Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze

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Garantie/garantieren

Literatur: Möller, Mirko, Abmahngefahren bei Garantiewerbung, GRUR 2021, 1365

Der Begriff der Garantie ist vielschichtig. Er kann eine Bekräftigung eines Versprechens, aber auch eine Garantie im juristischen Sinne meinen.

Laufzeit der Garantie

BGH, Urt. v. 26.6.2008, I ZR 221/05 - 40 Jahre Garantie

Nach § 202 Abs. 2 BGB kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden. Diese Vorschrift hat nur für Ansprüche Bedeutung, die gemäß § 194 Abs. 1 BGB der Verjährung unterliegen. Mit der beanstandeten Werbung bietet die Beklagte für ihre Aluminiumdächer jedoch den Abschluss eines Garantievertrags an, der als solcher nicht der Verjährung unterliegt.

Dem steht die Entscheidung des BGHs vom 9. 6. 1994 (I ZR 91/92, GRUR 1994, 830, 831 - Zielfernrohr) nicht entgegen. In jenem Fall wurde die unbefristet erteilte Garantiezusage als Verlängerung der kaufvertraglichen Gewährleistung und der werbende Hinweis hierauf als irreführend angesehen, weil eine entsprechende Verpflichtung wirksam nicht eingegangen werden konnte. Im Streitfall geht es dagegen nicht um die Verlängerung der Verjährungsfrist für gesetzliche Gewährleistungsansprüche, sondern um die Gewährung einer selbständigen Garantie.

OLG Frankfurt, Urt. v. 11.11.2021, 6 U 121/21, II.4.b

Die Angaben „36 Monate Garantie“ bzw. „X Garantie 36 Monate“ sind irreführend. Der Verkehr in Gestalt des Durchschnittsverbrauchers verbindet mit der Angabe, die Antragsgegnerin gewähre auf das gekaufte Produkt ein selbstständiges Garantieversprechen mit einer Dauer von 36 Monaten. Das entspricht nicht den Tatsachen.

Die Antragsgegnerin betreibt die Internetplattform „x.de“, auf der Dritte gebrauchte, wieder aufbereitete Elektrogeräte (Smartphones, Tablets etc.) verkaufen und kaufen können. Die Antragsgegnerin gewährte nach dem Wortlaut ihrer „X Garantiebedingungen“ nur eine Garantie, die an die gesetzliche Gewährleistungsfrist des Verkäufers anknüpft. Je nach vertraglicher Gestaltung läuft die von der Antragsgegnerin gewährte Garantie damit 24 oder 12 Monate, und zwar erst in der Zeit nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist.

Unabhängig davon ist die Werbeangabe „36 Monate Garantie“ jedenfalls deshalb unzutreffend, weil die Antragsgegnerin nicht über die volle Laufzeit Garantiegeberin ist, sondern zunächst der Verkäufer. Die Pauschalangabe „36 Monate Garantie“ erweckt demgegenüber den Eindruck, es gebe nur einen Garantiegeber.

Zustandekommen und Umfang der Garantie

OLG Hamm, Beschl. v. 19.7.2024, 4 U 28/24, Tz. 32

Das von der Beklagten verwendete Garantiesymbol suggeriert dem von der Werbung angesprochenen, durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher nicht lediglich die Möglichkeit des Abschlusses einer uneingeschränkten – d. h. auch die Beschichtung umfassenden – Garantie. Vielmehr wird hierdurch der Eindruck hervorgerufen, dass die umfassende Garantie bereits in dem beworbenen Verkaufspreis von 99,99 € inkludiert ist. Dies folgt daraus, dass das Symbol einerseits aus der farblich und ihrer Größe nach besonders hervorgehobenen Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ und andererseits dem deutlich kleiner und farblich unscheinbarer gehaltenen Zusatz „jetzt aktivieren“ besteht. Da die vorliegende Werbung auch vom verständigen Verbraucher nur flüchtig wahrgenommen wird, ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher, lediglich die in dem Symbol besonders hervorgehobene Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ zur Kenntnis nehmen und infolgedessen davon ausgehen, dass sie die Garantie zusammen mit der beworbenen Pfanne für den Preis von 99,99 € erwerben (können).

Wir garantieren ...

OLG Hamm, Urt. v. 29.1.2013, 4 U 171/12, Tz. 42, 44 f - „garantieren wir … den … Lernerfolg“

Der Beklagte wirbt mit einer sog. Erfolgsgarantie. ... Denn die auf die diesbezügliche Preisangabe folgenden Werbeaussagen des Beklagten verdeutlichen, dass er ... den Erfolg seines Tanzunterrichts garantieren will. ... Ausdrücklich benutzt der Beklagte das Verb „garantieren“. Der gewünschte Lernerfolg mag sich zwar auch an den Erwartungen des jeweiligen Tanzschülers orientieren. Gleichwohl wirbt der Beklagte mit dem (individuellen) Erreichen des gewünschten Erfolges. ...

Aufgrund der Werbeangaben des Beklagten wird sich ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise den Eintritt eines Lernerfolgs zumindest erhoffen und sich daher eher der Tanzschule des Beklagten zuwenden, der einen solchen Erfolg als sicher hinstellt bzw. garantiert. Tatsächlich hängt aber der Eintritt eines Unterrichtserfolgs maßgeblich auch vom jeweiligen Schüler ab, so dass ein Lernerfolg nicht sicher garantiert werden kann. Denn es gibt immer wieder Menschen, die auch nach einem Tanzkurs nicht in der Lage sind, das formal Gelernte so anzuwenden, dass daraus eine auch nur einigermaßen ästhetisch anmutende Bewegung ersichtlich ist.

Gerade durch die aufgezeigten Formulierungen seiner Werbung erweckt der Beklagte aber die unrichtige Vorstellung, dass sein Tanzunterricht zu einem Lernerfolg führt.

Zu „Wir garantieren Ihnen gültige Tickets für die Veranstaltung“ und „Wir garantieren, dass Sie gültige Tickets rechtzeitig vor der Veranstaltung erhalten“ des Betreibers einer Ticketplattform für Weiterverkäufer:

OLG München, Urt. v. 27.1.2022, 29 U 3556/19, Tz. 93, 97

Der angesprochenen Durchschnittsverbraucher versteht die Versprechen so, dass die Tickets gültig sind, Zugang zu der Veranstaltung gestatten und die Beklagte hierfür einsteht, ja, dass die Gültigkeit der Eintrittskarten von der Beklagten überprüft wird. ...

Die Irreführung ergibt sich daraus, dass die Be-klagte die Gültigkeit ... vor dem Hintergrund der Weiterverkaufsbedingungen der Veranstalter regelmäßig schon nicht garantieren kann. Wie sich aus den vom Kläger vorgelegten Ticketbedingungen der TSV 1860 München GmbH & Co. KGaA ergibt, knüpfen Veranstalter teilweise den Weiterverkauf an spezielle Bedingungen, bei deren Nichteinhaltung die Tickets ihre Gültigkeit verlieren.

Lebenslange Garantie

für einen Kopfhörer

OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.9.2015, I-2 U 3/15, Tz. 106

Bei sachgerechter Auslegung bezieht sich das Ver-sprechen nicht etwa auf die noch ausstehende Lebenszeit des Erwerbers oder Nutzers, sondern auf die technische Lebensdauer des Gerätes. Mit diesem Inhalt macht ein solches Garantieversprechen jedoch nur Sinn, wenn es sich um ein Gerät handelt, bei dem während seiner technischen Lebensdauer Mängel auftreten können, die regelmäßig im Wege der Reparatur beseitigt werden, und bezieht sich dann auf derartige Mängel und deren Reparaturen. Das Versprechen ist dagegen gegenstandslos, wenn ein Defekt sofort dazu führt, dass das Gerät entsorgt wird, denn dann ist seine technische Lebensdauer abgelaufen und die Garantie, die nur bis zum Ablauf der technischen Lebensdauer gelten soll, wird mit diesem Zeitpunkt hinfällig.

Dies wird in aller Regel bei niedrigpreisigen Kleingeräten der Fall sein, bei denen eine Reparatur wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint, weil deren Kostenaufwand denjenigen einer Neuanschaffung übersteigt. Hierzu gehören auch die hier in Rede stehenden Kopfhörer, die zum Preis von 24,90 € erworben worden sind und angesichts des verhältnismäßig niedrigen Preises bei Funktionsausfällen oder –störungen in aller Regel weg-geworfen und durch neue ersetzt werden. … Der Verbraucher erwartet jedoch bei einer Werbung mit lebenslanger Garantie zumindest, dass ihm bei Funktionsstörungen des Kopfhörers Ersatz geleistet wird, was nach dem dargelegten Inhalt des Garantieversprechens gerade nicht der Fall ist. Insoweit täuscht die Garantiezusage bei durchschnittlich aufmerksamer Lektüre die Zuweisung einer vorteilhaften Rechtsposition vor, die bei näherem Hinsehen überhaupt nicht gewährt wird, weil bei Auftreten eines Defektes die für die Garantie maßgebliche Lebensdauer des erworbenen Gerätes erschöpft ist, womit sich der scheinbare Garantiefall nicht mehr einstellen kann.

Sonderbestimmungen bei Garantien

477 BGB – Sonderbestimmungen für Garantien

(1) Eine Garantieerklärung (§ 443) muss einfach und verständlich abgefasst sein. Sie muss enthalten

  1. den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt werden und
  2. den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers.

(2) Der Verbraucher kann verlangen, dass ihm die Garantieerklärung in Textform mitgeteilt wird.

(3) Die Wirksamkeit der Garantieverpflichtung wird nicht dadurch berührt, dass eine der vorstehenden Anforderungen nicht erfüllt wird.

Ein Verstoß gegen § 477 BGB verletzt gleichzeitig § 3a BGB (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.9.2015, I-2 U 3/15, Tz. 107).

Theorie- und Praxisgarantie

für ein Fahrschulangebot

OLG Hamm, Urt. v. 16.8.2018, 4 U 79/17, Tz. 97

Die vom Beklagten als solche beworbene „Theorie- und Praxisgarantie“ ist im Sinne einer Erfolgsgarantie zu verstehen. Durch die gewählte Formulierung entsteht bei den angesprochenen Verkehrskreisen auch unter Berücksichtigung des heute maßgeblichen Verbraucherleitbildes des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (hierzu KBF/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 5 Rn. 1.76), der Eindruck, durch den Fahrschulunterricht des Beklagten werde in jedem Fall der Erwerb der Fahrerlaubnis ermöglicht, da eine „Garantie“ übernommen wird.

Tatsächlich hängt aber der Erwerb der Fahrerlaubnis maßgeblich auch vom jeweiligen Fahrschüler ab, so dass ein Lernerfolg nicht sicher garantiert werden kann. Denn es gibt immer wieder Menschen, die auch nach einer theoretischen und praktischen Ausbildung in einer Fahrschule nicht in der Lage sind, den Anforderungen an die Fahrprüfungen gerecht zu werden.