Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Publizitätspflichten

§ 325 HGB: keine Marktverhaltensregelung

OLG Köln, Urt. v. 28.4. 2017, 6 U 152/16 (WRP 2017, 864)

Als Zweck des Gesetzes ist ... der Schutz der Gläubiger und der übrigen Teilnehmer am Wirtschaftsleben anzunehmen (s. o.; OLG Köln, Beschluss vom 08. März 1991 – 2 Wx 1/91, BB 1991, 1748). Der Wortlaut der Norm ist nicht eindeutig.

In systematischer Hinsicht steht § 325 HGB in Verbindung mit § 335 HGB. Nach letzterer Vorschrift kann das Bundesamt für Justiz bei Nichtbefolgung der Pflicht nach § 325 HGB ein Ordnungsgeld festsetzen. Dieses Verfahren nach § 335 HGB sieht ein besonderes Prozedere mit Fristen und Abwendungsmöglichkeiten vor. So ist den Beteiligten nach § 335 Abs. 3 HGB zunächst unter Androhung eines Ordnungsgeldes in bestimmter Höhe aufzugeben, innerhalb einer Frist von sechs Wochen vom Zugang der Androhung an, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen. Nach Abs. 4 ist, wenn die Beteiligten nicht spätestens sechs Wochen nach dem Zugang der Androhung der gesetzlichen Pflicht entsprochen oder die Unterlassung mittels Einspruchs gerechtfertigt haben, das Ordnungsgeld festzusetzen und zugleich die frühere Verfügung unter Androhung eines erneuten Ordnungsgeldes zu wiederholen.

In diesem speziellen Verfahren zeigt sich eine ausdifferenzierte Regelung, die Ergebnis eines nunmehr jahrzehntelangen Gesetzgebungsprozesses ist.

Dies wird auch durch den Gesetzesentwurf zur Änderung des HGB aus April 2013 (BT-Drs. 17/13221) belegt. Hier zeigt sich die vom Gesetzgeber gewollte differenzierte Betrachtung der Sanktionierung eines Verstoßes gegen die Offenlegungspflicht und insbesondere der Wille, Kleinstunternehmen zu privilegieren. So wurde das Mindestordnungsgeld von 2.500 € auf 500 € herabgesetzt und eine Wiedereinsetzungsmöglichkeit bei nicht schuldhafter Fristversäumung eingeführt.

Der Zweck der Herabsetzung und der Wiedereinsetzungsmöglichkeit würde durch die Einstufung von § 325 HGB als Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG und der damit einhergehenden Möglichkeit eines parallelen Vorgehens seitens Mitbewerbern und Verbänden nach dem UWG ohne triftigen Grund unterlaufen. So würde nach zivilrechtlichen Maßstäben ohne Möglichkeit einer Wiedereinsetzung die Verhängung empfindlicher Vertragsstrafen möglich.

Weiter ist auch zu beachten, dass es Verbrauchern oder Mitbewerbern jederzeit freisteht, sich beim Bundesamt für Justiz über das nicht publizierende Unternehmen zu beschweren und damit ggf. das spezielle Verfahren nach § 335 HGB in Gang zu setzen. Einer marktinternen Kontrolle durch Mitbewerber bedarf es insoweit nicht. Angesichts des Wortlauts des § 335 Abs. 1 HGB („(…) ist (…) ein Ordnungsgeldverfahren (…) durchzuführen“) kann im Falle der Weigerung des Bundesamtes für Justiz ein Anspruch auf hoheitliches Einschreiten bestehen und so ein Verfahren erzwungen werden.

Diese Systematik relativiert insoweit auch das Argument des Gläubiger- und Marktteilnehmerschutz als Zweck des § 325 HGB. Denn dieser Schutz soll nach der Entscheidung des Gesetzgebers hauptsächlich durch das besondere Verfahren des § 335 HGB erreicht werden. Die Vielzahl der Gesetzesänderungen nach der vom Landgericht angeführten EuGH-Entscheidung (Rs. C-97/96, NJW 1998, 129 – Daihatsu) zeigt auch, dass der Gesetzgeber mehrfach die Möglichkeit gehabt hätte, eine effektive Durchsetzung durch einen wettbewerbsimmanenten Rechtsschutz zu eröffnen. Stattdessen wurde das hoheitliche Sanktionsverfahren mehrfach modifiziert und optimiert. Da mit der nunmehrigen Regelung die Umsetzung der im EuGH-Urteil genannten EU-Richtlinien vollständig erfolgt ist, spricht auch die europarechtliche Grundlage des § 325 HGB – anders als das Landgericht ausführt – nicht zwingend für eine Einstufung als Marktverhaltensregel.