Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Beweisgrad bei gesundheitsbezogenen Angaben

Literatur: Feddersen, Jörn, Wissenschaftliche Absicherung von Wirkungsangaben im Heilmittelwerbeprozess, GRUR 2013, 127 (sehr klar und instruktiv); Hahn, Andreas/Ströhle, Alexander, Lebens- und Arzneimittelwerbung mit 'wissenschaftlichen' Aussagen, GRUR 2013, 120

1. Beweisgrad bei gesundheitsbezogenen Aussagen

a. Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis

b. Allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnis

c. Ernst zu nehmende Gegenstimme

d. Ausnahme: Kosmetika

Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis

Neben der Frage der Darlegungs- und Beweislast stellt sich die weitergehende Frage, wann eine Aussage im Bereich Gesundheit, Kosmetik u.a. Aussagen über Wirkungen eines Mittels auf den Körper ‚gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis‘ entspricht und damit als nicht irreführend angesehen werden muss. Dafür kann bereits eine den Regeln der Wissenschaft genügende Studie ausreichen. Es ist nicht erforderlich, dass diese Gegenstand einer allgemeinen Diskussion geworden ist.

BGH, Urt. v. 6.2.2013, I ZR 62/11, Tz. 16 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil

Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht.

Ebenso OLG Nürnberg, Urt. v. 29.10.2019, 3 U 559/19, B.III.2.a

BGH, Urt. v. 21.1.2010, I ZR 23/07, Tz. 18 - Vorbeugen mit Coffein

Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung i.S. von § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Fall 2 LFGB setzt nicht voraus, dass die dem beworbenen Mittel beigelegte Wirkung Gegenstand einer allgemeinen wissenschaftlichen Diskussion geworden ist. Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung kann sich vielmehr schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruht (vgl. Zipfel/Rathke aaO § 27 LFGB Rdn. 43; Reinhart in Meyer/Streinz aaO § 27 LFGB Rdn. 39).

BGH, Urt. v. 2.10.2008, Ls., I ZR 51/06 - Priorin

Eine nach allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellte, in der Fachliteratur veröffentlichte randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ist für den Wirksamkeitsnachweis grundsätzlich ausreichend.

Unveröffentlichte Untersuchungen sollen aber nicht ausreichen

OLG Frankfurt, Urt. v. 25.4.2013, 6 U 25/13, II. (= MD 2013, 921)

Eine nicht veröffentlichte Studie kann nicht als Nachweis für eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung dienen, weil sie nicht in den Diskussionsprozess in der Fachwelt einbezogen werden kann.

Zu einem Unbedenklichkeits- und Wirksamkeitsnachweis für eine bilanzierte Diät:

BGH, Urt. v. 15.3.2012, I ZR 44/11, Tz. 20 - ARTROSTAR

Es obliegt dem Hersteller und Vertreiber einer bilanzierten Diät, insbesondere auch das Fehlen einer nach den Umständen des Einzelfalls nicht fernliegenden mittelbaren Gesundheitsgefährdung nachzuweisen. ... Der Nachweis, dass von dem Mittel keine die Gesundheit schädigende oder zumindest gefährdende Wirkung ausgeht, kann nach der Natur der Sache allein durch eine randomisierte placebo-kontrollierte Doppelblindstudie erbracht werden.

Bei Wirkstoff- und Inhaltsstoffkombinationen muss in gleicher Weise ausgeschlossen werden, dass die konkrte Kombination die Wirksamkeit oder Unbendenklichkeit der einzelnen Wirk- oder Inhaltsstoffe nicht aufhebt:

BGH, Urt. v. 15.3.2012, I ZR 44/11, Tz. 22 - ARTROSTAR

Bei mehreren Inhaltsstoffen kann auf die Untersuchung von Wechselwirkungen nicht verzichtet werden, weil die Verwendung mehrerer oder zusätzlicher Inhaltsstoffe mit einer Verschlechterung der ernährungsmedizinischen Wirksamkeit einhergehen und sich die Wirkung einzelner Bestandteile im Körper neutralisieren kann. Für den Bereich der Fertigarzneimittel, bei denen diese Problematik ebenfalls besteht, bestimmt § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5a AMG daher, dass die Zulassung versagt werden kann, wenn bei einem Arzneimittel, das mehr als einen Wirkstoff enthält, in den Zulassungsunterlagen eine ausreichende Begründung fehlt, dass jeder Wirkstoff einen Beitrag zur positiven Beurteilung des Mittels leistet, wobei die Besonderheiten der jeweiligen Arzneimittel in einer risikogestuften Bewertung zu berücksichtigen sind.

Aus der Rechtsprechung der Obergerichte:

KG, Beschl. v. 11.7.2011, 5 U 115/09, IV.1

Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung setzt nicht voraus, dass die dem beworbenen Produkt beigelegte Wirkung Gegenstand einer allgemeinen wissenschaftlichen Diskussion geworden ist. Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung kann sich vielmehr schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruht. Ein wissenschaftlich fundierter Wirksamkeitsnachweis erfordert grundsätzlich die Vorlage einer randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.2.12, 20 U 91/11; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.3.2011, 20 U 85/10; KG Berlin, Urt. v. 2.6.2017, 5 U 196/16, Tz. 39 - CoolsculptingOLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 22.5.2018, 3 U 1138/18, Tz. 68; KG, Urt. v. 18.9.2018, 5 U 124/17 (MD 2018, 947); OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.2018, 1 U 41/18, II.2.d.aa.3; OLG Nürnberg, Urt. v. 29.10.2019, 3 U 559/19, B.III.2.a; OLG Hamm, Urt. v. 21.4.2022, 4 U 39/22. Tz. 62

OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 120

Bei diätetischen Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke im Rahmen einer bilanzierten Diät bedeutet dies, dass in aller Regel eine randomisierte placebo-kontrollierte Doppelblindstudie vorgelegt werden muss, damit ausgeschlossen ist, dass die untersuchte Wirkung durch den bloßen Glauben daran hervorgerufen wird (OLG Düsseldorf, Urt. v, 24.11.2009, I-20 U 194/08; bestätigt durch BGH, Beschl. v. 1.6.2011, I ZR 199/09).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.2.2011, 4 U 49/10

Für einen wissenschaftlich fundierten Wirksamkeitsnachweis sind grundsätzlich die von der modernen Wissenschaft verlangten, prospektiven, randomisierten, Placebo-kontrollierten Doppelblindstudien mit vorab definierten, der Fragestellung angemessenen Endpunkten und eine adäquate statistische Auswertung, die durch die Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen wurden, zu fordern.

Ebenso OLG Köln, Urt. v. 17.2.2006, 6 U 138/05; OLG Schleswig, Beschl. v. 14.7.2008, 6 U 13/08

offen gelassen in OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.3.2011, 20 U 85/10

Bei manchen Anwendungen scheidet eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie der Natur nach oder aus ethischen Gründen aus. In diesen Fällen kann der Nachweis der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit anderweitig erbracht werden.

OLG München, Urt. v. 19.4.2012, 6 U 2576/11, II.3.c.bb.1 (= MD 2012, 759)

Eine hinreichende wissenschaftliche Belegbarkeit erfordert … keine randomisierte, placebokontrollierte und doppelblind durchgeführte Interventionsstudie an statistisch signifikanten Bevölkerungsgruppen, wie sie etwa für den Wirknachweis bei Arzneimitteln erforderlich ist. Der erforderliche Umfang der wissenschaftlichen Absicherung von Werbeaussagen ist vielmehr anhand einer Einzelfallprüfung festzustellen, wobei insbesondere darauf abzustellen ist, wie konkret die behauptete Wirkung in der Werbeaussage zum Tragen kommt. Je konkreter, härter, definierter Wirkungen behauptet werden, desto stärkere Anforderungen sind auch an den wissenschaftlichen Nachweis zu stellen.

OLG Braunschweig, Beschl. v. 7.11.2022, 2 W 82/22, II.1.c (bei juris)

Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, sind grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dies erfordert nach dem sogenannten „wissenschaftlichen Goldstandard" im Regelfall, dass eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist.

OLG Celle, Besch. v. 16.10.2017, 13 U 86/17, II.2.b.cc - CoolSculpting

Die hinreichende wissenschaftliche Absicherung der beworbenen Methode kann sich nicht ausschließlich aus einer randomisierten, placebo-kontrollierten Doppelblindstudie nach dem sog. Goldstandard ergeben, auch wenn eine solche Studie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Arzneimittel im Regelfall erforderlich ist. Unabhängig von der Frage, ob die Durchführung einer solchen Studie im Hinblick auf die physikalische Wirkung des C.-Geräts durch Ansaugen und Kälte, die möglicherweise nicht durch einen Placebo simuliert werden kann, überhaupt möglich ist, hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob auch nicht prospektive, sondern nachträglich anhand vorliegender Studiendaten erstellte Studien eine Werbeaussage tragen können, wenn sie die für diese Studien geltenden wissenschaftlichen Regeln einhalten. Für den Bereich der Medizinprodukte erscheint die Einhaltung des Goldstandards jedenfalls dann nicht zwingend erforderlich, wenn der Wirknachweis anhand objektiv messbarer Ergebnisse geführt werden kann und nicht die Gefahr der Verzerrung der Studienergebnisse durch subjektive Empfindungen der Teilnehmer besteht (vgl. OLG München, Urt. v. 19.4.2012, 6 U 2576/11, Tz. 38; LG Hamburg, Urt. v. 6.4.2016, 416 HKO 168/15, Tz. 29). Vielmehr ist eine Einzelfallprüfung der zum Nachweis der wissenschaftlichen Absicherung vorgelegten Studien und der von ihr angeführten weiteren Umstände vorzunehmen.

KG, Beschl. v. 21.12.2018, 5 U 138/17 (MD 2019, 342)

In Fällen, in denen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen, und der Wirksamkeitsnachweis damit allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens der Probanden abhängt, bedarf es grundsätzlich placebokontrollierter Studien. Dies gilt insbesondere auf dem Gebiet der Schmerzlinderung.

OLG Nürnberg, Urt. v. 29.10.2019, 3 U 559/19, B.III.2.a

Bei einer Werbung für die Wirkweise eines Arzneimittels für den Menschen ist Voraussetzung, dass die pharmakodynamischen Eigenschaften auch tatsächlich klinisch relevant sind, d.h. die Wirkweise des Arzneimittels muss auch nachgewiesenermaßen für den Menschen gelten. Zulässig sind nämlich nur Angaben, die dem gesicherten Erkenntnisstand entsprechen. Unzulässig ist daher die Bewerbung einer Wirkung auf Basis reiner in-vitro-Untersuchungen.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.7.2022, 4 U 225/22, II.2.a (MD 2022, 1061)

Weder wirtschaftliche noch personelle Verflechtungen stehen als solches einer wissenschaftlichen Absicherung entgegen. Sie sind jedoch zu berücksichtigen und in die Gesamtbewertung mit einzubeziehen. So hat auch das OLG Frankfurt in dem von dem Beklagten angeführten Urteil festgestellt, dass die Eigenschaft als Patentinhaber des getesteten Produkts und Anteilseigner der Herstellerfirma zu einem Interessenkonflikt führt. Dieser reiche jedoch allein noch nicht aus, um durchgreifende Zweifel am Aussagegehalt einer Studie zu erwecken, wenn der hierdurch hervorgerufene Interessenkonflikt durch ein geeignetes externes Monitoring ausgeglichen werde (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 10.03.2016 - 6 U 56/15, juris, Rdnr. 51 - Lipoburn).

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Allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnis

Nach Art. 5 Abs. 1 HCVO (Health-Claims-Verordnung) dürfen nährwert- oder gesundheitsbezogene Aussagen über Lebensmittel nur aufgestellt werden, wenn es anhand allgemein anerkannter wissenschaftlicher Erkenntnisse nachgewiesen ist, dass das Vorhandensein, das Fehlen oder der verringerte Gehalt des Nährstoffs oder der anderen Substanz, auf die sich die Angabe bezieht, in einem Lebensmittel oder einer Kategorie von Lebensmitteln eine positive ernährungsbezogene Wirkung oder physiologische Wirkung hat.

OLG Frankfurt, Urt. v. 10.11.2011, 6 U 174/10, Tz. 56 ff

Art. 6 HCV regelt in allgemeiner Weise die Bedingungen, unter denen gesundheitsbezogene Angaben zulässig sind. Der Grundsatz, dass die Verwendung nährwert- oder gesundheitsbezogener Angaben nur dann zulässig ist, wenn sie sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise stützen und durch diese abgesichert sind, ist für die Health-Claims-Verordnung allgemein gültig und ist als materielle Voraussetzung für die Zulässigkeit der Werbung mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben anzusehen. Dies wird belegt durch die Regelungen in Art. 15 Abs. 3 lit. c) und e) sowie Art. 13 Abs. 1 lit. i) HCV. Danach sind auch gesundheitsbezogenen Angaben, die in einer - derzeit noch zu erstellenden - Liste nach Art. 13 Abs. 3 HCV aufgenommen sind, nur zulässig, wenn sie entweder das Zulassungsverfahren nach Art. 15 bis 19 HCV durchlaufen haben, das nach Art. 15 Abs. 3 lit. c) und e) HCV die Vorlage wissenschaftlicher Studien erfordert, oder - sofern für sie das des Zulässigkeitsverfahrens nach Art. 15 bis 19 HCV nach Art. 13 Abs. 1 HCV nicht gilt - die Richtigkeit der gesundheitsbezogenen Angaben nach Art. 13 Abs. 1 lit. i) HCV im Einzelfall nachgewiesen ist.

Kritisch der BGH im Revisionsverfahren:

BGH, Urt. v. 17.1.2013, I ZR 5/12, Tz. 20 - Vitalpilze

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Anforderungen an den von einem Verwender gemäß Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 zu führenden Wirksamkeitsnachweis begegnen Bedenken. Das Berufungsgericht hat gemeint, insoweit seien grundsätzlich dieselben Anforderungen zu stellen wie an den Nachweis der Wirksamkeit eines Arzneimittels oder einer bilanzierten Diät, so dass dann, wenn sich der Nachweis der wissenschaftlichen Anerkennung nicht anders belegen lasse, regelmäßig randomisierte und placebokontrollierte Doppelblindstudien vorzulegen seien, die durch ihre Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden seien. Die Revision rügt mit Recht, dass diese eher schematische Sichtweise den besonderen Anforderungen nicht gerecht wird, die an den vom Verwender einer gesundheitsbezogenen Angabe im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 gemäß Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 der Verordnung zu führenden Wirksamkeitsnachweis zu stellen sind (vgl. Hahn/Teufer, ZLR 2008, 663, 665 ff., 693 f.; Dettling, LMuR 2010, 105, 109 bis 112; Haber in Meisterernst/Haber, Art. 6 Rn. 5 bis 29).

Im Ergebnis ließ der BGH die Einzelheiten offen, weil es darauf für die Entscheidung nicht ankam.

OLG Nürnberg, Urt. v. 5.11.2013, 3 U 78/13, II.4.c

Der Werbende übernimmt bei der Werbung mit einer umstrittenen fachlichen Meinung dadurch, dass er eine bestimmte Aussage trifft, die Verantwortung für ihre Richtigkeit, so dass er insoweit die Beweislast trägt (vgl. BGH, GRUR 1991, 848 - Rheumalind II). Dies ergibt sich für die Marktverhaltensregelungen der HCVO bereits aus Art. 6 Abs. 2 HCVO, wonach der Lebensmittelunternehmer die Begründungslast für gesundheitsbezogene Angaben trägt.

Ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 24. 3.15; I-20 U 160/14 (= MD 2015, 597); s.a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, I-2 U 13/15, Tz. 141 f

KG, Urt. v. 10.7.2015, 5 U 24/15 (= MD 2015, 847)

Es gibt keinen Anlass, an den Nachweis von Wirkungen geringere Anforderungen zu stellen, als diejenigen für ein vereinfachtes Registrierungsverfahren für pflanzliche Arzneimittel gemäß Art. 16 a Abs. 1 lit. e der Richtlinie 2001/83/EG … zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel. Für diese ist aber nach Art. 16 a Abs. 1 lit. e dieser Richtlinie nachzuweisen, dass das Produkt unter den angegebenen Anwendungsbedingungen unschädlich ist und dass die pharmakologischen Wirkungen oder die Wirksamkeit des Arzneimittels aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel sind. Der der Umsetzung dieser Vorgaben dienende § 39b Abs. 1 Nr. 4 AMG fordert dementsprechend bibliografische Angaben über die traditionelle Anwendung oder Berichte von Sachverständigen, aus denen hervorgeht, dass das betreffende oder ein entsprechendes Arzneimittel zum Zeitpunkt der Antragstellung seit mindestens 30 Jahren, davon mindestens 15 Jahre in der Europäischen Union, medizinisch oder tiermedizinisch verwendet wird, dass das Arzneimittel unter den angegebenen Anwendungsbedingungen unschädlich ist und dass die pharmakologischen Wirkungen oder die Wirksamkeit des Arzneimittels aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel sind.. Die Auffassung, für den Wirkungsnachweis von Nahrungsergänzungsmitteln seien geringere Anforderungen zu stellen als für die Wirksamkeit traditioneller pflanzlicher Arzneimittel ist mit den Vorstellungen, die der Verordnungsgeber mit der HCVO umsetzen wollte, nicht vereinbar (vergleiche insbesondere die Erwägungsgründe 14 und 17 der HCVO).

Bestätigt von KG, Urt. v. 7.11.2017, 5 U 9/17 (MD 2018, 115)

OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.8.2015, 2 U 10/15, Tz. 120 f

Die Bestimmungen des Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 HCVO verdeutlichen, dass entsprechend dem europäischen Verbraucherleitbild überall dort, wo in der Werbung auf die Gesundheit Bezug genommen wird, besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen sind, wie sich auch aus dem Erwägungsgrund (16) der HCVO ergibt.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.7.2022, 4 U 225/22, II.2.a (MD 2022, 1061)

Im Rahmen der HCVO kommt es nicht alleine auf die Art des Nachweises - randomisiert, Placebo-kontrolliert, doppelblind, sondern darauf an, ob unter Berücksichtigung des Gesamtmaterials die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Wirkungsaussagen im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt des Verbraucherschutzes, also dem Schutz vor falschen Versprechungen mit womöglich gesundheitlich nachteiligen Folgen, ausreichend ist (Rathke/Hahn in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 182. EL, Art. 5 HCVO, Rdnr. 8d).

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Ernst zu nehmende Gegenstimme

OLG Hamburg, Urt. v. 20.9.2012, 3 U 53/11, II.3.b

Eine auf einer Studie basierende Aussage ist „umstritten“, wenn zumindest eine wissenschaftlich ernstzunehmende Gegenstimme das Ergebnis der Studie selbst in Frage stellt. ...

Die FDA als US-amerikanische Zulassungsbehörde stellt eine fachliche Autorität dar. Ihre abweichende Einschätzung der Studienergebnisse ist mithin keine für die Annahme einer Umstrittenheit nicht ausreichende unbedeutende Einzelmeinung, sondern im wissenschaftlichen Diskurs von erheblichem Gewicht; sie stellt einen Umstand dar, über den die angesprochenen Ärzte im Kontext einer Überlegenheitsbehauptung der vorliegenden Art – entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin – auch dann Aufklärung erwarten, wenn ihr eine Berechnungsmethode zugrundeliegt, die sich von der durch die EMA angewandten Methode unterscheidet.

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Ausnahme: Kosmetika

BGH, Urt. v. 28.1.2016, I ZR 36/14, Tz. 17 – Feuchtigkeitsspendendes Gel-Reservoir

Die vom Berufungsgericht vorgenommene Zuweisung der Darlegungs- und Beweislast für die Belegbarkeit der von der Klägerin beanstandeten Werbeaussagen erweist sich nach dem neuen Recht jedoch im Blick auf die Regelung im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 655/2013 als im Ergebnis richtig. Nach der Nummer 3 des Anhangs der Verordnung (EU) Nr. 655/2013 müssen Werbeaussagen über kosmetische Mittel durch hinreichende und überprüfbare Nachweise belegt werden, die den Stand der Technik berücksichtigen (Nrn. 1 und 2), und müssen als Nachweis herangezogene Studien für das Produkt und den behaupteten Nutzen relevant sein, auf einwandfrei entwickelten und angewandten Methoden basieren und ethischen Erwägungen Rechnung tragen (Nr. 3); außerdem muss die Beweiskraft der Nachweise bzw. Belege mit der Art der getätigten Werbeaussage in Einklang stehen (Nr. 4). Diese Kriterien setzen ersichtlich durchweg voraus, dass der Werbende in der Lage sein muss, die Richtigkeit seine Behauptungen zu belegen (Natterer in Reinhart aaO Art. 20 Rn. 27 mwN).

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