Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

(3) Friedhofsruhe

Zum Anbringen von Firmenschildern auf Grabsteinen

OLG Stuttgart, Urt. v. 5.7.2018, 2 U 167/17, III.2

Die Verfügungsbeklagte hat durch das Anbringen der streitgegenständlichen Firmenschilder gegen das Werbeverbot auf Friedhöfen verstoßen. Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass die Firmenschilder ein „Anbieten“ von Waren und gewerblichen Dienstleistungen im Sinne der Friedhofssatzungen darstellen.

Für ein Anbieten von Waren im Sinne dieser Satzungsbestimmung ist es nicht erforderlich, dass die Waren zum sofortigen Kauf feilgeboten werden. Vielmehr wird es durch den Satzungsgeber als mit der Würde des Ortes unvereinbar angesehen, wenn Gewerbetreibende auf dem Friedhof kommerzielle Interessen verfolgen. Unter einem „Anbieten“ im Sinne der Satzungen ist jede auf den Vertrieb gerichtete Handlung einschließlich der Werbung und dem Feilhalten zu verstehen , wobei insoweit maßgeblich ist, wie die angesprochenen Verkehrskreise die Maßnahme verstehen, vorliegend also vor allem Verbraucher, die als Besucher des Friedhofs die Firmenschilder wahrnehmen. Ein durchschnittlich informierter, verständiger und situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher aber versteht die Firmenschilder in ihrer Kombination von ansprechender, individuell geprägter Gestaltung und Angabe von Firma, Sitz und Telefonnummer des Unternehmens nicht nur als schlichte, neutrale Herstellerangabe „zu Verwaltungszwecken“, sondern als eine Maßnahme, durch die Verbraucher im Interesse der Absatzförderung darauf hingewiesen werden sollen, dass das betreffende Grabmal von der Verfügungsbeklagten hergestellt worden ist, und ihnen nähere Informationen zur geschäftlichen Kontaktaufnahme verschafft werden sollen.

OLG Stuttgart, Urt. v. 5.7.2018, 2 U 167/17, III.3

Der Verstoß ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Spürbarkeit ist dann zu bejahen, wenn eine Beeinträchtigung der geschützten Interessen nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten kann. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Zutreffend stellt das Landgericht einzig auf die Wirkung auf Besucher des Friedhofs ab und nicht auch auf die Interessen der Mitbewerber der Verfügungsbeklagten. Das Werbeverbot schützt die Trauernden vor einer Belästigung durch die Verfolgung kommerzieller Interessen, nicht aber die Mitbewerber davor, dass ein Wettbewerbsvorsprung durch einen Missbrauch des Friedhofs als „Messe“ oder als „Leistungsschau“ für Waren und Dienstleistungen für Beerdigungsleistungen erzielt wird.

Die Besucher des Friedhofs können sich auch schon dann in ihrer Trauer und ihrem Gedenken an die Verstorbenen von den Firmenschildern gestört fühlen, wenn die Werbung erst bei näherem Hinsehen als solche erkennbar ist (vgl. das Anerkenntnisurteil des OLG Stuttgart vom 25. Oktober 2012 - 2 U 50/12, in dessen Fall waren Sargträger mit Hemden ausgestattet worden, die mit dem Firmenschriftzug oder -logo versehen waren).

Zur Werbung auf Friedhöfen siehe auch das Verbot belästigender Werbung, insbesondere hier.