Gesetzestext
§ 8c Abs. 3 UWG
In Fällen eines Rechtsmissbrauchs kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.
Historie
Der Kostenerstattungsanspruch in Fällen des Rechtsmissbrauchs wurde mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken vom 27.6.2013 in § 8 Abs. 2 S. 2 UWG eingeführt und im Rahmen der UWG-Reform 2020 nach § 8c Abs. 3 UWG verschoben. Er diente der Korrektur der damaligen Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 5.10.2000, I ZR 224/98 – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner). In der Gesetzesbegründung heißt es:
"Mit einem dem geltenden § 8 Absatz 4 UWG anzufügenden Satz 2 soll zugunsten des missbräuchlich Abgemahnten ein Anspruch auf Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen geschaffen werden, auch wenn es nicht zu einem Prozess kommt. Der Anspruch in Satz 2 entspricht dem Umfang nach dem Aufwendungsersatzanspruch des berechtigt Abmahnenden nach § 12 Absatz 1 Satz 2 UWG. Damit sollen Abgemahnte ermuntert werden, bei dem Verdacht einer missbräuchlichen Abmahnung anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. So soll mehr Waffengleichheit zwischen Abmahnendem und Abgemahnten hergestellt werden. Nach verschiedenen Berichten aus der Praxis geht die Initiative für missbräuchliche Abmahnungen häufig von Rechtsanwälten selbst aus, die ihrerseits von ihren Mandanten kein Honorar verlangen, wenn dieses nicht als Aufwendungsersatz von dem Abgemahnten erstattet wird. In diesem Fall trifft den Abmahnenden kein Kostenrisiko, solange er es nicht auf einen Prozess ankommen lässt. Mit der Einführung des Gegenanspruchs auf Aufwendungsersatz entsteht bei missbräuchlichen Abmahnungen für den Abmahnenden ein Kostenrisiko, das das wirtschaftliche Interesse an missbräuchlichen Abmahnungen erheblich senkt.
Für die Neuregelung gibt es ein zivilprozessrechtliches Vorbild. Wenn sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt erweist oder die angeordnete Maßregel aufgrund des § 926 Absatz 2 oder § 942 Absatz 3 ZPO aufgehoben wird, ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, nach § 945 ZPO verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken. Dabei geht dieser Anspruch auf Schadensersatz weiter als die Neuregelung, die nur einen Aufwendungsersatzanspruch vorsieht."
Zur Geltendmachung eines entsprechenden Anspruchs siehe z.B. OLG München, Urt. v. 3.9.15, 29 U 0721-15 - Kopfhörer-Registrierung.
Weitergehende Ersatzansprüche
Weitergehende Ersatzansprüche können sein: unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 678 BGB); Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB); Kreditschädigung (§ 824 BGB) oder vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB), ggfs auch § 9 UWG.
Näheres zum Kostenerstattungsanspruch bei Abmahnungen siehe hier.
Erstattungsanspruch gegen den Rechtsanwalt
KG Berlin, Urt. v. 2.2.2018, 5 U 110/16, B.1
Es erscheint zweifelhaft, ob eine unbegründete bzw. rechtmissbräuchliche wettbewerbsrechtliche Abmahnung einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellt (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 12, Rn 1.86) und der von einem Unternehmer im Hinblick auf die Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes eingeschaltete Rechtsanwalt gegenüber dem abgemahnten Mitbewerber eine Garantenstellung innehat, aus der sich die Verpflichtung des Rechtsanwalts ergibt, es zu unterlassen, seinen Mandanten in einer die Rechtslage unzutreffend oder unvollständig darstellenden Weise über die Berechtigung der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung zu beraten (vgl. zur Schutzrechtsverwarnung: BGH GRUR 2106, 630).
ABER:
KG Berlin, Urt. v. 2.2.2018, 5 U 110/16, B.1.c
Eine Abrede zwischen Rechtsanwalt und Mandant, dem Rechtsanwalt eine Gebühreneinnahmequelle zu verschaffen, indem im Namen des Mandanten in einer Vielzahl von Fällen wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, obwohl eine Anspruchsberechtigung nicht besteht (§ 8 Abs. 4 Satz 1 UWG), erfüllt jedenfalls dann den objektiven Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung im Sinne des § 826 BGB , wenn die Vermögensverhältnisse des Mandanten so gestaltet sind, dass er tatsächlich kein Kostenrisiko trägt, (vgl. auch Fritzsche in: Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, 2. Aufl., § 8 UWG, Rn 481g), z.B. bei Zahlungsunfähigkeit.
Zur Haftung des Anwalts für unberechtigte Schutzrechtsverwarnungen siehe hier.
Zitiervorschlag zur aktuellen Seite
Omsels, Online-Kommentar zum UWG: