OLG Brandenburg, Urt. v. 7.2.2023, 6 U 55/22, II.1.c.cc
Der Einsatz von Kundenbewertungen als Werbemittel stellt als ein auf die Förderung des eigenen Absatzes gerichtetes Verhalten eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG bzw. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG a.F. dar.
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.8.2020, 6 U 270/19
Äußerungen Dritter wirken in der Werbung objektiv und werden daher im Allgemeinen höher bewertet als eigene Äußerungen des Werbenden (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm, 37. Aufl., § 5 Rn 1.165).
Kundenbewertungen müssen sich auf den Gegenstand beziehen, für den sie abgegeben wurden. Eine Bewertung des Unternehmens ist nicht ohne weiteres eine Bewertung einer seiner Waren oder Dienstleistungen.
OLG Brandenburg, Urt. v. 7.2.2023, 6 U 55/22, II.1.c.cc
Es ist zumindest überwiegend wahrscheinlich, dass die Mehrheit des angesprochenen Publikums den Hinweis auf eine hervorragende Bewertung auf das beworbene Produkt „F... FirstClass“ und nicht auf das Unternehmen der Verfügungsbeklagten insgesamt bezieht.
Wer mit dem Ergebnis von Kundenbewertungen wirbt, die er selber einholt oder über Dritte einholen lässt, muss deren Ergebnis so wiedergeben, dass kein irreführender Eindruck entsteht. Vieles in diesem Bereich ist allerdings noch nicht verbindlich geklärt.
Eine Durchschnittsnote wird vom angesprochenen Verkehr so verstanden, dass jede rechtmäßige Bewertung (also keine Schmähkritiken oder in tatsächlicher Hinsicht falsche Bewertungen) in die Note einfließt. Andernfalls muss darauf hingewiesen werden, dass positive, neutrale und negative Aussagen unterschiedlich behandelt werden oder es sich um eine unrepräsentative Auswahl oder nur eine Auswahl positiver Kundenaussagen handelt.
BGH, Urt. v. 20.2.2020, I ZR 193/18, Tz. 41 - Kundenbewertungen auf Amazon
Gibt der Anbieter selbst irreführende oder gefälschte Kundenbewertungen ab, bezahlt er dafür oder können ihm aus anderen Gründen die Kundenbewertungen als Werbung zugerechnet werden, haftet er als Täter, gegebenenfalls Mittäter, eines Wettbewerbsverstoßes (zur Haftung nach § 5a Abs. 6 UWG vgl. OLG Hamm, WRP 2011, 501, 505 [juris Rn. 70]; OLG Frankfurt, WRP 2019, 643, 645 f.; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 5a Rn. 7.35 und 7.76; Lichtnecker, GRUR 2013, 135, 139; Gräbig, GRUR-Prax 2019, 197; Pukas, WRP 2019, 1421 ff.).
Aus der Entscheidung ergibt sich aber auch, dass der Anbieter nicht haftet, wenn für den Nutzer klar erkennbar ist, dass er sie sich nicht zu eigen macht.
Zu einer Werbung für ein Bewertungsportal mit 'ungefilterten echten Meinungen', bei dem nur positive, nicht aber neutrale oder negative Aussagen - wie im Verfahren streitig war - sofort veröffentlicht und in die Gesamtnote eingerechnet wurden:
BGH, Urt. v. 21.1.2016, I ZR 252/14, Tz. 38 - Kundenbewertung im Internet
Sollten nicht alle Bewertungen sofort ungefiltert eingestellt worden sein, wäre eine Irreführung mit der Aussage „Garantiert echte Meinungen“ zu bejahen. Die Werbung erweckt beim Kunden den Eindruck, dass positive wie negative Meinungen grundsätzlich ungefiltert veröffentlicht werden und in die Ermittlung der durchschnittlichen Kundenbewertung eingehen. Ist diese Kundenerwartung unbegründet, weil die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens zu einer die Berücksichtigung negativer und neutraler Anbieterbewertungen einschränkenden Filterung führen kann, muss zur Vermeidung einer Irreführung bei einer Werbung mit der Kundenbewertung deutlich über das Schlichtungsverfahren aufgeklärt werden. Die Annahme einer Filterung liegt nicht fern, wenn Kunden die Mitwirkung am Schlichtungsverfahren lästig sein kann, mit der Folge, dass sie sich daran nicht beteiligen und ihre neutralen oder negativen Bewertungen nicht veröffentlicht oder von den Kunden selbst geändert oder zurückgezogen werden.
In der Vorinstanz hieß es vom OLG Düsseldorf:
OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.2.2013, I-20 U 55/12
Der Verkehr erwartet von einer Kundenbewertung, noch dazu von einer, die mit der Aussage „Garantiert echte Kundenmeinungen" angepriesen wird, eine neutrale, nicht zugunsten des Anbieters geschönte Sammlung von Kundenbewertungen. Diesen Anforderungen genügt die „Kundenauszeichnung eKomi" nicht und zwar auch dann nicht, wenn die Beklagte auf die Einleitung des bei neutralen und negativen Bewertungen möglichen Schlichtungsverfahrens bislang verzichtet hat. Das Bewertungssystem verhindert die gleichwertige Berücksichtigung negativer Bewertungen und zeichnet deshalb ein übertrieben positives Bild des Anbieters.
So führt bereits die Praxis von eKomi, positive Bewertungen sofort, neutrale und negative aber erst nach Ablauf von fünf Tagen einzustellen (und dies auch nur, wenn der Anbieter auf die Einleitung des Schiedsverfahrens verzichtet), systemimmanent zu einer stärkeren Gewichtung der positiven Äußerungen, da der Zeitraum, aus dem eingeflossene positiven Äußerungen stammen, fünf Tage länger ist als der, aus dem die neutralen oder negativen stammen. Daran ändert deren Einstellung nach fünf Tagen nichts, da in diesen fünf Tagen weitere Bewertungen eingegangen seien können, von denen die positiven bereits in die Gesamtbewertung einbezogen werden, während die neutralen und negativen sich noch in der fünftägigen Wartefrist befinden. Der Zeitraum, aus dem eingeflossene positive Äußerungen stammen, ist also zu jedem Zeitpunkt fünf Tage Iänger ist als der, aus dem die neutralen oder negativen stammen.
Zwar nimmt die Bedeutung dieses statistischen Fehlers mit fortschreitender Bewertungsdauer ab, das Schlichtungsverfahren von eKomi wirkt sich jedoch noch in anderer und weitaus gravierenderer Weise verfälschend auf das Ergebnis aus. Allein seine Existenz wird - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - einen Teil der unzufriedenen Kunden von der Abgabe einer negativen Bewertung abhalten. Viele Menschen sind konfliktscheu. Sie werden versucht sein, allein wegen der Möglichkeit, ihre negative Bewertung verteidigen zu müssen, von der Abgabe einer Bewertung abzusehen, um sich dem in ihren Augen unangenehmen Konflikt nicht aussetzen zu müssen.
Zu einer weiteren Verfälschung des Ergebnisses führt die Praxis von eKomi, die eingehenden Bewertungen auf rechtswidrige Inhalte zu prüfen und die Bewertungen gegebenenfalls zu löschen. Derartige rechtswidrige Inhalte, insbesondere Beleidigungen, werden sich - wie die Beklagte selbst ausführt - nur in den negativen Bewertungen finden. Es werden daher - auch ohne Einleitung eines Schlichtungsverfahrens durch die Beklagte - einige negative Bewertungen gelöscht werden und zwar gerade solche von besonders unzufriedenen Kunden, die statistisch gesehen auf die ermittelte Gesamtbewertung einen vergleichsweise großen Einfluss gehabt hätten. Zudem können selbst einzelne extrem negative Bewertungen potentielle Neukunden von einer Beauftragung der Beklagten abhalten, da für die Entscheidung des Verbrauchers nicht nur die Durchschnittsbewertung eines Anbieters, sondern auch das Fehlen sehr schlechter Erfahrungen mit diesem von Bedeutung ist. Insoweit spielt es keine Rolle, ob eKomi zu einer solchen Überprüfung verpflichtet ist. Abgesehen davon, dass es genügen würde, nur die konkret beleidigenden Formulierungen, nicht aber die Bewertung selbst zu schwärzen, ist allein entscheidend, ob es hierdurch zu einer Verfälschung der Gesamtbewertung kommt.
Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das OLG Düsseldorf zurück verwiesen. Der Grund dafür lag aber nicht daran, dass er die rechtlichen Ausführungen des OLG Düsseldorf nicht teilte. Er hielt dem Gericht lediglich vor, den Sachverhalt nicht richtig aufgearbeitet zu haben.
BGH, Urt. v. 21.1.2016, I ZR 252/14, Tz. 31, 34 - Kundenbewertung im Internet
Eine Irreführungsgefahr hat das Berufungsgericht allein mit der Begründung bejaht, die bloße Existenz des in den Bewertungsrichtlinien vorgesehenen Schlichtungsverfahrens werde einen Teil der unzufriedenen Kunden von der Abgabe einer negativen Bewertung abhalten. ...
... Das Berufungsgericht hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Bewertungsrichtlinien der Streithelferin von den Kunden der Beklagten vor Abgabe einer Bewertung zur Kenntnis genommen werden können und ob damit zu rechnen ist, dass Kunden von ihnen tatsächlich Kenntnis nehmen.
S.a. Empfehlungen
Verbraucherbewertungen (§ 5b Abs. 3 UWG)
Die Werbung mit Empfehlungen, für die ein Vorteil gewährt wurde, ist unzulässig, wenn auch diesen Umstand nicht deutlich hingewiesen wird.
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.8.2020, 6 U 270/19
Die Werbung mit bezahlten Empfehlungen ist unzulässig. Ein Kunde, der eine Empfehlung ausspricht, muss in seinem Urteil frei und unabhängig sein. Ein zu Unrecht erzeugter Anschein der Objektivität ist irreführend. Eine Ausnahme gilt nur für Empfehlungen Prominenter in der Werbung, da der Verkehr weiß, dass der bekannte Name nicht unentgeltlich verwendet werden darf (Bornkamm/Feddersen aaO Rn 1.166).
OLG Frankfurt, Urt. v. 20.8.2020, 6 U 270/19
Die Antragsgegnerin wirbt mit ihren Facebook-Bewertungen und der dort erzielten guten Durchschnittsnote auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken, namentlich bei „Google My Business“ (Anlage CF1, S. 1) und bei „11880.com“ (Anlage CF1, S. 11, 14). Die Bewertungen sind zumindest teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden. Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil die Bewerter durch die Gewinnspielteilnahme „belohnt“ wurden. Es liegt auch auf der Hand, dass Bewertungen aus Anlass des Gewinnspiels eher positiv ausfallen. Es ist damit zwar keine „bezahlte“ Empfehlung im Wortsinn gegeben. Gleichwohl sind die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen. Besucher der Seiten der Antragsgegnerin auf den Plattformen Facebook, Google My Business und 11880.com, die die Werbung mit der hohen Anzahl an Bewertungen und der hohen Durchschnittspunktzahl sehen, gewinnen demgegenüber den Eindruck grundsätzlich objektiver Bewertungen. Sie werden irregeführt.
OLG Frankfurt, Urt. v. 9.6.2022, 6 U 232/21
Mit der Veröffentlichung von ERP-Rezensionen (Early Reviewer Programs) verstößt die Antragsgegnerin zu 2) gegen § 5 a Abs. 6 UWG, weil diese Teil des Gesamtbewertungsergebnisses werden, ohne dabei darauf hinzuweisen, dass die Rezensionen bezahlt wurden und wie viele dieser Rezensionen Teil des Gesamtbewertungsergebnisses sind.
Eine Bestimmung in den AGB eines Unternehmens, wonach Kundenbewertungen mit dem Unternehmer abgestimmt oder auf erstes Verlangen entfernt werden müssen, ist übrigens unwirksam.
OLG Koblenz, Besch. v. 13.10.2021, 2 U 279/21
Bereits durch die Regelung ..., wonach das gegenseitige Einvernehmen über eine Bewertung im Internet herbeiführt werden soll, ist der Kunde in der Äußerung seiner Meinung nicht mehr frei. Er muss sich bei jeder Bewertung zunächst über deren Inhalt mit der Beklagten abstimmen. Die Regelung legt zudem keine Kriterien fest, nach denen die Beklagte ihr Einverständnis mit einer Bewertung erklären muss. Das eröffnet der Beklagten die Möglichkeit, jedwede - auch - sachliche Kritik zu unterbinden.
Hieran ändert auch nichts, dass auch die Beklagte ihre Kunden nur in gegenseitigen Einvernehmen bewerten darf. Da sie keine Dienstleistung ihrer Kunden in Anspruch nimmt, erscheint eine Bewertung nicht sehr wahrscheinlich mit der Folge, dass die Regelung den Kunden deutlich stärker in seinem Grundrecht einschränkt.