1. Maßgebliche Verjährungsvorschriften
2. Voraussetzungen der Verjährung
3. Grob fahrlässige Unkenntnis
4. Verjährung des Schadenersatzanspruchs
5. Verhältnis von UWG-Verjährung zur Verjährung anderer Ansprüche
6. UWG und Unterlassungsklagegesetz
Hemmung durch ein einstweiliges Verfügungsverfahren
Hemmung der Verjährung bei unzumutbarer Rechtsverfolgung
Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen
Keine Hemmung der Verjährung durch negative Feststellungsklage
Lit.: Ott, Michael, Die Hemmung der Verjährung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche, WRP 2018, 539
Maßgebliche Verjährungsvorschriften
§ 11 UWG
(1) Die Ansprüche aus den §§ 8, 9 und 13 Absatz 3 verjähren in sechs Monaten.
(2) Die Verjährungsfrist beginnt, wenn
1. der Anspruch entstanden ist und
2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(3) Schadensersatzansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung, spätestens in 30 Jahren von der den Schaden auslösenden Handlung an.
(4) Andere Ansprüche verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in drei Jahren von der Entstehung an.
§ 8 verweist auf den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch, § 9 auf den Schadenersatzanspruch und § 13 Abs. 3 auf den Aufwendungsersatzanspruch des Anspruchsstellers. Die kurze Verjährung gilt auch für Hilfsansprüche zur Durchsetzung der Hauptansprüche, insbesondere den Auskunftsanspruch zur Durchsetzung des Beseitigungsanspruch oder zur Vorbereitung des Schadenersatzanspruchs.
OLG Rostock, Beschl. v. 2.8.2021, 2 U 17/20, Tz. 112
Der Verjährung unterliegen kann nach der insoweit klaren Fassung des Gesetzes stets nur der „Anspruch“ (§ 194 Abs. 1 BGB), ... gleich aus welchem Unlauterkeitstatbestand die Anspruchsentstehung (hier § 4 Nr. 1 UWG oder in § 4 Nr. 4 UWG) folgt.
Die kurze Verjährung des § 11 UWG gilt dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 UWG nach nicht für Gegenansprüche des Anspruchsgegners aus § 13 Abs. 5 UWG in Fällen einer inhaltswidrigen oder unberechtigten Abmahnung oder aus § 8c Abs. 3 UWG in Fällen einer missbräuchlichen Abmahnung. Allerdings wird vertreten, dass § 11 Abs. 1 UWG auf diese Ansprüche analog angewendet werden müsse. Dem Wortlaut der Norm nach fehlt es dafür aber im Zusammenspiel von § 11 Abs. 1 mit Abs. 4 UWG an einer Regelungslücke. Andererseits ist zu bedenken, dass der Gesetzgeber sich über den Anspruch aus § 13 Abs. 5 bei der Gesetzesänderung 2022 möglicherweise gar keine Gedanken gemacht hat. In der Gesetzesbegründung findet sich zu § 11 auf S. 30 nur der Hinweis, dass der Verweis auf die frühere Anspruchsgrundlage (in § 12 Abs. 1 S. 2 a.F.) 'angepasst' wurde. Allerdings entspricht andererseits die Privilegierung des Abgemahnten bei inhaltswidrigen oder unberechtigten Abmahnungen durchaus der Intention des Gesetzes zur Stärkung des faires Wettbewerbs, wie das UWG-Reformgesetz 2020 heißt, mit dem § 13 Abs. 5 UWG eingeführt wurde.
OLG Köln, Urt. v. 30.8.2024, 6 U 10/23, Tz. 66
§ 11 Abs. 1 UWG mit seiner kurzen Verjährungsfrist ist auf den Aufwendungserstattungsanspruch nach § 13 Abs. 5 UWG nicht anwendbar, sondern vielmehr ist die der Regelverjährung entsprechende dreijährige Verjährungsfrist des § 11 Abs. 4 UWG einschlägig. Bereits die Regelungssystematik mit der enumerativen Aufzählung von Tatbeständen, auf die die kurze Verjährung Anwendung finden soll (§ 11 Abs. 1 UWG) spricht gegen das von der Klägerin angenommene Redaktionsversehen. Soweit ersichtlich wird dies auch von niemandem vertreten, sondern vielmehr einhellig angenommen, dass der Anspruch aus § 13 Abs. 5 UWG der Verjährungsregelung des § 11 Abs. 4 UWG unterfällt (vgl. Fritzsche, in: MüKoUWG, 3. Aufl. 2022, § 11 Rn. 54a; Omsels/Zott WRP 2021, 278, 284 Rn. 50; Sosnitza GRUR 2021, 671, 674).
Wenn eine Analogie abgelehnt wird, unterliegen die Ansprüche aus § 13 Abs. 5 und § 8c Abs. 3 UWG der Verjährungsfrist des § 11 Abs. 4 UWG (= drei Jahre ab Entstehung des Anspruchs). Das entspricht einem Urteil des
LG Hannover, Urt. v. 27.10.2022, 13 O 64/22
Für einen Anspruch gem. § 13 Abs. 5 UWG ist die allgemeine regelmäßige Verjährungsfrist anwendbar. Diese beträgt gem. § 195 BGB 3 Jahre und beginnt gem. § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. ...
Die kurze Verjährungsfrist gern. § 11 Abs. 1 UWG gilt nach seinem eindeutigen Wortlaut nur für Ansprüche aus den §§ 8, 9 Absatz 1 und § 13 Absatz 3 UWG und ist damit nicht für den Anspruch aus § 13 Abs. 5 UWG anwendbar. Die Vorschrift ist auch nicht analog anzuwenden. Dagegen spricht neben dem eindeutigen Gesetzeswortlaut auch der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 13 Abs. 5 UWG. Dieser neu geschaffene Anspruch dient dazu, den finanziellen Anreiz für Abmahnungen zu reduzieren und den Abmahnenden wegen der damit verbundenen Kostenfolgen zu einer sorgfältigen Prüfung zu veranlassen, bevor eine Abmahnung ausgesprochen wird (BT-Drs 19/12084, S. 32 und 33). Dies rechtfertigt es aber auch, diesen Anspruch im Hinblick auf die Verjährung anders zu behandeln, als den Abmahnkostenanspruch gern. § 13 Abs. 3 UWG (vgl. so im Ergebnis auch MüKoUWG/Fritzsche UWG § 11 Rn. 36; Sosnitza in: Wettbewerbsprozessuale Fragen nach dem „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs", GRUR 2021, 671; Omsels/Zott WRP 2021, 278, Rn. 50). Es handelt sich gerade nicht um ein actus contrarius zur Abmahnung. Dies schon deshalb nicht, weil die Abmahnung inhaltlich berechtigt sein kann aber dennoch Kosten auslösen kann, wenn sie formell fehlerhaft gewesen ist.
Auch weitergehende Ansprüche des Anspruchsgegners aus §§ 812, 823 ff BGB werden von der kurzen Verjährungsfrist des § 11 UWG nicht erfasst.
Voraussetzungen der Verjährung
Rechtsansprüche aus der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Norm verjähren nach sechs Monaten (§ 11 UWG) ab dem Zeitpunkt, zu dem der Anspruchsinhaber Kenntnis oder grob gahrlässig keine Kenntnis über den Vorgang und den Verantwortlichen hatte, um dagegen vorzugehen. Wegen der kurzen Verjährung ist der Anspruchsinhaber gezwungen, schnell zu handeln.
BGH, Urt. v. 25.4.2012, I ZR 105/10, Tz. 53 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT
Die für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderliche Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis von der Person des Verletzers setzt voraus, dass dem Verletzten die für die Identifizierung des Verantwortlichen relevanten Tatsachen so vollständig und sicher bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt sind, dass sie einen zwar nicht risikolosen, aber doch einigermaßen aussichtsreichen Erfolg einer Klage versprechen und dem Verletzten daher bei verständiger Würdigung der Sachlage eine Klage zuzumuten ist.
BGH, Urt. v. 14.1.2016, I ZR 65/14, Tz. 55 - Freunde finden
Nach § 11 Abs. 1 UWG verjähren Unterlassungsansprüche aus § 8 UWG in sechs Monaten. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 11 Abs. 2 UWG, wenn der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2). Ein auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gestützter Unterlassungsanspruch entsteht mit der Begehung der die Wiederholungsgefahr begründenden Verletzungshandlung.
Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.2020, 15 U 83/20
Für die Verjährung kommt es allein auf die Kenntnis der Tatsachen an, aus denen ein Rechtsanspruch resultiert. Die rechtliche Bewertung der Tatsachen ist unerheblich.
OLG Frankfurt, Urt. v. 23.11.2017, 6 U 224/16, II.1.e
Für die Verjährung ohne Bedeutung ist, welche rechtliche Beurteilung der Abmahnung zugrunde lag. … Maßgeblich ist die Tatsachenkenntnis.
Im Hinblick auf die Verjährung ist zwischen Dauerhandlungen und Einzelakten zu unterscheiden. Der Lauf der Verjährung für Ansprüche aus einer Dauerhandlung beginnt erst mit dem Ende der Dauerhandlung. Bei Einzelhandlungen ist jeder Einzelakt getrennt zu beurteilen.
Einerseits
OLG Frankfurt, Urt. v. 23.11.2017, 6 U 224/16, II.1.e
Von einer "Dauerhandlung", bei der die Verjährung nicht beginnen kann, solange der Eingriff noch fortdauert (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, 35. Aufl., UWG, § 11 Rn. 1.21), kann nicht ausgegangen werden. Als Dauerhandlungen können nur einheitliche Handlungsakte wie z.B. das Einstellen und Belassen einer wettbewerbswidrigen Werbung in das Internet angesehen werden (vgl. BGH GRUR 2007, 631, Tz. 21 - Abmahnaktion; BGH, Urt. v. 15.8.2013, I ZR 188/11, Tz. 29 - Hard Rock Cafe). Der fortlaufende Vertrieb von Produkten stellt sich hingegen als eine Vielzahl von Einzelhandlungen dar (vgl. Senat, Urt. v. 5.10.2017, 6 U 141/16; BGH GRUR 1999, 751 - Güllepumpen). Für den Beginn der jeweiligen Verjährungsfrist ist an den Zeitpunkt der einzelnen Handlung anzuknüpfen. Die Verjährung beginnt insbesondere nicht erst dann, wenn die Ware wieder zurückgerufen wurde.
Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 4.10.2018, 6 U 179/17.II.1.q; OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.2020, 15 U 83/20; OLG München, Urt. v. 30.9.2021, 6 U 6754/20, Tz. 248 – muenchen.de
Das gilt aber nicht bei Schadenersatzansprüchen:
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.5.2021, 6 U 39/20, II.5
Beim Schadensersatzanspruch und dem Auskunftsanspruch gilt dies nicht, weil die Fortdauer der Handlung fortlaufend neue Schäden und damit neue Ersatzansprüche erzeugt. Diese Ansprüche sind vergangenheitsbezogen und haben jeder für sich ihre wirtschaftliche Bedeutung. Daher ist es gerechtfertigt, für den Beginn der Verjährungsfrist an den Zeitpunkt der einzelnen Handlung anzuknüpfen, die Dauerhandlung also zeitlich in Teilakte (d.h. in Tage) aufzuspalten, für die dann jeweils eine gesonderte Verjährungsfrist läuft (BGH GRUR 2015, 780, Tz 23 - Motorradteile; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Schulz, 4. Aufl. 2016, UWG § 11 Rn 80-84).
Andererseits
BGH, Urt. v. 14.1.2016, I ZR 65/14, Tz. 55 - Freunde finden
Begeht der Verletzer ... mehrere gleichgelagerte Rechtsverstöße, so setzt jede dieser Handlungen eine eigenständige Verjährungsfrist in Lauf.
Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 26.11.2020, 15 U 83/20
Wissensvertreter (§ 166 BGB)
BGH, Urt. v. 14.1.2016, I ZR 65/14, Tz. 60 f - Freunde finden
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen für den Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich auf die Person des Gläubigers abzustellen. Im Fall der gesetzlichen Vertretung muss sich der Vertretene das Wissen seines gesetzlichen Vertreters zurechnen lassen. Demgegenüber ist die Kenntnis eines rechtsgeschäftlichen Vertreters für den Verjährungsbeginn regelmäßig unerheblich. Die Vorschrift des § 166 BGB ist in diesem Bereich wegen des Zwecks der Verjährungsvorschriften nicht anwendbar.
Nach Treu und Glauben ist es einem Anspruchsteller allerdings verwehrt, sich auf eigene Unkenntnis zu berufen, wenn er sich eines sogenannten Wissensvertreters bedient, den er mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten, insbesondere mit der Betreuung und Verfolgung des in Frage stehenden Anspruchs in eigener Verantwortung betraut hat. In dieser Konstellation muss sich der Anspruchsteller vielmehr das Wissen des Dritten in analoger Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (st. Rspr.). Weil diese Wissenszurechnung auf der Erwägung beruht, dass der Geschäftsherr aus einer geschäftsorganisatorisch bedingten Wissensaufspaltung keine Vorteile ziehen soll, findet zwar eine Zurechnung geschäftlich erlangten Wissens, nicht aber privater Kenntnisse statt, sofern nicht ausnahmsweise der Geschäftsherr aus Gründen des Verkehrsschutzes zur Organisation eines Informationsaustauschs verpflichtet ist, der auch privat erlangtes Wissen umfasst.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.04.2010, I-20 U 25/09, Tz. 23 f
Maßgeblich ist grundsätzlich die Kenntnis des Gläubigers, im Falle einer juristischen Person wie der Klägerin kommt es zunächst auf die Kenntnis ihrer Organe an. Dem Gläubiger wird dabei aber die Kenntnis seines Wissensvertreters zugerechnet. Dies beruht auf der Überlegung, dass innerhalb eines Unternehmens nicht auf die zufällige Kenntnis eines Beschäftigten abgestellt werden kann, sondern nach dem Rechtsgedanken des § 166 BGB nur die Kenntnis solcher Personen von Bedeutung ist, die nach der betrieblichen Organisation für die Aufnahme und Weiterleitung wettbewerbsrechtlich relevanter Informationen zwecks Verfolgung von Wettbewerbsverstößen zuständig sind oder von denen dies aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen typischerweise erwartet werden kann. Während einerseits rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht nicht erforderlich ist, ist die Kenntnis rechtsgeschäftlicher Vertreter, die nicht zugleich die Voraussetzungen des Wissensvertreters erfüllen, nicht ausreichend. Ob danach eine Wissenszurechnung stattfindet, ist auf Grund einer wertenden Beurteilung zu entscheiden. Notwendig ist jedenfalls, dass die Aufnahme, Bearbeitung und Weiterleitung wettbewerbsrechtlich erheblicher Informationen auch und gerade der jeweils in Rede stehenden Art in den Aufgabenkreis des Wissensvertreters fällt.
… Maßgeblich ist für die Einordnung als Wissensvertreter, dass eine entsprechende Informationspflicht gerade zu dem Zweck besteht, Wettbewerbsverstöße Dritter zu verfolgen.
Bei einem Verband kommt es auf dessen Kenntnis an. Die frühere Kenntnis eines Verbandsmitglieds ist auch dann irrelevant, wenn es den Verband auf den Vorgang hingewiesen hat, der dann zur Tätigkeit des Verbandes führte.
OLG Hamm, Urt. v. 21.3.2017, 4 U 167/16, Tz. 80
Vorliegend kommt es hierbei hinsichtlich der Kenntniserlangung allein auf die Klägerin an. Denn Gläubigerin des Unterlassungsanspruchs ist allein sie. Sie macht nicht Ansprüche ihrer Mitglieder, sondern einen eigenen Anspruch geltend, wie sich aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ergibt. Die Kenntnis ihrer Mitglieder kann ihr grundsätzlich nicht zugerechnet werden (vgl. KG, WRP 1992, 564, 566; OLG Bamberg, GRUR 2007, 167; OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2007, 51), auch wenn diese auf dem gezielten Einsatz Dritter zur Ermittlung von Wettbewerbsverstößen beruhen mag. Denn weder die Mitgliedsunternehmen noch deren Beauftragte sind Wissensvertreter der Klägerin (zu den Anforderungen u.a. Palandt-Ellenberger, BGB, 76. Aufl., § 166 Rn. 6).
Grob fahrlässige Unkenntnis
BGH, Urt. v. 25.4.2012, I ZR 105/10, Tz. 55 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT
Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder naheliegende Erkenntnis- oder Informationsquellen nicht genutzt und unbeachtet gelassen hat, was jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß bei der Verfolgung seines Anspruchs vorzuwerfen sein.
ebenso BGH, Urt. v. 16.6.2016, I ZR 222/14, Tz. 28 - Geburtstagskarawane
OLG Celle, Beschl. v. 4.10.2017, 13 U 78/17, II.1.d
Grobe Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn die Unkenntnis auf einer besonders schweren Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt beruht. Das ist ohne weiteres anzunehmen, wenn der Gläubiger die Augen vor einer sich geradezu aufdrängenden Kenntnis verschließt, wenn er eine auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeit nicht nutzt oder wenn er sich die erforderliche Kenntnis ohne nennenswerte Kosten und Mühen in zumutbarer Weise beschaffen kann. Grobe Fahrlässigkeit liegt daher schon dann vor, wenn der Schuldner bei dem Verdacht eines Verstoßes die üblichen Erkenntnis- und Informationsquellen nicht nutzt, mag dazu auch ein gewisser Zeit- und Kostenaufwand erforderlich sein. Dagegen ist es dem Gläubiger nicht zuzumuten, unübliche und kostenträchtige Ermittlungen durchzuführen. Auch besteht für den Gläubiger keine allgemeine Marktbeobachtungspflicht im Hinblick auf Wettbewerbsverstöße (vgl. zu allem Vorstehenden Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 11 Rn. 1.28 m. w. N.).
Verjährung des Schadenersatzanspruchs
BGH, Urt. v. 15.1.2015, I ZR 148/13, Tz. 13 - Motorradteile
Die Regelung des § 852 BGB … gilt … im Wettbewerbsrecht (vgl. BGH, GRUR 1999, 751, 754 - Güllepumpen). Demnach gilt im gewerblichen Rechtsschutz und im Urheberrecht allgemein der Grundsatz, dass das durch eine Schutzrechtsverletzung oder einen Wettbewerbsverstoß Erlangte auch nach Eintritt der Verjährung des Anspruchs aus unerlaubter Handlung als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben ist (vgl. auch Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, BT-Drucks. 14/6040, S. 270).
BGH, Urt. v. 14.1.1999, I ZR 203/96 – Güllepumpen (= GRUR 1999, 751)
Die Regelung des § 852 Abs. 3 BGB greift ein, da Wettbewerbsverstöße unerlaubte Handlungen darstellen und das UWG insoweit keine abweichende Regelung enthält (vgl. BGH GRUR 1995, 1995, 681 - Kurze Verjährungsfrist). Daraus folgt, daß das durch eine unerlaubte Wettbewerbshandlung Erlangte auch nach Eintritt der Verjährung als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben ist. Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen Bereicherungsanspruch, sondern um einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der jedoch in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist. Die Verweisung bezieht sich daher auf den Umfang und nicht auf die Voraussetzungen der Bereicherungshaftung (BGH GRUR 1978, 492 - Fahrradgepäckträger II).
OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.2013, 11 U 48/08, Tz. 84
Nach Eintritt der Verjährung ist das durch eine unerlaubte Wettbewerbshandlung Erlangte als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben ist. Es handelt sich dabei nicht um einen Bereicherungsanspruch, sondern um einen Anspruch aus unerlaubter Handlung, der in Höhe der Bereicherung nicht verjährt ist (vgl. BGH GRUR 1999, 751, 753 f - Güllepumpen).
Verhältnis von UWG-Verjährung zur Verjährung anderer Ansprüche
Schwierig ist die Bestimmung der Verjährung in den Fällen, in denen ein Anspruch aus dem UWG mit einem Anspruch aus einem anderen Gesetz zusammen stößt, der nicht so schnell verjährt, z. B. einem Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.
BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 136/09, Tz. 56 - Flughafen Frankfurt-Hahn
Erfüllt ein Wettbewerbsverhalten zugleich einen Tatbestand des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und die Voraussetzungen der §§ 823, 824 oder 826 BGB, unterliegt grundsätzlich jeder der sich daraus ergebenden Ansprüche der für ihn geltenden besonderen Verjährung. Insbesondere schließen die lauterkeitsrechtlichen Vorschriften die Anwendung der Vorschriften des bürgerlichen Rechts nicht schlechthin als Spezialgesetze aus, wenn eine geschäftliche Handlung vorliegt. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob eine der Bestimmungen als erschöpfende und deshalb die anderen ausschließende Regelung der jeweiligen Teilfrage anzusehen ist, was auch für die Verjährung gilt. Aus dem Umstand allein, dass ein Verhalten gegen Vorschriften des Lauterkeitsrechts verstößt, ist nicht zu schließen, dass Art und Maß der sich daran anknüpfenden Haftung in jedem Fall dort abschließend geregelt sind.
OLG Hamm, Urt. v. 16.4.2024, 4 U 151/22, Tz. 68
Der Unterlassungsanspruch auf der Grundlage … einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung im Sinne des § 826 BGB ist nicht verjährt. Es gilt die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB, die nicht durch die kurzen lauterkeitsrechtlichen Verjährungsfristen nach § 11 Abs. 1 UWG verdrängt wird (vgl. BGH, Urteil vom 18.02.1977 - 1 ZR 112175 - [Prozeßrechner], juris, Rdnr. 51; BGH, Urteil vom 27.11.1963 - lb ZR 49/62 - [Düngekalkhandel], juris, Rdnr. 21; BGH, Urteil vom 22.12.1961 - I ZR 152159 - [Gründerbildnis], juris, Rdnr. 9; RGZ 74, 434 [436]; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 42. Aufl. [2024], § 11 Rdnr. 1.11).
BGH, Urt. v. 10.2.2011, I ZR 136/09, Tz. 57 - Flughafen Frankfurt-Hahn
Ist die verletzte Norm sowohl ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB als auch eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (heute § 3a UWG), ist darauf abzustellen, ob der Schwerpunkt des Unrechtsgehalts der verletzten Norm im Lauterkeitsrecht liegt. Nur wenn dies der Fall ist, gilt die kurze Verjährungsfrist des § 11 UWG.
KG Berlin, Beschl. v. 4.7.2012, 24 U 30/11, 2.a (= MD 2012, 838)
Es ist allgemein anerkannt, dass Ansprüche, die mit auf das UWG gestützten Ansprüchen konkurrieren, grundsätzlich selbständig innerhalb der für sie geltenden Frist verjähren; anderes gilt nur dann, wenn die UWG-Regelung hinsichtlich der Verjährung und ihrer ratio legis als erschöpfend anzusehen ist.
Aber:
KG, Urt. v. 15.9.2021, 5 U 35/20, Tz. 87
Bei der Verletzung von absoluten Rechten iSd. § 823 Abs. 1 BGB kann selbst bei Bestehen von konkurrierenden Ansprüchen aus dem UWG für Ansprüche aus dem BGB die Verjährung gem. §§ 195, 199 BGB und nicht die des § 11 UWG gelten (Hohlweck in: Büscher, UWG, 2. Aufl., § 11 Rn. 22 f.; Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl. 2021, § 11 Rn. 1.7 f.). Umso mehr muss dies gelten, wenn überhaupt keine Ansprüche aus dem UWG mit den Ansprüchen aus dem BGB konkurrieren. Dass zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen für den Anspruch auf Unterlassung von E-Mail-Werbung - inhaltlich - der Maßstab des § 7 Abs. 2 UWG zu beachten ist, führt nicht dazu, dass auch § 11 UWG anzuwenden wäre (im Ergebnis so auch OLG Hamm, Beschl. v. 16.2.2016, I-24 U 132/15, Tz. 6; Fritzsche in: MüKoUWG, 2. Aufl., § 11 Rn. 69).
UWG und Unterlassungsklagegesetz (UKlaG)
KG Berlin, Beschl. v. 4.7.2012, 24 U 30/11, 2.a (= MD 2012, 838)
Da Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften sowohl Ansprüche nach dem UKlaG als auch nach dem UWG begründen können, können die jeweiligen Ansprüche nach zutreffender und - soweit ersichtlich - auch herrschender Auffassung nach den für sie geltenden Prozess- und materiellrechtlichen Voraussetzungen (z.B. Verjährungsregelungen) eigenständig geltend gemacht werden. ...
Der Unterlassungsanspruch nach §§ 2, 3 UKlaG unterliegt der allgemeinen dreijährigen Verjährungsfrist nach § 195, 199 BGB.
Da Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften sowohl Ansprüche nach dem UKlaG als auch nach dem UWG begründen können, können die jeweiligen Ansprüche nach zutreffender und - soweit ersichtlich - auch herrschender Auffassung nach den für sie geltenden Prozess- und materiellrechtlichen Voraussetzungen (z.B. Verjährungsregelungen) eigenständig geltend gemacht werden. ...
Hemmung der Verjährung
§ 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung
(1) Die Verjährung wird gehemmt durch
1. die Erhebung der Klage auf Leistung ...
3. die Zustellung des Mahnbescheids ...
5. die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6. die Zustellung der Streitverkündung, ...
9. die Zustellung des Antrags auf Erlass ... einer einstweiligen Verfügung ..., oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn ... die einstweilige Verfügung ... innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird, ...
(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.
(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.
Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
Hemmung durch ein einstweiliges Verfügungsverfahren
Für die Hemmung der Verjährung in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten ist § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB von Bedeutung. Danach hemmt die Beantragung einer einstweiligen Verfügung die Verjährung des Anspruchs, der im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemacht wurde, wenn der Antrag oder die einstweilige Verfügung dem Antragsgegner zugestellt wird.
BGH, Vorlagebeschl. v. 28.1.2016, I ZR 231/14, Tz. 34 f – MeinPaket.de
Für die Reichweite der Hemmung der Verjährung durch einen Verfügungsantrag kommt es auf den Streitgegenstand des Verfügungsverfahrens an. …
Bei der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage bildet die konkrete Verletzungsform den Streitgegenstand, wenn mit der Klage ein entsprechendes Unterlassungsbegehren verfolgt wird. Der Streitgegenstand umfasst in diesem Fall - unabhängig davon, ob der Kläger sich auf diese Rechtsverletzung gestützt und den zu dieser Rechtsverletzung gehörenden Tatsachenvortrag gehalten hat - alle Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform verwirklicht sind, auch wenn die verschiedenen Verletzungen jeweils einen unterschiedlichen Tatsachenvortrag erfordern (BGH, Urt. v. 13.9.2012, I ZR 230/11, Tz. 19, 24 - Biomineralwasser).
OLG Frankfurt, Urt. v. 11.7.2016, 6 U 100/15, II.4
Wegen der Dispositionsmaxime darf ein gerichtliches Verbot nur auf solche Beanstandungen gestützt werden, die vom Kläger im Verfahren erhoben werden. Im Fall einer Irreführungsgefahr darf es nur mit einer Irreführung begründet werden, auf die sich der Kläger konkret berufen hat. Daraus folgt nach Auffassung des erkennenden Senats zugleich, dass die Verjährungshemmung eines gegen die konkrete Verletzungsform gerichteten Eilantrages (§ 204 I Nr. 9 ZPO) nur für solche Beanstandungen eintritt, die in der Antragsschrift zur Begründung des Unterlassungsbegehrens genannt sind.
OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 24.05.2016, 6 U 171/14, II.2.b
Richten sich der Eilantrag und der Hauptsacheantrag gegen die konkrete Verletzungsform, so legt diese den zur Bestimmung des Streitgegenstands maßgeblichen Lebenssachverhalt fest (BGH GRUR 2013, 401, Tz. 24 -Biomineralwasser).
Für andere Ansprüche, die wegen einer unzulässigen geschäftlichen Handlung bestehen, tritt jedoch keine Hemmung ein. D.h. bspw., dass die Verjährung des Unterlassungsanspruchs, der im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemacht wird, dadurch gehemmt wird, der Kostenerstattungsanspruch wegen der vorgerichtlichen Abmahnung des Unterlassungsanspruchs, der nicht im einstweiligen Verfügungsverfahren geltend gemacht wird, aber nicht. Um wegen der anderen Ansprüche den Lauf der Verjährung zu unterbrechen, muss eine Klage eingereicht oder ein Mahnverfahren eingeleitet werden.
Das Ende der Hemmung bestimmt § 204 Abs. 2 BGB. Nach Ende der Hemmung beginnt die Verjährung nicht neu. Vielmehr beginnt die Restzeit der sechsmonatigen Verjährung, die bis zum Eintritt des hemmenden Ereignisses noch nicht verstrichen war, zu laufen.
Die Hemmung der Verjährung tritt im übrigen in jedem Falle der Beantragung einer einstweiligen Verfügung ein. Es ist unerheblich, ob die Beantragung zulässig oder im beantragten Umfang begründet war. Unerheblich ist auch, ob die einstweilige Verfügung im Laufe des Verfahrens unzulässig oder unbegründet wurde, z.B. weil der Antragsteller durch sein Verhalten die Vermutung der Dringlichkeit widerlegt hat.
OLG Köln, Urt. v. 6.2.2013, 6 U 127/12, Tz. 33
Selbst von Anfang an unzulässige oder unbegründete Anträge im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes lösen die Wirkung des § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB aus; maßgeblich ist allein, dass der Schuldner vom Durchsetzungswillen seines Gläubigers erfährt und kein Vertrauen auf den ungehinderten Fristablauf bilden kann.
Ebenso OLG Hamm, Urt. v. 20.7.2021, 4 U 72/20, Tz. 152 ff
Anders aber bei einem unbestimmten Verfügungsantrag:
OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 24.05.2016, 6 U 171/14, II.2.b
Der vorliegende Fall birgt die Besonderheit, dass der im Eilverfahren gestellte Antrag inhaltlich zu unbestimmt war und deshalb keine Hemmungswirkung entfalten konnte (vgl. dazu Palandt-Ellenberger, BGB 75. Aufl., Rn 4 zu § 204 ZPO): ...
Der Eilantrag war auf ein Verbot einer Werbeaussage gerichtet und in dieser Form zu weitgehend und unbestimmt, weil er die vermeintlichen Funktionsbeeinträchtigungen nicht erfasst hat. Dieses Versäumnis kann der Klägerin jetzt aber nicht zum Vorteil gereichen. Vielmehr kann die Verjährungshemmung hier nur solche Vorwürfe erfassen, die bereits im Eilantrag genannt worden sind.
Andererseits wieder
OLG Köln, Urt. v. 14.02.2014 - 6 U 120/13, II.1.b
Auch wenn es sich bei Haupt- und Hilfsantrag aufgrund der unterschiedlich formulierten Anträge um unterschiedliche Streitgegenstände handelt, so ist bereits durch die erhobene Klage mit dem (späteren) Hauptantrag die Verjährung auch für den Hilfsantrag gehemmt worden. Dies folgt jedenfalls aus § 213 BGB, nach dem die Hemmung auch solche Ansprüche erfasst, die aus demselben Grunde an Stelle des klageweise geltend gemachten Anspruchs gegeben sind. Durch diese Vorschrift wird die Hemmungswirkung über den Streitgegenstand hinaus auf weitere Ansprüche erweitert. Voraussetzung ist lediglich, dass die Ansprüche gegen den gleichen Schuldner und auf das gleiche wirtschaftliche Interesse gerichtet sind (BT-Drucks. 14/6040, S. 122; MünchKomm/Grothe, BGB, § 213 Rn. 3). Diese Voraussetzung liegt vor, wenn der Kläger sowohl mit dem Haupt- als auch dem Hilfsantrag das wirtschaftliche Ziel verfolgt, der Beklagten eine bestimmte Werbung zu untersagen.
OLG München, Urt. v. 20.10.2016, 6 U 2046/16, II.A.2.e
Zwar trifft es zu, dass der ursprünglich gestellte Unterlassungsantrag nicht hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO war und daher grundsätzlich erst mit der Rechtshängigkeit des konkretisierten Antrags dessen Hemmungswirkung eintreten konnte. Jedoch bestand trotz des zunächst unbestimmten Antrags kein Zweifel daran, auf welchen Sachverhalt sich der Antrag im Kern bezog, bzw. daran, dass mit der Unterlassungsklage – auch wenn der zunächst gestellte Antrag den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO noch nicht entsprach – jedenfalls die Unterlassung der konkreten Verletzungsform begehrt wurde, so dass auch der noch nicht hinreichend bestimmte Klageantrag die Verjährung hemmen konnte(vgl. BGH GRUR 1998, 481, 483 – Auto ʹ94; BGH GRUR 2004, 517, 519 – E-Mail-Werbung.
Hemmung der Verjährung bei unzumutbarer Rechtsverfolgung
BGH, Urt. v. 16.6.2016, I ZR 222/14, Tz. 42 - Geburtstagskarawane
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der Verjährungsbeginn aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit zwar grundsätzlich allein die Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände voraus. Nicht erforderlich ist in der Regel, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Ausnahmsweise kann die Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn aber hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechts-kundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesen Fällen fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn. Das gilt erst recht, wenn der Durchsetzung des Anspruchs eine höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensteht
Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen
OLG Brandenburg, 27.8.2024, 6 U 3/23
Die Verjährung ist nach der auf § 11 UWG entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 203 Satz 1 BGB gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände verweigert. Zweck der Vorschrift ist es, Verhandlungen, die begrifflich weit auszulegen sind, von dem zeitlichen Druck einer ablaufenden Verjährungsfrist zu befreien. Der Gläubiger soll nicht gezwungen werden, den Anspruch, über den verhandelt wird, vorsichtshalber durch Klageerhebung oder in anderer die Verjährung hemmender Weise geltend zu machen.
Keine Hemmung der Verjährung durch negative Feststellungsklage
BGH, Urt. v. 15.8.2012, XII ZR 86/11, Tz. 27
Die in den §§ 203, 204 Abs. 1 BGB enthaltenen Hemmungstatbestände verlangen, dass der Gläubiger aktiv seinen Anspruch verfolgt, um den Eintritt der Verjährung zu verhindern. Deshalb genügt ... weder die Erhebung einer negativen Feststellungsklage durch den Schuldner noch die Verteidigung des Gläubigers hiergegen, um eine Hemmung der Verjährung zu bewirken.
Ebenso OLG Hamburg, Beschl. v. 20.8.2018, 3 U 141/18 – Unterlassener Ordnungsmittelantrag
Zustellung 'demnächst'
Die Verjährung von Ansprüchen wird durch die Beantragung eines Mahnbescheids oder einer Klage, die Verjährung des Unterlassungsanspruchs auch durch die Beantragung einer einstweiligen Verfügung gehemmt. Voraussetzung ist aber, dass die Zustellung an den Anspruchsgegner gemäß § 167 ZPO 'demnächst' erfolgt. Welche Zeitspanne 'demnächst' erfasst, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
OLG Köln, Urt. v. 18.10.2013, 6 U 11/13. Tz. 99 - Seilwinde
Bei Zustellungen im Ausland ist bei der Auslegung des Begriffes „demnächst“ im Rahmen des § 167 ZPO ein eher großzügiger Maßstab anzulegen; auch mehrmonatige Verzögerungen schaden selbst bei Zustellungen im Raum der Europäischen Union nicht. Es ist auch unschädlich, dass die Klägerin nicht bereits bei Klageeinreichung die förmliche Zustellung im Ausland beantragt und weitere Exemplare der Klageschrift erst auf Anforderung des Landgerichts eingereicht hat. Mit der Einreichung der Klageschrift und der Angabe der ausländischen Anschrift der Beklagten hatte die Klägerin alles Erforderliche getan, um die Auslandszustellung einzuleiten, und durfte abwarten, ob und welche Auflagen ihr das Gericht machen würde (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2003, V ZR 414/02 - NJW 2003, 2830, 2831 f.). Durch die danach „demnächst“ erfolgte Klagezustellung konnte die im April 2010 eingereichte Klage gemäß den §§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO die Verjährungsfrist des § 11 Abs. 1 UWG hemmen.
Darlegung- und Beweislast
BGH, Urt. v. 11.7.2024, I ZR 164/23, Tz. 112 - nikotinhaltige Liquids
Die Unterlassungsschuldnerin trägt die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Unterlassungsgläubigers. Nur soweit es um Umstände aus der Sphäre des Unterlassungsgläubigers geht, hat dieser an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seiner Ansprüche und der Person des Unterlassungsschuldners getan hat.
OLG Köln, Urt. v. 4.9.2015, 6 U 7/15, Tz. 73
Der Anspruchsgegner ist für die Voraussetzungen der Verjährung darlegungs- und beweisbelastet.