Spürbare Beeinträchtigung
Ein Verstoß gegen § 3a UWG ist nur unlauter, wenn er geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/17, Tz. 54 – Brötchen Gutschein
Die Frage, ob eine Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung besteht, ist nach dem Schutzzweck der jeweils verletzten Marktverhaltensregelung zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung sind diejenigen Zwecke zu berücksichtigen, die die Einordnung der Vorschrift als Marktverhaltensregelung rechtfertigen, weil sie die Interessen der Marktteilnehmer betreffen.
Ebenso BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 43/23, Tz. 44 - Hydra Energy; BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23, Tz. 50 - Großhandelszuschläge II
BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 43/23, Tz. 44 - Hydra Energy
Die Spürbarkeitsklausel hat den Zweck, solche Fälle des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung von der Verfolgung auszunehmen, die keine nennenswerte Auswirkung auf andere Marktteilnehmer haben und an denen daher kein Interesse der Allgemeinheit besteht (OLG Frankfurt, WRP 2020, 758 [juris Rn. 13]; Köhler/Odörfer in Köhler/Bornkamm/ Feddersen UWG § 3a Rn. 1.96; Büscher/Meinhardt UWG § 3a Rn. 166). Eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen von Verbrauchern liegt vor, wenn deren Fähigkeit zur informierten und freien geschäftlichen Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG betroffen ist (Köhler/Odörfer in Köhler/Bornkamm/ Feddersen aaO § 3a Rn. 1.98).
BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 206/17, Tz. 60 – Brötchen Gutschein
Die Spürbarkeitsschwelle des § 3a UWG beruht nicht auf Unionsrecht, soweit die dortige Regelung außerhalb des Unionsrechts steht, was bei den im Heilmittelwerbegesetz und im Arzneimittelgesetz enthaltenen Regelungen der Fall ist. Die Spürbarkeitsschwelle des § 3a UWG ist allerdings bei einer Verletzung von Informationspflichten, die sowohl den Tatbestand des auf Art. 7 der Richtlinie 2005/29/EG beruhenden § 5a Abs. 2 bis 6 UWG als auch den Tatbestand des § 3a UWG erfüllen, unionsrechtskonform auszulegen (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2018, I ZR 73/17 - Jogginghosen).
BGH, Urt. v. 5.7.2001, I ZR 104/99, II.1.c) – Fernflugpreise (zum UWG 1994)
Die Ausübung der im allgemeinen Interesse gewährten Klagebefugnis sollte auf solche Fälle beschränkt werden, in denen die Auswirkungen des Wettbewerbsverstoßes auf das Wettbewerbsgeschehen so erheblich sind, dass seine Verfolgung auch wirklich im Interesse der Allgemeinheit liegt. Dementsprechend kann es für die Bejahung einer wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht genügen, dass dem Wettbewerbsverstoß die Verletzung eines gesetzlichen Ge- oder Verbots zugrunde liegt oder der Verstoß geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung zu begründen.
Diese Frage der spürbaren Beeinträchtigung beurteilt sich danach, wie schwer ein Verstoß gegen eine bestimmte Vorschrift wiegt und/oder wie lange und/oder wie häufig und/oder wie intensiv und/oder mehr oder weniger planmäßig gegen die Vorschrift verstoßen wird. Auch die Frage, in wieweit eine Nachahmungsgefahr besteht, ist von Gewicht. Auch die Frage, inwieweit die Gefahr besteht, dass andere das Verhalten nachahmen, ist von Gewicht. Bei zwingenden Vorgaben des europäischen Rechts kann eine spürbare Beeinträchtigung auch bereits dann anzunehmen sein, wenn überhaupt gegen die Vorschrift verstoßen wird.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.1.2020, 6 W 3/20
Eine Zuwiderhandlung gegen eine Marktverhaltensregelung ist nur dann unlauter iSd § 3a, wenn sie geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Die Spürbarkeitsklausel hat den Zweck, solche Fälle des Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung von der Verfolgung auszunehmen, die keine nennenswerte Auswirkung auf andere Marktteilnehmer haben. Denn daran besteht kein Interesse der Allgemeinheit. Ein Verbot ist vielmehr nur dann erforderlich, wenn dies der Schutz der Verbraucher, der Mitbewerber oder der sonstigen Marktteilnehmer erfordert. Ob eine Eignung zur spürbaren Interessenbeeinträchtigung besteht, beurteilt sich folgerichtig ebenfalls nach dem jeweiligen Schutzzweck der verletzten Marktverhaltensregelung. Spürbarkeit ist dann zu bejahen, wenn eine Beeinträchtigung der geschützten Interessen nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten kann (ebenso OLG Hamm MMR 2012, 29 (30); OLG Hamburg GRUR-RR 2017, 65 Rn. 96; OLG Stuttgart WRP 2018, 1252 Rn. 31).
Gefordert wird nur die 'Eignung' zu einer spürbaren Beeinträchtigung. Sie muss nicht tatsächlich eingetreten sein (BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 60/18, Tz. 45). Auch eine geringe Anlockwirkung kann je nach dem in Rede stehenden lauterkeitsrechtlich geschützten Interesse der betroffenen Marktteilnehmer zu deren spürbarer Beeinträchtigung geeignet sein. (BGH, Urt. v. 6.6.2019, I ZR 60/18, Tz. 46).
OLG Hamburg, Urt. v. 25.2.2016, 5 U 26/12, I.2.c
Für § 3a UWG n.F. hat der Gesetzgeber ein Spürbarkeitserfordernis ausdrücklich festgelegt, das nach Wortlaut und Inhalt der bisherigen Regelung in § 3 Abs. 1 UWG a.F. entspricht. Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss die zu untersagende Handlung auch nach § 3a UWG n.F. unlauter sein, also zu einer im Sinne dieser Vorschrift spürbare Beeinträchtigung der Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern führen.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.5.2014, I-15 69/14, Tz. 40
Bei Zuwiderhandlungen gegen Normen im Sinne von § 4 Nr. 11 (alt) UWG kann eine wettbewerbliche Relevanz nur insoweit bestehen, als diese Norm Marktbezug aufweist; andere Interessen sind hingegen im Rahmen der Spürbarkeit nicht zu berücksichtigen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.5.2014, I-20 W 48/14, Tz. 10
Bei Zuwiderhandlungen gegen Normen im Sinne des § 4 Nr. 11 (alt) UWG hat sich die Frage der wettbewerblichen Relevanz am Interesse der Marktbeteiligten zu orientieren. Da dieses Interesse Voraussetzung für ein wettbewerbsrechtliches Vorgehen ist, kann der Wettbewerber auch nur den Schutz dieses Interesses geltend machen.
BGH, Urt. v. 14.1.2016, I ZR 61/14, Tz. 40 - Wir helfen im Trauerfall
Werden unter Verstoß gegen § 4 Nr. 11 (a.F.) UWG Informationen vorenthalten, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, ist das Erfordernis der Spürbarkeit grundsätzlich erfüllt. … Diese Maßstäbe gelten für die Spürbarkeitsschwelle des § 3a Halbsatz 2 UWG entsprechend.
Ebenso BGH, Urt. v. 29.9.2016, I ZR 160/15, Tz. 26 - Servicepauschale
OLG Hamm, Urt. v. 21.3.2017, 4 U 166/16, Tz. 70, 75
Werden unter Verstoß gegen § 3a UWG Informationen vorenthalten, die das Unionsrecht als wesentlich einstuft, ist das Erfordernis der Spürbarkeit ohne weiteres erfüllt (vgl. BGH GRUR 2016, 516, 520 - Wir helfen im Trauerfall). ...
BGH, Urt. v. 10.10.2024, I ZR 108/22, Tz. 20 – Hautfreundliches Desinfektionsmittel II
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Verstöße gegen Marktverhaltensregelungen, die den Schutz der Gesundheit der Verbraucher bezwecken, ohne weiteres geeignet, die Interessen der Verbraucher im Sinne von § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 24.3.2016, I ZR 243/14, Tz. 11 - Bio-Gewürze I, mwN). Bei Art. 72 Abs. 3 Satz 2 Biozid-VO handelt es sich um eine solche, (auch) dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelung.
Ebenso OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 250
OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.1.2024, 6 U 28/23, Tz. 74
Verstöße gegen Marktverhaltensregelungen sind ohne Weiteres geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen, wenn sie den Schutz der Gesundheit der Verbraucher bezwecken (vgl. BGH, GRUR 2018, 745 Rn. 13 mwN - Bio-Gewürze II) oder der Sicherheit der Verbraucher dienen (vgl. OLG Stuttgart, WRP 2021, 116, 119; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 3a Rn. 1.102 mwN). Letzteres ist bei §§ 1, 7 HwO der Fall, weil der Zweck der Bindung des stehenden Handwerks an die Eintragung in die Handwerksrolle und damit an den Meisterzwang darin liegt, Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter abzuwehren (vgl. OLG Stuttgart, aaO; Köhler, aaO). Dies gilt jedenfalls für das mit gefährlichem Werkzeug am Körper des Kunden ausgeübte Friseurhandwerk. Bei derartigen Marktverhaltensregelungen, die außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 2005/29/EG liegen, spielt es für die Spürbarkeit im Sinn von § 3a UWG keine Rolle, ob der Verstoß geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen, nämlich seine Fähigkeit, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinflussen und ihn damit zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte (siehe dazu Art. 2 Buchst e RL 2005/29/EG; vgl. Köhler, aaO).
OLG Hamburg, Beschl. v. 30.7.2024, 3 U 82/23, Tz. 37
Bei einem Verstoß gegen Vorschriften, die dem Schutz der Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher dienen (vgl. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/EG) kann die Spürbarkeit von Verstößen nur ganz ausnahmsweise verneint werden (BGH, GRUR 2015, 813 Rn. 25 - Fahrdienst zur Augenklinik; Köhler/Odörfer in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl. 2024, § 3a Rn. 1.102).
Aber
OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2022, 6 W 59/22, Tz. 35
Soweit die Antragstellerin sich auf einen Verstoß gegen § 27 Abs. 1 Satz 2 TabakerzV beruft, dient diese Vorschrift dem Verbraucherschutz in Form des Gesundheitsschutzes. Wie die Antragstellerin selbst vorträgt, soll die Angabe sicherstellen, dass der Verbraucher über die Konzentration des abhängig machenden und toxischen Bestandteils Nikotin informiert wird. Die Angabe zu hoher Nikotinwerte gefährdet die Gesundheit der Verbraucher aber gerade nicht. Der Ansicht der Antragstellerin, durch die Überkennzeichnung werde die Gefahr hervorgerufen, dass die Verbraucher anderen richtigerweise mit 20 mg/ml gekennzeichneten E-Zigaretten nicht die schädliche Wirkung zumessen würden, die diese tatsächlich haben, so dass die Warnfunktion der Nikotinangabe durch die Überkennzeichnung verwässert werde, kann nicht beigetreten werden.
OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2022, 6 W 59/22, Tz. 39
Eine etwaige „Überkennzeichnung“ der Einweg-E-Zigaretten mit dem Gefahrenpiktogramm GHS06 (Totenkopf) statt des Gefahrenpiktogramms GHS07 (Ausrufezeichen) wäre im Übrigen nicht geeignet, die Interessen der Betroffenen spürbar zu beeinträchtigen. Die Produktkennzeichnungsvorschriften der CLP-Verordnung dienen dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher (s. Erwägungsgrund 1 der CLP-Verordnung, wonach diese ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt sicherstellen soll). Das Interesse der Verbraucher am Schutz ihrer Gesundheit wird durch eine solche „strengere“ Kennzeichnung nicht beeinträchtigt. Von dem Totenkopf-Zeichen geht – seiner Intention entsprechend – eine abschreckende Wirkung aus. Der Ansicht der Antragstellerin, es bestehe die Gefahr einer Verwässerung der Warnfunktion, kann nicht beigetreten werden.
Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass der durchschnittliche Verbraucher voraussichtlich eine andere Entscheidung getroffen hätte, wenn er die Informationen gehabt hätte.
In BGH, Urt. v. 4.10.2007, I ZR 22/05 – Umsatzsteuerhinweis und BGH, Urt. v. 4.10.2007, I ZR 143/04 – Versandkosten hatte der BGH die Frage, ob eine spürbare Beeinträchtigung vorliegt, wenn bei der Preisangabe für ein Warenangebot für Verbraucher im Internet kein Hinweis auf die enthaltene Umsatzsteuer erfolgt, gar nicht geprüft, obwohl bei Preisangaben gegenüber Verbrauchern die Umsatzsteuer enthalten sein muss und der Verbraucher auch davon ausgeht. Es wurde davon ausgegangen, dass die auf § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PangV (Preisangabenverordnung) beruhende Verpflichtung zur Angabe, dass die Umsatzsteuer im Preis enthalten ist, leerlaufen würde, obwohl die auf einer europäischen Vorgabe beruht. Mittlerweile wird man aber einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 PAngV auch § 5a Abs. 4 UWG in Verbindung mit § 5a Abs. 2 UWG zuweisen müssen, die die Unlauterkeit der Handlung von den situativen Rahmenbedingungen abhängig macht.
OLG Köln, Urt. v. 8.4.2022, 6 U 86/21, Tz. 44
Ein Verstoß gegen § 307 BGB ist grundsätzlich geeignet, die wirtschaftlichen Interessen des Durchschnittsverbrauchers spürbar zu beeinträchtigen, da unwirksame AGB ihn davon abhalten können, berechtigte Ansprüche gegenüber dem Verwender geltend zu machen.
Keine Spürbarkeit soll gegeben sein bei einem gesetzlichen Versehen, d.h. wenn ein Gericht ein Gesetz letztinstanzlich anders auslegt als es gewollt war, die Verbrauchererwartung nicht der Gesetzesauslegung entspricht und der Gesetzgeber daraufhin das Gesetz unverzüglich ändert (OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.1.2020, 6 W 3/20).
Es ist zu beachten, dass in vielen Fällen, in denen ein Verstoß gegen § 3a UWG vorliegt, ebenfalls ein Verstoß gegen § 5a Abs. 2, Abs. 4 UWG gegeben ist. In diesen Fällen sind das Spürbarkeitserfordernis und das Relevanzerfordernis des § 5a Abs. 2 UWG deckungsgleich.
BGH, Urt. v. 31.10.2018 - I ZR 73/17, Tz. 31 ff - Jogginghosen
Besteht der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung darin, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wird, ist dieser Verstoß nur dann spürbar im Sinne von § 3a UWG, wenn er die ihm vorenthaltene wesentliche Information je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Den Unternehmer, der geltend macht, dass der Verbraucher - abweichend vom Regelfall - eine ihm vorenthaltene wesentliche Information für eine Kaufentscheidung nicht benötigt und dass das Vorenthalten dieser Information den Verbraucher nicht zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann, trifft insoweit allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Der Verbraucher wird eine wesentliche Information im Allgemeinen für eine informierte Kaufentscheidung benötigen. Ebenso wird, sofern im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich davon auszugehen sein, dass das Vorenthalten einer wesentlichen Information, die der Verbraucher nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei der geboten gewesenen Information nicht getroffen hätte.
Ebenso BGH, Urt. v. 21.1.2021, I ZR 17/18, Tz. 59 - Berechtigte Gegenabmahnung; BGH, Urt. v. 7.3.2019, I ZR 184/17, Tz. 26 f – Energieeffizienzklasse III; BGH, Urt. v. 28.3.2019, I ZR 85/18, Tz. 30 ff – Kaffeekapseln; OLG Frankfurt, Urt. v. 10.1.2019, 6 U 19/18, II.2.b; Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 27.10.2020, 4 U 71/19, Tz. 132
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Zur Rechtslage in Österreich:
OGH, Urt. v. 22.3.2018, 4 Ob 48/18
Die Eignung eines Rechtsbruchs zur spürbaren Beeinflussung des Wettbewerbs kann sich – ausgehend vor allem von den typischen Auswirkungen des Rechtsbruchs – schon aus dem Normenverstoß als solchem ergeben. Ob es darüber hinaus – insbesondere bei der Verletzung wettbewerbsneutraler Normen – noch weiterer Sachverhaltselemente bedarf, aus denen die Eignung zur Beeinflussung des Wettbewerbs geschlossen werden kann, und die vom Kläger zu behaupten und zu beweisen wären, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; eine allgemeine Regel lässt sich dafür nicht aufstellen. Aus der von der Klägerin angeführten Unterscheidung zwischen marktverhaltensregelnden (wettbewerbsbezogenen und marktauftrittsbezogenen) Normen einerseits und marktneutralen Ordnungsvorschriften (Marktzutrittsregeln) andererseits kann somit keine generelle Behauptungs- und Beweislastregel abgeleitet werden.
Der Tatbestand des Rechtsbruchs soll verhindern, dass ein einzelner Mitbewerber durch Gesetz oder Vertrag festgelegte Verhaltenspflichten missachtet und sich dadurch einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung im Wettbewerb verschafft. Für die Wettbewerbsrelevanz ist nicht der Zweck oder Regelungsgegenstand der verletzten Norm, sondern die tatsächliche Auswirkung auf den Markt entscheidend. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen nicht bloß unerheblich sein dürfen, sondern die Spürbarkeitsschwelle überschreiten müssen.
Ausreißer
BGH, Urt. v. 21.9.2016, I ZR 234/15 - Quecksilberhaltige Leuchtstofflampen
Der Tatbestand des § 3a UWG) wäre auch dann erfüllt, wenn es sich bei den zwei Lampen mit dem zu hohen Quecksilbergehalt um "Ausreißer" handeln würde (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.2005, I ZR 10/03, Tz. 22 - Betonstahl). An den Nachweis eines daher allenfalls in Betracht zu ziehenden Bagatellverstoßes, für das der Verletzer die Darlegungs- und Beweislast trägt, sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. MünchKomm.UWG/Sosnitza aaO § 3 Rn. 103 und 107; Großkomm.UWG/Peukert, 2. Aufl., § 3 Rn. 447, jeweils mwN).