"Die Klageschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag."
§ 253 Abs. 2 ZPO gilt für das Klageverfahren und das einstweilige Verfügungsverfahren. Die Vorschrift verpflichtet den Kläger/Antragsteller in einem Gerichtsverfahren, deutlich anzugeben, was er will und aufgrund welchen Lebenssachverhalt er meint, es von seinem Gegner beanspruchen zu können. Dahinter stecken zwei Erwägungen:
-
- Das Gericht muss wissen, worüber es entscheiden muss.
- Es darf bei seinem Entscheidung über nichts hinweg gehen, was beantragt wurde. Es darf aber auch über nichts entscheiden, was nicht beantragt wurde.
Der Gegner muss im Falle einer Verurteilung konkret wissen, was er aufgrund der gerichtlichen Entscheidung zu tun und zu lassen hat. Nur dann kann er sein Verhalten auf die Entscheidung abstellen. Das gilt insbesondere für ein gerichtliches Unterlassungsgebot, dem der Beklagte/Antraggegner entnehmen können muss, welches Verhalten ihm erlaubt bleibt und bei welchem Verhalten er eine Bestrafung riskiert. Die Antwort auf die konkrete Reichweite einer Verurteilung muss sich aus dem Urteil des Gerichts ergeben und darf nicht dem Bestrafungsverfahren überlassen bleiben.
BVerfG, Beschl. v. 13.04.2022, 1 BvR 1021/17, Tz. 26
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag – und in der Folge eine darauf beruhende Verurteilung – nicht derart undeutlich gefasst sein, dass der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfung und Entscheidung des Gerichts auch unter Berücksichtigung gewisser im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes zulässiger Verallgemeinerungen, in denen das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt, nicht erkennbar abgegrenzt ist, sich die beklagte Partei deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihr verboten ist, letztlich dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe.
Siehe dazu hier.
BGH, Urt. v. 13.1.2011, I ZR 111/08, Tz. 17 - Hörgeräteversorgung II
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe.
Ebenso BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 145/23, Tz. 16 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht III; BGH, Urt. v. 28.7.2022, I ZR 205/20, Tz. 12 - Servicepauschale II; BGH, Urt. v. 14.7.2022, I ZR 97/21, Tz. 12 – dortmund.de; BGH, Versäumnisurt. v. 19.5.2022, I ZR 69/21, Tz- 20 - Grundpreisangabe im Internet; BGH, Urt. v. 22.7.2021, I ZR 194/20, Tz. 34 - Rundfunkhaftung; BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 113/20, Tz. 12 - Vertragsdokumentengenerator; BGH, Urt. v. 9.9.2021, I ZR 90/20, Tz. 19 - Influencerin I; BGH, Urt. v. 11.2.2021, I ZR 126/19, Tz. 17 – Dr. Z; BGH, Urt. v. 11.2.2021, I ZR 227/19, Tz. 13 - Rechtsberatung durch Architektin; BGH, Urt. v. 12.3.2020, I ZR 126/18, Tz. 39 - WarnWetter-App; BGH, Urt. v. 8.11.2018, I ZR 108/17, Tz. 15 - Deutschland-Kombi; BGH, Urt. v. 20.12.2018, I ZR 112/17, Tz. 12 - Crailsheimer Stadtblatt II; BGH, Urt. v. 22.3.2018, I ZR 118/16, Tz. 16 - Hohlfasermembranspinnanlage II; BGH, Versäumnisurt. v. 21.9.2017, I ZR 53/16, Tz. 12 - Festzins Plus; BGH, Urt. v. 26.1.2017, I ZR 207/14, Tz. 18 - ARD-Buffet; BGH, Urt. v. 16.6.2016, I ZR 46/15, Tz. 36 - Sporthopaedicum; BGH, Urt. v. 4.5.2016, I ZR 58/16, Tz. 20 - Segmentsruktur; BGH, Urt. v. 28.4.2016, I ZR 23/15, Tz. 13 – Geo-Targeting; BGH, Urt. v. 21.7.2016, I ZR 26/15, Tz. 11 – LGA tested; BGH, Urt. v. 29. 4. 2010, I ZR 202/07, Tz. 21 – Erinnerungswerbung im Internet; BGH, Urt. v. 17.3.2011, I ZR 170/08, Tz. 19 f – Ford-Vertragshändler; BGH, Urt. v. 6.10.2011, I ZR 54/10, Tz. 9 – Kreditkontrolle; BGH, Urt. v. 6.10.2011, I ZR 117/10, Tz. 15 – Delan; BGH, Urt. v. 2.2.2012, I ZR 81/10, Tz. 16 - Tribenuronmethyl; BGH, Urt. v. 15.3.2012, I ZR 128/10, Tz. 16; BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 42 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center; BGH, Urt. v. 28.11.2013, I ZR 7/12Tz. 14 – Online-Versicherungsvermittlung; BGH, Urt. v. 21.5.2015, I ZR 183/13, Tz. 13 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung; BGH, Urt. v. 11.6.2015, I ZR 226/13, Tz. 13 - Deltamethrin; OLG München, Urt. v. 21.3.2019, 6 U 3377/18, Tz. 43; OLG Brandenburg, Urt. v. 20.10.2020, 6 U 42/19, Tz. 52; OLG Hamm, Urt. v. 10.6.2021, 4 U 1/20, Tz. 119 ; OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 26.11.2021, 3 U 2473/21, Tz. 32; OLG Köln, Urt. v. 16.12.2022, 6 U 11/22, II.1; OLG München, Urt. v. 27.4.2023, 29 U 7344/21, Tz. 36 - Irische Impotenzfernbehandlung; OLG Hamburg, Beschl. v. 30.7.2024, 3 U 82/23, Tz. 23; OLG Hamm, Urt. v. 29.8.2024, 4 UKl 2/24, Tz. 26; OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.3.2024, 6 U 418/22, Tz. 116; OLG Hamburg, Urt. v. 24.10.2024, 5 U 83/23, Tz. 91
Dass der Antrag auslegungsbedürftig ist, macht ihn nicht bereits unbestimmt:
OLG Köln, Urt. v. 9.9.2022, 6 U 92/22, Tz. 33
Allein dass der Tenor einer Auslegung zugänglich ist, führt nicht dazu, dass der Tenor zu unbestimmt wäre, wenn über den Sinngehalt kein Zweifel besteht, sodass die Reichweite von Antrag und Urteil feststeht. Davon ist im Regelfall auszugehen, wenn über die Bedeutung des an sich auslegungsbedürftigen Begriffs zwischen den Parteien kein Streit besteht und objektive Maßstäbe zur Abgrenzung vorliegen oder wenn zum Verständnis des Begriffs auf die konkrete Verletzungshandlung und die gegebene Klagebegründung zurückgegriffen werden kann (BGH, Urteil vom 04.11.2010 – I ZR 118/09, GRUR 2011, 539 - Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker).
BGH, Urt. v. 28.5.2020, I ZR 7/16, Tz. 21 - Cookie-Einwilligung II
Der Inhalt eines Urteils ist in erster Linie der Urteilsformel zu entnehmen. Reicht die Urteilsformel allein für die Bestimmung des Inhalts nicht aus, sind zur Auslegung der Urteilsformel der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, heranzuziehen. Der Urteilsausspruch muss äußerlich in einer Art und Weise festgelegt werden, dass er auch nach Verkündung bestimmbar bleibt, da andernfalls nach Rechtskraft der Entscheidung und insbesondere bei der Zwangsvollstreckung Unsicherheiten entstehen können. Zur Gewährleistung der Bestimmbarkeit ist daher grundsätzlich der Urteilsinhalt in einer einheitlichen Urkunde festzulegen.
Ebenso OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 26.11.2021, 3 U 2473/21, Tz. 33
Aber
OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 26.11.2021, 3 U 2473/21, Tz. 33
In Sonderfällen ist es ausreichend, in der gerichtlichen Entscheidung auf Anlagen zu verweisen, die zu den Akten gegeben worden sind (BGH, Urt. v. 29.07.2021, I ZR 139/20, Tz. 13 - Goldhase III). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die in Bezug genommene Anlage in der Entscheidung nicht mit der erforderlichen Sicherheit zweifelsfrei und beständig bezeichnet werden kann (BGH, Urt. v. 14.10.1999, I ZR 117/97, Tz. 17 - Musical-Gala).
BGH, Urt. v. 8.11.2018, I ZR 108/17, Tz. 25 - Deutschland-Kombi
Bei der Prüfung der Bestimmtheit eines Klageantrags kommt es auf ein einheitliches Begriffsverständnis der Parteien etwa für die Frage an, ob die Verwendung an sich unbestimmter gesetzlicher Tatbestandsmerkmale ausreichen kann. … Es reicht aus, wenn der Beklagte erkennen kann, was der Kläger beanstandet.
BGH, Urt. v. 8.11.2018, I ZR 108/17, Tz. 33 - Deutschland-Kombi
Genügt der Klageantrag dem Bestimmtheitserfordernis, kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin ihren Antrag möglicherweise noch weiter hätte konkretisieren können.
Ist ein Unterlassungsantrag bestimmt genug, ist es unschädlich, dass ein einschränkender, nicht erforderlicher Zusatz unbestimmte Begriffe enthält, jedenfalls wenn auf die konkrete Verletzungshandlung Bezug genommen wird:
OLG Köln, Urt. v. 9.9.2022, 6 U 92/22, Tz. 34
Vorliegend erscheint zwar die Verwendung der Formulierung „ernsthafte Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis“ problematisch. Die Antragstellerin hat jedoch durch Bezugnahme auf die konkrete Werbung ihren Unterlassungsantrag auf die zwei eingeblendeten konkreten Verletzungsformen gerichtet, sodass nicht ungewiss bleibt, was der Antragsgegnerin verboten ist. Der mit „es sei denn“ eingeleitete Nebensatz, der Gegenstand und Zielrichtung des Verbots beschreibt und die auslegungsbedürftigen Begriffe der „ernsthaften Kalkulation“ und „angemessener Verbraucherpeis“ enthält, stellt im vorliegenden Fall lediglich ein für den Verbotsumfang bedeutungsloses Begründungselement und eine unschädliche Überbestimmung dar, wofür nicht der Klageantrag, sondern die Antragsbegründung der richtige Platz ist (vgl. Schmidt in: Büscher, UWG, 2. Aufl. § 12 Anh. I Rn. 149 mwN). Denn ist durch Bezugnahme auf zwei konkrete Verletzungsformen – unter Berücksichtigung der Klagebegründung – hinreichend klargestellt, welches konkrete Verhalten dem Gegner verboten ist, ist es grundsätzlich nicht Sache des Klägers, Ausnahmetatbestände in den Klageantrag mit aufzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2021 – I ZR 227/19 – juris Rn. 18 – Rechtsberatung durch Architekten).
Das Pendant zum Unterlassungsantrag ist die Bestimmtheit eines darauf basierenden Verbotsausspruchs, der den Geboten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gehorchen muss.
OLG Hamburg, Urt. v. 31.10.2013, 3 U 171/1II.2.a
Zur Wahrung der mit Bestimmtheitsgebot verfolgten Ziele, Rechtsklarheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungswirkungen zu gewährleisten, muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur sichergestellt werden, dass der Urteilsausspruch bei Erlass des Urteils inhaltlich bestimmt ist, sondern auch, dass der Urteilsinhalt äußerlich in einer dauerhaft bestimmbaren Art und Weise festgelegt wird, da andernfalls nach Rechtskraft der Entscheidung und insbesondere bei der Zwangsvollstreckung Unsicherheiten entstehen können. Aus diesem Grund müsse, so der Bundesgerichtshof weiter, der Urteilsausspruch in aller Regel aus sich heraus oder gegebenenfalls im Zusammenhang mit seiner Begründung bestimmbar sein, weshalb der Urteilsinhalt grundsätzlich in einer einheitlichen Urkunde festzulegen sei.
KG, Urt. v. 27.6.2014, 5 U 162/12, Tz. 23 - 'pauschal behaupten'
Vielfach ist zur Umschreibung des zu unterlassenen Verhaltens die Verwendung mehr oder weniger unbestimmter oder mehrdeutiger Begriffe und damit in gewissem Umfang die Vornahme von Wertungen durch das Vollstreckungsgericht bei der Prüfung eines Verstoßes nicht zu vermeiden, soll nicht ein wirksamer Rechtsschutz verweigert werden (BGH, GRUR 2002, 86, 88 - Laubhefter). Die Frage, welche Formulierungen noch zulässig sind, kann nicht abstrakt-generell, sondern nur anhand des jeweiligen Sach- und Sinnzusammenhangs unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden (BGH, GRUR 2004, 696, 699 - Direktansprache am Arbeitsplatz I). Die Grenze zur Unbestimmtheit ist überschritten bei Streit der Parteien über die Bedeutung des Begriffs im konkreten Fall und bei Fehlen objektiver Kriterien zur Abgrenzung zulässigen und unzulässigen Verhaltens (BGH, GRUR 2011, 152 Tz. 58 - Kinderhochstühle im Internet).
Allerdings muss zur Auslegung und Bestimmung des Umfangs eines Unterlassungsantrags und des darauf basierenden Verbotsausspruchs stets auch auf Begründung zurückgegriffen werden, so wenn der Antrag bspw. nicht ausreichend zwischen verbotenen und erlaubten Handlungsweisen differenziert:
BGH, Urt. v. 21.7.2016, I ZR 26/15, Tz. 14 – LGA tested
Zur Auslegung eines Unterlassungsantrags und des ihm folgenden Urteilstenors ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen, sondern sind ergänzend der zur Begründung gehaltene Klagevortrag und die Entscheidungsgründe des Urteils heranzuziehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, GRUR 2014, 1211 Tz. 16 = WRP 2014, 1447 - Runes of Magic II; Urt. v. 5.2.2015, I ZR 240/12, Tz. 23 = WRP 2015, 577 - Kinderhochstühle im Internet III; GRUR 2016, 395 Tz. 18 = WRP 2016, 454 - Smartphone-Werbung, jeweils mwN).
BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 16 - Eigenbetrieb Friedhöfe
Die Reichweite des Klagebegehrens ist nicht allein anhand der Fassung des Klageantrags zu bestimmen. Zur Auslegung des Klageantrags ist vielmehr der Klagevortrag heranzuziehen.
Ebenso KG, Beschl. v. 17.10.2017, 5 W 224/17, Tz. 9
BGH, Urt. v. 18.9.2014, I ZR 34/12, Tz. 16 – Runes of Magic II
Kommen die verbotsbegründenden Umstände, die zugleich zulässige Formen der Werbeansprache aus dem Verbotsbereich ausgrenzen, im Verbotsantrag nicht unmittelbar zum Ausdruck, ist der Antrag und ihm folgend der Urteilstenor zur Bestimmung seiner Reichweite auszulegen (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.2008, I ZR 73/05, Tz. 37 - Internet-Versteigerung III; Urt. v. 19.5.2010, I ZR 177/07, Tz. 17 - Folienrollos; Köhler in Köhler/Bornkamm UWG, § 12 Rn. 2.106). Bei der Prüfung von Bedeutung und Tragweite eines Urteilsausspruchs kommt es nicht allein auf den Wortlaut der Urteilsformel an. Maßgebend sind für deren Verständnis vielmehr auch die Begründung des Unterlassungsbegehrens und die Entscheidungsgründe (BGH, GRUR 1994, 304, 305 - Zigarettenwerbung in Jugendzeitschriften; GRUR 1994, 441, 443 - Kosmetikstudio).
BGH, Urt. v. 22.7.2021, I ZR 194/20, Tz. 41 - Rundfunkhaftung
Der Unterlassungsantrag und der gerichtliche Verbotsausspruch sind nicht deshalb unbestimmt, weil sich aus ihnen nicht ersehen lässt, welche konkreten Prüfungspflichten der Beklagten abverlangt werden. Es reicht aus, wenn sich die einzuhaltenden Prüfungspflichten aus der Klagebegründung und den Entscheidungsgründen ergeben, die zur Auslegung des Unterlassungsantrags und des Verbotstenors heranzuziehen sind.
BGH, Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14, Tz. 18 – Smartphone-Werbung
Das Berufungsgericht hat zur Auslegung der Unterlassungsanträge zu Recht nicht allein auf deren Wortlaut abgestellt, sondern das Vorbringen der Klägerin herangezogen, auf das sie die Klage stützt und das zur Auslegung der Klageanträge heranzuziehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2002, I ZR 207/00 - Dresdner Christstollen; Urt. v. 24.7.2014, I ZR 27/13, Tz. 19 - K-Theory).
BGH, Urt. v. 17.9.2015, I ZR 92/14, Tz. 40 – Smartphone-Werbung
Bei der Auslegung eines Klageantrags ist nicht an dessen buchstäblichem Sinn zu haften, sondern der wirkliche Wille der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urt. v. 12.12.2014, V ZR 53/14, Tz. 9).
Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 10.6.2021, 4 U 1/20, Tz. 119; OLG Celle, Urt. v. 19.1.2023, 13 U 79/21, II.1.a.aa
ABER:
OLG Stuttgart, Urt. v. 2.7.2015, 2 U 148/14, Tz. 47f
Kein Zweifel und damit kein Raum für eine Auslegung besteht, wenn der Wortlaut eines Klageantrages eindeutig ist und nicht aus dem Prozessvortrag zweifelsfrei und offensichtlich erkennbar auf einem Versehen beruht.
Erstrebt eine Partei eine ihr günstige Auslegung, die vom Wortsinn nicht offensichtlich gedeckt ist, so obliegt es ihr, die Tatsachen aufzuzeigen, die ihre Auslegung tragen (BGH, Urt. v. 4.10.2007, I ZR 22/05, Tz. 19). Hieran sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen, schon um die Rechtssicherheit nicht zu beeinträchtigen. Der Beklagte muss zum einen erkennen können, ob er sich gegen die Klage sinnvollerweise verteidige. Dadurch entsteht auch keine Unbilligkeit. Denn der Kläger hat es in der Hand, sein Begehren klar und eindeutig zum Ausdruck zu bringen (vgl. auch zur Bestimmtheit § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Zum anderen ist Rechtsklarheit auch geboten, um nach dem Abschluss des Verfahrens die Reichweite der Rechtskraft einer ergangenen Entscheidung sicher feststellen zu können.
Die Auslegung des Antrags im Lichte der Begründung kann dem Antragsteller insbesondere in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hilfreich sein:
OLG Frankfurt, Urt. v. 11.1.2018, 6 U 150/17, II.2.a
Im Hinblick auf die durch § 938 ZPO dem Gericht eröffnete Möglichkeit, den Verbotstenor selbst zu formulieren, reicht es für die Bestimmtheit eines Eilbegehrens aus, dass aus dessen Begründung Inhalt und Umfang des der Sache nach verfolgten Unterlassungsanspruchs zweifelsfrei zu entnehmen sind.
Hinweispflicht des Gerichts:
Das Gericht muss den Anspruchsteller darauf hinweisen, wenn es der Auffassung ist, dass der Klage- oder Verfügungsantrag zu unbestimmt und auch im Wege der Auslegung nicht ausreichend bestimmt werden kann.
BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 18 - Eigenbetrieb Friedhöfe
Für den Fall, dass sich das Berufungsgericht an einer dem Klagebegehren entsprechenden Auslegung durch die vom Kläger gewählte konkrete Fassung des Antrags gehindert gesehen hat, hätte es dem Kläger gemäß § 139 ZPO Gelegenheit geben müssen, den Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 49 - wetter-online.de; Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 12 Rn. 2.44a).
Einschränkend
OLG Köln, Urt. v. 27.11.2020, 6 U 65/20 (WRP 2021, 371, Tz. 47 f0)
Ein Gericht muss einem Kläger nach § 139 ZPO nur dann Gelegenheit geben, die Reichweite seines Antrags zu prüfen und gegebenenfalls ihn neu zu fassen und dazu sachdienlich vorzutragen, wenn der zu weit gehende Antrag vom Beklagten nicht oder nur am Rande gerügt wurde (vgl. BGH GRUR 2014, 393 7 – wetteronline.de; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen a.a.O., § 12 Rn. 2.44a). ...
Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, einem Kläger bei der Formulierung eines abstrakten Unterlassungsantrags durch wiederholte Hinweise behilflich zu sein. Entscheidet sich ein Kläger dazu, einen abstrakten Unterlassungsantrag zu stellen, muss er das Risiko tragen, dass dieser zu weit gerät.
Die Formulierung des Verbotsantrags ist im Wettbewerbsrecht besonders schwierig. Der Verbotsantrag muss das Verhalten, das dem Gegner untersagt werden soll, genau beschreiben. Er muss die Merkmale enthalten, die das Verhalten des Gegners unlauter sein lassen. Er darf nicht so formuliert sein, dass er neben unlauterem Verhalten auch lauteres, erlaubtes Verhalten erfasst.
BGH, Urt. v. 27.7.2017, I ZR 162/15, Tz. 16 - Eigenbetrieb Friedhöfe
Ein Klageantrag ist unbegründet, wenn er aufgrund seiner zu weiten Fassung die vom Kläger geltend gemachte konkrete Verletzungsform verfehlt, weil er auch erlaubte Verhaltensweisen erfasst.
Ebenso OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.5.2022, 6 U 362/21, II.3
Unklarheiten sind nur hinzunehmen, wenn ein Verbotsausspruch andernfalls nicht möglich erscheint, da die Untersagung unlauterer geschäftlicher Handlungen nicht daran scheitern soll, dass die unlautere geschäftliche Handlung nur durch auslegungsbedürftige Begriffe beschrieben werden kann.
BGH, Urt. v. 6.10.2011, I ZR 54/10, Tz. 15 – Kreditkontrolle
Eine auslegungsbedürftige Antragsformulierung kann hinzunehmen sein, wenn eine weitere Konkretisierung nicht möglich ist und die Antragsformulierung zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes im Hinblick auf eine bestimmte Geschäftspraxis erforderlich erscheint. Davon ist aber nicht auszugehen, wenn die Klägerin sich mit der Formulierung des Klageantrags an der konkreten Verletzungsform orientieren kann, ohne dass für sie damit ein effektiver Rechtsschutz gefährdet wäre.
ebenso BGH, Urt. v. 4.5.2016, I ZR 58/16, Tz. 20 - Segmentstruktur; BGH, Urt. v. 5.10.2010, I ZR 46/09, Tz. 10 – Verbotsantrag bei Telefonwerbung; BGH, Urt. v. 6.10.2011, I ZR 117/10, Tz. 19, 27 – Delan; BGH, Urt. v. 19.7.2012, I ZR 40/11, Tz. 42 - Pharmazeutische Beratung über Call-Center BGH, Urt. v. 21.5.2015, I ZR 183/13, Tz. 13 - Erfolgsprämie für die Kundengewinnung; BGH, Urt. v. 11.6.2015, I ZR 226/13, Tz. 13 - Deltamethrin
BGH, Urt. v. 6.10.2011, I ZR 117/10, Tz. 27 – Delan
Dem Erfordernis der fehlenden Möglichkeit weiterer Konkretisierung steht der Umstand gleich, dass der Klägerin die Konkretisierung aus Geheimhaltungsinteressen nicht zumutbar ist.
BGH, Urt. v. 9. 9. 2004, I ZR 93/02, II.4.a) - Ansprechen in der Öffentlichkeit II
In besonders gelagerten Fällen können bei der Bemessung der Anforderungen, die zur Sicherung der Bestimmtheit des Unterlassungsantrags und des entsprechenden Urteilsausspruchs aufzustellen sind, die Erfordernisse der Gewährung eines wirksamen Rechtsschutzes mit abzuwägen sein. Die Anforderungen an die Konkretisierung des Streitgegenstands in einem Unterlassungsantrag sind demgemäß auch abhängig von den Besonderheiten des jeweiligen Sachgebiets.
OLG Hamburg, Urt. v. 3.5.2012, 3 U 155/10, II.1.a
Auch aus dem Umstand, dass die Beschlussverfügung ... ohne Begründung erlassen und ohne die Antragsschrift zugestellt worden ist, ergibt sich keine Unbestimmtheit des geltend gemachten Unterlassungsantrages. Die Beschlussverfügung bedarf gemäß §§ 936, 922 Abs. 1 S. 2 ZPO keiner Begründung, wenn sie dem Antrag voll stattgibt (Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, 2011, § 12 Rn. 3.23; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Auflage, 2011, § 55 Rn. 5). Eine Zustellung der Antragsschrift ist nicht erforderlich. Es ist vielmehr Sache des Schuldners, sich die Antragsschrift zu beschaffen, um Verstöße gegen die erlassene Verfügung zu vermeiden.