Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

Rechtsauffassung/Rechtslage

1. Rechtsausführungen

2. Fehlerhafte Darstellungen der Rechtslage, auch in AGB

Literatur: Koch, Thomas, Kann die Äußerung unrichtiger Rechtsansichten wettbewerbsrechtlich verboten werden?, WRP 2019, 1259; Scherer, Inge, Irreführung durch Rechtsverfolgung bei nicht bestehender Forderung, WRP 2021, 1400; Sosnitza, Olaf, Irreführende Meinungen. Von Spatzen, Kanonen und Informationen, GRUR 2022, 137

Rechtsausführungen

Rechtsausführungen sind Bewertungen der Rechtslage und damit Meinungen, die man für richtig oder falsch halten kann, die aber in den meisten Fällen nicht wahr oder unwahr sein können. Das gilt in der Regel auch, wenn die Rechtsausführungen von der Meinung der Gerichte oder der herrschende Lehre abweichen. Trotzdem können Rechtsauffassungen irreführend sein.

BGH, Urt. v. 25.4.2019, I ZR 93/17, Tz. 24, 29 - Prämiensparverträge

Zu den zur Täuschung geeigneten Angaben im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 UWG nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch Meinungsäußerungen zählen können. Das ergibt sich aus der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG. ...

Darunter können grundsätzlich auch Äußerungen über die Rechtslage fallen.

Ebenso BGH, Urt. v. 23.4.2020, I ZR 85/19, Tz. 41 - Preisänderungsregelung; OLG Köln, Urt. v. 16.12.2022, 6 U 11/22, II.3.b.bb; OLG Köln, Urt. v. 25.11.2022, 6 U 102/22 (WRP 2023, 233)

Aber:

BGH, Urt. v. 25.4.2019, I ZR 93/17, Tz. 30 f - Prämiensparverträge

Aussagen über die Rechtslage werden nur in bestimmten Fällen von § 5 Abs. 1 UWG erfasst. Dabei ist entscheidend, wie der Verbraucher die Äußerung des Unternehmers unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Art und Weise der Äußerung auffasst.

Ist für die betroffenen Verkehrskreise erkennbar, dass es sich um eine im Rahmen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handelt, fehlt dieser Äußerung die zur Erfüllung des Tatbestands der Irreführung erforderliche Eignung zur Täuschung. Das folgt aus der Überlegung, dass es dem Unternehmer bei der Rechtsverfolgung oder der Rechtsverteidigung unbenommen bleiben muss, eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten. Vertritt ein Unternehmen im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung eine bestimmte Rechtsansicht, so handelt es sich um eine Meinungsäußerung, die deshalb grundsätzlich selbst dann nicht wettbewerbswidrig ist, wenn sie sich als unrichtig erweist (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.2007, I ZR 19/05, Tz. 30 - Rechtsberatung durch Haftpflichtversicherer). Ob diese Rechtsansicht richtig ist, kann nicht im Wettbewerbsprozess, sondern muss in dem Rechtsverhältnis geprüft und entschieden werden, auf das sich diese Rechtsansicht bezieht (KG, Urt. v. 27.3.2013, 5 U 112/11).

Dagegen erfasst § 5 Abs. 1 UWG Äußerungen, in denen der Unternehmer gegenüber Verbrauchern eine eindeutige Rechtslage behauptet, die tatsächlich nicht besteht, sofern der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung versteht. Ebenso ist eine objektiv falsche rechtliche Auskunft eines Unternehmers, die er auf eine ausdrückliche Nachfrage des Verbrauchers erteilt, zur Irreführung und Beeinflussung des Verbrauchers geeignet, weil sie ihn daran hindert, eine Entscheidung in voller Kenntnis der Sachlage zu treffen (vgl. EuGH, Urt. v. 16.4.2015, C-388/13, Tz. 40  - UPC). Auch in dieser Situation versteht der angesprochene Kunde die Aussage nicht als Äußerung einer Rechtsansicht, sondern als Feststellung.

Ebenso: BGH, Urt. v. 23.4.2020, I ZR 85/19, Tz. 42 - Preisänderungsregelung; OLG Hamburg, Urt. v. 8.8.2019, 3 U 40/18, Tz. 40; OLG Stuttgart Urt. v. 3.2.2022, 2 U 117/20, Tz. 245; OLG Köln, Urt. v. 16.12.2022, 6 U 11/22, II.3.b.cc; OLG Köln, Urt. v. 16.12.2022, 6 U 111/222, Tz. 56; OLG Köln, Urt. v. 25.11.2022, 6 U 102/22 (WRP 2023, 233); OLG Hamburg, Beschl. v. 22.11.2022, 5 U 83/21; KG Berlin, Beschl. v. 21.11.2022, 5 U 55/21

BGH, Urt. v. 23.4.2020, I ZR 85/19, Tz. 38 - Preisänderungsregelung

Rechtsansichten sind im Grundsatz Meinungsäußerungen, die einer solchen Überprüfung nicht zugänglich sind (vgl. BGH, GRUR 2019, 754 Rn. 27 - Prämiensparverträge). Dies folgt schon daraus, dass in die Subsumtion eines Sachverhalts unter die einschlägigen Rechtsnormen regelmäßig auch Elemente wertender Betrachtung einfließen. Jedoch können Äußerungen zur Rechtslage auch Tatsachenbehauptungen enthalten. Dies betrifft zum einen den Sachverhalt, der im Rahmen einer Äußerung zur Rechtslage mitgeteilt wird. Zum anderen kann - zumindest in eindeutigen Fällen - auch die Behauptung, eine Rechtsfrage sei in einer bestimmten Weise durch Rechtsnormen geregelt oder von der Rechtsprechung entschieden, eine durch Beweiserhebung überprüfbare Tatsachenbehauptung darstellen.

Ebenso KG Berlin, Beschl. v. 21.11.2022, 5 U 55/21; Überholt OLG Frankfurt, Urt. v. 21.3.2019, 6 U 190/17, II.2.a

BGH, Urt. v. 23.4.2020, I ZR 85/19, Tz. 49 - Preisänderungsregelung

Einen ausdrücklichen Hinweis, dass es sich lediglich um die eigene Rechtsauffassung handelt, hat der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung nicht verlangt (vgl. BGH, GRUR 2019, 754 Rn. 34 - Prämiensparverträge, mwN). Hieran ist festzuhalten, weil ein solches Erfordernis zu einer ausufernden wettbewerbsrechtlichen Kontrolle von Rechtsansichten außerhalb des von ihnen betroffenen Rechtsverhältnisses führen würde.

OLG Hamburg, Urt. v. 8.8.2019, 3 U 40/18, Tz. 41

Es ist danach zwischen Meinungsäußerungen, deren wertender Charakter vom Verbraucher erkannt wird, und solchen Äußerungen zu unterscheiden, die der Verbraucher nicht als bloße Rechts-/Ansichten erkennt, weil sie ihm vom Unternehmer als so eindeutig präsentiert werden, dass sie Feststellungscharakter haben, mithin gleichsam als über jeden Zweifel erhaben daherkommen.

KG Berlin, Beschl. v. 21.11.2022, 5 U 55/21

Ein Adressat versteht die Behauptung einer Rechtslage als Feststellung, wenn ihm durch die Behauptung der Eindruck vermittelt wird, über die geäußerte Rechtsansicht könne vernünftigerweise nicht gestritten (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 8.8.2019, 3 U 40/18, Tz. 41). Zur Abgrenzung der Feststellung von der bloßen Rechtsansicht kann danach gefragt werden, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Äußerung des Unternehmers im Sinne von „So ist es!“ oder im Sinne von „Nach meiner Auffassung ist es so.“ auffassen (vgl. Koch in: WRP 2019, 1259, 1262 unter Hinweis auf Köhler in: WRP 2009, 898, 907).

OLG Köln, Urt. v. 16.12.2022, 6 U 11/22, II.3.b.dd

Es kann nicht angenommen werden, dass der Verbraucher bei der Darstellung einer Rechtslage grundsätzlich davon ausginge, es handele sich um die Behauptung einer feststehenden Rechtslage.

OLG Köln, Urt. v. 16.12.2022, 6 U 111/222, Tz. 62

Soweit die Klägerin das Informationsgefälle zwischen der Beklagten als Unternehmen und der Klägerin als Verbraucherin anführt, ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund sich dies auf das Verkehrsverständnis auswirkt. Insbesondere kann nicht angenommen werden, dass der Verbraucher bei der Darstellung einer Rechtslage grundsätzlich davon ausginge, es handele sich um die Behauptung einer feststehenden Rechtslage. Dass der Unternehmer im Grundsatz im Bereich von Fernabsatzverträgen über die Widerrufsmöglichkeiten umfassend informieren muss, führt zu keinem anderen Ergebnis. Diese Information hat die Beklagte unstreitig zutreffend erteilt.

Zu Mahngebühren in einer Zahlungsaufstellung:

OLG Hamburg, Beschl. v. 22.11.2022, 5 U 83/21

Die pauschalierten Mahnkosten („Mahngebühren“) in Kontoauszügen der Beklagten werden vom Verbraucher als feststehend aufgrund einer vermuteten vertraglichen Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen) verstanden. Eine Irreführung des Verbrauchers i.S.v. § 5 Abs. 1 UWG a.F. (§ 5 Abs. 1 und 2 UWG n.F.) liegt bereits dann vor, wenn für den durchschnittlichen Kunden als Empfänger der Schreiben nicht erkennbar ist, dass die Beklagte als Vertragspartner und großes Versandhandelsunternehmen insoweit lediglich eine eigene Rechtsansicht (im Rahmen der Rechtsverfolgung) äußert, sondern vielmehr den Eindruck erweckt, aufgrund einer eindeutigen Rechtslage zur Inrechnungstellung dieser pauschalierten Mahnkosten berechtigt zu sein (vgl. hierzu Rehart/Ruhl/Isele in BeckOK UWG, 18. Ed., § 5 Rn. 54). Die in Kontoauszügen der Beklagten - im Wege systematischer maschineller Inrechnungstellung - aufgeführten „Mahngebühren“ ... wird der Kunde dahingehend verstehen, dass er eindeutig und unzweifelhaft zur Bezahlung der Mahngebühren verpflichtet ist, dass diese also fester Bestandteil seiner bereits aufgelaufenen Schulden sein werden (vgl. OLG Hamburg GRUR-RS 2021, 49525 Rn. 11).

OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.3.2023, 20 U 50/22, Tz. 31

Die Zahlungsaufforderung mag die Meinungsäußerung enthalten, der Adressat der Zahlungsaufforderung habe sich in Verzug befunden und schulde deshalb Mahnauslagen. Jedenfalls aber in Bezug auf die Höhe der Mahnauslagen handelt es sich ohne weiteres um eine auf ihre objektive Richtigkeit hin überprüfbare Tatsachenbehauptung dahingehend, dass Mahnauslagen auch in dieser Höhe entstanden sind.

Aber:

OLG Hamburg, Beschl. v. 22.11.2022, 5 U 83/21

Insoweit besteht ein Unterschied zur von der Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln (OLG Köln GRUR-RS 2020, 17230 - Inkassokostenhinweis). Denn dort sind - für den Verbraucher klar erkennbar - die Inkassokosten von einem Inkassounternehmen, damit von einem Dritten, im Rahmen der Rechtsverfolgung verlangt worden. Demgegenüber geht es hier um Forderungen der Beklagten selbst als Vertragspartnerin, für die - aufgrund der Einzelfallumstände - der angesprochene Durchschnittsverbraucher eine vertragliche Grundlage vermuten und sie als feststehend verstehen wird.

Weitergehend ist der BGH der Auffassung, dass die Darstellung von Rechtsfolgen, die den Adressaten davon abhalten können, berechtigte Ansprüche geltend zu machen, irreführend sein kann, wenn sie die Rechtslage falsch wiedergibt.

BGH, Urt. v. 4.5.2017, I ZR 113/16, Tz. 19 - Reisewerte

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, das beanstandete Schreiben der Beklagten enthalte irreführende Angaben zur Verjährung der Ansprüche aus den Reisewerten und damit über wesentliche Merkmale der Dienstleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG, hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

Ebenso BGH, Urt. v. 4.5.2017, ZR 114/16; OLG Köln, Urt. v. 23.8.2013, 6 U 27/13, II.2.b

Die Rechtsaufassung, wonach falsche Angaben zur Rechtslage irreführend sind, kann in gleicher Weise für Behauptungen gelten, wonach aufgrund der Rechtslage dieses oder jenes (ein Ereignis, also eine zukünftige Tatsache) eintreten wird, was aufgrund der herrschenden Rechtslage aber tatsächlich unwahrscheinlich ist.

OLG Frankfurt, Urt. v. 30.9.2021, 6 U 68/20, II.A.c

Nach der hier vertretenen Auffassung hat die Beklagte den Anforderungen des § 675w S. 4 BGB genügt. Selbst wenn man das anders sehen wollte, hätte sie aber zumindest eine vertretbare Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht und damit keine falsche Tatsache behauptet. Es muss der Beklagten bei der Abwehr von Ansprüchen unbenommen bleiben, einen entsprechenden Rechtsstandpunkt einzunehmen, unabhängig davon, ob ihre Rechtsansicht zutrifft (BGH Urt. v. 3.5.2007, I ZR 19/15 - Rechtsberatung und Haftpflichtversicherer, Tz. 30). Es ist auch für die Kundin erkennbar gewesen, dass es sich bei dem Schreiben um eine im Rahmen der Rechtsverteidigung geäußerte Rechtsansicht handelt, weshalb der Äußerung die erforderliche Eignung zur Täuschung fehlt (BGH, Urt. v. 25.4.2019, I ZR 93/17 - Prämiensparverträge, Rn 31).

Der Ansatz einer pauschalen Mahngebühr im Kundenkonto eines Versandhändlers wurde als Tatsachenbehauptung gewertet (OLG Hamburg, Beschl. v. 22.12.2021, 15 U 14/21).

Wenn eine Irreführungsgefahr ausscheidet, kommt in aller Regel auch ein Rückgriff auf die unternehmerische Sorgfalt nicht in Betracht:

OLG Köln, Urt. v. 25.11.2022, 6 U 102/22 (WRP 2023, 233)

Nach § 3 Abs. 2 UWG sind geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Dabei greift § 3 Abs. 2 UWG subsidiär für den Fall ein, dass sich eine Unlauterkeit nicht aus den §§ 4a, 5 und 5a UWG ergibt (vgl. Büscher in: Büscher, UWG, 2. Aufl. § 3 Rn. 99).

Auch im Rahmen des § 3 Abs. 2 UWG ist zu berücksichtigen, dass es sich um die Äußerung einer Rechtsansicht handelt, die zwar falsch sein mag, deren Äußerung dem Unternehmer aber nur unter bestimmten Voraussetzungen untersagt werden kann. Sollte der Beklagten die Berufung auf ... untersagt werden, wäre sie in einem etwaigen gerichtlichen Verfahren über die Berechtigung ihrer Kündigung durch die Verurteilung in diesem Verfahren daran gehindert, ihre Kündigung rechtlich zu begründen. Dass und weshalb das Äußerungsprivileg im Rahmen des subsidiären § 3 Abs. 2 UWG weiter eingeschränkt werden dürfte als im Rahmen des § 5 UWG, ist nicht ersichtlich.

Die Ausführungen in den nachfolgenden, älteren Gerichtsurteilen müssen an der vorstehend dargestellten jüngeren BGH-Rechtsprechung gemessen werden:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2016, 20 U 117/15, Tz. 33

Durch die Formulierung „unserer Meinung nach“ wird unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Subsumtion des von der Beklagten gebildeten Fallbeispiels unter die Rechtsprechung der Gegenstand einer Wertung der Beklagten ist.

Siehe auch OLG Hamburg, Urt. v. 2.3.2017, 3 U 122/14, Tz. 48 (Zitat weiter unten)

Irreführend sind Rechtsansichten, wenn sie mit Tatsachenbehauptungen verbunden werden, die als solche nicht zutreffen. Das gilt etwa für Aussagen, dass der BGH zu einer bestimmten Rechtsfrage eine bestimmte Meinung vertritt, die der BGH tatsächlich aber nicht vertritt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 17.11.2011, 6 U 126/11

Grundsätzlich kann es einem Unternehmer nicht verwehrt sein, im Rahmen seiner Rechtsverteidigung eine ihm nachteilige höchstrichterliche Rechtsprechung für falsch zu halten und zu versuchen, in einem von einem Kunden angestrengten gerichtlichen Verfahren eine Änderung dieser Rechtsprechung herbeizuführen. Diesen Rechtsstandpunkt muss der Unternehmer auch vorgerichtlich dem Kunden gegenüber vertreten dürfen. Ob sie sich als richtig erweist, kann nur im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses, nicht aber im Wettbewerbsprozess geklärt werden (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage 2010, Rdn. 2.13 zu § 5 UWG).

Die Grenze zulässiger Anspruchsabwehr eines Unternehmers wird überschritten, wenn er seinen Kunden durch unwahre Angaben an der Geltendmachung berechtigter Ansprüche hindert (§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG). Dies kann auch der Fall sein, wenn der Unternehmer eine ihm nachteilige höchstrichterliche Entscheidung unrichtig wiedergibt oder wenn er durch unwahre Angaben eine ihm nachteilige gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung negiert (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O.).

Zur Behauptung eines Rechtsanwalts in Werbeschreiben, dass eine Widerrufsbelehrung im Fernababsatz nach deutschen Recht gegen EU-Recht verstößt und deshalb Abmahnungen drohen:

OLG Hamm, Urt. v. 1.9.2011, I-4 U 41/11, III.1

Eine Irreführung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise sich aufgrund der Werbeaussage eine bestimmte Vorstellung machen, die nicht der Wirklichkeit entspricht und deshalb täuschen kann. Es ist also zu fragen, wer die angesprochenen Verkehrskreise sind, welche Vorstellung sie sich aufgrund der von der Antragsgegnerin verwendeten Formulierungen machen und ob diese Vorstellung der Wirklichkeit entspricht.

Angesprochene Verkehrskreise sind Onlinehändler, die im Rahmen ihrer Verkaufstätigkeit über die Möglichkeit des Widerrufs ihrer Vertragserklärung zu belehren haben.

Die Darstellung des Beklagten erweckt den Eindruck, dass die Onlinehändler, die eine Widerrufsbelehrung verwenden, die mit Art. 246 § 3 EGBGB übereinstimmt, mit einer Abmahnung rechnen müssen.

Dieser Eindruck ist aber nicht zutreffend und damit irreführend.

Da ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Verwendung der mit dem nationalen Recht übereinstimmenden Widerrufsbelehrung nicht hergeleitet werden kann, ist auch nicht ersichtlich, dass ein Onlinehändler mit einer entsprechenden Abmahnung rechnen muss.

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Fehlerhafte Darstellungen der Rechtslage, auch in AGB

OLG Jena, Urt. v. 19.9.2013, 1 U 194/13, II.3.b

Der Kläger wendet sich gegen die Tatsache, dass die Beklagte in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen für sämtliche Geschäftsbeziehungen Kaufrecht zugrunde gelegt hat, auch wenn den Rechtsbeziehungen Werkverträge zugrunde liegen. In einem solchen Fall besteht ein Unterlassungsanspruch des Klägers aus … §§ 3, 5 8 UWG. Im Zusammenhang mit dem Verbot irreführender Angaben in Bezug auf ein bestehendes Vertragsverhältnis darf nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG ein Unternehmen keine irreführenden Angaben über die Rechtslage machen (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, § 5 Rn 2.13). Bei der Anwendung von allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Werkverträge, die für den Abschluss von Kaufverträgen bestimmt sind, liegt eine irreführende Angabe über die Rechte des Verbrauchers und der Gewährleistungsrechte nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 UWG vor.

OLG Hamburg, Urt. v. 2.3.2017, 3 U 122/14, Tz. 48

Der Anspruch steht dem Kläger nicht zu, weil die Beklagte mit der angegriffenen E-Mail eine Rechtsansicht äußert, die zu vertreten ihr nicht verboten werden kann. Die Beklagte berechnet in der E-Mail ihren Wertersatzanspruch gegenüber ihrem Kunden und macht diesen geltend. Sie äußert damit gegenüber dem Kunden ihre Ansicht, in welcher Höhe der Anspruch auf Wertersatz nach erfolgtem Widerruf … bestehen soll. Darin liegt die Äußerung einer Rechtsmeinung und damit die Äußerung eines Werturteils. Als reine Werturteile unterfallen Rechtsauffassungen grundsätzlich nicht dem Irreführungstatbestand. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass auch Werturteile irreführende Angaben enthalten, wenn sie – aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs – erkennbar auf Tatsachen beruhen, sich also Richtigkeit oder Unrichtigkeit objektiv nachprüfen lässt oder wenn sie einen nachprüfbaren Tatsachenkern enthalten . Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, da die der Berechnung zugrunde liegenden Tatsachen zwischen den Parteien feststehen und nicht im Streit stehen. Eine Irreführung über Verbraucherrechte kommt zwar darüber hinaus auch in Betracht, wenn ein Unternehmer Kunden, die von einem Anfechtungs-, Widerrufs-, Rücktritts- oder Kündigungsrecht Gebrauch machen wollen, planmäßig und wider besseres Wissen erklärt, ein solches Recht stehe ihnen nicht zu (BGH, GRUR 1986, 816 Rn. 39 – Widerrufsbelehrung bei Teilzahlungskauf). Als irreführende Angabe über die Rechtslage kommen dabei aber nur solche nachprüfbaren Behauptungen in Betracht, die sich bei einer Überprüfung als eindeutig richtig oder falsch erweisen können, über die eigentlich nicht gestritten werden kann. Im Übrigen kann es einem Unternehmer nicht verwehrt werden, im Rahmen der Rechtsdurchsetzung oder -verteidigung eine bestimmte Rechtsansicht zu vertreten .

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