Irreführende Werbung mit Angaben wie gratis, kostenlos oder umsonst ist verboten. Die Black List im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG enthält darüber hinaus einen besonderen Verbotstatbestand
Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind
Nr. 20 das Angebot einer Ware oder Dienstleistung als „gratis“, „umsonst“, „kostenfrei“ oder dergleichen, wenn hierfür gleichwohl Kosten zu tragen sind; dies gilt nicht für Kosten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Waren- oder Dienstleistungsangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware oder die Inanspruchnahme der Dienstleistung unvermeidbar sind
Die Vorschrift war früher Nr. 21 des Anhangs.
OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15; II.2.b.aa
Der Gesetzgeber hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Regelung einen Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. d. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG betreffe (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung vom 20.08.2008, BT-Dr. 16/10145, S. 33). Anders als bei § 5 UWG ist jedoch bei Nr. 21 als „per se“-Verbot das Vorliegen oder gar der Nachweis einer Irreführung nicht erforderlich.
OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15; II.2.b.bb
Ratio dieser Vorschrift ist der Schutz des Verbrauchers vor einer Irreführung durch die Verwendung von Begriffen wie „gratis“ etc. und insbesondere vor einer Irreführung über die Kosten, die bei Inanspruchnahme des Angebots anfallen, sofern sie nicht unvermeidbar sind; sie zwingt damit indirekt den Unternehmer, den Verbraucher über diese Kosten ausreichend zu informieren. Nach h. M. in der Literatur ist eine Beschreibung des Produkts in der Weise entscheidend, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinnt, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten (vgl. Köhler, UWG, Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 21.2; Bruhn/Weidert in Harte-Henning., Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 21 Rn. 4a; Lindacher, Großkommentar zum UWG, § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 8). In der Konsequenz sind nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur die Kosten gemeint, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen wird. In dieselbe Richtung geht die Ansicht in der Literatur, wonach für die Frage des Vorliegens des Tatbestands der Nr. 21 der „Schwarzen Liste“ als Sonderfall der Irreführung über die Berechnung des Preises i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 UWG der Gesamteindruck entscheidend sei, so dass der Tatbestand nicht eingreife, wenn nach den Grundsätzen der Blickfangwerbung hinreichend deutlich auf zusätzlich anfallende Kosten hingewiesen werde, so dass eine Irreführung ausgeschlossen sei (vgl. Sosnitza in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 58; Lindacher, Großkommentar zum UWG, § 3 (E) Anh. Nr. 21 Rn. 9).
BGH, Urt. v. 31.10.2013, I ZR 139/12, Tz. 33 - 2 Flaschen GRATIS
Entscheidend ist, ob der Verbraucher bei einer Werbung mit "Gratiszugaben" darüber im Unklaren gelassen wird, dass er die Hauptleistung zu bezahlen hat (vgl. OLG Köln, GRUR 2009, 608; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, Anh. zu § 3 III Rn. 21.3).
Ebenso OLG Nürnberg, Urt. v. 11.12.2018, 3 U 881/18, Tz. 17 – Fassung geschenkt; OLG Hamm, Urt. v. 6.8.2015, 4 U 137/14, Tz. 78
OLG Brandenburg, 27.8.2024, 6 U 3/23
Die Vorschrift in Nr. 20 Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG (Nr. 21 a.F.) knüpft an die Anlockwirkung eines kostenlos angebotenen Produkts an. Sie will den Verbraucher vor einer Irreführung über die Kosten schützen, die bei Inanspruchnahme des Angebots anfallen. Entscheidend ist hierfür eine Beschreibung des Produkts in der Weise, dass der Durchschnittsverbraucher den Eindruck gewinnt, er brauche dafür keine Zahlung zu entrichten. Weitere Voraussetzung ist, dass der Verbraucher die Ware doch nicht immer kostenfrei erhält, wenn er das Angebot annehmen will. Ausgenommen sind nur „unvermeidbare“ Kosten, wie etwa Portokosten oder Kosten für Telefonanrufe oder Fahrtkosten, um das für den Verbraucher sonst kostenfreie Angebot überhaupt wahrnehmen zu können. Nach dem Zweck der Vorschrift sind damit nur Kosten gemeint, auf die der Verbraucher nicht ausdrücklich hingewiesen wird (OLG Hamm, GRUR-RR 2016, 28; OLG München, WRP 2016, 1168 Rn. 36). Die Vorschrift ist daher nicht anwendbar auf eine als „gratis“ oder dergleichen beworbene Zugabe, wenn der Verbraucher nicht darüber im Unklaren gelassen wird, dass er die Hauptleistung zu bezahlen hat (OLG Köln, GRUR 2009, 608). Das Gleiche gilt, wenn aus der Werbung selbst hervorgeht, dass ein kostenpflichtiges Gesamtangebot ohne Gratischarakter vorliegt und nur Teile desselben „umsonst“ sind (vgl. OLG München, WRP 2016, 1168 Rn. 38, 39: „1 Glas geschenkt“ bei Werbung für 50 % Rabatt auf die Brillengläser; vgl. auch OLG Nürnberg, WRP 2019, 382 Rn. 14: „Fassung geschenkt“).
OLG Brandenburg, 27.8.2024, 6 U 3/23
Ein Angebot ist auch in einer Dreierkonstellation, bei der die anfallenden Kosten ein anderer als der Verbraucher trägt, im Sinne der Nr. 20 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG tatbestandsmäßig. Es kommt nach dem Zweck der Vorschrift, Verbraucher vor Irreführung zu schützen, nicht darauf an, ob diese darauf hingewiesen werden, dass die Kosten für ein Warenangebot von einem anderen, nämlich hier der Krankenkasse, bei der sie versichert sind, getragen werden. Für Verbraucher ist entscheidend, dass für sie eine beworbene Ware kostenfrei ist. Allein dieser Angebotsinhalt ist geeignet, sie für den Erwerb der Ware zu interessieren.
OLG Brandenburg, 27.8.2024, 6 U 3/23
Die im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG aufgeführten Handlungen normieren Irreführungstatbestände, die nach ihrem Sinn und Zweck auch die von dem Werbenden für eine kostenlose Warenabgabe genannten Modalitäten umfassen. Ein Verstoß liegt daher vor, wenn die für den Verbraucher kostenneutrale Warenabgabe nicht unter den beworbenen Voraussetzungen erfolgt. Insofern gilt hier nichts anderes als in einem Fall, in dem etwa ein Händler eine Ware entgegen seinem Versprechen nicht kostenlos gegen Vorlage einer aus einem Prospekt oder einer Zeitung ausgeschnittenen Werbeanzeige - gleichsam als Gutschein - abgibt. Letztlich muss ein Verbraucher in solchen Fällen immer noch irgendeine Handlung vornehmen, um in den Genuss einer als kostenlos versprochenen Ware zu kommen, sei es durch den Besuch eines Geschäfts, einen Bestellvorgang, die Vorlage eines Ausweisdokuments oder wie hier einer Krankenversicherungskarte.
Zu "3 Monate gratis sichern" siehe: OLG Köln, Urt. v. 8.11.2013, 6 U 42/13, Tz. 23 ff
Zur Werbung mit der Aussage '1 Glas geschenkt' für eine Brille:
OLG München, Urt. v. 16.6.2016, 6 U 4300/15, II.2.b.bb
Der durchschnittlich informierte, verständige und aufmerksame Durchschnittsverbraucher versteht nach Lektüre der Erläuterungen ohne Weiteres, dass in der Anzeige mitnichten nur ein einzelnes Glas (alleine oder zusätzlich zu einer Brille oder einer Brillenfassung) als Geschenk beworben werden soll, sondern ein Gesamtangebot, welches aus einer Brillenfassung samt zweier an sich gleich kostenden Gläser mit Sehstärke besteht und bei dem der Kunde nur den halben Gläserpreis zahlen muss. Ihm wird also bewusst, dass ihm nichts geschenkt wird bzw. er nichts kostenlos erhält, sondern dass er lediglich einen 50%igen Rabatt auf den Gläsergesamtpreis erhält. Ein solcher 50%iger Barrabatt im Fall einer aus zwei gleich kostenden, gleichartigen Bestandteilen zusammengesetzten Ware kann tatsächlich alternativ z. B. mit „Zahle 1, erhalte 2“ o. ä. oder eben mit „1 [Warenbestanteil] geschenkt“ umschrieben werden, ohne dass darin eine unwahre Tatsache zu sehen wäre.
Zur Werbung eines Immobilienmaklers mit "Unsere Kunden - ihre neuen Mieter ? FÜR VERMIETER KOSTENFREI." urteilte das LG Stuttgart:
LG Stuttgart, Urt. v. 30.9.015, 40 O 76/15 KfH
Das Werben des Verfügungsbeklagten um eine Wohnungsvermittlung, die für den Vermieter kostenlos ist, enthält gegenüber den angesprochenen Vermietern entsprechend § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG zur Täuschung geeignete Angaben über die Bedingungen, unter denen die Dienstleistung erbracht wird. Mit der Aussage ... wird den angesprochenen Vermietern vorgespiegelt, dass sich der Makler um die kostenlose Vermietung bemühen wird, woran der Makler aber über das Beibringen eines einzigen Mietinteressenten hinaus kein Interesse haben kann, weil er nach der gegebenen Rechtslage im weiteren ohne Vergütung von der einen oder anderen Mietvertragspartei, d.h. umsonst tätig würde.
Nach § 2 Abs. 1 a) WoVermittG darf der Wohnungsvermittler vom Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Wohnungsvermittler holt ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrages mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter oder von einem anderen Berechtigten den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten (§ 6 Abs. 1).
Nach § 6 Abs. 1 WoVermittG darf der Wohnungsvermittler Wohnräume nur anbieten, wenn er dazu einen Auftrag von dem Vermieter oder einem anderen Berechtigten hat.
Lässt der Vermieter weitere Mieterkontakte über den Makler zu, ist der Makler auch in seinem Auftrag und Interesse tätig und es entsteht gem. § 2 Abs. 1a WoVermittG kein Entgeltanspruch gegen den Mieter und aufgrund des Werbeangebots auch kein Provisionsanspruch gegen den Vermieter.
Zum Aspekt des psychologischen Kaufzwangs bei der Werbung mit kostenlosen Angeboten siehe hier.
Zur Darstellung der Dienstleistung eines Rechtsanwalts als 'kostenfrei' und ohne Kostenrisiko, weil ein Dritter gegenüber dem Mandanten versprochen hat, die Kosten zu tragen:
OLG Köln, Urt. v. 29.6.2018, 6 U 179/17, Tz. 76f
Die im Gesamtkontext betrachtet zur Täuschung geeignete Angaben über das mit der Unterzeichnung der Anwaltsvollmacht verbundene mögliche Kostenrisiko. Das Anschreiben ist aus der Sicht der Angesprochenen dahin zu verstehen, dass die Beauftragung des Vertragsanwalts für den Nutzer des X-Service ohne jedes Kostenrisiko ist und er keiner wie auch immer gearteten Kostenforderung ausgesetzt ist. …
Tatsächlich ist die Beauftragung des Anwalts nicht kostenfrei. Der Auftraggeber bleibt im Verhältnis zu dem Rechtsanwalt, aber auch im Verhältnis zu einem obsiegenden Prozessgegner sowie gegebenenfalls gegenüber dem Gericht im Rahmen einer Ausfallhaftung Kostenschuldner. Dass der Auftraggeber im Innenverhältnis zur Beklagten zu 2 einen Freistellungsanspruch hat, führt nicht einmal im Ergebnis dazu, dass bei ihm in keinem Fall Kosten verbleiben. Der Auftraggeber trägt stets ein Kostenrisiko, das sich z.B. dann verwirklicht, wenn die Beklagte zu 2 insolvent wird - eine Möglichkeit, die nie ausgeschlossen werden kann.