1. Grundsatz: Testmaßnahmen sind zulässig
2. Ausnahme: Unzulässige Begleitumstände einer Testmaßnahme
Beispiele (un)zulässiger Testmaßnahmen
Der provozierte Wettbewerbsverstoß
3. Grundsatz: Die Behinderung von Testmaßnahmen ist unzulässig
4. Zulässige Behinderung von Testmaßnahmen
Grundsatz: Testmaßnahmen sind zulässig
Es ist zulässig, die Waren oder Dienstleistungen eines Konkurrenten und die Art und Weise, wie er am Markt agiert zu testen.
BGH, Beschl. v. 19.5.2011, I ZB 215/08, Tz. 24
Testkäufe sind grundsätzlich zulässig. Sie können allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände ihrerseits lauterkeitsrechtlich bedenklich sein - so etwa, wenn hinreichende Anhaltspunkte für einen bereits begangenen oder bevorstehenden Wettbewerbsverstoß fehlen und mit ihnen lediglich die Absicht verfolgt wird, den Mitbewerber "hereinzulegen", um ihn mit einem Wettbewerbsprozess überziehen zu können.
... Der Umstand, dass Testkäufe erst im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens veranlasst worden sind, spricht nicht notwendig für eine Missbräuchlichkeit.
BGH, Urt. v. 11.5.2017, I ZR 60/16, Tz. 31 – Testkauf im Internet
Testkäufe sind ein unentbehrliches Mittel zur Überprüfung des Wettbewerbsverhaltens von Mitbewerbern sind, für deren Erfolg es unvermeidlich ist, den Testcharakter zu verbergen. Es ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, wenn Testkäufe nicht vom Wettbewerber selbst, sondern von seinem anwaltlichen Vertreter durchgeführt werden.
Ebenso OLG Koblenz, Urt. v. 29.3.2023, 9 U 1408/22 (WRP 2023, 872)
OLG Koblenz, Urt. v. 29.3.2023, 9 U 1408/22 (WRP 2023, 872)
(Zulässige) Testkäufe können auch dazu dienen, die Wirksamkeit von Kontrollmaßnahmen zur Verhütung eines Missbrauchs oder auch nur eines Fehlgebrauchs durch Käufer zu überprüfen. In einem solchen Fall muss sich ein dazu bestellter Testkäufer verbotswidrig verhalten, weil andernfalls der Kontrollmechanismus nicht in Tätigkeit treten und damit auch nicht getestet werden kann (vgl. hierzu BGH GRUR 1981, 827, 829 – Vertragswidriger Testkauf; sowie für den Fall der Aufforderung zur Gewährung eines unzulässigen Rabatts BGH GRUR 1964, 88 f. – Verona-Gerät).
Ausnahme: Unzulässige Begleitumstände einer Testmaßnahme
Testmaßnahmen sind unzulässig, wenn der Tester sich nicht wie ein normaler Kunde verhält. Das birgt die Gefahr in sich, dass auch der Getestete sich nicht normal verhält und zu einer unzulässigen Reaktion provoziert wird, oder dass der Betriebsablauf beim Getesteten beeinträchtigt wird.
BGH, Urt. v. 11.5.2017, I ZR 60/16, Tz. 31 – Testkauf im Internet
Kommt es für den Nachweis eines Verstoßes auf ein Handeln gegenüber Verbrauchern an, muss der Testkäufer für den handelnden Unternehmer erkennbar als Verbraucher auftreten. Unzulässig sind Testkäufe dagegen, wenn sie allein dazu dienen sollen, den Mitbewerber "hereinzulegen", um ihn mit wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen überziehen zu können. Das kann beim Einsatz verwerflicher Mittel oder bei Fehlen hinreichender Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Rechtsverletzung in Betracht kommen.
OLG Hamburg, Urt. v. 18. 4. 2007, 5 U 190/06, II. 2 - „Hausverbot” im Internet
Testmaßnahmen können grundsätzlich dann unzulässig sein, wenn der Kontrolleur sich nicht wie ein normaler Kunde bzw. Nachfrager verhält (vgl. BGH, GRUR 1991, 843, 844 – Testfotos I).
OLG Stuttgart, Urt. v. 15.6.2023, 2 U 32/22, Tz. 52
Ein Testkauf – und ebenso ein Testlauf für die Pfandrücknahme – ist nicht per se rechtsmissbräuchlich. Rechtsmissbrauch kommt nur in Betracht, wenn die Testperson ein unredliches Verhalten an den Tag legt und gerade dadurch ihren Gegenüber zum Wettbewerbsverstoß verleitet; hierunter fallen insbesondere Täuschungshandlungen, durch welche der Unternehmer zu dem Verstoß angereizt werden soll (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.2017, I ZR 60/16, Tz. 16 ff. und 33 – Testkauf im Internet).
OLG Nürnberg, Urt. v. 19.5.2015, 3 U 578/15, II.1.c
Es ist grundsätzlich zulässig Testmaßnahmen durchzuführen, um Lauterkeits- oder Vertragsverstöße eines Gewerbetreibenden aufzudecken (Köhler a.a.O., § 4 Rn. 10.161 m.w.N.). Der Unternehmer, der sich mit seinem Angebot an die Öffentlichkeit wendet, muss solche Maßnahmen im Interesse der Allgemeinheit und der betroffenen Mitbewerber dulden, sofern sich der Tester wie ein normaler Nachfrager verhält. Dies ist vorliegend der Fall. Dass die Anruferin "heimlich" vorgegangen ist, macht ihr Verhalten nicht unzulässig.
Diese Regel gilt auch im Internet.
OLG Hamburg, Urt. v. 18. 4. 2007, 5 U 190/06, II. 2 - „Hausverbot” im Internet
Der Betreiber eines Internetshops wird Wettbewerbern das Aufsuchen seiner Homepage auch nur im Rahmen des Üblichen zu gewährleisten haben. Testmaßnahmen können grundsätzlich dann unzulässig sein, wenn der Kontrolleur sich nicht wie ein normaler Kunde bzw. Nachfrager verhält (vgl. BGH, GRUR 1991, 843, 844 – Testfotos I). Sie sind insbesondere aber dann verboten …, wenn sie zu einer Störung des zu kontrollierenden Betriebes führen können (vgl. Omsels, in: Harte/ Henning, UWG, § 4 Nr. 10 Rdnr. 49).
Beispiele (un)zulässiger Testmaßnahmen
Testmaßnahmen sind unzulässig, wenn der Tester sich nicht wie ein normaler Kunde verhält. Dafür genügt aber nicht jedes von sozialen und moralischen Normen abweichendes Verhalten, weil auch normale Kunden sich nicht stets höflich und verträglich verhalten. Testmaßnahmen sind nicht unzulässig, wenn das ‚Fehlverhalten‘ des Testers für das Verhalten des Getesteten oder die Qualität seiner Waren oder Dienstleistungen irrelevant ist, so wenn er etwa unter falscher Identität auftritt.
OLG Hamburg, Urt. v. 3.4.2008 - 3 U 282/06, III. 2.b)
Das Erfragen z. B. der Produktpreise eines Anbieters, stellt nicht in jedem Falle eine unlautere Behinderung dar, auch wenn es gegenüber den Mitarbeitern des Anbieters im falschen Namen geschieht.
Unzulässig sind alle Testmaßnahmen, die Rechte anderer Beteiligter verletzen. Heimliche Mitschnitte eines Gesprächs mit einem Verkäufer sind untersagt, weil sie gegen § 201 StGB verstoßen.
Zur Anfertigung von Testfotos siehe unten.
Der provozierte Wettbewerbsverstoß
BGH, Urt. v. 11.5.2017, I ZR 60/16, Tz. 32 – Testkauf im Internet
Die Beklagte hat nicht durch ihren Internetauftritt oder andere Werbemaßnahmen dem allgemeinen Verkehr zu erkennen gegeben, dass sie zum Verkauf der angebotenen Waren ohne Rücksicht darauf bereit ist, welche Zwecke der Käufer mit dem Erwerb der Ware verfolgt (vgl. BGHZ 43, 359, 366 ff. - Warnschild). Sie hat vielmehr deutlich gemacht, nicht an Verbraucher, sondern nur an Unternehmer verkaufen zu wollen. Der Testkäufer hat sich nicht wie ein redlicher Durchschnittskäufer verhalten, sondern zunächst einen gewerblichen Erwerbszweck behauptet, um erst anschließend durch die Eintragung "privat" bei Abfrage der Unternehmensbezeichnung einen privaten Erwerbszweck geltend machen zu können.
Der Testkauf der Klägerin war damit darauf angelegt, Vorsorgemaßnahmen der Beklagten zur Verhinderung eines Wettbewerbsverstoßes zu umgehen und dadurch einen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung zu provozieren. Das ist rechtsmissbräuchlich.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.2015, I-20 U 24/15, Tz. 30 ff
Rechtsmissbräuchlich handelt auch, wer auf unlautere Weise einen fremden Wettbewerbsverstoß provoziert. Zwar sind Testkäufe ein weithin unentbehrliches Mittel zur Überprüfung des Wettbewerbsverhaltens von Mitbewerbern und für ihren Erfolg ist es unvermeidlich, den Zweck zu verheimlichen. Unzulässig ist ein Testkauf jedoch dann, wenn für einen begangenen oder drohenden Wettbewerbsverstoß keine Anhaltspunkte vorliegen und er nur dazu dient, einen Mitbewerber „hereinzulegen“, um ihn mit einem Wettbewerbsprozess überziehen zu können (BGH, GRUR 1999, 1017, 1019 - Kontrollnummernbeseitigung); etwa wenn der Testkäufer den Mitbewerber zum Rechtsbruch angestiftet, also im Sinne von § 26 StGB zu einer vorsätzlichen, rechtswidrigen Handlung bestimmt, oder in sonstiger Weise zum Inverkehrbringen des nicht verkehrsfähigen Produkts verleitet hat (vgl. BGH, GRUR 1992, 612, 614 - Nicola) und dieses Handeln für den Wettbewerbsverstoß ursächlich war.
Unter einem Verleiten ist ein Handeln zu verstehen, dass bei einem unterstellten Vorsatz des Verleiteten als Anstiftung zu qualifizieren wäre; Verleiten ist die “Anstiftung“ eines vorsatzlos handelnden “Haupttäters“. Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe an einer deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (BGH, GRUR 2011, 152 Rn. 30 - Kinderhochstühle im Internet). Unter „Bestimmen” i. S. des § 26 StGB ist die Einflussnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen Verhalten bringt. Das „Bestimmen” setzt mithin einen kommunikativen Akt voraus, der zu einer Tatbestandsverwirklichung durch den anderen führt (vgl. BGH, NStZ 2009, 393). Anstiftungshandlungen, die eine kommunikative Aufforderung zur Tat enthalten, können in der Beauftragung, der Überredung oder dem Versprechen einer Belohnung bestehen (Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB 29. Aufl., § 26 Rn. 4). Die Aufwendung einer besonderen Überredungskunst ist nicht erforderlich. Der Annahme von Anstiftung steht die allgemeine Bereitschaft des Haupttäters zu derartigen Taten nicht entgegen (BGH, NStZ 1994, 29, 30). An einem Bestimmen fehlt es nur dann, wenn der Haupttäter entschlossen ist, die konkrete Tat unabhängig von den Bemühungen des Anderen ohnehin zu begehen, also beim sogenannte omnimodo facturus (vgl. Schönke/Schröder/Heine/Weißer, StGB 29. Aufl., § 26 Rn. 6).
Nach dem ... Vortrag des Beklagten, er habe das Produkt Y. aufgrund der Testbestellung des Geschäftsführers der Klägerin bei einem pharmazeutischen Großhändler beschafft und sodann an diesen abgegeben, handelt es sich um einen provozierten Wettbewerbsverstoß. Der Geschäftsführer der Klägerin, der – anders als die Beklagte - um die Wettbewerbswidrigkeit des Inverkehrbringens von Y. ... wusste, hat den Beklagten mit der Beschaffung des Produkts für ihn beauftragt und damit zum Inverkehrbringen des Produkts verleitet, obwohl keine individuellen, also in Person des Beklagten und nicht in seiner bloßen Zugehörigkeit zur Gruppe der Apotheker liegenden Anhaltspunkte für einen begangenen oder drohenden Wettbewerbsverstoß vorlagen. Seine Kenntnis von der Wettbewerbswidrigkeit, die eine Qualifizierung seines Handels als Anstiftung i. S. des § 26 StGB nur deshalb nicht begründet, weil dem Beklagten der Haupttätervorsatz fehlte, unterscheidet den Geschäftsführer der Klägerin von einem normalen Kunden. ...
... Das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin stellt sich von daher auch als sittenwidrige und deshalb verbotene Handlung dar, die nicht hingenommen werden kann, damit ein konkurrierendes Unternehmen seine wettbewerblichen Interessen besser verfolgen kann (vgl. BGH, GRUR 1992, 612, 614 - Nicola). Hätte der Beklagte seinerseits ebenfalls vorsätzlich gehandelt, wären der Geschäftsführer und die durch ihn handelnde Klägerin als Anstifter Teilnehmer eines wettbewerbswidrigen Inverkehrbringens des so nicht verkehrsfähigen Produkts gewesen und hätte seinerseits von Dritten abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden können. Es kann ihn bei der Qualifizierung seines Handelns nicht entlasten, dass der Beklagte vorsatzlos gehandelt hat, vielmehr muss ein solches Verhalten, das, wäre er Normadressat, als mittelbare Täterschaft einzuordnen wäre, erst Recht als sittenwidrig bewertet werden.
OLG Koblenz, Urt. v. 29.3.2023, 9 U 1408/22 (WRP 2023, 872)
Wer auf unlautere Weise einen fremden Wettbewerbsverstoß veranlasst („provoziert“), handelt rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 242 BGB, wenn er Unterlassung begehrt. Dies gilt auch dann, wenn der provozierte Verstoß zugleich die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit verletzt (BGH WRP 2012, 456 – Delan, Tz. 34; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 11 Rn. 2.41). Unlauteres oder sonst gesetzwidriges Handeln liegt jedoch nicht schon bei einem normalen Testkauf durch einen Mitbewerber oder einen von ihm Beauftragten vor (BGH GRUR 1987, 304, 305 – Aktion Rabattverstoß; BGH GRUR 1999, 1017, 1019 – Kontrollnummernbeseitigung). ... Unzulässig sind Testkäufe dagegen, wenn sie allein dazu dienen sollen, den Mitbewerber „hereinzulegen“, um ihn mit wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen überziehen zu können. Das kann beim Einsatz verwerflicher Mittel oder bei Fehlen hinreichender Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Rechtsverletzung in Betracht kommen.
Grundsatz: Die Behinderung von Testmaßnahmen ist unzulässig
Es ist unzulässig, Testmaßnahmen zu behindern, solange der Tester wie ein normaler Kunde verhält und durch sein Verhalten nicht als Tester auffällt.
OLG Hamburg, Urt. v. 18. 4. 2007, 5 U 190/06, II. 1 - „Hausverbot” im Internet
Eine unzulässige gezielte Behinderung eines Wettbewerbers i.S. von § 4 Nr. 10 UWG kann vorliegen, wenn ein Unternehmen Testmaßnahmen wie Testkäufe, Testgespräche, Testfotos u.Ä. durch Wettbewerber unmöglich macht. Der Gewerbetreibende, der sich mit seinem Angebot an die Öffentlichkeit wendet, muss solche Maßnahmen im Rahmen des Üblichen im Interesse der Allgemeinheit und der betroffenen Mitbewerber dulden.
OLG Hamm, Urt. v. 10.6.2008, 3.a) - 4 U 37/08
Ein Gewerbetreibender, der sich mit seinem Angebot an die Öffentlichkeit wendet, muss Testmaßnahmen grudsätzlich im Interesse der Allgemeinheit sowie der betroffenen Mitbewerber dulden muss. Der Mitbewerber hat von daher das Recht, sich wie ein normaler Kunde bei dem Konkurrenten umzusehen und dabei Tests durchzuführen. Dies gilt allerdings nur, wenn sich der Tester wie ein normaler Nachfrager verhält (vgl. BGH, GRUR 1991, 843, 844 – Testfotos I).
Ein generelles Hausverbot für Tester oder ein Testverbot in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist verboten (BGH GRUR 1966, 564, 565 – Hausverbot I; BGH GRUR 1979, 859, 860 – Hausverbot II; BGH GRUR 1981, 827, 829 – Vertragswidriger Testkauf).
Der Getestete ist aber nicht verpflichtet, dem Tester Waren zu verkaufen oder Dienstleistungen zu erbringen, nachdem er festgestellt hat, dass er getestet werden soll (BGH, Urt. v. 25.3.1987, I ZR 61/85 – Lieferbereitschaft = GRUR 1987, 835, 837).
Testmaßnahmen im Internet
OLG Hamburg, Urt. v. 18. 4. 2007, 5 U 190/06, II. 2 - „Hausverbot” im Internet
Im Internet sind die Besonderheiten des Mediums Internet und die sich hieraus ergebenden besonderen Umstände der Kontrolle sowie der Inanspruchnahme von Leistungen bzw. des Erwerbs von Produkten zu berücksichtigen. So wird der Internetshop-Unternehmer auch hier Testmaßnahmen wie z.B. Testkäufe und Testbeobachtungen hinzunehmen haben, damit Wettbewerber Wettbewerbs- oder Vertragsverstöße seines Internetangebots aufdecken können. Einen vollständigen Ausschluss des Wettbewerbers im Sinne eines virtuellen Hausverbots wird der einen Internetshop betreibende Unternehmer nicht bewirken und durchsetzen können. Unter den Bedingungen des Internets ist grundsätzlich daher schon eine Erschwerung des Zuganges zu der Homepage des Internetshops als wettbewerbswidrig anzusehen, wenn dieses durch die Sperrung bestimmter IP-Nummern oder sonstige technische Zugangsbeschränkungen bewirkt wird.
Zulässige Behinderung von Testmaßnahmen
Testmaßnahmen dürfen im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, insbesondere durch die Ausübung des Hausrechts, behindert werde, wenn sie unzulässig sind oder in unzulässiger Weise durchgeführt werden.
OLG Hamm, Urt. v. 10.6.2008, 3.a) - 4 U 37/08
Sofern sich der Tester merklich anders verhält als ein normaler Kunde und damit die Gefahr einer Betriebsstörung verbunden ist, darf sich der getestete Unternehmer hiergegen zur Wehr setzen. Dabei gilt es indes abzuwägen zwischen dem Interesse des getesteten Unternehmers an der Vermeidung einer Betriebsstörung und dem Interesse des testenden Unternehmers, etwaige Wettbewerbsverstöße hinreichend darlegen und beweisen zu können.
OLG Hamburg, Urt. v. 18. 4. 2007, 5 U 190/06, II. 2 - „Hausverbot” im Internet
Der Betreiber eines Internetshops wird Wettbewerbern das Aufsuchen seiner Homepage auch nur im Rahmen des Üblichen zu gewährleisten haben. Testmaßnahmen können grundsätzlich dann unzulässig sein, wenn der Kontrolleur sich nicht wie ein normaler Kunde bzw. Nachfrager verhält (vgl. BGH, GRUR 1991, 843, 844 – Testfotos I). Sie sind insbesondere aber dann verboten und Gegenmaßnahmen im angemessenen Rahmen ihrerseits gerechtfertigt, wenn sie zu einer Störung des zu kontrollierenden Betriebes führen können (vgl. Omsels, in: Harte/ Henning, UWG, § 4 Nr. 10 Rdnr. 49). Es ist insoweit bereits die Gefahr einer Betriebsstörung ausreichend, weil sich der Tester merklich anders verhält als ein normaler Nachfrager.
Anfertigen von Testfotos
Die Anfertigung von Testfotos in den Geschäfts- oder Betriebsräumen des Konkurrenten galt lange Zeit als unzulässig. Diese Rechtsprechung wurde noch nicht aufgegeben, aber relativiert.
BGH, Urt. v. 25.1.2007, I ZR 133/04, Tz. 28 – Testfotos III
Es kann im Streitfall dahinstehen, ob … weiter daran festgehalten werden kann, dass Fotoaufnahmen in Geschäftslokalen zu Testzwecken grundsätzlich unabhängig davon unlauter sind, ob es im Einzelfall tatsächlich zu einer erheblichen Betriebsstörung kommt oder zumindest die (konkrete) Gefahr einer solchen besteht. Jedenfalls kann bei der Interessenabwägung, die in Fällen … vorzunehmen ist, in denen der Beweis eines Wettbewerbsverstoßes anders nicht zu führen ist, dem Interesse des Geschäftsinhabers, mögliche Betriebsstörungen zu verhindern, nur dann der Vorrang eingeräumt werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung zu befürchten ist.
BGH, Urt. v. 16. 7. 2009, I ZR 56/07, Tz. 22 - Betriebsbeobachtung
Das Anfertigen von Fotografien in den Geschäftsräumen eines Mitbewerbers zum Beweis eines Wettbewerbsverstoßes kann als gezielte Behinderung anzusehen sein, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung zu befürchten ist.
Gewichtige Stimmen in der Literatur wollen das Verbot von Testfotos weitergehend aufheben, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen (Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, § 4, Rdn. 10.163; in diesem Sinne auch der Verfasser in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 10, Rdn. 58). Heutzutage kann jeder mit dem Handy Fots anfertigen, ohne dass sich ein Beobachter etwas dabei denkt. Der weiß u.U. nicht einmal, ob überhaupt ein Foto angefertigt wird, weil z.B. auch der Barcode gescannt werden könnte, u weitere Informationen zum Produkt zu erhalten.
Testfotos zu Beweiszwecken
BGH, Urt. v. 25.1.2007, I ZR 133/04, Tz. 26 – Testfotos III
Kann ein Wettbewerbsverstoß nur durch Fotoaufnahmen hinreichend bestimmt dargelegt und bewiesen werden, ist die Anfertigung der Fotos innerhalb der Geschäftsräume des Verletzers nicht unlauter, wenn ein überwiegendes Interesse des Geschäftsinhabers an der Vermeidung einer möglichen Betriebsstörung nicht besteht, insbesondere die (konkrete) Gefahr einer erheblichen Belästigung nicht gegeben ist.
Kosten von Testmaßnahmen
Die Kosten von Testmaßnahmen sind vom Gegner zu erstatten, sofern dem Tester ein materiell-rechtlicher Erstattungsanspruch zusteht oder die Kosten zur Vorbereitung oder Unterstützung eines Gerichtsverfahrens entstanden sind und dem Gegner – jedenfalls – ein Teil der Kosten auferlegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Testmaßnahme von vornherein durchgeführt wurde, um einen Rechtsverstoß zu verfolgen, Sofern sich ein Wettbewerbsverstoß nur gelegentlich allgemeiner Überwachungsmaßnahmen herausstellt, besteht kein Erstattungsanspruch.
Zum Kostenerstattungsanspruch siehe auch hier.
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Omsels, Online-Kommentar zum UWG: