebindes, oder ob ein isolierter Verkauf erfolgt (aA OLG Düsseldorf, WRP 2018, 103 [juris Rn. 11]; LG Dortmund, WRP 2022, 1444 [juris Rn. 70]).
Bestätigung von OLG Hamm, Urt. v. 18.1.2024, 4 U 136/23, Tz. 81, 85, 87
BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 11 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
Zwar gilt § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW ausweislich der Gesetzesbegründung für Waren zum sofortigen Ge- und Verbrauch, die üblicherweise nur in kleineren Mengen abgegeben werden und bezüglich derer täglich wiederkehrende oder insbesondere an Sonn- und Feiertagen hervortretende Kaufbedürfnisse der Bevölkerung bestehen. Mit der Regelung soll sichergestellt werden, dass nur solche Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen öffnen, die nach dem Umfang ihres Angebots Gewähr dafür bieten, den typischerweise an diesen Tagen anfallenden Bedarf befriedigen zu können (LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 14). Diese Erwägungen betreffen aber nur das von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW umfasste Kernsortiment, zu dem die Warengruppe Blumen und Pflanzen zählt. Dass darüber hinaus auch die zum Randsortiment zu rechnenden Waren zum sofortigen Ge- und Verbrauch bestimmt sein müssen, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung hingegen nicht.
BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 19 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
Für die Frage, welche Waren zu erweiterten Ladenöffnungszeiten verkauft werden dürfen, ohne dass der verfassungsrechtlich gebotene Schutz von Sonn- und Feiertagen in unzulässiger Weise eingeschränkt wird, ist … das zum Verkauf angebotene Kernsortiment ausschlaggebend, auf das die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW enthaltene Aufzählung Bezug nimmt. Das Kernsortiment bildet den Hauptteil des Warenangebots, der nach allgemeiner fachlicher Übereinkunft einem bestimmten Sortimentsbereich zuzuordnen ist und zudem hinreichend scharf konturiert werden kann. Dieses Kernsortiment bestimmt daher in der Regel auch die Art einer Verkaufsstelle, während Randsortimente lediglich ergänzenden Charakter haben (vgl. LT-Drucks. Nordrhein-Westfalen 16/1572, S. 13 f.) und daher ganz unterschiedlicher Art sein können. Aus der Zulässigkeit eines durch bestimmte Branchenbezeichnungen gekennzeichneten Kernsortiments folgt zugleich, dass auch die der jeweiligen Branche zuzuordnenden Randsortimente zugelassen sind (vgl. OVG Münster, NVwZ 1999, 79 [juris Rn. 27 bis 29]).
BGH, Urt. v. 5.12.2024, I ZR 38/24, Tz. 19 - Sonntagsverkauf im Gartencenter
Aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NW ergibt sich nicht, dass der Verkauf von Produkten des Randsortiments nur dann zulässig sei, wenn diese gleichzeitig oder in engem zeitlichen Zusammenhang mit den Produkten des Kernsortiments erworben würden.
OLG Hamm, Urt. v. 26.3.2013, I-4 U 176/12, Tz. 65
Dass Gegenstände möglicherweise zusammen mit Blumen oder Pflanzen verschenkt werden können, lässt sie nicht als Zubehör zu Blumen und Pflanzen erscheinen. Ebenso genügt es nicht, dass Weihnachtstassen und Becher entgegen ihrer eigentlichen Zweckbestimmung als Trinkgefäße auch als Übertopf für Pflanzen verwendet werden können.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2012, I-20 U 168/11, Tz. 15 ff
Auf die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW kann sich die Antragsgegnerin für den Verkauf von Gartenmöbeln und Gartengeräten an Sonn- und Feiertagen nicht stützen. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen für die Dauer von fünf Stunden geöffnet sein, deren Angebot überwiegend aus den Warengruppen Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften oder Back- und Konditorwaren besteht.
Diese Vorschrift ist nicht nur - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - der Auslegung zugänglich, sie bedarf vielmehr der Auslegung, um überhaupt einen sinnvollen Regelungsgehalt zu ergeben. Nach seinem Wortlaut gestattet § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW nämlich lediglich die Öffnung der Verkaufsstelle an Sonn- und Feiertagen. Zwar ergibt sich aus der Überschrift des § 5 LÖG NRW "Verkauf an Sonn- und Feiertagen", dass dieses Recht zur Öffnung einen Verkauf von Waren ermöglichen soll. Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, welche Waren die von der Norm erfassten Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen anbieten dürfen. Zweifelsfrei hierzu gehören nur die Warengruppen Blumen und Pflanzen, Zeitungen und Zeitschriften sowie Back- und Konditorwaren, weil diese Warengruppen das Recht zur Öffnung begründen.
Back- und Konditorwaren
BGH, Urt. v. 17.10.2019, I ZR 44/19 - Sonntagsverkauf von Backwaren
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LadenSchlG müssen Verkaufsstellen an Sonntagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein. Auf der Grundlage von § 12 LadSchlG ist die Sonntagsverkaufsverordnung erlassen worden. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 SonntVerkV dürfen abweichend von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LadenSchlG Verkaufsstellen von Betrieben, die Bäcker- oder Konditorwaren herstellen, an Sonntagen für die Dauer von drei Stunden für die Abgabe von Bäcker- oder Konditorwaren geöffnet sein.
Zum Kern- und Randsortiment siehe hier.
Feiertagsgesetze
OLG Köln, Urt. v. 6.3.2020, 6 U 140/19, Tz. 77
Bei der Vorschrift des § 3 Feiertagsgesetz NRW handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung.
OLG Köln, Urt. v. 6.3.2020, 6 U 140/19, Tz. 84 f
Die Behandlung von zahnärztlichen Notfällen ist nach § 4 Nr. 3 Buchst. c Feiertagsgesetz NRW zulässig. Denn die Behandlung ist erforderlich, um einen erheblichen Schaden der Gesundheit abzuwenden. …
Die Erforderlichkeit bestimmt sich danach, ob die Arbeiten im Grundsatz erforderlich sind. Die Vorschrift unterscheidet nicht nach der Frage, ob die Arbeiten auch von der konkret die Arbeit leistenden Person ausgeführt wird. Es ist daher nicht erheblich, ob ein ausreichender Notdienst besteht oder nicht.
OLG Hamm, Urt. v. 18.1.2024, 4 U 136/23, Tz. 72
Bei den §§ 4, 5 LÖG NRW handelt es sich um Marktverhaltensregeln.