Prozessvergleich mit Vertragsstrafe
Wenn die Unterlassungserklärung in einem gerichtlichen Vergleich mit einer Vertragsstrafe verknüpft ist, kann der Gläubiger die Vertragsstrafe geltend machen. Er kann zusätzlich auch eine Ordnungsstrafe androhen lassen und im Falle eines Verstoßes des Schuldner gegen den Vergleich festsetzen lassen.
BGH, Beschl. v. 3.4.2014, I ZB 3/12, Tz. 8, 10 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich
Eine entsprechende Androhung kann allerdings nicht wirksam in den Prozessvergleich selbst aufgenommen werden, sondern hat auf Antrag durch gerichtlichen Beschluss zu erfolgen hat (BGH, Beschl. v. 2.2.2012 - I ZB 95/10, Tz. 8 - Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren, mwN). ...
... Für den Antrag auf gerichtliche Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 Abs. 2 ZPO fehlt es aber nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil die Unterlassungspflicht der Schuldnerin bereits durch das Vertragsstrafeversprechen hinreichend abgesichert ist und deshalb aus Rechtsgründen eine zusätzliche Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO generell nicht in Betracht kommt.
Ebenso BGH, Beschl. v. 9.10.2014, I ZB 57/13, Tz. 8 f
Die Androhung einer Ordnungsstrafe setzt nicht voraus, dass der Schuldner bereits gegen das Unterlassungsversprechen verstoßen hat.
BGH, Beschl. v. 3.4.2014, I ZB 3/12, Tz. 19 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich
Die Androhung gemäß § 890 Abs. 2 ZPO setzt weder eine bereits erfolgte Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht noch sonst ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis voraus. Nichts anderes gilt, wenn sich der Schuldner in einem Prozessvergleich vertragsstrafebewehrt zur Unterlassung verpflichtet hat. Darin liegt regelmäßig keine vollstreckungsbeschränkende Abrede. Es ist sachgerecht und beeinträchtigt auch nicht die berechtigten Interessen des Schuldners, dass der Gläubiger beide Sanktionen nebeneinander verfolgen kann. Es ist in diesem Zusammenhang ohne Belang, dass durch die Abgabe einer vertragsstrafebewehrten Unterlassungserklärung grundsätzlich die Wiederholungsgefahr entfällt.
Allerdings können die Parteien des Vergleichs vollstreckungsbeschränkende Vereinbarungen treffen und bspw. die Androhung von Ordnungsmitteln ausschließen. Eine entsprechende Vereinbarung liegt aber noch nicht allein in dem Umstand, dass eine Vertragstrafe vereinbart wurde.
BGH, Beschl. v. 3.4.2014, I ZB 3/12, Tz. 14 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich
Die Parteien eines Rechtsstreits können grundsätzlich vollstreckungsbeschränkende Vereinbarungen treffen (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1991, VI ZR 241/90; BGH, Beschl. v. 2.2.2012 - I ZB 95/10, Tz. 13 - Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren). Da aber die Bestimmung des § 890 ZPO und ein Vertragsstrafeversprechen zwar jeweils den gemeinsamen Zweck verfolgen, den Schuldner von Zuwiderhandlungen abzuhalten (BGH, GRUR 2010, 355 Rn. 32 - Testfundstelle), im Übrigen jedoch unterschiedliche Sachverhalte regeln, können beide Sanktionen nebeneinander durchaus sinnvoll sein und parallel geltend gemacht werden. Es besteht daher regelmäßig kein Anlass anzunehmen, dass die Parteien sich ausschließlich auf die Sanktion der Vertragsstrafe festgelegt haben. Dem stehen auch keine berechtigten Schuldnerinteressen entgegen. Eine übermäßige Beanspruchung des Schuldners durch eine doppelte Inanspruchnahme wird dadurch vermieden, dass die jeweils früher verhängte Sanktion bei der Höhe der jeweils späteren zu berücksichtigen ist. Außerdem kann der Schuldner der Doppelsanktion von vornherein dadurch entgehen, dass er entweder keine Vertragsstrafe verspricht oder auf einem Verzicht des Gläubigers hinsichtlich einer Vollstreckung gemäß § 890 Abs. 1 ZPO besteht. Fehlt es jedoch an derartigen Gestaltungen und sind auch sonst keine deutlichen Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen der Parteien ersichtlich, ist ein Prozessvergleich mit Vertragsstrafeversprechen nicht im Sinne einer vollstreckungshindernden Vereinbarung auszulegen.
A. A. noch OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.7.2013, 6 W 64/13, Tz. 12, 16, aufgehoben durch BGH, Beschl. v. 9.10.2014, I ZB 57/13
Prozessvergleich ohne Vertragsstrafe
In dem Vergleich selber ist keine Androhung von Ordnungsmitteln zulässig ist:
BGH, Beschl. v. 2. 2. 2012, I ZB 95/10, Tz. 7
Zu Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine entsprechende Androhung nicht wirksam in einem Prozessvergleich erfolgen kann.
Ebenso BGH, Beschl. v. 3.4.2014, I ZB 3/12, Tz. 14 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich (s.o.)
Allerdings kann die Androhung von Ordnungsmitteln auf Antrag im Beschlusswege durch das Gericht erfolgen. Allerdings können die Parteien beim Abschluss des Vergleichs auch gewollt haben, dass im Falle eines Verstoßes keine Bestrafung erfolgt. So geht das OLG Hamburg davon aus, dass im Verzicht auf das Versprechen einer Vertragsstrafe auch ein Verzicht auf die Androhung von Ordnungsmitteln liegen kann.
OLG Hamburg, Beschl. v. 10.6.2013, 7 W 49/13
Die Frage, ob eine in einem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Unterlassungsverpflichtung mit einer Ordnungsmittelandrohung nach § 890 Abs. 1 ZPO versehen werden darf, bestimmt sich danach, ob dies dem Willen der den Vergleich abschließenden Parteien entspricht, und dass dieser Wille anhand einer Auslegung des Vergleichs nach den allgemeinen Kriterien (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln ist. Der nach dem Empfängerhorizont objektiv zu ermittelnde Wille der den Vergleich schließenden Parteien ergibt hier, dass die Parteien den Weg der unmittelbaren Vollstreckbarkeit des abgeschlossenen Vergleichs gerade nicht beschreiten wollten. Denn dadurch, dass die Parteien in einem Verfahren auf einen eine Ordnungsmittelandrohung enthaltenden Klagantrag einen Vergleich abschlossen, der unter Nichtnutzung der Möglichkeit der Vereinbarung einer Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung (§§ 241 Abs. 1 Satz 2, 339 Satz 2 BGB) eine gerade nicht strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung enthielt und in dem die Klägerin (mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten) die Verfahrenskosten übernahm, haben die Parteien zum Ausdruck gebracht, dass sie in dem Vergleich mit Wirkung für die Zukunft einen materiell-rechtlichen, vertraglichen Unterlassungsanspruch begründen und nicht einen von der Beklagten als bestehend hingenommenen gesetzlichen Unterlassungsanspruch titulieren wollten. Der Abschluss des Vergleichs stellte sich für die Klägerin damit auch keineswegs als sinnlos dar; denn aufgrund des Vergleichs steht ihr nunmehr ein vertraglicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, den sie bei künftigen Zuwiderhandlungen gerichtlich geltend machen kann.
Anderer Ansicht aber
OLG Frankfurt, Beschl. v. 6.4.2016, 6 W 30/16
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2014, 909 [BGH 03.04.2014 - I ZB 3/12] - Ordnungsmittel nach Prozessvergleich) kommt einer in einem gerichtlichen Vergleich übernommenen Unterlassungsverpflichtung im Zweifel, d.h. wenn die Parteien im Vergleich nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben, selbst dann die Funktion eines gemäß § 890 ZPO vollstreckbaren Titels zu, wenn der Schuldner in diesem Vergleich zusätzlich ein Vertragsstrafeversprechen für den Fall der Zuwiderhandlung abgegeben hat. Dies gilt daher erst recht, wenn die im Vergleich übernommene Unterlassungserklärung nicht mit einer Strafbewehrung versehen ist.
Soweit es die Absicht der Antragsgegnerin gewesen sein sollte, mit dem Vergleich vom 3.12.2015 lediglich eine schuldrechtliche, jedoch mit keinerlei Sanktionsmöglichkeiten versehene Unterlassungserklärung abzugeben, hätte sie in den Vergleich eine die Vollstreckung nach § 794 I Nr. 1 ZPO ausschließende Vereinbarung aufnehmen müssen.
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Omsels, Online-Kommentar zum UWG: