iii. Partnerprogramme zwischen Arzneimittelhersteller und Apotheker
iv. Ärzte oder andere Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen
vii. Zuweisung von Verschreibungen
viii. Zytostatika und andere Arzneimittel
2. Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)
3. Geltung für ausländische Apotheken
Apothekengesetz (ApoG)
§ 8 ApoG
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 201 f
Nach § 8 Satz 2 ApoG sind Beteiligungen an einer Apotheke in Form einer Stillen Gesellschaft und Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für den Erlaubnisinhaber gewährte Darlehen oder sonst überlassene Vermögenswerte am Umsatz oder Gewinn der Apotheke ausgerichtet sind, insbesondere auch am Umsatz oder Gewinn ausgerichtete Mietverträge unzulässig Diese Formulierung des Gesetzes („ausgerichtet“) weist auf die Zielsetzung hin, Geschäfte zur Umgehung des Verbots zu verhindern (vgl. BGH, NJW 2004, 1523, 1524; Urteil vom 22. Oktober 1997 = WM 1998, 609 = NJW-RR 1998, 803, 804).). Auf diese Weise sollen partiarische Rechtsverhältnisse ausgeschlossen werden, in denen sich der Gläubiger die beruflichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten des Apothekeninhabers zu Nutze macht und an den Erlösen der Apotheke nicht nur mit einem festen periodischen Betrag (wie beispielsweise der Vermieter der Geschäftsräume durch eine monatlich fixe Miete), sondern mit einem Bruchteil des Umsatzes oder Gewinns (wie ein stiller Teilhaber mit seinem Anteil gem. § 231 Abs. 1 HGB) an dem erwirtschafteten Unternehmenserfolg des Apothekers partizipiert. Die berufliche Verantwortung und Entscheidungsfreiheit des Apothekers sollen nicht durch unangemessene vertragliche Bedingungen, die ihn in wirtschaftliche Abhängigkeit von Dritten bringen, beeinträchtigt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2015 - 3 C 30.13, PharmR 2015, 446, 449). Zur Beurteilung, ob ein partiarisches Rechtsverhältnis vorliegt, ist das Gesamtgefüge der Vereinbarungen zu betrachten (vgl. BGH, Urteil vom 04. Mai 2023 - IX ZR 157/21, juris Rn. 34; Spickhoff/Sieper, Medizinrecht, 4. Aufl., § 8 ApoG Rn. 3).
Für die Annahme eines partiarischen Rechtsverhältnisses ist allerdings die Höhe der vereinbarten Gegenleistung nicht entscheidend, wenngleich sie auch – je nach den Umständen des Einzelfalls – ein Indiz sein kann. Vielmehr muss sich aus dem Gesamtgefüge der Vereinbarungen lediglich ergeben, dass die Parteien die Gegenleistung am Umsatz oder Gewinn ausgerichtet haben und der Dritte dadurch an den Erträgnissen der Apotheke pro rata teilhat. In der Regel geschieht dies dadurch, dass die Parteien einen bestimmten prozentualen Anteil am Umsatz oder Gewinn festlegen, so dass die Gegenleistung je nach der Entwicklung dieser Verhältnisse in ihrer Höhe variiert (BGH, NJW-RR 1998, 803, 804 f.; zur Gewerberaummiete). Für die Verwirklichung des Tatbestand des § 8 Satz 2 ApoG genügt es dabei, dass die Parteien in ihren Vorstellungen von einem Zusammenhang zwischen Gegenleistung und dem Umsatz oder Gewinn ausgegangen sind und diese Verknüpfung in den Vereinbarungen ihren Niederschlag gefunden hat (vgl. BGH, Urteil vom 04. Mai 2023 – IX ZR 157/21, juris Rn. 36; NJW 2004, 1523, 1524; WM 1998, 609, 612).
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 207 f
Nach § 8 Satz 2 3. Var. ApoG sind Vereinbarungen, bei denen die Vergütung für „sonst überlassene Vermögenswerte“ am Umsatz oder Gewinn der Apotheke ausgerichtet ist, generell unzulässig. Insoweit nennt das Gesetz nur beispielhaft („insbesondere“) Mietverträge. Auf diesen Vertragstyp ist der Verbotstatbestand daher nicht beschränkt. Erfasst ist grundsätzlich jeder Vertrag, der die Überlassung eines Vermögenswertes an die Apotheke zum Gegenstand hat. Ein „Überlassen“ setzt dabei, wie bereits der beispielhaft genannte Mietvertrag zeigt, keine (dingliche) Rechtsübertragung voraus. Vielmehr genügt insofern (auch) die tatsächliche Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit bzw. -befugnis eines Vermögenswertes.
Der Begriff des „Vermögenswerts“, der nicht auf die Überlassung eines körperlichen Vermögensgegenstandes abstellt, ist vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Gesetzesgebers, partiarische Vergütungsmodelle und entsprechende Umgehungsgeschäfte zu verhindern, weit auszulegen. Dazu zählt grundsätzlich jeder materielle oder immaterielle Vermögenswert, den der Apotheker wirtschaftlich zum Betrieb seiner Apotheke einsetzen (vgl. zu letzterem BGH, NJW-RR 1998, 803, 805) und hierdurch Umsatz bzw. Gewinn erwirtschaften kann, weshalb ihm bereits als solchem – auch ohne die Realisierung der dem überlassenen Vermögenswert ggf. innewohnenden Chance auf weitere Gewinne – ein das Vermögen des Apothekers mehrender wirtschaftlicher Wert beizumessen ist.
Hierunter fällt die Bereitstellung der Nutzungsmöglichkeit der digitalen Infrastruktur der Klägerin zur Einrichtung eines „virtuellen Verkaufsraums“, über die die teilnehmenden Apotheken sich potentiellen Kunden präsentieren und Verkäufe, insbesondere im Onlinehandel, tätigen können.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 223
§ 8 Satz 2 ApoG untersagt nach dem aufgezeigten Gesetzeszweck im Sinne eines abstrakten Gefährdungstatbestandes die mit einem Anteil bemessene Partizipation Dritter an dem wirtschaftlichen Erfolg der heilberuflichen Tätigkeit des Apothekers, um deren wirtschaftliche und pharmazeutische Unabhängigkeit zu schützen, ohne dass es im Einzelfall tatsächlich zu einer solchen Beeinträchtigung kommen muss. Vielmehr sind nach dem Gesetzeswortlaut, der damit in Einklang stehend keine bestimmte Höhe einer untersagten Umsatzbeteiligung vorsieht, die verbotenen Verhaltensweisen generell als abstrakt-gefährlich für die Unabhängigkeit der Apotheker zu qualifizieren (VG Berlin, MedR 2007, 56, 58; Mand. A&R 2022, 219, 224).
Zur Bereitstellung einer Infrastruktur, über die Apotheken im Internet gegen eine Umsatzbeteiligung bei OTC-Arzneimittel verkaufen können:
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 220 ff
Nach der ... Vertragsbedingung partizipiert die Klägerin mit 10 % an den für OTC-Produkte getätigten Umsätzen. …
Diese – von den Parteien als Gegenleistung vereinbarte – prozentuale Umsatzbeteiligung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie sich – naturgemäß – nur auf den Umsatz der jeweiligen Apotheke im Onlinehandel für OTC-Produkte bezieht.
Zum einen ist dieser Umsatz Teil des Gesamtumsatzes der Apotheke, so dass die vereinbarte Umsatzbeteiligung sich zumindest mittelbar auf dem Gesamtumsatz der Apotheke erstreckt (…). Zum anderen setzt § 8 Satz 2 ApoG gerade keine bestimmte Höhe der Umsatzbeteiligung voraus (BGH, NJW-RR 1998, 803, 805) und lässt auch eine anteilsmäßige Beteiligung an einem Teil des Umsatzes oder Gewinns ausreichen.
§ 10 ApoG
Der Erlaubnisinhaber darf sich nicht verpflichten, bestimmte Arzneimittel ausschließlich oder bevorzugt anzubieten oder abzugeben oder anderweitig die Auswahl der von ihm abzugebenden Arzneimittel auf das Angebot bestimmter Hersteller oder Händler oder von Gruppen von solchen zu beschränken.
Sinn und Zweck
KG Berlin, Urt. v. 11.9.2012, 5 U 57/11, Tz. 51 ff
Sinn und Zweck des § 10 ApoG stehen einer Anwendung dieser Vorschrift auf die vorliegende Fallgestaltung einer Wahlfreiheit des Apothekers nicht entgegen.
Diese Bestimmung enthält eine sachgerechte Regelung der Berufsausübung, die die Eigenverantwortlichkeit des Apothekers und seine Entscheidungsfreiheit gegenüber anderen am Arzneimittelverkehr beteiligten Kreisen sicherstellen soll (BVerfG, NJW 1964, 1067 - Apotheken-Mehrbetrieb). Sie soll verhüten, dass der Arzneimittelschatz der Apotheken durch Bindung an die Waren bestimmter Hersteller zum Schaden einer geordneten Arzneimittelversorgung beschränkt wird. Der Apotheker soll durch die rechtliche Bindung - zur Sicherung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung - nicht sachfremden Einwirkungen ausgesetzt sein. Es sollen sowohl die berufliche Verantwortlichkeit und Entscheidungsfreiheit des Apothekers gegenüber anderen am Arzneimittelverkehr beteiligten Kreisen abgesichert als auch die Verschreibungsfreiheit des Arztes und bei frei verkäuflichen Arzneimitteln auch die Freiheit der Arzneimittelauswahl der Bevölkerung gewahrt werden.
Es soll somit zum einen unterbunden werden, dass der Apotheker die Abgabe eines verschriebenen Arzneimittels an den Verbraucher allein deswegen ablehnen muss, weil er sich exklusiv an einen Konkurrenten gebunden hat. ...
Die geordnete Arzneimittelversorgung der Bevölkerung soll aber auch dadurch sichergestellt werden, dass die Apotheken einen angemessenen Vorrat an wichtigen Arzneimitteln vorhalten.
Marktverhaltensregelung
KG Berlin, Urt. v. 11.9.2012, 5 U 57/11, Tz. 68
§ 10 ApoG ist im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten der Apotheker zu regeln.
Partnerprogramme zwischen Arzneimittelhersteller und Apotheker
Partnerprogramme zwischen Arzneimittelhersteller und Apotheker, die den Apotheker durch fanazielle Vorteile dazu bewegen sollen, die Arzneimittel des 'Partners' bevorzugt abzugeben, verstoßen gegen § 10 ApoG (KG Berlin, Urt. v. 11.9.2012, 5 U 57/11, Tz. 46 ff).
§ 11 ApoG
Gesetzestext
(1) Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben. § 140a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch bleibt unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 darf der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke auf Grund einer Absprache anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen, die im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes hergestellt worden sind, unmittelbar an den anwendenden Arzt abgeben.
(3) Der Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer Krankenhausapotheke darf auf Anforderung des Inhabers einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke die im Rahmen seiner Apotheke hergestellten anwendungsfertigen Zytostatikazubereitungen an diese öffentliche Apotheke oder auf Anforderung des Inhabers einer Erlaubnis zum Betrieb einer anderen Krankenhausapotheke an diese Krankenhausapotheke abgeben. Dies gilt entsprechend für den Inhaber einer Erlaubnis zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke für die Abgabe der in Satz 1 genannten Arzneimittel an eine Krankenhausapotheke oder an eine andere öffentliche Apotheke. Eines Vertrages nach § 14 Abs. 3 oder 4 bedarf es nicht.
(4) Im Falle einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht,
a) findet Absatz 1 keine Anwendung auf Arzneimittel, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3c des Arzneimittelgesetzes bevorratet oder nach § 21 Absatz 2 Nummer 1c des Arzneimittelgesetzes hergestellt wurden,
b) gilt Absatz 3 Satz 1 und 2 entsprechend für Zubereitungen aus von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen bevorrateten Wirkstoffen.
Marktverhaltensregelung
OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.6.2013, 4 U 254/12, II.A.2
Bei § 11 ApoG handelt es sich um eine Marktverhaltensregel. Die Vorschrift schützt das Vertrauen der Verbraucher in die Unabhängigkeit der Tätigkeit des Apothekers und regelt deshalb dessen Marktverhalten, d.h. seiner Tätigkeiten, durch die er auf Verbraucher einwirkt. (vgl. GK-UWG/Metzger 2.A 2013 § 4 Nr. 11 Rn. 84).
Ebenso BGH, Urt. v. 12.3.2015, I ZR 84/14, Tz. 15 – TV Wartezimmer; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.3.2014, 6 U 2/13, Tz. 18; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2022, 4 U 262/22; OLG Köln, Urt. v. 22.2.2017, 6 U 101/16; II.3.b; OLG Köln, Urt. v. 11.1.2019, 6 U 131/18, Tz. 55
Sinn und Zweck
BGH, Urt. v. 26.4.2018, I ZR 121/17, Tz. 58 - Applikationsarzneimittel
Die Regelung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG soll sicherstellen, dass der Erlaubnisinhaber einer Apotheke sich bei seinem Kontakt zu anderen Gesundheitsberufen wie insbesondere zu Ärzten, die Einfluss auf sein Entscheidungsverhalten haben, nicht von sachfremden und vor allem nicht von finanziellen Erwägungen leiten lässt. Sie soll damit Verhaltensweisen der Apotheker entgegenwirken, die die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln beeinträchtigen können (BGH, Urt. v. 18.6.2015, I ZR 26/14, Tz. 20 - Zuweisung von Verschreibungen). Außerdem soll damit das Recht des Patienten auf freie Wahl der Apotheke gewahrt werden (Spickhoff/Sieper, Medizinrecht, 2. Aufl., § 11 ApoG Rn. 1).
Ebenso OLG Köln, Urt. v. 11.1.2019, 6 U 131/18, Tz. 55; OLG Köln, Urt. v. 22.2.2017, 6 U 101/16, II.3.b; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2022, 4 U 262/22
Richtlinienkonformität
OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.6.2013, 4 U 254/12, II.A.3
Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die gemäß ihrem Art. 4 die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken bezweckt, steht der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG nicht entgegen. Gemäß Artikel 3 Abs. 3 der Richtlinie sowie ihrem Erwägungsgrund 9 bleiben die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte unberührt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht daher mit der Richtlinie im Einklang, soweit Marktverhaltensregelungen - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern dienen (Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rn. 11.6h).
Ebenso OLG Köln, Urt. v. 22.2.2017, 6 U 101/16, II.3.b
Ärzte oder andere Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen
OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2022, 4 U 262/22
§ 11 Abs. 1 ApoG betrifft nur Rechtsgeschäfte zwischen dem apothekenrechtlichen Erlaubnisinhaber oder dem Personal von Apotheken einerseits und Ärzten oder anderen Personen oder Dritten andererseits (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 30. Juni 2020 – 6 U 156/19 –, juris Rn. 7; Sieper, a.a.O., § 11 Rn. 4). Ist auf keiner Seite der Absprache der Erlaubnisinhaber oder dessen Personal beteiligt, ist für einen täterschaftlichen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 ApoG kein Raum.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.6.2013, 4 U 254/12, II.A.1.a
Bei enger Auslegung von § 11 Abs. 1 ApoG gehören zu den Personen, die mit der Behandlung von Krankheiten befasst sind, zwar nur solche, die die Heilkunde ausüben. Der Begriff ist indes weit auszulegen. Das statuierte Verbot von Absprachen soll nach Sinn und Zweck der Vorschrift alle Personen erfassen, die sich im weiteren Sinne mit der Behandlung von Krankheiten befassen. Die durch das Verbot der Zuweisung von Verschreibungen zum Ausdruck kommende Trennung zwischen der behandelnden Seite und Apothekern soll u.a. gewährleisten, dass der Apotheker die ihm zugewiesene Kontrollfunktion bei der Lieferung und Aushändigung von Arzneimitteln sachgerecht und eigenverantwortlich entsprechend seiner herausgehobenen Stellung im Gesundheitssystem wahrnimmt. Die wirtschaftliche Entscheidungsfreiheit und Unabhängigkeit des Apothekers soll mit dem Verbot in § 11 ApoG gesichert werden (vgl. BT-Drucks. 3/1769; BT-Drucks., 3. Wahlperiode, S. 6382, 6396 f.). Durch Absprachen hinsichtlich der Zuweisung von Verschreibungen können auch die mit der Behandlung von Krankheiten im weiteren Sinne befassten Personen mit einem Apotheker Einfluss auf dessen Entscheidungsprozess und die Unabhängigkeit ausüben, weshalb diese generell verboten sind. Deshalb gehören beispielsweise auch Krankenschwestern oder Arzthelferinnen (vgl. Schiedermair/Pieck, Apothekengesetz, § 11 ApoG, Rn. 8) zum erfassten Kreis von Personen.
Zu einem Internetportal, auf dem Patienten einem Arzt ihr gesundheitliches Problem schildern und vom Arzt erforderlichenfalls ein Rezept erhalten, dass vom Portal an eine kooperierende Apotheke weitergeleitet wird:
OLG Köln, Urt. v. 22.2.2017, 6 U 101/16, II.3.b
Die Plattform www.xyz.com befasst sich mit der Behandlung von Krankheiten. Denn ein Patient kann nach dem unstreitig dargelegten Ablauf seine Erkrankung oder deren Symptome schildern, die ein Arzt prüft und sodann ein entsprechendes Medikament verschreibt, das über eine Versandapotheke, ggf. den Beklagten, geliefert wird. Damit liegt dem Geschäftsmodell des Portals die Befassung mit der Behandlung von Krankheiten zugrunde. Dass das Portal die jeweiligen Patienten an einen Arzt weitervermittelt, der letztlich die Entscheidung trifft, ob und welches Medikament verschrieben wird, spielt dabei keine Rolle.
OLG Köln, Urt. v. 11.1.2019, 6 U 131/18, Tz. 56 f
Es werden solche Personen als mit der Behandlung von Krankheiten befasst angesehen, die Verordnungen ausstellen oder Medikamente oder Heil- und Hilfsmittel aus Apotheken beziehen können. Dies sind neben Ärzten auch Psychotherapeuten, Heilpraktiker und Angehörige medizinischer Assistenzberufe, etwa auch Arzthelfer.
Nach diesen Grundsätzen befasst sich eine Krankenversicherung nicht mit der Behandlung von Krankheiten, sondern übernimmt allein die Behandlungskosten im Rahmen ihrer Versicherungsleistung. Die Krankenversicherung hat keinen Einfluss auf die Frage, welches Medikament der Arzt verordnet oder nutzt. Auch bezieht die Krankenversicherung keine Hilfsmittel. Damit kann die Krankenversicherung auch nicht (mit-) entscheiden, ob und welches Medikament verschrieben oder welche Therapie durchgeführt wird.
Absprachen
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.3.2014, 6 U 2/13, Tz. 15
Als „Absprache“ über eine Zuführung im Sinne von § 11 I ApoG ist nicht nur eine unmittelbare Einigung zwischen Arzt und Apotheker, sondern jede Handhabung anzusehen, bei der es - auch unter Einschaltung Dritter - mit Wissen und Wollen von Arzt und Apotheke zu einer Verlautbarung gegenüber dem Patienten kommt, die als Zuführung einzustufen ist. Diese Auslegung ist geboten, da ansonsten die Regelung des § 11 I ApoG ohne weiteres umgangen werden könnte. Der Tatbestand es § 11 I ApoG ist dabei nicht erst erfüllt, wenn es tatsächlich zu einer Zuführung kommt; vielmehr reicht das Bestehen einer Absprache hierüber.
OLG Köln, Urt. v. 11.1.2019, 6 U 131/18, Tz. 62
Die Absprache kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Auch eine eingespielte Übung kann als Absprache angesehen werden. Entscheidend ist, dass Arzt und Apotheker einvernehmlich handeln. Geschützt ist letztlich die Freiheit des Patienten, das Rezept in einer vom ihm ausgewählten Apotheke einlösen zu können.
Zuführung von Patienten
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.3.2014, 6 U 2/13, Tz. 15
Unter den Begriff der „Zuführung“ fällt zwar möglicherweise nicht jede denkbare Form von Werbung für eine Apotheke, die in einer Arztpraxis stattfindet. Als Zuführung eines Patienten an den Apotheker ist aber jedenfalls eine Verlautbarung in der Arztpraxis einzustufen, die aus der Sicht des Patienten nur als gezielte Empfehlung des Arztes für eine bestimmte Apotheke verstanden werden kann.
Offen gelassen in BGH, Urt. v. 12.3.2015, I ZR 84/14, Tz. 14 – TV Wartezimmer
Zu einem Vermittlungsmodell im Internet:
OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.12.2022, 4 U 262/22
Der die Homepage anwählende Kunde wird direkt zu einem bestimmten ärztlichen Dienst, dem telemedizinischen Anbieter Z, weitergeleitet, ohne rechtzeitig in gleichwertiger Weise auf die Möglichkeit der Konsultation eines niedergelassenen Arztes hingewiesen zu werden (so auch LG Köln, Urteil vom 19. Oktober 2021 – 31 O 20/21 –, juris). Aus den Werbemedien und aus der Anlage AST 3a ergibt sich deutlich die Bewerbung der Videosprechstunde als der bequemeren Alternative gegenüber der Konsultation eines niedergelassenen Arztes.
Zuweisung von Verschreibungen
OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.6.2013, 4 U 254/12, II.A.1.b.bb
Zuweisungen i.S.v. § 11 ApoG sind solche, bei denen mit der Behandlung von Krankheiten Befasste die ärztliche Verschreibung unter Ausschluss anderer Apotheken unmittelbar einer einzelnen Apotheke oder mehreren Apotheken anteilmäßig oder im Wechsel zukommen lassen.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.6.2013, 4 U 254/12, II.A.1.b.bb
Zuweisungen i.S.v. § 11 ApoG sind solche, bei denen mit der Behandlung von Krankheiten Befasste die ärztliche Verschreibung unter Ausschluss anderer Apotheken unmittelbar einer einzelnen Apotheke oder mehreren Apotheken anteilmäßig oder im Wechsel zukommen lassen.
BGH, Urt. v. 13.3.2014, I ZR 120/13, Tz. 12 ff – Kooperationsapotheke
Das in § 11 Abs. 4 SGB V geregelte Versorgungsmanagement und das in § 39 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB V geregelte Entlassmanagement erfordern eine einschränkende Auslegung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG über das Verbot der Zuweisung von Verschreibungen.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG dürfen Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand haben. Die Trennung zwischen dem Beruf des Arztes und dem Beruf des Apothekers, auf die die Vorschrift abzielt, soll gewährleisten, dass der Arzt sich bei der Auswahl der Arzneimittel ausschließlich von fachlich-medizinischen Gesichtspunkten und seinem ärztlichen Gewissen leiten lässt und der Apotheker die ihm zugewiesene Kontrollfunktion bei der Belieferung von Verschreibungen gemäß § 17 ApBetrO sachlich und eigenverantwortlich wahrnimmt. Zudem soll die Bestimmung des § 11 ApoG die Wahlfreiheit des Patienten gewährleisten.
Gesetzlich krankenversicherte Personen haben nach § 11 Abs. 4 Satz 1 SGB V einen Anspruch auf ein Versorgungsmanagement, mit dem insbesondere Probleme beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche gelöst werden sollen. Die betroffenen Leistungserbringer müssen dabei … mit Unterstützung der Krankenkassen und unter Einbeziehung der Pflegeeinrichtungen für eine sachgerechte Anschlussversorgung des Versicherten sorgen und sich gegenseitig die erforderlichen Informationen übermitteln (§ 11 Abs. 4 Satz 2 bis 5 SGB V).
Die Krankenhausbehandlung gesetzlich krankenversicherter Personen umfasst ein Entlassmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die Versorgung nach der Krankenhausbehandlung, sofern der Versicherte nach vorheriger Information eingewilligt hat (§ 39 Abs. 1 Satz 4 bis 6, § 11 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Es handelt sich dabei um eine Spezialregelung zum Versorgungsmanagement gemäß § 11 Abs. 4 SGB V (vgl. § 11 Abs. 4 Satz 1 bis 3 SGB V; BT-Drucks. 17/6906, S. 55). Dementsprechend sind bei der Auslegung der Regelung des Entlassmanagements die Vorgaben für das Versorgungsmanagement in § 11 Abs. 4 SGB V mit zu berücksichtigen. … Es ist im Zusammenhang mit einer Entlassung aus dem Krankenhaus ein Versorgungsmanagement einzurichten, das zur Lösung von Schnittstellenproblemen beim Übergang von Versicherten in die verschiedenen Versorgungsbereiche beitragen soll (BT-Drucks. 16/3100, S. 96 f.). Entsprechend dient das in § 39 Abs. 1 Satz 4 bis 6 SGB V geregelte Entlassmanagement dem Ziel, die Kontinuität der Versorgung zu gewährleisten, die Kommunikation zwischen den beteiligten ambulanten oder stationären Versorgungsbereichen zu verbessern, die Entlastung von Patienten und ihrer Angehörigen zu ermöglichen sowie eine erneute Krankenhausbehandlung zu vermeiden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des GKV-VStG, BT-Drucks. 17/6906, S. 55).
BGH, Urt. v. 13.3.2014, I ZR 120/13, Tz. 19 – Kooperationsapotheke
Der Widerspruch, der auf den ersten Blick zwischen der Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG sowie dem Umstand besteht, dass das Gesetz für das Entlassmanagement - anders als in § 11 Abs. 1 Satz 2 ApoG für die in den §§ 140a ff. SGB V geregelte integrierte Versorgung - keine ausdrückliche Ausnahme von den in § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG bestimmten Verboten vorsieht, ist dahin aufzulösen, dass der neueren und spezielleren Regelung des Entlassmanagements gegenüber § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG der Vorrang zukommt. Dafür spricht auch, dass ein reibungslos funktionierendes Entlassmanagement geeignet ist, Gesundheitsgefahren abzuwehren, die sich für die Patienten im Zusammenhang mit ihrer Entlassung aus der Krankenhausbehandlung - unter anderem dadurch, dass die nachfolgend benötigten Medikamente möglicherweise nicht sofort zur Verfügung stehen - ergeben. Diesem Ziel kommt ein wesentlich größeres Gewicht in der hier in Rede stehenden Fallkonstellation als der Durchsetzung des in § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG geregelten Verbots zu, weil der Zweck dieser Bestimmung vorliegend nicht nennenswert beeinträchtigt wird.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.6.2013, 4 U 254/12 wurde insoweit aufgehoben.
BGH, Urt. v. 26.4.2018, I ZR 121/17, Tz. 62 - Applikationsarzneimittel
Das Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG gilt nicht für ausländische Apotheken.
Zytostatika und andere Arzneimittel
BGH, Urt. v. 26.4.2018, I ZR 121/17, Tz. 60 - Applikationsarzneimittel
Der Gesetzgeber hat in § 11 Abs. 2 ApoG für anwendungsfertige Zytostatikazubereitungen eine unmittelbare Abgabe durch die Apotheke an den anwendenden Arzt gestattet, bei der der behandelnde Arzt und nicht der Patient den Apotheker auswählt. Diese Ausnahme vom Verbot der Absprachen zwischen Ärzten und Apothekern hat der Gesetzgeber aus Sicherheitsgründen angeordnet, damit die Zytostatikazubereitungen nicht in die Hände der Patienten gelangen (vgl. Entwurf des Bundesrats eines Gesetzes zur Änderung des Apothekengesetzes, BT-Drucks. 14/756 S. 5). Bei derartigen Arzneimitteln kann es dem behandelnden Arzt nicht zugemutet werden, die Verantwortung für eine Behandlung mit diesen empfindlichen Zubereitungen zu übernehmen, wenn er nicht die vollständige Kontrolle über den Beschaffungsweg, die zwischenzeitlichen Lagerungsbedingungen, einschließlich der Zugriffsmöglichkeiten und des Zeitablaufs hat (vgl. hierzu BSGE 120, 122 Rn. 33).
Bei Applikationsarzneimitteln besteht dagegen grundsätzlich keine entsprechende oder auch nur annähernd vergleichbare Notwendigkeit oder Vorteilhaftigkeit einer solchen Verkürzung des Versorgungswegs unter Ausschluss des Patienten (BGH, GRUR 2016, 213 Rn. 23 - Zuweisung von Verschreibungen). Der Inhaber einer Erlaubnis nach § 1 ApoG, der Applikationsarzneimittel wie Medikamente für die Ersteinstellung und Ersteinweisung von Hepatitis-CPatienten direkt an den Arzt gegen Aushändigung des Rezepts abgibt, verstößt deshalb gegen das Verbot der Zuweisung von Verschreibungen in § 11 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 ApoG (BGH, GRUR 2016, 213 Rn. 21 - Zuweisung von Verschreibungen). Für verschreibungspflichtige Applikationsarzneimittel und Intrauterinpessare gilt nichts anderes.
§ 11a ApoG
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 135
Während Adressat der in § 11 Abs. 1 ApoG normierten Verbote nur der Inhaber der Erlaubnis zum Betrieb der Apotheke bzw. dessen Personal ist und die dort genannten weiteren beteiligten Personen nicht Täter eines entsprechenden Verstoßes sein können (vgl. dazu und zu abweichenden Ansichten in der Literatur Mand, A&R 2023, 3, 4), hat der Gesetzgeber mit § 11 Abs. 1a ApoG einen eigenständigen Verbotstatbestand im Apothekengesetz geschaffen, dessen Adressat nicht der Erlaubnisinhaber, sondern der Dritte im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 ApoG ist (vgl. hierzu Wesser, GuP 2022, 81, 87 f.).
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 157
Die Annahme, jede Gegenleistung der Apotheke (oder eines Dritten), die sich mittelbar auch auf eine der – weit verstandenen – in § 11 Abs. 1a ApoG genannten Handlungen bezieht, sei schon wegen dieses mittelbaren Bezugs nach § 11 Abs. 1a ApoG untersagt, läuft auf das vollständige und generelle Verbot von kommerziellen Angeboten Dritter hinaus, über die Apotheken auch (E-)Rezeptbestellungen abwickeln können (so auch Jahn, GRUR-Prax 2023, 112). Ein generelles Verbot, insbesondere digitaler Verkaufsplattformen, bei denen sich Kunden unbeeinflusst mit dem ihnen ausgestellten E-Rezept an eine Apotheke ihrer Wahl wenden und bei dieser Bestellungen der verordneten, verschreibungspflichtigen Medikamente aufgeben können, lässt sich der Gesetzesbegründung, wonach Mehrwertdienste Dritter auch unter Nutzung der von der Gematik bereitgestellten Schnittstelle trotz der Einführung des § 11 Abs. 1a ApoG gerade zulässig sein bzw. bleiben sollen, nicht entnehmen.
Zu einem Verkaufsportal für Apotheken im Internet:
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 126
Das sog. „Verbot des Rezeptmakelns“ nach § 11 Abs. 1a ApoG steht dem Bereitstellen einer digitalen Infrastruktur, über die teilnehmende Apotheken gegen eine monatliche Grundgebühr (auch) rezeptpflichtige Arzneimittel an Kunden verkaufen können, wenn das (E-)Rezept vom Kunden unter der Nutzung der durch den Dritten bereitgestellten digitalen Infrastruktur an die von ihm gewählte jeweilige Apotheke gesendet werden kann, nicht generell entgegen.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 144
Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 11 Abs. 1a ApoG („dafür“) und der zu seiner Auslegung heranzuziehenden Gesetzbegründung stellen die Forderung, die Annahme des entsprechenden Versprechens und die Annahme der Zahlung einer monatlichen Grundgebühr in der hier gegenständlichen Höhe für das Bereitstellen einer digitalen Marktplatzinfrastruktur, über die (auch) (E-)Rezepte bzw. E-Token durch den Kunden unter Inanspruchnahme dieser digitalen Infrastruktur an die Apotheke des Vertragspartners übertragen werden können, falls der Patient diese auswählt, jedenfalls keinen Vorteil dar, der gerade „für“ die in § 11 Abs. 1a ApoG genannten Handlungen gefordert, vereinbart oder gewährt wird.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 157
Ein generelles Verbot, insbesondere digitaler Verkaufsplattformen, bei denen sich Kunden unbeeinflusst mit dem ihnen ausgestellten E-Rezept an eine Apotheke ihrer Wahl wenden und bei dieser Bestellungen der verordneten, verschreibungspflichtigen Medikamente aufgeben können, lässt sich der Gesetzesbegründung, wonach Mehrwertdienste Dritter auch unter Nutzung der von der Gematik bereitgestellten Schnittstelle trotz der Einführung des § 11 Abs. 1a ApoG gerade zulässig sein bzw. bleiben sollen, nicht entnehmen.
§ 21 ApoG
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.10.2014, I-20 U 159/13, Tz. 24
§ 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG grenzt das Warengeschäft (Abgabe von Arzneimitteln und apothekenüblicher Waren) vom Nebengeschäft ab, was ausschließt, unter den Begriff des Nebengeschäfts die Abgabe „apothekenunüblicher“ Waren zu subsumieren.
Apothekenbetriebsordnung
§ 1a Nr. 10 ApBetrO
BVerwG, Urt. v. 19.9.2013, 3 C 15.12, Tz. 12
§ 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO verlangt, dass der Gegenstand tatsächlich geeignet ist, die menschliche Gesundheit positiv zu beeinflussen. Das ist der Fall, wenn er objektiv zur Erhaltung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes beiträgt. Eine bloß subjektive Zuschreibung einer solchen Wirkung genügt nicht.
BVerwG, Urt. v. 19.9.2013, 3 C 15.12, Tz. 14f
Eine gesundheitsbezogene Zweckbestimmung durch den Hersteller, Apotheker oder Verbraucher allein genügt nicht, um einen Gegenstand nach § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO als gesundheitsdienlich oder -fördernd einzustufen. Die ihm zugeschriebene positive Wirkung auf die Gesundheit muss auch nach objektiven Maßstäben gegeben sein.
Ob ein Gegenstand einen solchen objektiven Gesundheitsbezug aufweist, ist nach der Verkehrsauffassung aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers zu beurteilen.
BVerwG, Urt. v. 19.9.2013, 3 C 15.12, Tz. 20
Das Verkaufsverbot für andere Waren als Arzneimittel, apothekenpflichtige Medizinprodukte und die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Erzeugnisse steht mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Die Beschränkung des Warensortiments entspricht vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Mit Rücksicht auf die Kernaufgabe der Apotheke, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 Abs. 1 ApoG, § 2 Abs. 4 ApBetrO), ist es ein legitimes Ziel, eine Entwicklung der Apotheken zum „drugstore“ zu verhindern und das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu bewahren. Damit wird nicht nur der Gefahr begegnet, dass sich die Geschäftstätigkeit zu Lasten des Arzneimittelversorgungsauftrages auf apothekenfremde Waren richtet. Es wird auch das Vertrauen der Kunden geschützt, in der Apotheke nur Erzeugnisse angeboten zu bekommen, denen ein nachvollziehbarer gesundheitlicher Nutzen zugeschrieben wird. Dem kaufmännischen Interesse des Apothekers an einer gewissen Ausweitung des Warensortiments über das Kerngeschäft hinaus trägt der Katalog des § 1a Abs. 10 ApBetrO angemessen Rechnung.
BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 15 – Original Bach-Blüten
Eine wissenschaftlich belegbare Gesundheitswirkung ist nicht erforderlich. Sie kann schon beim inzwischen geltenden § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO, der ein unmittelbares Dienen oder Fördern voraussetzt, nicht verlangt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.9.2013, 3 C 15/12, Tz. 16) und konnte daher erst recht nicht bei § 25 Nr. 2 ApBetrO aF gefordert werden, bei dem ein nur mittelbarer Gesundheitsbezug ausreichte.
§ 2 Abs. 4 ApBetrO
§ 2 Abs. 4 ApBetrO
Der Apothekenleiter darf neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Absatz 10 genannten Waren nur in einem Umfang anbieten oder feilhalten, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt. Satz 1 ist auf die apothekenüblichen Dienstleistungen nach § 1a Absatz 11 entsprechend anzuwenden.
Zu § 1 Abs. 10 Nr. 2 siehe oben.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.10.2014, I-20 U 159/13
§ 2 Abs. 4, § 1a Abs. 10 ApBetrO stellen eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar (BGH GRUR 2014, 1013 Rn. 13 – Original Bach-Blüten).
BVerwG, Urt. v. 19.9.2013, 3 C 15.12, Tz. 18
§ 2 Abs. 4 ApBetrO erklärt neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten lediglich die in § 1a Abs. 10 ApBetrO abschließend genannten apothekenüblichen Waren zum zulässigen Sortiment einer Apotheke. Sonstige - „apothekenunübliche“ - Erzeugnisse dürfen demnach in Apotheken nicht angeboten oder feilgehalten werden.
BVerwG, Urt. v. 19.9.2013, 3 C 15.12, Tz. 10
Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 ApBetrO dürfen neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Absatz 10 genannten Waren nur in einem Umfang angeboten oder feilgehalten werden, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt. Apothekenübliche Waren sind nach § 1a Abs. 10 ApBetrO Medizinprodukte, die nicht der Apothekenpflicht unterliegen (Nr. 1), Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern (Nr. 2), Mittel zur Körperpflege (Nr. 3), des Weiteren Prüfmittel, Chemikalien, Reagenzien, Laborbedarf, Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel sowie Mittel zur Aufzucht von Tieren (Nr. 4 bis Nr. 9).
LG Düsseldorf, Urt. v. 3.7.2013, 12 O 227/12
Für die Annahme einer apothekenüblichen Ware genügt nicht die bloße Möglichkeit, dass die betreffenden Gegenstände der Gesundheit von Menschen in irgendeiner Weise dienen oder diese fördern, vielmehr ist erforderlich, dass die betreffenden Waren einen greifbaren, ohne weiteres einsichtigen Gesundheitsbezug aufweisen. Die Erzeugnisse müssen nach ihrem üblichen Gebrauch geeignet und dazu bestimmt sein, die physische und psychische Gesundheit zu fördern, auch wenn das nicht ihr ausschließlicher Zweck zu sein braucht. Demgegenüber genügt die bloße Möglichkeit, dass die entsprechenden Mittel, Gegenstände oder Informationsträger das subjektive Wohlbefinden von Menschen in irgendeiner Weise fördern können, für sich allein nicht (vgl. OLG Saarbrücken, GRUR-RR 2004, 366, 367).
Zu § 2 Abs. 4 ApBetrO in der Fassung bis zum 11.06.2012 siehe auch BGH, Urt. v. 24.7.2014, I ZR 221/12, Tz. 15 – Original Bach-Blüten und OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.10.2014, I-20 U 159/13, Tz. 18.
§ 15 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO
KG Berlin, Urt. v. 11.9.2012, 5 U 57/11, Tz. 56 f
Gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO hat der Apotheker die Arzneimittel, die zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung notwendig sind, in einer Menge vorrätig zu halten, die mindestens dem durchschnittlichen Bedarf für eine Woche entspricht.
Maßgeblich ist demnach der jeweilige Bedarf der Bevölkerung. Der Apotheker hat - nach seinem Erfahrungswissen - etwa bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln insbesondere diejenigen Arzneimittel vorrätig zu halten, die regelmäßig innerhalb einer Woche verschrieben und vom Verbraucher nachgefragt werden. Dabei ist es für den Umfang der Vorratshaltung hinsichtlich der ohne die o.g. Wahlfreiheit des Apothekers verschriebenen Arzneimittel unerheblich, ob die verschiedenen Arzneimittel ein und denselben Wirkstoff enthalten oder nicht. Soweit ohne die o.g. Wahlfreiheit verschiedene Arzneimittel mit einem identischen Wirkstoff verschrieben werden, ist ein entsprechender Vorrat von jedem dieser Arzneimittel anzulegen. Der Umfang der von der o.g. Wahlfreiheit umfassten Arzneimittel (Art und Anzahl) ist für das Ausmaß dieses Vorrats an ohne Wahlfreiheit verschriebenen Arzneimitteln ohne Bedeutung. Innerhalb der von der o.g. Wahlfreiheit umfassten Arzneimittel lässt es der Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 ApBetrO allerdings zu, dass der Apotheker nur eines dieser Arzneimittel in ausreichender Zahl (zusätzlich zu dem Vorrat an ohne Wahlfreiheit verschriebenen Arzneimitteln) vorrätig hält.
§ 17 ApBetrO
Versandhandel
Siehe zum Versandhandel auch hier.
OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.7.2018, 13 A 2289/16, Tz. 112 ff
Die Versandhandelserlaubnis (§ 11a ApoG) ist eine zur allgemeinen Apothekenbetriebserlaubnis hinzutretende zusätzliche Erlaubnis, die die Nutzung des Vertriebsweges „Versandhandel“ für die Medikamentenabgabe ermöglicht. Der Vertriebsweg des Versandhandels ist gesetzlich nicht definiert. Grundsätzlich ist der Versandhandel eine Art des Einzelhandels, bei dem die Produkte per Katalog, Prospekt, Internet, Fernsehen oder Vertreter angeboten werden. Die Bestellung der gewünschten Produkte kann mündlich (z. B. per Telefon oder Vertreter), schriftlich (z. B. per Brief oder Fax) oder online getätigt werden. Die bestellte Ware wird vom Verkäufer verschickt und dem Kunden durch Transport- oder Logistikunternehmen geliefert.
Da die Abgabe der Ware nicht in einem Ladenlokal erfolgt, bedarf es einer räumlichen Nähe zwischen Verkäufer und Käufer nicht. Eine solche setzt auch der Versandhandel mit Arzneimitteln nicht voraus. Dem und dem Umstand, dass die Arzneimittel nicht unter Aufsicht des Apothekers in der Präsenzapotheke abgegeben werden, trägt § 11a ApoG Rechnung, indem er Vorgaben aufstellt, die eine sichere und zuverlässige Versendung der Arzneimittel sicherstellen.
BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 19 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center
Beim Versandhandel mit Arzneimitteln hat der Apothekenleiter gemäß § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 7 ApBetrO sicherzustellen, dass die behandelte Person darauf hingewiesen wird, dass ihr die Beratung durch pharmazeutisches Personal auch mittels Einrichtungen der Telekommunikation zur Verfügung steht, wobei ihr die Möglichkeiten und Zeiten der Beratung mitzuteilen sind. Die seit dem 12. Juni 2012 geltende geänderte Fassung dieser Vorschrift, nach der die behandelte Person unter Mitteilung der Möglichkeiten und Zeiten der Beratung darauf hinzuweisen ist, dass sie als Voraussetzung für die Arzneimittelbelieferung mit ihrer Bestellung eine Telefonnummer anzugeben hat, unter der sie durch pharmazeutisches Personal der Apotheke mit Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel gemäß § 11a ApoG auch mittels Einrichtungen der Telekommunikation ohne zusätzliche Gebühren beraten wird, hat diese Verpflichtung des Apothekenleiters lediglich insoweit ergänzt, als dieser nun-mehr auch dafür sorgen muss, dass der Kunde über die Gebührenfreiheit der telefonischen Beratung in der beschriebenen Weise informiert wird. Nach § 17 Abs. 2a Satz 2 ApBetrO darf die Versendung nicht erfolgen, wenn zur sicheren Anwendung des Arzneimittels ein Informations- oder Beratungsbedarf besteht, der nur durch eine persönliche Information oder Beratung durch einen Apotheker befriedigt werden kann. Diese Regelungen lassen erkennen, dass die In-formations- und Beratungspflichten des Apothekers und die damit korrespondierenden Informations- und Beratungsrechte des Kunden beim Versandhandel mit Arzneimitteln keinen geringeren Stellenwert haben als beim stationären Handel mit Arzneimitteln. Der Apotheker, der Versandhandel mit Arzneimitteln betreibt, hat danach im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren auch dafür zu sorgen, dass der Kunde sich bei dieser Form der Versorgung mit Arzneimitteln in vergleichbarer Weise wie beim stationären Handel informieren und beraten lassen kann.
BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 20 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center
Der den Versandhandel mit Arzneimitteln betreibende Apotheker muss im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren dafür sorgen, dass dem Kunden zur Erlangung der ihm zu erteilenden Informationen und Beratung keine Kosten entstehen, die typischerweise höher sind als die Kosten, die ihm aus Anlass einer Information und Beratung in einer Präsenzapotheke entstehen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass den Kunden im zuletzt genannten Fall angesichts der Apothekendichte in Deutschland in den allermeisten Fällen durch das Aufsuchen einer Präsenzapotheke an ihrem Wohnort oder an ihrer Arbeitsstelle oder auf dem Weg zur Arbeit oder auch beim Einkaufen oder auf dem Weg zum Einkaufen keine gesonderten Kosten entstehen werden.
BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 52 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center
Mit der seit 2004 geltenden Regelung des Versandhandels mit Arzneimitteln verzichtet das Gesetz zwar auf die räumliche Bindung der Abgabe apothekenpflichtiger Arzneimittel an die Apotheke, hält aber gleichwohl am Erfordernis fest, dass die Abgabe solcher Arzneimittel institutionell allein durch eine Apotheke erfolgen darf. Dieses Erfordernis hindert den Apotheker, der über eine Versandhandelserlaubnis verfügt, allerdings nicht daran, in seinen Vertrieb etwa Logistikunternehmen einzuschalten oder auch mit Drogerien zusammenzuarbeiten, deren Niederlassungen als Abholstationen fungieren, solange diese Unternehmen sich nicht so verhalten, wie wenn sie selbst Arzneimittelhandel betrieben.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.2.2018, 4 U 87/17, II.B.2
Dem Betreiber einer Versandapotheke soll mit diesen Regelungen die Schaffung einer der Beratungsmöglichkeit im stationären Arzneimittelhandel vergleichbaren Informations- und Beratungsmöglichkeit aufgegeben werden.
Aufgrund der überragenden Bedeutung des Schutzgutes der Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit und damit der Volksgesundheit ist jede Vorgabe, insbesondere jede weitere Kostenbelastung unzulässig, welche die Entscheidungsfreiheit des Kunden, sich beraten zu lassen, unmittelbar oder mittelbar zu beschränken geeignet ist …
Aufgrund des geschuldeten ... Angebots einer Beratungsmöglichkeit ohne zusätzliche, d. h. neben den Arznei- und Versandkosten anfallende Gebühren, welches allein geeignet ist, die Gleichstellung mit der Beratung in einer Präsenzapotheke zu gewährleisten, sind auch geringfügige Gebühren ohne Zeitlimit als in diesem Sinne unzulässig anzusehen. Auch der Höhe nach üblichen Festnetzgebühren oder üblichen Mobilfunkgebühren entsprechende Kosten bedeuten gegenüber den weit verbreiteten Flatrates Mehrkosten und sind geeignet, Bestellkunden aus diesem Grund oder im Fall geringer oder erschöpfter Prepaid-Handy-Guthaben von der Inanspruchnahme der Hotline abzuhalten.
KG, Urt. v. 9.11.2018, 5 U 185/17, Tz. 20 – Telefonnummernpflicht
Dass ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 3a UWG i.V. mit § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 7 ApBetrO wegen nicht ordnungsgemäß eingeholter Kundentelefonnummer besteht, entspricht einhelliger Rechtsprechung (OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.02.2018 – 4 U 87/17 – Tz. 43-53; ...). Gleiches gilt für die Annahme des Unterlassungsanspruchs wegen der Klausel zum generell ausgeschlossenen Widerrufsrecht gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 3a UWG i.V. mit §§ 355, 312g, 307 BGB.
Missbrauchkontrolle
OLG Naumburg, Urt. v. 22.6.2017, 9 U 19/17, B.I.3.a
§ 17 ApBetrO Abs. 8 stellt eine Marktverhaltensregeln im Sinne des § 3a UWG. ...
Die Vorschrift soll eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherstellen und dient damit auch dem Schutz der Verbraucher, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG ebenfalls Marktteilnehmer sind.
OLG Naumburg, Urt. v. 22.6.2017, 9 U 19/17, B.I.3.a.bb
In der Bestellung einer ungewöhnlich großen Menge eines Medikaments mit Missbrauchspotenzials liegt ein Anhaltspunkt für eine übermäßige Verwendung des Mittels, die körperliche Schäden nach sich ziehen kann. Unter diesem Gesichtspunkt ist es ohne Bedeutung, ob eine höhere Bestellmenge und eine Häufung der Bestellungen kumulativ vorliegen. Denn auch bei 13 Bestellungen von jeweils einer Schachtel an aufeinanderfolgenden Tagen durch eine Einzelperson bestünden Anhaltspunkte für eine übermäßige Verwendung des Mittels. Entscheidend ist, ob das Verhältnis aus Bestellmenge und Bestellzeitraum grundsätzlich auf eine übermäßige Verwendung des Mittels schließen lassen.
§ 20 ApBetrO
OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.7.2013, 20 U 116/12, Tz. 18
§ 20 ApoBetrO regelt … die Beratung der Kunden beim Erwerb von Arzneimitteln in der Apotheke und stellt damit eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dar (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rn. 11.77).
BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 18 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center
Nach der Regelung des § 20 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ApBetrO … hat der Apotheker Kunden im Interesse der Arzneimittelsicherheit zu informieren und zu beraten. Diese anlässlich der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung im Jahr 1987 erstmals ausdrücklich normierte Pflicht konkretisiert lediglich eine vertragliche Pflicht des Apothekers, die bereits zuvor bestanden hatte und ihre Grundlage im anerkannten Berufsbild des Apothekers hat, dem nach § 1 Abs. 1 ApoG die im öffentlichen Interesse gebotene Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung obliegt. Nach § 3 Abs. 4 ApBetrO handelt es sich dabei um eine pharmazeutische Tätigkeit, die der Apotheker sowohl bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel als auch bei der Abgabe nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel zu erfüllen hat, wobei er dem Kunden im zweiten Fall weitergehend auch die zur sachgerechten Anwendung des Mittels erforderlichen Informationen zu geben hat (§ 20 Abs. 1 Satz 3 ApBetrO)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.7.2013, 20 U 116/12, Tz. 20
Nach § 20 Abs. 1a ApoBetrO besteht eine Pflicht des Apothekers, den Kunden zu informieren und zu beraten. Dabei war und ist der Vorschrift eine Verpflichtung zum aktiven Tun, nämlich der Ermittlung und Befriedigung des Informationsbedarfs zu entnehmen. Der Apotheker oder entsprechend qualifiziertes Personal musste also schon früher durch gezielte Nachfrage den Informationsbedarf des Patienten von sich aus ermitteln. Dass er erst auf Nachfrage entsprechend berät, reicht nicht aus. Aus dem Umstand, dass im Versandhandel die Möglichkeit der telefonischen Beratung als ausreichend angesehen wird, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Der Kunde, der sich an eine Versandapotheke wendet, nimmt dabei nämlich bewusst in Kauf, dass eine Information und Beratung nur telefonisch stattfinden kann. Der Kunde, der sich jedoch an den örtlichen Apotheker wendet, verzichtet nicht in gleicher Weise auf eine Beratung. Vielmehr wird er berechtigterweise erwarten, durch den Apotheker oder das pharmazeutische Fachpersonal ausreichend unterrichtet zu werden.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.7.2013, 20 U 116/12, Tz. 22
Das bedeutet im Übrigen nicht, dass der Kunde in jedem Fall verpflichtet ist, eine „Zwangsberatung“ über sich ergehen zu lassen. Wenn der Kunde unmissverständlich auf eine Beratung verzichtet, muss sie ihm nicht aufgezwungen werden. Allein aus dem Umstand einer telefonischen Bestellung kann ein solcher Verzicht auf die Beratung jedoch nicht hergeleitet werden. Die Entscheidung des Kunden für den örtlichen Apotheker statt für eine Versandapotheke zeigt vielmehr, dass der Kunde sich nicht mit den eingeschränkten Diensten der Versandapotheke zufrieden gibt. Die Zustellung durch Boten der Apotheke ist eben keine Form des Versandhandels, sondern der stationären Abgabe von Arzneimitteln.
Zustellung per Boten
OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.7.2013, 20 U 116/12, Tz. 21
Bei der im Einzelfall zulässigen Zustellung durch Boten durch den stationären Apotheker geht auch § 17 Abs. 2 ApoBetrO a.F. ganz offensichtlich davon aus, dass die Beratung entweder schon bei der Bestellung in der Apotheke stattgefunden hat oder aber der Bote nicht nur die Ware überbringt, sondern auch eine Beratung und Information des Kunden übernehmen kann.
§ 24 ApBetrO
5. Übermittlung von Rezepten per Boten oder Fernkommunikation
Verbotsinhalt
OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.9.2013, 1 U 42/13, II. 1
Die aufgrund des § 21 Abs.2 Nr. 9 ApoG geschaffene Regelung des § 24 ApBetrO verankert ein grundsätzliches Verbot von Rezeptsammelstellen mit Erlaubnisvorbehalt.
Verfassungskonformität
OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.9.2013, 1 U 42/13, II. 1
Rechtsprechung und Schrifttum halten die Vorschrift – auch nach Einführung des Arzneimittelversandhandels – mit der Maßgabe für verfassungsgemäß, dass § 24 Abs.1 ApBetrO nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 13.3.2008, 3 C 27/07) im Bereich des Versandhandels keine Anwendung finden soll.
Marktverhaltensregel
OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.9.2013, 1 U 42/13, II. 1
Eine Verletzung des § 24 Abs.1, 2 ApBetrO begründet zugleich einen Verstoß gegen § 4 Nr.11 UWG. … Nach übereinstimmender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum hat die restriktive Regelung des § 24 Abs.1 und 2 ApBetrO, die Neugründungen von Apotheken in den entsprechenden Gebieten nicht auf Dauer erschweren und die in Abs.2 jeglichen Anschein einer wirtschaftlichen Verquickung von Apothekenbetreibern und Angehörigen der Heilberufe bei der Abgabe von Arzneimitteln vermeiden will, Marktlenkungscharakter (Cyran/Rotta, ApBetrO, 5. Aufl. Rn. 20 zu § 24 mwN).
OLG Hamm, Urt. v. 12.5.2015, 4 U 53/15, Tz. 37
Bei den Regelungen in § 24 Abs. 1 und Abs. 2 ApoBetrO handelt es sich um Marktverhaltensregelungen iSd § 4 Nr. 11 UWG.
Rezeptsammelstellen
OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.7.2018, 13 A 2289/16, Tz. 63 ff
§ 24 ApBetrO beruht auf den Leitvorstellungen des Apothekengesetzes, wonach der Apotheker zur persönlichen Leitung der Apotheke in eigener Verantwortung verpflichtet ist (Leitbild des Apothekers in seiner Apotheke, § 7 Abs. 1 ApoG), und Arzneimittel an den Verbraucher grundsätzlich nur in den Betriebsräumen der Apotheke abgegeben werden sollen, weil es sich bei diesen um erklärungsbedürftige Waren handelt und die sichere und sachverständige Abgabe am ehesten in der Apotheke gewährleistet ist.
Die Errichtung einer Rezeptsammelstelle unterbindet den unmittelbaren Kontakt des Kunden zum Apotheker, der zur Gewährleistung der Sicherheit und einwandfreien Betreuung notwendig ist, und birgt die Gefahr der Verwechslung von Rezepten und Arzneimitteln ebenso wie die Gefahr einer Verletzung des Arzt- oder Apothekergeheimnisses. Ihre Errichtung und Unterhaltung ist daher nur als Notbehelf in eng begrenzten Ausnahmefällen zulässig. Sie dürfen nicht lediglich zum Zweck der bequemeren Arzneimittelversorgung erlaubt werden.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.9.2013, 1 U 42/13, II. 1
§ 24 Abs.1 ApBetrO definiert Rezeptsammelstellen als Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen. Der Erlaubnisvorbehalt gilt nicht nur für „klassische“ Rezeptsammelstellen in einem engen institutionellen Sinn. Eine unzulässige Rezeptsammlung liegt nach der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur bereits dann vor, wenn ein Apotheker Dritte organisiert dazu veranlasst, für ihn Rezepte zu sammeln, oder wenn Rezepte, die von einem Dritten gesammelt werden, von einem Apotheker entgegengenommen werden (BGH NJW 1982, 1330; OLG Frankfurt, PZ 1978, 1522). Begründet wird dies damit, dass die Arzneimittelsicherheit nicht mehr gewährleistet wäre, wenn die Sammlung von Verschreibungen durch Apothekeninhaber ohne Zuhilfe von genehmigten Rezeptsammelstellen im rechtsfreien Raum erfolgen könnte (Cyran/Rotta a.a.O. Rn. 25 zu § 24 mwN).
Zu einem Briefkasten mit Werbetafel in einem Supermarkt:
OLG Hamm, Urt. v. 12.5.2015, 4 U 53/15, Tz. 38
§ 24 Abs. 1 Satz 1 ApoBetrO definiert eine Rezeptsammelstelle als „Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen“. Die Werbetafel und der daran angebrachte Briefkasten dienen unstreitig dem Sammeln von Verschreibungen. Dass damit auch Bestellscheine für andere Produkte gesammelt werden können, ist unschädlich. Denn § 24 Abs. 1 Satz 1 ApoBetrO lässt sich nicht entnehmen, dass eine Rezeptsammelstelle nur dann vorliegt, wenn die Einrichtung ausschließlich dem Sammeln von Verschreibungen dient.
OLG Hamm, Urt. v. 12.5.2015, 4 U 53/15, Tz. 42
Dem Wortlaut von § 24 ApoBetrO lässt sich keine Einschränkung seines Anwendungsbereiches, insbesondere keine Einschränkung seines Anwendungsbereiches auf bestimmte Formen der Übergabe oder Lieferung bestellter Arzneimittel, entnehmen.
Abgrenzung zu Pick-up-Stellen:
OLG Hamm, Urt. v. 12.5.2015, 4 U 53/15, Tz. 39
Der Begriff „Pick-Up-Stelle“ taucht weder im Apothekengesetz (ApoG) noch in der ApoBetrO auf. Er wird allerdings zur Vereinfachung der Sachverhaltsdarstellung (d.h. zur schlagwortartigen Beschreibung) in einigen apothekenrechtlichen Gerichtsentscheidungen gebraucht. Diese Gerichte sehen die Besonderheit einer „Pick-Up-Stelle“ allerdings gerade darin, dass dort Medikamente abgeholt werden können.
Rezeptsammelstellen und Versandhandel
BVerwG, Urt. v. 23.4.2020, 3 C 16.18: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass eine Präsenzapotheke mit Versandhandelserlaubnis im örtlichen Einzugsbereich ihrer Apotheke eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen und Arzneimittelbestellungen betreiben und die bestellten Medikamente durch eigene Boten ausliefern darf. (Pressemittelung)
Unter Aufhebung von OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.7.2018, 13 A 2289/16
S.a. BVerfG: Die Versandhandelserlaubnis dürfte die Erlaubnis zum Rezeptsammeln einschließen (BVerfG, Beschl. v. 20.11.2018, 1 BvR 442/18).
OLG Rostock, Beschl. v. 1.3.2021, 2 W 3/21
Der Anwendungsbereich des § 24 ApoBetrO ist beschränkt. Für das Einsammeln von Verschreibungen im Rahmen des Versandhandels von Arzneimitteln gilt das Verbot nicht. Es ist insoweit auf die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu verweisen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.4.2020, 3 C 16.18; Urt. v. 13.3.2008, 3 C 27.07). Hintergrund ist, dass § 24 ApoBetrO von der räumlichen Bindung der Arzneimittelabgabe an die Apotheke ausgeht, welche jedoch bei dem nach § 11a ApoG erlaubten Versand fehle. Sammelbesteller seien ein typisches Element des Versandhandels. Die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln umfasst auch die Möglichkeit, Verschreibungen und Medikamentenbestellungen in einer Sammeleinrichtung entgegenzunehmen und gebündelt an die Apotheke zu übersenden. Das BVerwG bestätigt diese Auffassung in seiner neueren Entscheidung ausdrücklich auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Rechtsänderungen. Dabei ist … eine Sammlung der Verschreibungen nicht zwingend in bestimmten Räumlichkeiten oder durch Personen vorzunehmen. Diese Anforderungen lassen sich auch aus den durch das BVerwG entschiedenen Fällen nicht entnehmen. Entscheidend ist insoweit, dass es keine besonderen gesetzlichen Vorgaben für den Versandhandel mit Medikamenten gibt. Das mag zwar, wie auch das BVerwG feststellt, zu einer Ungleichbehandlung zwischen stationären Apotheken und dem Versandhandel mit Medikamenten führen. Für die Auflösung dieser Widersprüche ist jedoch der Gesetzgeber verantwortlich. Eine Reglementierung des Versandhandels von Medikamenten ohne gesetzliche Grundlage kommt hingegen nicht in Betracht.
OLG Rostock, Beschl. v. 1.3.2021, 2 W 3/21
Im Rahmen des zulässigen Versandhandels von Medikamenten ist das Einsammeln von Rezepten nicht nur durch das Aufstellen von Sammelboxen in einem Gewerbebetrieb zulässig. Eine derartige Einschränkung lässt sich aus keinem Gesichtspunkt rechtfertigen. Nachdem die Beschränkung des § 24 ApoBetrO zum Einsammeln von ärztlichen Verordnungen im Rahmen des Versandhandels grundsätzlich keine Anwendung findet, lassen sich Beschränkungen der Art und Weise des Einsammelns … mangels Rechtsgrundlage nicht rechtfertigen. Es besteht aber auch keine Notwendigkeit und damit keine sachliche Rechtfertigung einer solchen Einschränkung der Sammlung nur über eine Sammelstelle in einem Gewerbebetrieb. ... Ob die Sammelbox in einer bestimmten Räumlichkeit aufgestellt wird oder an einer frei zugänglichen Stelle außerhalb eines Gebäudes, ist insoweit ohne Bedeutung.
Übermittlung von Rezepten per Boten oder Fernkommunikation
OLG Saarbrücken, Urt. v. 25.9.2013, 1 U 42/13, II. 1
Ein Verstoß gegen § 24 Abs.1 und 2 ApBetrO liegt auch dann vor, wenn die Verschreibungen von der Arztpraxis nur gefaxt oder fernmündlich übermittelt oder wenn sie von Mitarbeitern der Arztpraxis oder Apotheke in die Betriebsräume des Apothekers gebracht werden (Cyran/Rotta a.a.O. Rn. 7 zu § 24 mwN), es sei denn, für die entsprechende Handhabung besteht im Einzelfall ein nachvollziehbarer Grund. Ein solcher ist jedoch nur anzunehmen, wenn für die Handhabung medizinische Gründe vorliegen (BGH, Urt. v. 13.1.2011, I ZR 112/08 - Hörgeräteakustiker)
… Ein Arzt darf, abgesehen von … medizinisch begründeten Notfällen, allein auf den ausdrücklichen Wunsch des Patienten, Rezepte nicht an eine bestimmte Apotheke weiterleiten (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.1980, I ZR 185/78 - Apothekenbegünstigung). … Dem liegt die nach wie vor Gültigkeit beanspruchende Erwägung einer regelmäßig völligen Trennung der Aufgabenbereiche des Arztes und des Apothekers zu Grunde. Die gebotene Unabhängigkeit des Arztes … ist schon bei der Gefahr einer Interessenkollision und der Verwischung der Grenze zwischen ärztlicher Heilbehandlung und Medikamentenversorgung tangiert. Die Norm dient auch und gerade dem Patientenschutz durch Wahrung der ärztlichen Unabhängigkeit gegenüber Dritten (vgl. OLG Koblenz, Urt. v. 14.2.2006, 4 U 1680/05).
Das Allgemeininteresse an einer inhaltlichen und organisatorischen Trennung beider Berufsgruppen hat Vorrang vor privaten Wünschen. Das Sammeln und Weiterleiten von Rezepten durch Angehörige der Heilberufe ist unzulässig (Cyran/Rotta, a.a.O.). Deshalb untersagt § 24 Abs. 2 ApBetrO die Einrichtung einer Rezeptsammelstelle bei einem Arzt.
Geltung für ausländische Apotheken
BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 28 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center
Dass auch eine Apotheke in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, die die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Fall 1 AMG erfüllt, in sachlicher Hinsicht die deutschen Vorschriften zum Versandhandel einhalten muss, entspricht, soweit die Apotheke dadurch in ihren Möglichkeiten zur Erbringung von Dienstleistungen beschränkt wird, der Regelung des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Nach dieser zur Konkretisierung des Rechts auf freie Niederlassung erlassenen Richtlinie ermöglicht die Anerkennung der Berufsqualifikationen durch den Aufnahmemitgliedstaat der begünstigten Person, dort denselben Beruf wie den, für den sie in ihrem Herkunftsmitgliedstaat qualifiziert ist, aufzunehmen und unter denselben Voraussetzungen wie ein Inländer auszuüben. Die Berufsanerkennungsrichtlinie geht daher im Bereich der Niederlassungsfreiheit von dem Grundsatz aus, dass auf der ersten Stufe für den Marktzugang das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung (Herkunftslandprinzip) und auf der zweiten Stufe für das Marktverhalten der Grundsatz der Inländer(gleich)behandlung und damit das Aufnahmelandprinzip gilt (BGH, Urteil vom 25. März 2010, I ZR 68/09, GRUR 2010, 1115 Rn. 15 = WRP 2010, 1489 - Freier Architekt, mwN). Zwar gewährleistet Art. 16 der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt die Dienstleistungsfreiheit grundsätzlich in einem weitergehenden Umfang. Die dortige Regelung findet jedoch nach Art. 17 Nr. 6 dieser Richtlinie auf Angelegenheiten, die unter den Titel II, das heißt die Art. 5 bis 9 der Richtlinie 2005/36/EG fallen, ebenso wenig Anwendung wie auf Anforderungen im Mitgliedstaat der Dienstleistungserbringung, die eine Tätigkeit wie die Bestimmungen des deutschen Apothekenrechts für pharmazeutische Tätigkeiten - den Angehörigen eines bestimmten Berufs vorbehalten.
Zu den Schranken einer Werbung für eine Online-Apotheke vor dem Hintergrund der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr siehe EuGH, Urt. v. 1.10.2020, C-649/18
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Omsels, Online-Kommentar zum UWG: