Gesetzestext
Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,
wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, daß
ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann.
OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17, II.1.e
Bei § 3 Satz 2 Nr. 1, Nr. 2a HWG handelt es sich um Marktverhaltensregelungen i. S. d. § 3a UWG, da die Bestimmungen des § 3 HWG den Schutz der menschlichen Gesundheit und damit den Verbraucherschutz bezwecken (vgl. BGH GRUR 2015, 1244 Tz. 13 - Äquipotenzangabe in Fachinformation).
Ebenso OLG München, Urt. v. 24.2.2022, 29 U 7517/20
Sinn und Zweck
OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.2.2020, 6 U 219/19 – Perfekte Zähne
Hinter der Regelung in § 3 S. 1 Nr. 2a) HWG steht der Gedanke, dass es aufgrund individueller Dispositionen beim einzelnen Patienten und variierenden Erscheinungsformen von Krankheiten stets zu einem Therapieversagen kommen kann (BVerwG NJW 1994, 2433,2435), mit dem eine Erfolgsgarantie unvereinbar ist (Dieners/Reese PharmaR-HdB/Reese/Holtorf Rn. 165 mwN). Nach dem Gesetzeswortlaut ist an sich nicht das Versprechen eines Erfolgs, sondern das Hervorrufen des Eindrucks, dieser sei sicher, unzulässig. Ob ein solcher Eindruck erweckt wird, hängt vom Verständnis eines durchschnittlichen Werbeadressaten ab und erfordert keine ausdrückliche Garantie (BGH NJW 1984, 1407 - THX-Injektionen; OLG Köln GRUR 2000, 156 (157) - Erfolgsrisikobeteiligung bei Arzneimitteln). Dagegen wird ein Verstoß gegen Nr. 2a verneint bei allgemein gehaltenen Anpreisungen.
Erfolgsgarantie
OLG Köln, Beschl. v. 12.4.2010, 6 W 42/10
Für ein Versprechen, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann, bedarf es nicht des ausdrücklichen Versprechens eines Erfolges oder einer "Erfolgsgarantie". Vielmehr kommt es darauf an, ob nach der subjektiven Wirkung, welche die fragliche Werbemaßnahme in den angesprochenen Verkehrskreisen erzielt, der Eindruck oder auch nur Anschein eines sicheren Erfolges erweckt wird.
Ebenso OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17, II.1.b
OLG Hamburg, Urt. v. 27.9.2013, 3 U 172/12, II.1
§ 3 S. 1 Nr. 2a) HWG verbietet Werbung, mit der fälschlich der Eindruck erweckt wird, ein Erfolg könne mit Sicherheit erwartet werden. Hiervon sind sowohl direkte Erfolgs-Aussagen erfasst als auch solche, die den Erfolg durch Aussagen über andere Umstände suggerieren (Artz, in: Bülow u.a., HWG, 4. Aufl. 2012, § 3 Rn. 65).
OLG München, Urt. v. 2.3.2017, 29 U 4641/16 (MD 2017, 650)
Ein Verstoß gegen § 3 Satz 2 Nr. 2 a HWG setzt nicht voraus, dass ausdrücklich ein sicherer Erfolg versprochen wird. Es genügt vielmehr, dass die fraglichen Werbeaussagen einen solchen Eindruck hervorrufen. Auch ist nicht erforderlich, dass ein absoluter Heilungserfolg für alle denkbaren Krankheitsbilder versprochen wird. Ausreichend ist vielmehr, wenn damit geworben wird, dass im Regelfall ein sicherer Erfolg erwartet werden kann, da § 3 Satz 2 Nr. 2 a HWG andernfalls keinen Anwendungsbereich hätte. Denn bestimmte (schwere) Erscheinungsformen eines Krankheitsbildes können die Anwendung von Spezialpräparaten erfordern. Schutzbedürftig sind die jeweils angesprochenen Verkehrskreise bereits dann, wenn ihnen fälschlich ein sicherer Erfolg im Regelfall des entsprechenden Krankheitsbildes versprochen wird.
Ebenso OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17; OLG München, Urt. v. 24.2.2022, 29 U 7517/20
OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17, II.1.b
Es ist nicht erforderlich, dass ein absoluter Heilungserfolg für alle denkbaren Krankheitsbilder versprochen wird. Ausreichend ist vielmehr, wenn damit geworben wird, dass im Regelfall ein sicherer Erfolg erwartet werden kann, da § 3 Satz 2 Nr. 2a HWG andernfalls keinen Anwendungsbereich hätte. Denn bestimmte (schwere) Erscheinungsformen eines Krankheitsbildes können die Anwendung von Spezialpräparaten erfordern, wie beispielsweise eine Opiatgabe bei Schmerzpatienten. Schutzbedürftig sind die jeweils angesprochenen Verkehrskreise bereits dann, wenn ihnen fälschlich ein sicherer Erfolg im Regelfall des entsprechenden Krankheitsbildes versprochen wird.
OLG München, Urt. v. 2.3.2017, 29 U 4641/16 (MD 2017, 650)
Verbraucher als medizinische Laien haben nicht die notwendige Sachkenntnis, um Werbeaussagen über Heilmittel zutreffend beurteilen zu können und sind bei Erkrankungen häufig geneigt, Werbeaussagen blind zu vertrauen. Sie halten es angesichts der tatsächlichen und/oder behaupteten medizinischen Fortschritte trotz der unterschiedlichen Reaktion des menschlichen Körpers daher auch für möglich, dass es Arzneimittel geben könnte, die im Regelfall zu einem sicheren Erfolg führen, und werden einen solchen Eindruck gewinnen, wenn ein Arzneimittelhersteller in der Werbung ausdrücklich oder konkludent einen solchen Erfolg verspricht.
Ebenso OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17, II.1.b; OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17
OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17, II.1.b
Bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses einer beanstandeten Werbeaussage sind wegen der Maßgeblichkeit des werblichen Gesamtzusammenhangs sowohl der Inhalt anderer gesondert angegriffener Angaben als auch das weitere werbliche Umfeld, das nicht Gegenstand eines gesonderten Angriffs ist, zu berücksichtigen. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob einzelne Angaben in gesonderten Unterlassungsklagen - in denen die jeweils nicht angegriffenen Angaben bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses ohne weiteres zu berücksichtigen wären - beanstandet werden, oder ob von vornherein einheitlich gegen sämtliche als irreführend angesehenen Werbeaussagen vorgegangen wird.
Zu Angaben wie 'effektiv' oder 'zuverlässig', 'wirkungsvoll' siehe OLG München, Urt. v. 2.3.2017, 29 U 4641/16 (MD 2017, 650) und OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17.
„N. bekämpft Kopfschmerzen zuverlässig“ erweckt bei den Durchschnittsverbrauchern im Gesamtzusammenhang der Werbung fälschlich den Eindruck, dass ein Heilungserfolg mit Sicherheit erwartet werden kann „Zuverlässig” ist etwas, auf das man sich verlassen kann, das verlässlich, vertrauenswürdig bzw. mit großer Sicherheit zutreffend ist (OLG München, Urt. v. 4.5.2017, 29 U 335/17, II.1.b.cc).
KG, Beschl. v. 21.12.2018, 5 U 138/17 (MD 2019, 342)
Angesichts der Verwendung des Begriffs „Erfolg“ kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Verkehr der Werbung ein Heilungs- zumindest aber eine Linderung versprechen entnimmt. Der Begriff „Erfolg“ lässt die Vorstellung der siegreichen Bekämpfung eines Gegners entstehen, bei dem es sich nur um die aufgezählten Schmerzen etc. handeln kann.
Beispiele
OLG Hamburg, Urt. v. 27.9.2013, 3 U 172/12, II.1.a
Der angesprochene Verkehr versteht die vorliegende „Geld-zurück-Garantie“ als Erfolgsversprechen. ...
Der durchschnittlich informierte und situationsadäquat aufmerksame Verbraucher geht keineswegs stets davon aus, dass Heilmittel niemals sicheren Erfolg versprechen könnten. Vor diesem Hintergrund fasst der angesprochene Verkehr die hier beanstandete Werbung mit einer „Geld-zurück-Garantie“ dahin auf, dass es sich um ein besonders gutes und im Hinblick auf den zu erreichenden Erfolg sicheres Angebot handele, weil andernfalls kein wirtschaftlich denkender Kaufmann das Risiko einer Kostenerstattung gegenüber der Allgemeinheit einginge.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 27.2.2020, 6 U 219/19 – Perfekte Zähne
Es handelt sich bei der Angabe „perfekte Zähne“ nicht um ein rein subjektives Werturteil. Zwar mag die Perfektion von Zähnen nicht vollständig objektivierbar sein. Zu beachten ist aber der Kontext der Angabe. Es geht in der Werbung offensichtlich um die Korrektur von Zahnfehlstellungen. Der Umstand, ob Zähne gerade sind oder nicht, lässt sich durchaus vom Standpunkt eines objektiven Betrachters beurteilen und wird in der Werbung auch fotografisch dargestellt. Damit enthält die Werbeangabe, „Ilovemysmile ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten“, einen objektiven Tatsachenkern, der zugleich ein Erfolgsversprechen beinhaltet.
OLG Hamburg, Beschl. v. 30.7.2020, 3 W 53/20 - Slipeinlagen
Die beanstandete Werbeaussage „ZUFRIEDEN? SONST 2x GELD ZURÜCK!“ vermittelt im Kontext der konkreten Internetwerbung gemäß der Anlage AST 3 im Sinne von § 3 Nr. 2 lit. a HWG fälschlich den Eindruck, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden könne. ...
Durch die Auslobung der Rückzahlung des doppelten Kaufpreises wird dem angesprochenen Verkehr der fälschliche Eindruck vermittelt, dass der angestrebte Anwendungserfolg mit Sicherheit zu erwarten sei. Dies ist der Fall, weil der Verkehr ein solches Rückerstattungsversprechen mit einem besonders guten und im Hinblick auf den zu erreichenden Erfolg sicheren Angebot in Zusammenhang bringt, weil andernfalls kein vernünftig denkender Kaufmann das Risiko einer Kostenerstattung gegenüber der Allgemeinheit einginge (vgl. BGH, NJW 1972, 1519 - Vibrationsmassagekissen; Senat, GRUR-RR 2014, 95 Tz. 27 - „Geld-zurück-Garantie“ für Nagelpilz-Therapie). Davon wird der Verkehr vorliegend v. a. deshalb ausgehen, weil ihm hier nicht allein die Rückerstattung, sondern sogar die Zahlung des doppelten Kaufpreises in Aussicht gestellt wird.
Zitiervorschlag zur aktuellen Seite
Omsels, Online-Kommentar zum UWG: