Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Äußerungen/Empfehlungen/Likes/Sterne

1. Empfehlungen

2. Gutachten

3. Siegel

4. Autoritätstransfer

5. Sterne-Bewertungen

Empfehlungen

Wer in der Öffentlichkeit mit Empfehlungs- und Anerkennungsschreiben wirbt, ohne sich davon zu distanzieren, macht die Angaben des Dritten zu seinen eigenen. Er muss sie wettbewerbsrechtlich in vollem Umfang vertreten (2.163). Dies gilt in gleicher Weise, wenn sonstige Aussagen Dritter zum Gegenstand der eigenen Werbung gemacht werden, z.B. Veröffentlichungen in den Medien.

OLG Köln, Urt. v. 1.4.2016, 6 U 108/15, Tz. 37

Wird mit Angaben Dritter geworben, verstößt der Werbende gegen § 5 Abs. 1 UWG, wenn diese Angaben irreführend sind und der Werbende sie sich zu Eigen macht, worüber die Verkehrsauffassung entscheidet. Er macht sie sich dann zu Eigen, wenn er sie zu Wettbewerbszwecken einsetzt. Dies gilt auch für reine Empfehlungen Dritter, weil durch deren Veröffentlichung der Anschein der Objektivität und damit eine höhere Glaubhaftigkeit hervorgerufen wird.

OLG Schleswig, Urt. v. 3.8.2023, 6 U 64/22, Tz. 43

Die Werbung mit Angaben Dritter ist irreführend, wenn die Angaben selbst irreführend sind und der Werbende sie sich zu eigen macht, indem er sie zum Zweck der Eigenwerbung einsetzt. Enthalten sie - wie hier - Tatsachenbehauptungen, so erhöhen sie sogar die Glaubhaftigkeit der eigenen Aussagen des Werbenden, weil sie den Anschein der Objektivität erwecken.

BGH, Urt. v. 6.10.1965, Ib ZR 4/64, II.2.a  - Bleistiftabsätze (= GRUR 1966, 92)

Es mag zwar richtig sein, dass der Leser eines … Zeitungsartikels nicht mit juristisch einwandfreien Angaben rechnet und lediglich erwartet, dass das Wesentliche der Sachdarstellung zutrifft. Darauf darf sich aber ein Gewerbetreibender nicht verlassen, der diesen Artikel zu Werbezwecken versendet. In den ähnlich gelagerten Fällen der werbemäßigen Verwendung von Gutachten oder Kundenzuschriften ist es anerkannt, dass der Werbende die darin enthaltenen Angaben wie seine eigenen zu vertreten hat. Das gilt nicht minder von der vorbehaltlosen Verwendung von Zeitungsartikeln zu Werbezwecken, gleichgültig, ob diese Artikel  … auf Informationen des Werbenden beruhen oder nicht. Der Leser muss darauf vertrauen dürfen, dass der Werbende, der über sein Fachgebiet besser unterrichtet ist als der Verfasser eines volkstümlichen Artikels, etwaige Unrichtigkeiten oder Unklarheiten eines solchen Artikels im Fall seiner werbemäßigen Auswertung richtigstellt.

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Gutachten

Bei wissenschaftlichen Gutachten oder Fachbeiträgen kommt es allerdings auch darauf an, ob die dargestellten Ergebnisse nach den Regeln der Wissenschaft gewonnen wurden und dargestellt werden.

BGH, Urt. v. 17.1.2002, I ZR 161/99 – Hormonersatztherapie

Beruft sich ein pharmazeutisches Unternehmen in seiner Werbung gegenüber den Fachkreisen auf einen wissenschaftlichen Beitrag, so kommt es für die Frage der Irreführung in erster Linie darauf an, ob der fragliche Beitrag wissenschaftlichen Anforderungen genügt. Ist die Arbeit oder die Versuchsreihe, über die er berichtet, nach wissenschaftlichen Maßstäben nicht zu beanstanden, trifft das Pharmaunternehmen, das sie zu Werbezwecken verbreitet, kein Vorwurf der Irreführung. Werden dagegen in dem Beitrag Umstände unberücksichtigt gelassen, die nach wissenschaftlichen Maßstäben in die Untersuchung hätten einfließen müssen, kann in der Verwendung einer solchen - wissenschaftlich unzulänglichen - Arbeit eine irreführende Werbung zu sehen sein.

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Siegel

OLG Dresden, Urt. v. 3.7.2012, 14 U 167/12, II.1.b

Äußerungen Dritter in der Werbung wirken regelmäßig objektiv und werden daher nicht nur ernst genommen, sondern im Allgemeinen höher bewertet als die eigenen Äußerungen des Werbenden (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 5, Rdnr. 2.163). Wird die Empfehlung eines Dritten noch dazu in Form eines Siegels dargestellt, entsteht zusätzlich der Eindruck, das Siegel sei nach einer sachgerechten Prüfung durch eine neutrale Instanz verliehen worden. Dies gilt erst recht dann, wenn der die Empfehlung aussprechende Dritte sich „verbraucherschutz.de” nennt und sich damit an qualifizierte Einrichtungen i.S.v. § 8 Abs. 3Nr. 3 UWG anlehnt, denen wegen ihrer Aufgabe, Verbraucherinteressen zu schützen, die Klagebefugnis im Wettbewerbsprozess zuerkannt wurde, und damit beim Verbraucher gerade den Eindruck erzeugt, im Sinne dieses Verbraucherschutzes nicht nur objektive, sondern besonders strenge, an den Verbraucherinteressen ausgerichtete Bewertungskriterien für seine Empfehlung anzulegen.

Bei der Verwendung von Gütesiegeln erwartet der Verkehr, dass die Vergabe nach objektiven, neutralen und sachkundigen Kriterien und nach entsprechender Überprüfung der Vergabestelle erfolgt.

Zu Siegeln des 'verbraucherschutz.de':

OLG Dresden, Urt. v. 3.7.2012, 14 U 167/12, II.1.c

Hier fehlt es an einem objektiven, sachbezogenen Prüfungs- und Vergabeverfahren. Die Empfehlungen beruhen auf Selbstauskünften der jeweiligen Unternehmen, die nicht etwa mit fachlicher Kompetenz und Neutralität des Verleihenden überprüft, sondern nur auf ihre „Plausibilität” hin hinterfragt werden. Ergänzend kommt hinzu, dass die von dem Verein selbst auf seiner Internetseite unter der Rubrik „Wie wird geprüft, ob eine Firma seriös ist?” dargestellten Bewertungskriterien einer Prüfung auf Seriosität nicht zugänglich sind und eine Kontrolle, ob die Darlegungen der Unternehmen auch tatsächlich der Realität entsprächen, nicht stattfinden.

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Autoritätstransfer

Eine Empfehlung oder Gewährleistung von Seriosität oder Qualität kann auch darin liegen, dass eine Person, die kraft allgemein bekannter Autorität oder der mit ihrem Amt oder Beruf verbundenen Vertrauensposition für bestimmte Unternehmen oder dessen Waren oder Dienstleistungen 'bürgt'. Für irreführend wurde es bspw. gehalten, dass ein Rechtsanwalt in der Werbung als Gewährsmann für bestimmte Werbeaussagen verwendet wurde, von denen er gar nichts wusste.

OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.10.2012, 4 U 83/12

Zumindest ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise ... versteht die deutlich hervorgehobene Abbildung eines Rechtsanwalts im Kopf der Werbung und die eher vage Bildbeschreibung („begleitet den rechtlichen Ablauf des großen Insolvenzverkaufs“) als Hinweis auf eine Art anwaltlicher „Schirmherrschaft“ über den gesamten Verlauf der schon in der Überschrift markant als „Insolvenzverkauf“ beworbenen Verkaufsaktion. Für den durchschnittlichen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher stehen dabei Anbahnung und Abwicklung des Geschäfts zwischen ihm selbst und der Verkäuferin im Vordergrund. In diesem Rahmen erwartet er von der anwaltlichen „Begleitung“ im eigenen Interesse eine erhöhte Gewähr für die Einhaltung von Gesetz und Recht. Er setzt nicht nur voraus, dass der Anwalt die für Wertermittlung und Preisbildung wesentlichen Abläufe des Teppichverkaufs in den Grundzügen kennt, sondern rechnet auch mit einer mindestens summarischen Prüfung der begleitenden Werbepublikation durch den Rechtsanwalt. Auf diese Weise vermittelt die – vermeintlich anwaltlich kontrollierte - Werbung den Eindruck erhöhter Seriosität und Glaubwürdigkeit.

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Sterne-Bewertungen

BGH, Urt. v. 25.7.2024, I ZR 143/23, Tz. 22 - durchschnittliche Sternebewertung

Die Rechtsprechung zu Testsiegeln und Prüfzeichen ist auf Sternebewertungen nur sehr eingeschränkt übertragbar. Die Beklagte hat mit der durchschnittlichen Sternebewertung von Immobilienmaklern (in ihrer Gesamtheit) durch Maklerkunden geworben. Daher besteht - anders als bei der Werbung mit einem Testsiegel oder Prüfzeichen - keine Situation, in der sich die bewerteten Dienstleistungen in das Umfeld anderer, durch dieselbe Stelle geprüfter Dienstleistungen einfügen. Auch stellt sich bei den Kundenbewertungen, die in der durchschnittlichen Sternebewertung zusammengefasst werden, nicht die Frage, anhand welcher (einheitlichen) Kriterien diese erfolgt sind. Vielmehr weiß der angesprochene Verbraucher nach der von der Revision hingenommenen und nicht zu beanstandenden Feststellung des Berufungsgerichts, dass den Kundenbewertungen weder ein einheitlicher Bewertungsmaß stab noch einheitliche Bewertungskriterien zugrunde liegen.

BGH, Urt. v. 25.7.2024, I ZR 143/23, Tz. 23 - durchschnittliche Sternebewertung

Die angegriffene Werbung unterscheidet sich wesentlich von der Werbung mit einem Testsiegel oder einem Prüfzeichen, mit der der Eindruck vermittelt werden soll, das beworbene Produkt sei einer nach bestimmten feststehenden Kriterien durchgeführten Prüfung durch eine neutrale Stelle unterzogen worden und das bekannt gegebene Ergebnis dieser Prüfung mache die Qualität dieses Produkts mit der anderer Produkte (derselben oder anderer Provenienz) in objektiver oder verobjektivierter Weise vergleichbar. Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Revision auch nicht daraus, dass die Beklagte nicht mit einzelnen Kundenbewertungen, sondern mit einer durchschnittlichen Bewertung ihrer Kunden wirbt.

s.a.  Empfehlungen

Gütezeichen/Qualitätszeichen