Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Öffentliche Hand und öffentliche Unternehmen

Literatur: Guilliard, Simon, Die Tätigkeiten der öffentlichen Hand als geschäftliche Handlungen im UWG, GRUR 2018, 791

Die Öffentliche Hand (Behörden, öffentliche Unternehmen etc.) handelt im geschäftlichen Verkehr, wenn sie selber – zumindest auch - am Geschäftsverkehr teilnimmt. Keine geschäftliche Handlung liegt hingegen vor, wenn und soweit die öffentliche Hand auf gesetzlicher Grundlage, schlicht verwaltend oder als Hoheitsträger im Rahmen der öffentlichen Daseinsfürsorge handelt.

OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 364 - DWD

Das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung muss, weil die Beklagte als teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. § 1 Abs. 1 DWDG) und damit als öffentliche Hand tätig geworden ist, positiv festgestellt werden und kann nicht – wie in der Regel bei Unternehmen im Übrigen – vermutet werden. Die Tätigkeit der öffentlichen Hand kann dabei in der Eingriffsverwaltung oder in der Leistungsverwaltung bestehen.

Zum Wettbewerb durch die öffentliche Hand oder Unternehmen der öffentlichen Hand siehe hier.

Das Prüfungsschema zur Frage, ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung vornimmt, hat der BGH in der Entscheidung Eigenbetrieb Friedhöfe herausgearbeitet:

BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 23 - Eigenbetrieb Friedhöfe

Für die Frage, ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung vornimmt, ist zunächst zwischen rein erwerbswirtschaftlichen und hoheitlichen Tätigkeiten zu unterscheiden.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.9.2024, I ZR 142/23, Tz. 12 – Jobbörse; BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 152/21, Tz. 15 - muenchen.de; BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 49 - WarnWetter-App; BGH, Urt. v. 13.12.2018, I ZR 165/17, Tz. 14 - Durchleitungssystem; BGH, Urt. v. 20.12.2018, I ZR 112/17, Tz. 55 - Crailsheimer Stadtblatt II; OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 367 - DWD

BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 23 - Eigenbetrieb Friedhöfe

Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist auch dann als geschäftliche Handlung anzusehen, wenn öffentliche Zwecke mitverfolgt werden.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.9.2024, I ZR 142/23, Tz. 12 – Jobbörse; BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 152/21, Tz. 15 - muenchen.de; BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 49 - WarnWetter-App; BGH, Urt. v. 13.12.2018, I ZR 165/17, Tz. 14 - Durchleitungssystem; BGH, Urt. v. 20.12.2018, I ZR 112/17, Tz. 55 - Crailsheimer Stadtblatt II; OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 367 - DWD

BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 23 - Eigenbetrieb Friedhöfe

Bei einer Tätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist weiter danach zu unterscheiden, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich tätig wird. Ist dies der Fall, ist ihre Betätigung einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.9.2024, I ZR 142/23, Tz. 13 – Jobbörse; BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 49 - WarnWetter-App; BGH, Urt. v. 13.12.2018, I ZR 165/17, Tz. 14 - Durchleitungssystem; BGH, Urt. v. 20.12.2018, I ZR 112/17, Tz. 55 - Crailsheimer Stadtblatt II; OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 367 - DWD

BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 49 - WarnWetter-App

Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr, bewegt sie sich dabei jedoch außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.9.2024, I ZR 142/23, Tz. 13 – Jobbörse

BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 23 - Eigenbetrieb Friedhöfe

Handelt die öffentliche Hand dagegen zwar zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, wird sie aber ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig, ist eine geschäftliche Handlung nicht ausgeschlossen. Sie ist allerdings auch nicht ohne weiteres zu vermuten, sondern anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls besonders festzustellen. Maßgeblich sind insoweit vor allem die konkreten Auswirkungen des Handelns der öffentlichen Hand im Wettbewerb und die Frage, ob das Tätigwerden zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nach Art und Umfang sachlich notwendig ist und die Auswirkungen auf den Wettbewerb nur notwendige Begleiterscheinung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben sind.

Ebenso BGH, Urt. v. 26.9.2024, I ZR 142/23, Tz. 14 – Jobbörse; BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 49 - WarnWetter-App; BGH, Urt. v. 13.12.2018, I ZR 165/17, Tz. 14 - Durchleitungssystem; BGH, Urt. v. 20.12.2018, I ZR 112/17, Tz. 55 - Crailsheimer Stadtblatt II; OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 367 - DWD; s.a. OLG Nürnberg, Urt. v. 21.11.2017, 3 U 134/17, Tz. 29

BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 27 - Eigenbetrieb Friedhöfe

Für die Frage, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung hoheitlich handelt und ihre Betätigung damit einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen ist oder die öffentliche Hand zwar zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe, aber ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig wird und damit die Feststellung einer geschäftlichen Handlung im Rahmen einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls möglich ist, kommt es maßgeblich auf die Bestimmungen an, die der streitigen Handlung zugrunde liegen.

BGH, Urt. v. 13.12.2018, I ZR 165/17, Tz. 17 - Durchleitungssystem

Für die Einordnung einer Tätigkeit als dem Lauterkeitsrecht entzogenes, gesetzesvollziehendes hoheitliches Handeln ist nur erforderlich, dass sich die Handlung auf eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung stützt, nicht aber, dass diese die Einzelheiten des Vollzugs vorgibt. Vielmehr kann der Behörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts hinsichtlich der Wahl der Mittel für den Gesetzesvollzug ein Auswahlermessen eingeräumt werden.

BGH, Urt. v. 26.9.2024, I ZR 142/23, Tz. 14 – Jobbörse

Bei dieser Würdigung sind vor allem die konkreten Auswirkungen des Handelns der öffentlichen Hand im Wettbewerb zu berücksichtigen sowie die Frage, ob das Tätigwerden zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nach Art und Umfang sachlich notwendig ist und die Auswirkungen auf den Wettbewerb nur notwendige Begleiterscheinung der öffentlichen Aufgabe sind. Dabei ist im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs zu berücksichtigen, dass die öffentliche Hand im Gegensatz zu privaten Unternehmen nicht auf die Erzielung von Gewinnen angewiesen ist und Verluste durch Steuern, Abgaben oder Beiträge decken kann. Geschäftliche Handlungen der öffentlichen Hand weisen aus diesem Grund nicht zwingend einen Unternehmensbezug im Sinne einer auf den entgeltlichen Absatz von Waren oder Dienstleistungen gerichteten Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr auf. Wenn sich die öffentliche Hand aber ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung mit ihrem Angebot auf den Markt und in Wettbewerb zu privaten Anbietern begibt und die Auswirkung auf den Wettbewerb nicht nur notwendige Begleiterscheinung der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe ist, kann sie sich einer lauterkeitsrechtlichen Überprüfung ihres Verhaltens nicht dadurch entziehen, dass sie die ihr - im Gegensatz zu privaten Unternehmen - eröffnete Möglichkeit nutzt, Waren oder Dienstleistungen unentgeltlich anzubieten, und es deshalb am Unternehmensbezug fehlt.

Die Behörde kann aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigung u.U. auch durch Private handeln, die dann am 'Privileg' behördlichen Handelns teilnehmen:

BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 35 - Eigenbetrieb Friedhöfe

Die Durchführung einer behördlich anzuordnenden Maßnahme durch Private ist ein der wettbewerbsrechtlichen Überprüfung entzogenes hoheitliches Handeln, wenn ein Unternehmen durch privatrechtlichen Vertrag ohne eigene Entscheidungsmacht als verlängerter Arm der Verwaltungsbehörde im Rahmen der Gefahrenabwehr tätig wird (vgl. BGH, GRUR 2006, 428 Rn. 15 f. - Abschleppkosten-Inkasso). Lässt die öffentliche Hand solche Maßnahmen nicht (mehr) durch Private, sondern durch einen Eigenbetrieb durchführen, liegt erst recht ein rein hoheitliches Handeln vor.

Ebenso: BGH, Urt. v. 13.12.2018, I ZR 165/17, Tz. 18 - Durchleitungssystem; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.2.2018, I-15 U 73/17, Tz. 59: Ausschreibung von Architektenleistungen durch eine Gemeinde für zwei Spielplätze dient der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben

BGH, Urt. v. 26.9.2024, I ZR 142/23, Tz. 16 – Jobbörse

Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt steht dieser Definition nicht entgegen, weil die beanstandete Verhaltensweise allein die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin als Mitbewerberin und nicht die Interessen von Verbrauchern im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG betrifft.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.2.2018, I-15 U 73/17, Tz. 59

Eine geschäftliche Handlung ist ... nur ausnahmsweise gegeben, wenn der öffentliche Auftraggeber im Zusammenhang mit der Vergabe am wirtschaftlichen Erfolg des Gewerbetreibenden, dessen Wettbewerb zu fördern sein Handeln geeignet ist, selbst ein Interesse besitzt, weil er davon aufgrund besonderer Umstände, etwa aufgrund vertraglicher oder gesellschaftsrechtlicher Beziehungen, profitiert (BGH, GRUR 2008, 810 – Kommunalversicherer; Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, § 3a Rn. 2.77 m. w. N.).

Weitere Zitate aus der Instanzrechtsprechung:

BGH, Urt. v. 13.12.2018, I ZR 165/17, Tz. 19 - Durchleitungssystem

Die im öffentlichen Auftrag und auf gesetzlicher Grundlage erfolgende Gestaltung des Durchleitungsverfahrens der KfW wird nicht deshalb zu einer geschäftlichen Handlung, weil die dabei eingeschalteten Kreditinstitute für ihre Beteiligung an der Durchleitung der Förderung eine Vergütung in Form eines Zinsanteils ("Marge") erhalten. Die Ausgestaltung des Durchleitungsverfahrens und die Vergütung der eingeschalteten Kreditinstitute dienen ausschließlich dazu, eine effiziente und flächendeckende Vergabe der Fördermittel zu ermöglichen.

OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 367 - DWD

Maßgeblich sind vor allem die konkreten Auswirkungen des Handelns der öffentlichen Hand im Wettbewerb und die Frage, ob das Tätigwerden zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe nach Art und Umfang sachlich notwendig ist und die Auswirkungen auf den Wettbewerb nur notwendige Begleiterscheinung der Erfüllung öffentlicher Aufgaben sind.

OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 371 - DWD

Allein die fehlerhafte Anwendung oder Auslegung des Kompetenzbereichs kann die Annahme einer geschäftlichen Handlung nicht begründen (vgl. BGH, GRUR 1991, 622 – Warenproben in Apotheken).

OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 375 - DWD

Aus der Tatsache, dass der DWD Einnahmen zur teilweisen Deckung der Kosten zu erzielen hat, ergibt sich nicht, dass eine geschäftliche Handlung vorliegt. Die gesetzliche Verpflichtung der öffentlichen Hand, ihre Leistungen in bestimmten Bereichen entgeltlich zur Verfügung zu stellen, bedingt nicht, dass sie sich am Markt im Rahmen einer geschäftlichen Handlung und nicht – aufgrund ihres konkreten gesetzlichen Auftrages – hoheitlich betätigt. Denn die Beklagte ist nach dem DWDG nicht gehalten, marktübliche Preise für ihre Leistungen zu erzielen.

OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 378 - DWD

Die Handlungsform hat für die Frage, ob die Beklagte hoheitlich oder mit im Rahmen einer geschäftlichen Handlung tätig wird, keine Bedeutung . So hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich angenommen, dass das Einschalten eines Privaten zur Durchführung einer hoheitlichen Handlung den Charakter der Handlung als hoheitliche nicht beeinflusst (vgl. BGH, GRUR 2006, 428 – Abschleppkosten-Inkasso).

OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 380 - DWD

Bei einem hoheitlichen Handeln mit privatrechtlichen Auswirkungen auf Mitbewerber kann nicht ohne weiteres vom Bestehen einer geschäftlichen Handlung ausgegangen werden. Eine solche ist aber auch bei einem Tätigwerden der öffentlichen Hand dann anzunehmen, wenn die konkrete Zielsetzung ihres Handelns in einer Beteiligung am Wettbewerb besteht, ohne dass es auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankäme.

OLG Nürnberg, Urt. v. 21.11.2017, 3 U 134/17, Tz. 29

Ein Verhalten kann der Förderung fremden Wettbewerbs dienen, wenn die öffentliche Hand in den Wettbewerb zugunsten eines fremden Unternehmens eingreift, weil sie von seinem wirtschaftlichen Erfolg aufgrund vertraglicher oder sonstiger Beziehungen profitiert. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich.

OLG Schleswig, Urt. v. 12.5.2016, 6 U 22/15, II.1

Dass die Beklagte eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist, schließt die Möglichkeit, im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG geschäftlich zu handeln, nicht aus.

Der Begriff der geschäftlichen Handlung ist weit auszulegen und umfasst alle Maßnahmen, die auf die Förderung eines beliebigen - auch fremden - wirtschaftlichen Geschäftszwecks gerichtet sind. Dabei muss der Handelnde selbst nicht Unternehmer oder Inhaber eines Unternehmens sein. Unerheblich ist auch, ob ein Erwerbszweck verfolgt wird und ein Gewinn erzielt wird oder Gewinnerzielung überhaupt beabsichtigt ist. Deshalb können auch gemeinnützige oder einem wohltätigen Zweck dienende Unternehmen, aber auch öffentlich-rechtlich verfasste Berufsvertretungen, z.B. Kammern, im geschäftlichen Verkehr handeln. Insoweit genügt ein Handeln für die im geschäftlichen Verkehr tätigen Mitglieder (vgl. Sosnitza, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl., zu § 2 Rn. 8 - 11).

OLG Frankfurt, Urt. v. 4.2.2016, 6 U 156/15, II.

Bei einem "rein" gewerblich tätigen Unternehmen kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass die unentgeltliche Abgabe von Leistungen - zumindest mittelbar - auch dem allein auf Einnahmenerzielung angelegten Unternehmenszweck, d.h. der Absatzförderung, dienen soll. Dieser Erfahrungssatz kann jedoch auf den von der Antragsgegnerin betriebenen Deutschen Wetterdienst (DWD) nicht angewandt werden, weil dessen Aufgabe gerade nicht allein in der Erzielung von Einnahmen besteht. Der DWD erfüllt mit der Beobachtung des Wetters und der Unterrichtung hierüber vielmehr in erster Linie öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge und der Gefahrenabwehr. Dass er sich hierzu teilweise unternehmerischer Mittel bedient, entspricht der fiskalisch motivierten Intention des Gesetzgebers, einen möglichst hohen Teil seiner Kosten durch Einnahmen zu decken und den Bundeshaushalt damit zu entlasten (§ 6 I DWDG).

Auf Grund dieser Doppelfunktion des DWD hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob die unentgeltliche Verbreitung von Wetterinformationen noch der "originären" öffentlichen Aufgabenerfüllung zuzurechnen ist, oder ob damit jedenfalls auch der Absatz der eigenen entgeltlichen Leistungen gefördert werden soll. ...

... Allein der Umstand, dass sich die in der "Wetter App" enthaltenen Dienstleistungen zu einem erheblichen Teil mit denen von privaten Anbietern überschneiden, ist dafür kein ausreichendes Kriterium. ...

... Es sind auch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass es der Antragsgegnerin … mit der beanstandeten unentgeltlich angebotenen App darum geht, die privaten Wetterdienstleister vollständig oder weitgehend vom Markt zu drängen, um sodann als einzig verbliebener Anbieter ihre eigene App nunmehr gegen Entgelt vertreiben zu können.

OLG Stuttgart, Urt. v. 27.1.2016, 4 U 167/15, Tz. 44 f - Stadtblatt

Nach der Legaldefinition von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Erforderlich ist danach ein Tun oder Unterlassen (Verhalten) mit Unternehmensbezug, im Zeitraum vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das auf die Marktteilnehmer einwirken und das Marktgeschehen beeinflussen kann (Marktbezug der Handlung), wobei eine objektive Eignung zur Absatzförderung bestehen muss, wozu auch die Gewinnung, Erweiterung oder Erhaltung des Kundenstamms zählt (BGH GRUR 1986, 615 [618] - Reimportierte Kraftfahrzeuge; KG GRUR-RR 2005, 162).

Diese Voraussetzungen müssen auch dann vorliegen, wenn Ansprüche gegen die öffentliche Hand geltend gemacht werden. Wenn die öffentliche Hand ausschließlich erwerbswirtschaftliche (fiskalische) Zwecke mit den Mitteln des Privatrechts verfolgt, handelt sie stets zur Förderung des Absatzes des eigenen Unternehmens (BGH GRUR 2006, 428 Rn. 12 – Abschleppkosten-Inkasso; BGH GRUR 1973, 530 – C Stadtblatt). Dann besteht wie bei anderen Unternehmen auch eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung (BGH GRUR 1990, 463, 464 – Firmenrufnummer). In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht (BGH GRUR 1993, 917, 919 – Abrechnungs-Software für Zahnärzte; BGH GRUR 1981, 823, 825 – Ecclesia-Versicherungsdienst; BGH GRUR 1974, 733, 734 – Schilderverkauf) und wofür die erzielten Einnahmen verwendet werden (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 13.18). Unerheblich ist außerdem, ob mittelbar auch öffentliche Zwecke mit verfolgt werden (Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 13.18).

OLG Stuttgart, Urt. v. 27.1.2016, 4 U 167/15, Tz. 45 - Stadtblatt

Das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung ist aber auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die öffentliche Hand zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe handelt, insoweit ist eine Einzelfallprüfung erforderlich, ob gleichzeitig eine geschäftliche Handlung vorliegt oder ob die Wettbewerbsförderung als völlig nebensächlich hinter anderen Beweggründen zurücktritt (BGH WRP 1993, 106 [108] – EWG-Baumusterprüfung; BGH GRUR 1990, 609 [613] – Werbung im Programm; BGH GRUR 1974, 733 [734] – Schilderverkauf). Soweit die öffentliche Hand Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen im Wettbewerb mit privaten Anbietern anbietet, ist grundsätzlich auch eine geschäftliche Handlung anzunehmen, auch wenn damit gleichzeitig eine öffentliche Aufgabe erfüllt wird (BGH NJW 1995, 1658 [1659] – Remailing I; BGH GRUR 1990, 609 [613] – Werbung im Programm).

Zu einem kommunalen Stadtportal mit Anzeigen:

BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 152/21, Tz. 17 - muenchen.de

Im Streitfall liegt schon wegen der auf dem Stadtportal veröffentlichten Anzeigenwerbung eine geschäftliche Handlung vor.

OLG Stuttgart, Urt. v. 27.1.2016, 4 U 167/15, Tz. 46 f - Stadtblatt

Für die Herausgabe und Verbreitung von Presseerzeugnissen durch die öffentliche Hand wird angenommen, dass nur die ausschließlich gesetzlich vorgeschriebenen amtlichen Veröffentlichungen – kommunale Amtsblätter ohne ergänzende redaktionelle Inhalte und ohne Inserate – aus der wettbewerbsrechtlichen Betrachtung ausgeschieden werden können. Die Herausgabe und Verbreitung von Printprodukten mit einer von öffentlichen Aufgaben losgelösten pressemäßigen Berichterstattung und einem Inserateteil und auch reine Unterhaltungsblätter stellen demgegenüber ohne weiteres eine geschäftliche Handlung dar.

Da das von der Beklagten herausgegebene C Stadtblatt neben den amtlichen Mitteilungen auch einen allgemeinen redaktionellen Teil und einen Anzeigenteil enthält, stellt die (kostenpflichtige und auch kostenfreie) Verteilung den Vertrieb einer Ware dar, die angesichts der bestehenden Wettbewerbssituation jedenfalls auf dem Anzeigenmarkt eine geschäftliche Handlung im oben genannten Sinne begründet. Schon in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.09.1973 (GRUR 1973, 530 – C Stadtblatt) wird zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte für den Bereich des Anzeigengeschäfts eine Betätigung zu privaten Mitbewerbern auf dem Boden des Privatrechts entfaltet, weil insoweit keine hoheitlichen Rechte bestehen, sondern eine wettbewerbliche Tätigkeit auf gleicher Ebene. Gleiches gilt für die redaktionellen Beiträge, die sowohl derzeit als auch nach der Planung für das kostenlose Stadtblatt von der Beklagten verantwortet werden.

Für den Fall, in dem die öffentliche Hand ein privatwirtschaftliches Unternehmen beauftragt, das lokale Konzertwesen anzukurbeln, differenziert das OLG Hamburg zwischen der Tätigkeit der öffentlichen Hand im Rahmen der Daseinsfürsorge und dem Unternehmen, das für die öffentliche Hand Konzerte organisiert.

Zum Unternehmen:

OLG Hamburg, Urt. v. 31.7.2014, 3 U 8/12, II.1.c.cc

Bei der ausschließlichen Verfolgung erwerbswirtschaftlicher Zwecke mit den Mitteln des Privatrechts liegt immer ein Handeln zur Förderung des eigenen Absatzes vor mit der Folge, dass eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG besteht (Köhler/Bornkamm, § 4 Rn. 13.18). Die mittelbare Verfolgung auch öffentlicher Zwecke ist in diesem Zusammenhang unerheblich (Köhler/Bornkamm a.a.O.).  Erbringt die öffentliche Hand Leistungen unter Marktpreis, so liegt keine geschäftliche Handlung vor, wenn die öffentliche Hand zur Leistungserbringung verpflichtet und in ihrer Preisgestaltung nicht frei ist (Köhler/Bornkamm, § 4 Rn. 13.42).

OLG Hamburg, Urt. v. 31.7.2014, 3 U 8/12, II.1.c.cc

Im vorliegenden Fall beruft sich die Beklagte  zwar darauf, dass sie vorrangig öffentliche Zwecke verfolge. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beklagte , die als juristische Person des Privatrechts auch nur in den Formen des Privatrechts zu handeln vermag, der Allgemeinheit entgeltliche Konzertveranstaltungen anbietet, sich also am Markt für solche Veranstaltungen betätigt, der auch das Betätigungsfeld anderer Unternehmen ohne Beteiligung der öffentlichen Hand darstellt. Das Handeln der Beklagten hat mithin Marktbezug, weil es auf die Marktteilnehmer einwirken und das Marktgeschehen beeinflussen kann (vgl. Köhler/Bornkamm, § 2 Rn. 35). Die Beklagte ist weder von Gesetzes wegen zur Leistungserbringung verpflichtet noch normativ in ihrer Preisgestaltung gebunden. Die Zielsetzung der Beklagten, möglichst viele Konzertbesucher anzusprechen und das Besucherpotential zu heben, hat auch eine erwerbswirtschaftliche Komponente. Das Landgericht hat daher zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte „geschäftlich“ handelt.

Zur öffentlichen Hand:

OLG Hamburg, Urt. v. 31.7.2014, 3 U 8/12, II.2.c.cc

Wird der Staat in Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und somit hoheitlich tätig, ohne dass eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigungsgrundlage existiert, ist nicht ohne weiteres eine geschäftliche Handlung anzunehmen, weil im Allgemeinen davon auszugehen ist, dass der Staat seine öffentliche Aufgabe erfüllen und nicht den Wettbewerb Dritter fördern will; es ist jedoch eine Prüfung im Einzelfall vorzunehmen (Köhler/Bornkamm, § 4 Rn. 13.22). Hat die öffentliche Hand an dem wirtschaftlichen Erfolg des von ihr geförderten Unternehmens ein Interesse, weil sie davon - mag die Gewinnerzielungsabsicht auch fehlen (GRUR 1982, 425, 430 - Brillen-Selbstabgabestellen) - auf Grund vertraglicher oder sonstiger Beziehungen profitiert, so liegt eine geschäftliche Handlung vor (BGH GRUR 1990, 463, 464 - Firmenrufnummer; BGH GRUR 2002, 550, 554 - Elternbriefe; Köhler/Bornkamm, § 4 Rn. 13.22). Entscheidend ist, ob die Verwaltung das Ziel verfolgt, in den Wettbewerb einzugreifen; dieses ist nicht der Fall, wenn die Tätigkeit zur Erfüllung der Aufgabe sachlich notwendig und die Auswirkung auf den Wettbewerb nur notwendige Begleiterscheinung der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe ist (Köhler/Bornkamm, § 4 Rn. 13.22). ...

Die Tätigkeit der Beklagten hat auch nicht deshalb Marktbezug, weil sie fremden Wettbewerb förderte. Die Förderung fremden Wettbewerbs begründet zwar ebenso wie das eigennützige Handeln die Annahme einer geschäftlichen Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG (s. nur Köhler/Bornkamm § 2 Rn. 54 ff.). Maßgeblich handlungsleitend ist für die Beklagte jedoch die Verfolgung des öffentlich-rechtlichen Zwecks der Kunstförderung, so dass ein Handeln zur Förderung fremden Wettbewerbs nicht festgestellt werden kann.

Zur Online-Suchhilfe einer öffentlich-rechtlichen Berufskammer:

OLG Schleswig, Urt. v. 12.5.2016, 6 U 22/15, II.1

Die Gestaltung der „Praxissuche“ der Beklagten dient evident der Förderung der Geschäftstätigkeit derjenigen Zahnärzte und Zahnärztinnen, die den „Ehrenkodex“ der Beklagten unterzeichnet haben, und erschöpft sich nicht lediglich in der Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten als öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaft der Zahnärzte.

Zur Wetter-App des Deutschen Wetterdienstes:

OLG Köln, Urt. v. 13.7.2018, 6 U 180/17, Tz. 368 ff - DWD

Die Beklagte wird aufgrund ihrer gesetzlich normierten Aufgabe tätig, die gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 DWDG in Folgendem besteht:

„Die Erbringung meteorologischer und klimatologischer Dienstleistungen für die Allgemeinheit oder einzelne Kunden und Nutzer, insbesondere auf den Gebieten des Verkehrs, der gewerblichen Wirtschaft, der Land- und Forstwirtschaft, des Bauwesens, des Gesundheitswesens, der Wasserwirtschaft einschließlich des vorbeugenden Hochwasserschutzes, des Umwelt- und Naturschutzes und der Wissenschaft, …“

Mit der Herausgabe der WarnWetter-App erfüllt die Beklagte diese Aufgabe, indem sie gegenüber der Allgemeinheit meteorologische Dienstleistungen erbringt.

Zur Herausgabe eines Stadtblatts:

BGH, Urt. v. 20.12.2018, I ZR 112/17, Tz. 55 - Crailsheimer Stadtblatt II

Die Herausgabe des "Stadtblatts" stellt als eine geschäftliche Handlung der Beklagten dar. Die Beklagte nimmt mit dem "Stadtblatt" zwar auch gesetzliche Unterrichtungspflichten aus § 20 Abs. 1 GemO BW wahr und erfüllt insoweit eine öffentliche Aufgabe. Nach den Ausführungen unter B II 4 verstößt sie dabei aber gegen das Gebot der Staatsferne der Presse und bewegt sich damit deutlich erkennbar außerhalb des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs. Verlässt die Beklagte aber mit der Herausgabe eines Amtsblatts in erweiterter Form den öffentlich-rechtlichen Bereich, muss sie sich an den insoweit geltenden Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen.

Zu einer WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes:

BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 55 - WarnWetter-App

Der Annahme eines Handelns zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe steht nicht entgegen, dass der DWD gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 DWDG seine Dienstleistungen in privatrechtlicher Handlungsform erbringt. Es steht der öffentlichen Hand grundsätzlich frei, sich zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtlicher Handlungsformen zu bedienen oder dafür Privatunternehmen zu beauftragen.