Beim subjektiven Tatbestand geht es um die Frage, inwieweit einem Unternehmer ein Verhalten untersagt werden kann, wenn er die einzelnen Umstände, die sein Verhalten begleiten und für die rechtliche Beurteilung bedeutsam sind, nicht kennt oder wenn er nicht weiß, dass sein Verhalten verboten ist. Muss also derjenige, der wettbewerbswidrig gehandelt hat, die einzelnen Tatumstände kennen, aus denen die Wettbewerbswidrigkeit seines Verhaltens abgeleitet wird, und muss er wissen, dass sein Verhalten verboten ist.
Bei dieser Frage ist zu differenzieren:
1. Ein wettbewerbswidriges Verhalten ist auch dann wettbewerbswidrig, wenn der Handelnde die Tatumstände, die sein Verhalten wettbewerbswidrig erscheinen lassen, nicht kennt. Der subjektive Kenntnisstand des Handelnden ist insoweit ohne Bedeutung.
BGH, Urt. v. 11. 1. 2007, I ZR 96/04 - Außendienstmitarbeiter
Aufgabe des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ist es, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer, insbesondere der Verbraucher und Mitbewerber, zu regeln (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs zu § 1 UWG, BT-Drucks. 15/1487, S. 15). Hat eine Handlung in diesem Sinne bei objektiver Betrachtung nachteilige Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen, die so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern nicht hingenommen werden müssen, dann ist für ihre Bewertung als unlauter der subjektive Kenntnisstand des Handelnden ohne Bedeutung (vgl. BGHZ 163, 265, 270 - Atemtest (zu § 4 Nr. 11 UWG)). Handelt es sich bei den nachteiligen Auswirkungen eines Wettbewerbsgeschehens dagegen nur um solche Beeinträchtigungen der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der betroffenen Marktteilnehmer, die sich bei objektiver Betrachtung im Rahmen des zulässigen Wettbewerbs halten und daher grundsätzlich hinzunehmen sind, besteht aufgrund des Schutzzwecks des Gesetzes (gleichfalls) keine Notwendigkeit, das Unlauterkeitsurteil daran zu knüpfen, ob der Handelnde die durch das (objektiv nicht unlautere) Wettbewerbsgeschehen bewirkten Beeinträchtigungen anderer Marktteilnehmer gekannt hat oder hätte kennen müssen oder vielleicht sogar in Kauf genommen hat. Eine (an sich) zulässige Beeinträchtigung wird nicht dadurch unlauter, dass sie in Kenntnis ihrer Wirkungen herbeigeführt wird.
2. Für einen Unterlassungsanspruch ist es nicht erforderlich, dass der Handelnde schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig gegen einen wettbewerbsrechtlichen Verbotstatbestand verstoßen hat. Auch insoweit kommt es nicht auf die subjektive Kenntnis des Handelnden an. Es reicht aus, dass er wettbewerbswidrig gehandelt hat; das wettbewerbswidrige Verhalten muss nicht vorwerfbar sein.
KG Berlin, Urt. v. 20.7.2012, 5 U 90/11, Tz. 24
Der Unterlassungsanspruch (nach täterschaftlich begangener Verletzungshandlung) setzt ein Verschulden (oder gar Vorsatz) nicht voraus.
3. Ein Schadenersatzanspruch besteht allerdings nur, wenn der Handelnde schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Der Verstoß gegen die wettbewerbsrechtliche Normen muss ihm vorgeworfen werden können. Allerdings genügt bereits eine leichte Fahrlässigkeit. Dafür reicht aus, dass der Handelnde hätte wissen können, dass sein Verhalten rechtlich problematisch ist und sich keinen Rechtsrat eingeholt hat. Näheres dazu hier.