Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Detaillierte Bestimmungen für verpflichtende Angaben (Abschnitt 2/Art. 17 ff)

4. VERPFLICHTENDE INFORMATIONEN ÜBER LEBENSMITTEL

Abschnitt 2 Detaillierte Bestimmungen für verpflichtende Angaben

Art. 17 Bezeichnung des Lebensmittels

Art. 18 Zutatenverzeichnis

Art. 19 Ausnahme vom Erfordernis eines Zutatenverzeichnisses

Art. 20 Ausnahme vom Erfordernis der Angabe von Bestandteilen von Lebensmitteln im Zutatenverzeichnis

Art. 21 Kennzeichnung bestimmter Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen

Art. 22 Quantitative Angabe der Zutaten

Art. 23 Nettofüllmenge

Art. 24 Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum und Datum des Einfrierens

Art. 25 Aufbewahrungs- oder Verwendungsbedingungen

Art. 26 Ursprungsland oder Herkunftsort

Art. 27 Gebrauchsanweisung

Art. 28 Alkoholgehalt

KAPITEL IV

VERPFLICHTENDE INFORMATIONEN ÜBER LEBENSMITTEL

ABSCHNITT 2

Detaillierte Bestimmungen für verpflichtende Angaben

Bezeichnung des Lebensmittels

Artikel 17

(1) Ein Lebensmittel wird mit seiner rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung bezeichnet. Fehlt eine solche, so wird das Lebensmittel mit seiner verkehrsüblichen Bezeichnung oder, falls es keine verkehrsübliche Bezeichnung gibt oder diese nicht verwendet wird, mit einer beschreibenden Bezeichnung bezeichnet.

(2) Die Verwendung der Bezeichnung des Lebensmittels, unter der das Erzeugnis im Herstellungsmitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und vermarktet wird, ist im Vermarktungsmitgliedstaat zulässig. Wenn jedoch die Anwendung der anderen Bestimmungen dieser Verordnung, insbesondere denjenigen des Artikels 9, es den Verbrauchern im Vermarktungsmitgliedstaat nicht ermöglicht, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen und es von Lebensmitteln zu unterscheiden, mit denen es verwechselt werden könnte, ist die Bezeichnung des Lebensmittels durch weitere beschreibende Informationen zu ergänzen, die in der Nähe der Bezeichnung des Lebensmittels anzubringen sind.

(3) In Ausnahmefällen darf die Bezeichnung des Lebensmittels im Herstellungsmitgliedstaat im Vermarktungsmitgliedstaat nicht verwendet werden, wenn das mit ihr im Herstellungsmitgliedstaat bezeichnete Lebensmittel im Hinblick auf seine Zusammensetzung oder Herstellung von dem unter dieser Bezeichnung im Vermarktungsmitgliedstaat bekannten Lebensmittel derart abweicht, dass Absatz 2 nicht ausreicht, um im Vermarktungsmitgliedstaat eine korrekte Unterrichtung des Käufers zu gewährleisten.

(4) Die Bezeichnung des Lebensmittels darf durch keine als geistiges Eigentum geschützte Bezeichnung, Handelsmarke oder Fantasiebezeichnung ersetzt werden.

(5) Anhang VI enthält spezielle Vorschriften für die Bezeichnung eines Lebensmittels und die Angaben, die dazu zu machen sind.

EuGH, Urt. v. 1.12.2021, C‑595/21, Tz. 24 f – LSI / Freistaat Bayern

Die Definition von „Lebensmittel“ – in Art. 2 der Verordnung Nr. 178/2002, auf den Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1169/2011 verweist – als „alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden“ genügt, um daraus abzuleiten, dass der Unterschied zwischen dem in Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1169/2011 genannten Ausdruck „Bezeichnung des Lebensmittels“ und dem in Anhang VI Teil A Nr. 4 dieser Verordnung genannten Ausdruck „Produktname“ rein terminologischer Natur ist. Im Licht dieser Definition von „Lebensmittel“ kann der „Produktname“, auf den sich dieser Anhang VI Teil A Nr. 4 bezieht, nämlich nur „Name des Lebensmittels“ bedeuten.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die beiden in Rede stehenden Ausdrücke – ungeachtet ihrer Abweichungen je nach den verschiedenen Sprachfassungen – so zu verstehen sind, dass sie denselben Inhalt haben, ohne dass davon ausgegangen werden kann, dass der Ausdruck „Produktname“ eine umfassendere Bedeutung hat als der Ausdruck „Bezeichnung des Lebensmittels“.

Zur Bestimmung der rechtlich vorgeschriebenen Bezeichnung eines Lebensmittels sind Vorschriften aus anderen europäischen Normenwerken zu berücksichtigen. Dazu gehört bspw. die Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, dort u.a. Art. 74 bis 83 in Verbindung mit Anhang VII. Der EuGH hat aus diesen Bestimmungen abgeleitet, dass für vegane oder vegetarische Produkte keine Bezeichnungen für Milchprodukte verwendet werden dürfen - selbst wenn durch Zusätze wie 'aus Tofu' oder 'aus Soja' deutlich gemacht wird, dass sie pflanzlichen Ursprungs sind.

EuGH, Urt. v.14. Juni 2017, C-422/16, Tz. 23 ff – VSW./.TofuTown.com

Aus dem Wortlaut des Anhang VII Teil III Nr. 1 geht klar hervor, dass die Bezeichnung „Milch“ grundsätzlich nicht rechtmäßig für ein rein pflanzliches Produkt verwendet werden darf, da es sich bei Milch im Sinne dieser Vorschrift um ein Produkt tierischen Ursprungs handelt. Dies ergibt sich auch aus Anhang VII Teil III Nr. 4 der Verordnung Nr. 1308/2013, wonach bei Milch, falls es sich nicht um Kuhmilch handelt, die Tierart des Ursprungs anzugeben ist, und aus Art. 78 Abs. 5 dieser Verordnung, durch den der Kommission die Befugnis übertragen wird, delegierte Rechtsakte zu erlassen, in denen die Milcherzeugnisse aufgeführt werden, bei denen die Tierart, von der die Milch stammt – falls es sich nicht um Kuhmilch handelt – anzugeben ist.

Ferner ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung Nr. 1, dass gemäß ihrem Unterabs. 2 Buchst. b klarstellende oder beschreibende Zusätze, durch die auf den pflanzlichen Ursprung des betreffenden Produkts hingewiesen werden soll – wie etwa im Ausgangsverfahren „aus Soja“ oder „aus Tofu“ – nicht zu den Begriffen gehören, die zusammen mit der Bezeichnung „Milch“ verwendet werden können, da die Veränderungen der Zusammensetzung der Milch, die durch zusätzliche Begriffe bezeichnet werden können, nach dieser Bestimmung auf den Zusatz und/oder den Entzug natürlicher Milchbestandteile beschränkt sind, so dass ein vollständiger Ersatz der Milch durch ein rein pflanzliches Produkt hiervon nicht umfasst ist.

Anhang VII Teil III Nr. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1308/2013 bestimmt in Bezug auf „Milcherzeugnisse“, dass dies „ausschließlich aus Milch gewonnene Erzeugnisse [sind], wobei jedoch für die Herstellung erforderliche Stoffe zugesetzt werden können, sofern diese nicht verwendet werden, um einen der Milchbestandteile vollständig oder teilweise zu ersetzen“. Weiter heißt es in dessen Unterabs. 2 zum einen, dass die auf allen Vermarktungsstufen verwendeten und in dieser Bestimmung unter Buchst. a aufgezählten Bezeichnungen, zu denen „Molke“, „Rahm“, „Butter“, „Buttermilch“, „Käse“ und „Joghurt“ gehören, und zum anderen namentlich die „tatsächlich für Milcherzeugnisse verwendeten“ Bezeichnungen im Sinne von Art. 17 der Verordnung Nr. 1169/2011 „ausschließlich Milcherzeugnissen“ vorbehalten sind.

EuGH, Urt. v.14. Juni 2017, C-422/16, Tz. 29 – VSW./.TofuTown.com

Zwar ist der deutsche Begriff „Sahne“ ... in Anhang VII Teil III Nr. 2 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1308/2013 als Bezeichnung für Milcherzeugnisse aufgeführt, doch bezeichnet er den Rahm, der geschlagen werden kann.

Es handelt sich also um eine tatsächlich für Milcherzeugnisse verwendete Bezeichnung im Sinne von Art. 17 der Verordnung Nr. 1169/2011. Folglich kann grundsätzlich auch dieser Begriff nicht rechtmäßig zur Bezeichnung eines rein pflanzlichen Produkts verwendet werden.

Zu Joghurt:

OLG Nürnberg, Urt. v. 17.4.2018, 3 U 2083/17 (MD 2018, 543)

Nach Art. 78 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse dürften die Bezeichnungen des Anhangs VII nur für die Vermarktung solcher Erzeugnisse verwendet werden, die den entsprechenden Anforderungen dieses Anhangs genügen. Gemäß Teil III Nr. 2 a Nr. ix des Anhangs VII ist die Bezeichnung Joghurt ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehalten. Demnach darf die Bezeichnung Joghurt grundsätzlich nicht rechtmäßig verwendet werden, um ein rein pflanzliches Produkt zu bezeichnen. Dies gilt auch dann, wenn die Bezeichnung „Naturjoghurt“ durch klarstellende oder beschreibende Zusätze ergänzt wird, die auf den pflanzlichen Ursprung des in Rede stehenden Produkts hinweisen.

Zu Sojamilch

OLG Frankfurt, Urt. v. 21.12.2023, 6 U 154/22

Nach Art. 78 Abs. 1 Buchst. c VO (EU) Nr. 1308/2013 gelten für Milch und Milcherzeugnisse, die für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, die Begriffsbestimmungen, Bezeichnungen und Verkehrsbezeichnungen des Anhangs VII dieser Verordnung. Diese Bezeichnungen dürfen in der Union nach Art. 78 Abs. 2VO (EU) Nr. 1308/2013 nur für die Vermarktung eines Erzeugnisses verwendet werden, das den entsprechenden Anforderungen des Anhangs VII der Verordnung genügt. …

Die europäischen Bezeichnungsvorschriften für Milch und Milcherzeugnisse sind nach zutreffender Auffassung des Landgerichts sog. Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG.

"Käse-Alternative" soll demgegenüber zulässig sein:.

OLG Celle, Beschl. v. 6.8.2019, 13 U 35/19

Das Produkt der Beklagten wird mit dem Begriff „Käse-Alternative“ aber gerade nicht als „Käse“ bezeichnet wird. Vielmehr wird das Produkt lediglich in eine Beziehung zu dem Milchprodukt Käse gesetzt und dabei mit dem Zusatz „Alternative“ hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass es sich eben nicht um Käse, sondern um etwas Anderes – nämlich eine Alternative zu Käse – handelt.

Das Regelungssystem der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 ist sehr komplex und für die verschiedenen Lebensmittelsektoren unterschiedlich. Aus dem Umstand, dass pflanzliche Produkte nicht als Milch, Käse etc. bezeichnet werden dürfen, folgt nicht, dass ein veganes Produkt nicht als Schnitzel bezeichnet werden darf. Die Bezeichnung als „Alternative“ stellt weder einen klarstellenden noch einen beschreibenden Zusatz dar, der auf den pflanzlichen Ursprung des in Rede stehenden Produkts hinweist, wie es beispielsweise bei den – unzulässigen – Bezeichnungen „Tofubutter“, „Pflanzenkäse“, „Veggie-Cheese“ oder „Cashewkäse“ der Fall wäre. Solche Wortkombinationen sind auch nach Auffassung des Senats zur Irreführung geeignet, da sie dem Verbraucher suggerieren, es handele sich um ein Produkt, das jedenfalls auch aus tierischen Milcherzeugnissen besteht. Anders verhält es sich jedoch bei der Bezeichnung „Käse-Alternative“, von der für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher keine vergleichbare Irreführungsgefahr ausgeht. Denn der Durchschnittsverbraucher versteht unter einer „Alternative“ weder eine klarstellende noch eine beschreibende Bezeichnung des Begriffs „Käse“, sondern vielmehr eine Klarstellung dahingehend, dass es sich bei dem Produkt gerade um keinen Käse, sondern um etwas Anderes handelt.

EuGH, Urt. v.14. Juni 2017, C-422/16, Tz. 50f – VSW./.TofuTown.com

Im vorliegenden Fall kann es nicht als ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung angesehen werden, dass die Erzeuger vegetarischer oder veganer Fleisch- oder Fisch-Alternativprodukte – wie TofuTown ausführt – in Bezug auf die Verwendung von Verkaufsbezeichnungen keinen Beschränkungen unterliegen, die denen vergleichbar wären, die von den Erzeugern vegetarischer oder veganer Alternativprodukte für Milch oder Milcherzeugnisse gemäß Anhang VII Teil III der Verordnung Nr. 1308/2013 zu beachten sind.

Jeder Sektor der durch diese Verordnung geschaffenen gemeinsamen Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse weist seine eigenen Besonderheiten auf. Dies hat zur Folge, dass der Vergleich der für die Regelung der verschiedenen Marktbereiche verwendeten technischen Mechanismen keine taugliche Grundlage für den Vorwurf der Diskriminierung zwischen ungleichen Erzeugnissen, die verschiedenen Vorschriften unterliegen, darstellen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 28. Oktober 1982, Lion u. a., 292/81 und 293/81, EU:C:1982:375, Rn. 24, sowie vom 30. Juni 2016, Lidl, C‑134/15, EU:C:2016:498, Rn. 49). Milch und Milcherzeugnisse gehören einem anderen Sektor an als die verschiedenen Fleischarten oder die Erzeugnisse der Fischerei, die sogar einer anderen gemeinsamen Marktorganisation angehören.

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Artikel 18

Zutatenverzeichnis

(1) Dem Zutatenverzeichnis ist eine Überschrift oder eine geeignete Bezeichnung voranzustellen, in der das Wort "Zutaten" erscheint. Das Zutatenverzeichnis besteht aus einer Aufzählung sämtlicher Zutaten des Lebensmittels in absteigender Reihenfolge ihres Gewichtsanteils zum Zeitpunkt ihrer Verwendung bei der Herstellung des Lebensmittels.

(2) Die Zutaten werden mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Artikel 17 und Anhang VI, bezeichnet.

(3) Alle Zutaten, die in Form technisch hergestellter Nanomaterialien vorhanden sind, müssen im Zutatenverzeichnis eindeutig aufgeführt werden. Auf die Bezeichnung solcher Zutaten muss das in Klammern gesetzte Wort "Nano" folgen.

(4) Anhang VII enthält technische Vorschriften für die Anwendung der Absätze 1 und 2 dieses Artikels.

(5) Damit die Ziele dieser Verordnung erreicht werden, passt die Kommission durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 51 die in Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe t aufgeführte Begriffsbestimmung für technisch hergestellte Nanomaterialien an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt oder die auf internationaler Ebene vereinbarten Begriffsbestimmungen an.

EuGH, Urt. v. 24.3.2022, C-533/20, Tz. 25 - Upfield Hungary

Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. f dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Zutat“ „jeden Stoff und jedes Erzeugnis, einschließlich Aromen, Lebensmittelzusatzstoffen und Lebensmittelenzymen, sowie jeden Bestandteil einer zusammengesetzten Zutat, der bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet wird und der – gegebenenfalls in veränderter Form – im Enderzeugnis vorhanden bleibt“.

Zu Vitaminen

EuGH, Urt. v. 24.3.2022, C-533/20, Tz. 33 - Upfield Hungary

Ein Vitamin, wenn es einem Lebensmittel zugesetzt wird, muss zwingend in dem Zutatenverzeichnis gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. b und Art. 18 der Verordnung Nr. 1169/2011 angegeben werden. In der Nährwertdeklaration nach Art. 9 Abs. 1 Buchst. l und Art. 30 dieser Verordnung muss es hingegen nicht unbedingt genannt und quantifiziert werden.

EuGH, Urt. v. 24.3.2022, C-533/20, Tz. 34 - Upfield Hungary

Zu der Frage, unter welcher Bezeichnung ein solches Vitamin in das auf dem betreffenden Lebensmittel anzubringende Zutatenverzeichnis aufzunehmen ist, ist festzustellen, dass nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1169/2011 die Zutaten, die in einem Lebensmittel enthalten sind, mit ihrer speziellen Bezeichnung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen in Art. 17 dieser Verordnung, zu bezeichnen sind. ...

Weder der Verweis auf die „spezielle Bezeichnung“ in Art. 18 Abs. 2 ... noch der Verweis auf die „rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung“, die „verkehrsübliche Bezeichnung“ und die „beschreibende Bezeichnung“ in Art. 17 Abs. 1 ... ermöglichen es jedoch für sich genommen und ohne zusätzliche textliche Präzisierungen, die Bezeichnung zu bestimmen, mit der ein Vitamin, das einem in der Union hergestellten oder in Verkehr gebrachten Lebensmittel zugesetzt wurde, im Zutatenverzeichnis dieses Lebensmittels aufzuführen ist.

EuGH, Urt. v. 24.3.2022, C-533/20, Tz. 43 - Upfield Hungary

Aus der Gesamtheit der ... Bestimmungen ergibt sich somit, dass Vitamine, die in signifikanter Menge in in der Union erzeugten oder in Verkehr gebrachten Lebensmitteln enthalten sind, in der Verordnung Nr. 1169/2011 zum Zweck ihrer Angabe in der Nährwertdeklaration gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. l, Art. 30 und Anhang XIII dieser Verordnung mit Bezeichnungen wie „Vitamin A“, „Vitamin D“ oder „Vitamin E“ bezeichnet werden.

OLG München, Urt. v. 4.5.2023, 29 U 619/22, Tz. 30 -  Mandelerzeugnis

Maßstab für die Ermittlung der verkehrsüblichen Bezeichnung ist, ob fiktive Durchschnittsverbraucher den als verkehrsübliche Bezeichnung verwendeten Begriff ohne Erläuterung so verstehen und akzeptieren, dass sie das betreffende Erzeugnis hinreichend identifizieren können. Die Verwendung der verkehrsüblichen Bezeichnung liegt im Wahlrecht des Verantwortlichen, da es dem Verantwortlichen auch freisteht, stattdessen eine sogenannte „beschreibende Bezeichnung“ zu verwenden. Von dem Begriff der verkehrsüblichen Bezeichnung ist folglich nur diejenige Bezeichnung umfasst, die verkürzt – nämlich ohne weitere Erläuterung – vom Verbraucher bereits verstanden wird (Sosnitza/Meisterernst/Meisterernst, LebensmittelR, 184. EL Juli 2022, LMIV, Art. 2, Rn. 114, 115).

Zum Begriff 'Mandelerzeugnis'

OLG München, Urt. v. 4.5.2023, 29 U 619/22, Tz. 33 -  Mandelerzeugnis

Aus Sicht des fiktiven Durchschnittsverbrauchers ist der Begriff „Mandelerzeugnis“ als Bezeichnung einer zusammengesetzten Zutat im Zutatenverzeichnis eines verpackten Lebensmittels nicht als üblich anzusehen, weil er nicht an die Kombination des Begriffs „Erzeugnis“ mit „Mandel“ gewöhnt ist. Dass es an einer Üblichkeit fehlt, lässt sich daraus ersehen, dass der angemessen aufmerksame Verbraucher aufgrund der Bezeichnung keine Vorstellung über die Zusammensetzung des Erzeugnisses bilden kann, sondern bei ihm allenfalls Assoziationen entstehen, die völlig losgelöst von den hiesigen Einzelzutaten Mandeln und Wasser sind und gedanklich eher in die Richtung von Süßwaren wie Marzipan oder Weihnachtsplätzchen gehen, ohne jedoch zur sicheren Inhaltsbestimmung beizutragen.

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Artikel 19

Ausnahme vom Erfordernis eines Zutatenverzeichnisses

(1) Ein Zutatenverzeichnis ist bei folgenden Lebensmitteln nicht erforderlich:

a) frischem Obst und Gemüse — einschließlich Kartoffeln —, das nicht geschält, geschnitten oder auf ähnliche Weise behandelt worden ist;

b) Tafelwasser, das mit Kohlensäure versetzt ist und in dessen Beschreibung dieses Merkmal aufgeführt ist,

c) Gärungsessig, der nur aus einem Grundstoff hergestellt ist und dem keine weitere Zutat zugesetzt worden ist;

d) Käse, Butter, fermentierter Milch und Sahne, denen keine Zutat zugesetzt wurde außer für die Herstellung notwendige Milchinhaltsstoffe, Lebensmittelenzyme und Mikroorganismen-Kulturen oder für die Herstellung von Käse — ausgenommen Frisch- oder Schmelzkäse — notwendiges Salz;

e) Lebensmitteln, die aus einer einzigen Zutat bestehen, sofern

i) die Bezeichnung des Lebensmittels mit der Zutatenbezeichnung identisch ist oder

ii) die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf die Art der Zutat schließen lässt.

(2) Um der Bedeutung eines Zutatenverzeichnisses für die Verbraucher bei bestimmten Arten oder Klassen von Lebensmitteln Rechnung zu tragen, kann die Kommission in Ausnahmefällen die in Absatz 1 dieses Artikels enthaltene Liste durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 51 ergänzen, sofern das Fehlen des Zutatenverzeichnisses nicht dazu führt, dass Endverbraucher oder Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung unzureichend informiert werden.

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Artikel 20

Ausnahme vom Erfordernis der Angabe von Bestandteilen von Lebensmitteln im Zutatenverzeichnis

Unbeschadet des Artikels 21 brauchen die folgenden Bestandteile eines Lebensmittels nicht im Zutatenverzeichnis aufgeführt zu werden:

a) Bestandteile einer Zutat, die während der Herstellung vorübergehend entfernt und dann dem Lebensmittel wieder hinzugefügt werden, ohne dass sie mengenmäßig ihren ursprünglichen Anteil überschreiten;

b) Lebensmittelzusatzstoffe und Lebensmittelenzyme,

i) deren Vorhandensein in einem Lebensmittel lediglich darauf beruht, dass sie — in Übereinstimmung mit dem Übertragungsgrundsatz gemäß Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben a und b der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 — in einer Zutat oder in mehreren Zutaten dieses Lebensmittels enthalten waren, sofern sie im Enderzeugnis keine technologische Wirkung mehr ausüben, oder

ii) die als Verarbeitungshilfsstoffe verwendet werden;

c) Trägerstoffe und andere Stoffe, die keine Lebensmittelzusatzstoffe sind, aber in derselben Weise und zu demselben Zweck verwendet werden wie Trägerstoffe, und die nur in den unbedingt erforderlichen Mengen verwendet werden;

d) Stoffe, die keine Lebensmittelzusatzstoffe sind, aber auf dieselbe Weise und zu demselben Zweck wie Verarbeitungshilfsstoffe verwendet werden und — selbst wenn in veränderter Form — im Enderzeugnis vorhanden sind;

e) Wasser:

i) wenn das Wasser bei der Herstellung lediglich dazu dient, eine Zutat in konzentrierter oder getrockneter Form in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuführen; oder

ii) bei Aufgussflüssigkeit, die üblicherweise nicht mitverzehrt wird.

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Artikel 21

Kennzeichnung bestimmter Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen

(1) Unbeschadet der gemäß Artikel 44 Absatz 2 erlassenen Vorschriften müssen die in Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c genannten Angaben den folgenden Anforderungen entsprechen:

a) sie sind in dem Zutatenverzeichnis nach den Vorschriften, die in Artikel 18 Absatz 1 niedergelegt sind, aufzuführen, und zwar unter genauer Bezugnahme auf die in Anhang II aufgeführte Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses; und

b) die in Anhang II aufgeführte Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses wird durch einen Schriftsatz hervorgehoben, durch den sie sich von dem Rest des Zutatenverzeichnisses eindeutig abhebt, z. B. durch die Schriftart, den Schriftstil oder die Hintergrundfarbe.

Ist kein Zutatenverzeichnis vorgesehen, so umfasst die Angabe gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c das Wort "Enthält", gefolgt von der in Anhang II aufgeführten Bezeichnung des Stoffs oder Erzeugnisses.

Wurden mehrere Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe eines Lebensmittels aus einem einzigen in Anhang II aufgeführten Stoff oder Erzeugnis gewonnen, so muss die Kennzeichnung dies für jede dieser Zutaten oder Verarbeitungshilfsstoffe deutlich machen.

Die Angaben gemäß Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c sind nicht erforderlich, wenn sich die Bezeichnung des Lebensmittels eindeutig auf den betreffenden Stoff oder das betreffende Erzeugnis bezieht.

(2) Um eine bessere Information der Verbraucher sicherzustellen und den neuesten wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen Rechnung zu tragen, überprüft die Kommission das Verzeichnis in Anhang II systematisch und aktualisiert es erforderlichenfalls durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 51.

Ist dies im Falle einer Gefährdung der Gesundheit der Verbraucher aus Gründen äußerster Dringlichkeit erforderlich, so findet das Verfahren gemäß Artikel 52 auf delegierte Rechtsakte, die gemäß dem vorliegenden Artikel erlassen werden, Anwendung.

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Artikel 22

Quantitative Angabe der Zutaten

(1) Die Angabe der Menge einer bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendeten Zutat oder Zutatenklasse ist erforderlich, wenn die betreffende Zutat oder Zutatenklasse:

a) in der Bezeichnung des Lebensmittels genannt ist oder normalerweise von Verbrauchern mit dieser Bezeichnung in Verbindung gebracht wird;

b) auf der Kennzeichnung durch Worte, Bilder oder eine graphische Darstellung hervorgehoben ist; oder

c) von wesentlicher Bedeutung für die Charakterisierung eines Lebensmittels und seine Unterscheidung von anderen Erzeugnissen ist, mit denen es aufgrund seiner Bezeichnung oder seines Aussehens verwechselt werden könnte.

(2) Anhang VIII enthält technische Vorschriften für die Anwendung von Absatz 1, die sich auch auf spezielle Fälle beziehen können, in denen eine Mengenangabe für bestimmte Zutaten nicht erforderlich ist.

Verhältnis zu Art. 30 LMIV

OLG Rostock, Beschl. v. 16.2.2022, 2 U 24/21, Tz. 10

Bereits der jeweilige Normwortlaut bietet keinen Anhalt dafür, ein Produktbestandteil könne im Sinne wechselseitiger Exklusivität nur 'Zutat' oder Inhaltsstoff sein. Aber auch aus dem Blickwinkel einer gesetzessystematischen Auslegung erweisen sich Überlappungen zwischen beiden Regelungskreisen als naheliegend und vom Verordnungsgeber einkalkuliert. Exemplarisch deutlich wird dies in Art. 22 Abs. 2 LMIV i.V.m. Anhang VIII Nr. 2 lit. b), wonach Art. 22 Abs. 1 lit. a) und b) LMIV nicht gelten für – zugesetzte – Vitamine und Mineralstoffe, wenn diese Stoffe in eine Nährwertdeklaration aufgenommen werden müssen. Von diesem Ansatz geht auch das einschlägige Kommentarschrifttum aus: Treten die in Art. 30 LMIV genannten – oder sonstige – Inhaltsstoffe lediglich als natürlicher Bestandteil einer Zutat in Erscheinung, sind sie nicht zugleich selbst 'Zutat'. So ist z. B. das in der Kaffeebohne enthaltene und (nur) über deren Verarbeitung zum Bestandteil eines Kaffeeprodukts werdende Koffein auch dann keine 'Zutat', wenn es auf der Verpackung des Kaffeeprodukts 'hervorgehoben' wird und damit ansonsten die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 1 lit. b) LMIV erfüllt sind. Gleiches würde etwa gelten für die in einem Apfel enthaltenen Vitamine, die im Apfelsaft zu finden sind. Ist das – andernorts extrahierte – Vitamin aber 'zugesetzt' (Art. 22 Abs. 2 LMIV i.V.m. Anhang VIII Nr. 2 lit. b)), stellt es eine 'Zutat' dar (vgl. Zipfel/Rathke/Meisterernst, Lebensmittelrecht, 179. EL – März 2021, LMIV Art. 22 Rn. 9). Mit dem hier zunächst aus der Lupinenpflanze extrahierten Eiweiß, dass anschließend mit Wasser zur 'Lupinenzubereitung' weiterverarbeitet wird und dann letztlich in das streitbegriffene Endprodukt '…' bzw. '…' einfließt, verhält es sich nicht anders.

OLG München, Urt. v. 4.5.2023, 29 U 619/22, Tz 42 ff -  Mandelerzeugnis

Das Gewicht der Zutat(en) ist zum Zeitpunkt der Verwendung bei der Herstellung und bezogen auf das „Lebensmittel“ anzugeben, für das die Zutaten verwendet werden. Da zu diesem Zeitpunkt noch nicht das endgültige Gewicht des „Lebensmittels“ bestimmbar sein muss, auf das sich die gewichtsprozentuale Angabe (als Verhältniszahl) beziehen muss, können Berechnungsprobleme auftreten, die sich einmal aus dem Umstand ergeben können, dass zwischen dem Zeitpunkt der Verwendung der Zutat(en) und der Fertigstellung des Endlebensmittels noch eine Reihe von Verfahrensschritten liegen, die das Gewicht der Zutat und/oder des (End-)Lebensmittels beeinflussen können, wie dies insbesondere bei Erhitzungs- und Trocknungsvorgängen der Fall ist. Dementsprechend bleiben Gewichtsveränderungen der Zutat(en), die nach dem Zeitpunkt der Verwendung auftreten, unberücksichtigt (Voit/Grube/Grube, LMIV, 2. Aufl., Art. 22, Rn. 37, 38).

Bezugsgröße für die Prozentangabe ist das Gewicht des „Lebensmittels“. Darunter wird in aller Regel das Enderzeugnis zu verstehen sein, obwohl der Begriff nicht ausdrücklich verwendet wird. Das ist unproblematisch, wenn die Verkaufseinheit nur aus einem homogenen Lebensmittel besteht. Enthält eine Verkaufseinheit als Kombinationspackung mehrere verschiedene Lebensmittel (z.B. bei dem Erzeugnis „Spaghetti P.“ die getrennten Packungen für Spaghetti, Tomatenmark, Käse und eine Kräutermischung oder bei einem Fertigmenü getrennte Packungen für Fleisch, Gemüse, Reis und eine Soße; sog. „heterogene Erzeugnisse“), wird es unter Informationsaspekten nicht zweckmäßig sein, die Teilmengenangaben für QUID-Zutaten auf die Gesamtmenge aller in der Verkaufseinheit enthaltenen Lebensmittel zu beziehen. Lautet bei einem Fertigmenü die Hervorhebung etwa „Béchamelsauce mit Sahne verfeinert“, so würde eine auf das Gesamterzeugnis bezogene gewichtsprozentuale Angabe des Sahneanteils in keiner Weise die Qualität der verfeinerten Sauce verdeutlichen, sondern der Prozentsatz ausschließlich von dem zufälligen Gewicht aller anderen Zutaten abhängig sein (Voit/Grube/Grube, a.a.O., Rn.40).

Dies kann auch dann gelten, wenn sich eine QUID-Angabe nur auf die Menge einer zusammengesetzten Zutat bezieht, wenn z.B. ein als „Stollen mit Marzipanfüllung“ bezeichnetes Erzeugnis eine Marzipanfüllung enthält, die ihrerseits neben Marzipan noch weitere Zutaten enthält, so dass in Ergänzung der auf das Gewicht des Stollens bezogenen QUID-Angabe für die Marzipanfüllung die ergänzende Angabe „Marzipanfüllung mit 40% Marzipan“ dem Informationsbedürfnis besser entspricht. In diesem Fall kann eine zusammengesetzte Zutat ein „Lebensmittel“ im Sinne von Art. 22 Abs. 1 lit. b) LMIV darstellen (Voit/Grube/Grube, a.a.O., Rn. 41).

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Artikel 23

Nettofüllmenge

(1) Die Nettofüllmenge eines Lebensmittels ist in Litern, Zentilitern, Millilitern, Kilogramm oder Gramm auszudrücken, und zwar, je nachdem, was angemessen ist:

a) bei flüssigen Erzeugnissen in Volumeneinheiten,

b) bei sonstigen Erzeugnissen in Masseeinheiten.

(2) Um ein besseres Verständnis der Verbraucher für die Information über Lebensmittel auf der Kennzeichnung sicherzustellen, kann die Kommission für bestimmte Lebensmittel durch delegierte Rechtsakte gemäß Artikel 51 eine andere Art der Angabe der Nettofüllmenge als die in Absatz 1 dieses Artikels beschriebene Art festlegen.

(3) Anhang IX enthält technische Vorschriften für die Anwendung von Absatz 1, auch für spezielle Fälle, in denen die Angabe der Nettofüllmenge nicht erforderlich ist.

BVerwG, Urt. v. 9.3.2023, 3 C 15.21, Tz. 18

Art. 23 Abs. 1 LMIV bestimmt, dass die Nettofüllmenge eines Lebensmittels in Litern, Zentilitern, Millilitern, Kilogramm oder Gramm auszudrücken ist, und zwar, je nachdem, was angemessen ist, d. h. bei flüssigen Erzeugnissen in Volumeneinheiten, bei sonstigen Erzeugnissen in Masseeinheiten. Art. 23 Abs. 3 LMIV verweist für technische Vorschriften für die Anwendung von Absatz 1 der Vorschrift auf Anhang IX. Nach Anhang IX Nr. 4 LMIV ist die Nettofüllmenge in Fällen, in denen eine Vorverpackung aus zwei oder mehr Einzelpackungen besteht, die nicht als Verkaufseinheiten anzusehen sind, in der Weise anzugeben, dass die Gesamtnettofüllmenge und die Gesamtzahl der Einzelpackungen angegeben werden.

Ebenso OLG Frankfurt, Urt. v. 25.10.2018, 6 U 175/17 - Raffaello

BGH, Urt. v. 28.3.2019, I ZR 85/18, Tz. 24 – Kaffeekapseln

Nach Art. 23 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 4 Satz 1 des Anhangs IX der LMIV ist in Fällen, in denen eine Vorverpackung aus zwei oder mehr Einzelverpackungen besteht, die nicht als Verkaufseinheiten anzusehen sind, die Nettofüllmenge in der Weise anzugeben, dass die Gesamtnettofüllmenge und die Gesamtzahl der Einzelpackungen angegeben werden. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass diese Regelung den vorliegenden Fall erfasst, weil die in der Packung (Vorverpackung) enthaltenen Kaffeekapseln (Einzelverpackungen) nicht einzeln angeboten wurden und deshalb nicht als Verkaufseinheiten anzusehen sind. ... Daran knüpft die Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV zur Angabe des Grundpreises an.

BGH, Urt. v. 28.3.2019, I ZR 85/18, Tz. 23 – Kaffeekapseln

Nach Art. 23 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. c des Anhangs IX der LMIV ist die Angabe der Nettofüllmenge nicht verpflichtend bei Lebensmitteln, die normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht werden, sofern die Stückzahl von außen leicht zu sehen und einfach zu zählen oder andernfalls in der Kennzeichnung angegeben ist. Die Frage, ob ein Lebensmittel "normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr" gebracht wird, beurteilt sich dabei nach der Verkehrsauffassung aus Sicht eines verständigen Durchschnittsverbrauchers.

OLG Frankfurt, Urt. v. 25.10.2018, 6 U 175/17 - Raffaello

Eine Begriffsbestimmung für das Tatbestandsmerkmal "Einzelpackung" enthält die LMIV nicht.

Die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals führt dazu, dass jedenfalls die Umhüllung, in die die einzelnen "Raffaello"-Kugeln verpackt sind, als Einzelpackung im Sinne der Nr. 4 des Anhangs IX der LMIV anzusehen ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Umhüllung zerstört werden muss, um eine Praline entnehmen zu können.

Eine Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass eine Folie, die eine Praline vollständig umhüllt, eine Einzelpackung darstellt.

OLG Frankfurt, Urt. v. 25.10.2018, 6 U 175/17 - Raffaello

Der Sinn und Zweck der LMIV und insbesondere die Regelung der Angabe der Nettofüllmenge besteht darin, den Verbraucher verständlich zu informieren. Deshalb soll er über die Anzahl der in einer Vorverpackung enthaltenen Einzelpackungen jedenfalls dann unterrichtet werden, wenn er - wie hier - die Gesamtzahl der Einzelpackungen von außen nicht leicht erkennen und zählen kann. Dieser Gesetzeszweck wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass eine Einzelpackung eine "bloße Umhüllung" darstellt, wie der Verordnungsgeber der Fertigpackungsverordnung formuliert hat. Jedenfalls dann, wenn es sich bei den einzeln verpackten Produkten in einer Vorverpackung um ein nicht ganz unwesentliches, kleines Teil der Gesamtverpackung handelt, kann dem Verbraucher ein gewisses Informationsinteresse daran, wie viele einzeln abgepackte Produkte die Vorverpackung enthält, nicht abgesprochen werden. Das gilt insbesondere für ein Produkt, das in unterschiedlich großen Vorverpackungen angeboten wird.

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Artikel 24

Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum und Datum des Einfrierens

(1) Bei in mikrobiologischer Hinsicht sehr leicht verderblichen Lebensmitteln, die folglich nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen können, wird das Mindesthaltbarkeitsdatum durch das Verbrauchsdatum ersetzt. Nach Ablauf des Verbrauchsdatums gilt ein Lebensmittel als nicht sicher im Sinne von Artikel 14 Absätze 2 bis 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002.

(2) Das jeweilige Datum ist gemäß Anhang X auszudrücken.

(3) Um eine einheitliche Anwendung der Art der Angabe des in Anhang X Nummer 1 Buchstabe c genannten Mindesthaltbarkeitsdatums sicherzustellen, kann die Kommission Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen Vorschriften hierzu festgelegt werden. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

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Artikel 25

Aufbewahrungs- oder Verwendungsbedingungen

(1) Erfordern Lebensmitteln besondere Aufbewahrungs- und/oder Verwendungsbedingungen, müssen diese angegeben werden.

(2) Um eine angemessene Aufbewahrung oder Verwendung der Lebensmittel nach dem Öffnen der Verpackung zu ermöglichen, müssen gegebenenfalls die Aufbewahrungsbedingungen und/oder der Verzehrzeitraum angegeben werden.

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Artikel 26

Ursprungsland oder Herkunftsort

(1) Die Anwendung dieses Artikels lässt die Kennzeichnungsvorschriften bestimmter Rechtsvorschriften der Union, insbesondere der Verordnung (EG) Nr. 509/2006 des Rates vom 20. März 2006 über die garantiert traditionellen Spezialitäten bei Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln [33] und der Verordnung (EG) Nr. 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel [34] unberührt.

(2) Die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts ist in folgenden Fällen verpflichtend:

a) falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Ursprungsland oder den tatsächlichen Herkunftsort des Lebensmittels möglich wäre, insbesondere wenn die dem Lebensmittel beigefügten Informationen oder das Etikett insgesamt sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort;

b) bei Fleisch, das in die Codes der Kombinierten Nomenklatur (KN) fällt, die in Anhang XI aufgeführt sind. Für die Anwendung dieses Buchstabens müssen zuvor die Durchführungsbestimmungen gemäß Absatz 8 erlassen worden sein.

(3) Ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben und dieses/dieser nicht mit dem Ursprungsland oder dem Herkunftsort seiner primären Zutat identisch, so

a) ist auch das Ursprungsland oder der Herkunftsort der primären Zutat anzugeben; oder

b) ist anzugeben, dass die primäre Zutat aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort kommt als das Lebensmittel.

Für die Anwendung dieses Absatzes müssen zuvor die Durchführungsrechtsakte gemäß Absatz 8 erlassen worden sein.

(4) Die Kommission übermittelt binnen fünf Jahren ab Anwendung des Absatzes 2 Buchstabe b einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat, in dem die verpflichtende Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts bei der Kennzeichnung der in dem genannten Buchstaben genannten Erzeugnisse bewertet wird.

(5) Die Kommission übermittelt bis zum 13. Dezember 2014 einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die verpflichtende Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts bei folgenden Lebensmitteln:

a) anderen Arten von Fleisch als Rindfleisch und den in Absatz 2 Buchstabe b genannten;

b) Milch;

c) Milch, die als Zutat in Milchprodukten verwendet wird;

d) unverarbeiteten Lebensmitteln;

e) Erzeugnissen aus einer Zutat;

f) Zutaten, die über 50 % eines Lebensmittels ausmachen.

(6) Die Kommission übermittelt bis zum 13. Dezember 2013 einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die verpflichtende Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts bei Fleisch, das als Zutat verwendet wird.

(7) Die in den Absätzen 5 und 6 genannten Berichte berücksichtigen die Notwendigkeit der Information der Verbraucher, die Frage, ob die Beibringung der verpflichtenden Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts praktikabel ist, und eine Analyse der Kosten und des Nutzens der Einführung solcher Maßnahmen einschließlich der rechtlichen Auswirkungen auf den Binnenmarkt und der Auswirkungen auf den internationalen Handel.

Die Kommission kann diesen Berichten Vorschläge zur Änderung der entsprechenden Unionsvorschriften beifügen.

(8) Die Kommission erlässt nach der Durchführung von Folgenabschätzungen bis zum 13. Dezember 2013 Durchführungsrechtsakte zur Anwendung von Absatz 2 Buchstabe b und Absatz 3 dieses Artikels. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

(9) Bei den in Absatz 2 Buchstabe b, Absatz 5 Buchstabe a und Absatz 6 genannten Lebensmitteln ist in den Berichten und Folgenabschätzungen nach diesem Artikel unter anderem zu prüfen, welche Optionen es für die Modalitäten der Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts dieser Lebensmittel gibt, insbesondere in Bezug auf sämtliche folgenden im Leben eines Tieres entscheidenden Punkte:

a) Geburtsort;

b) Aufzuchtsort;

c) Schlachtort.

BGH, Urt. v. 16.1.2020, I ZR 74/16, Tz. 25 ff - Kulturchampignons II

Wie der Gerichtshof der Europäischen Union auf die Vorlage des Senats entschieden hat (EuGH, GRUR 2019, 1067 Rn. 51 - Wettbewerbszentrale/Prime Champ), richtet sich das Verständnis des Begriffs "Ursprungsland" gemäß ... Art. 76 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, der insoweit keine eigene Definition aufweist, nach ... Art. 60 der ... Verordnung (EU) Nr. 952/2013 (Unionszollkodex).

… Nach Art. 60 Abs. 1 Unionszollkodex gelten Waren, die in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, als Ursprungswaren dieses Landes oder Gebiets. Nach Art. 31 Buchst. b der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 gelten im Sinne des Art. 60 Abs. 1 Unionszollkodex als Waren, die in einem einzigen Land oder Gebiet vollständig gewonnen oder hergestellt worden sind, dort geerntete pflanzliche Erzeugnisse.

Art. 23 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b Zollkodex sowie Art. 60 Unionszollkodex in Verbindung mit Art. 31 Buchst. b der Delegierten Verordnung (EU) 2015/2446 sind dahin auszulegen, dass das Ursprungsland von Kulturchampignons ihr Ernteland im Sinne dieser Vorschriften ist, und zwar unabhängig davon, ob wesentliche Produktionsschritte in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgt sind und ob die Kulturchampignons erst drei oder weniger Tage vor der ersten Ernte ins Erntegebiet verbracht worden sind (EuGH, GRUR 2019, 1067 Rn. 58 - Wettbewerbszentrale/Prime Champ).

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Artikel 27

Gebrauchsanweisung

(1) Die Gebrauchsanweisung für ein Lebensmittel muss so abgefasst sein, dass die Verwendung des Lebensmittels in geeigneter Weise ermöglicht wird.

(2) Die Kommission kann Durchführungsrechtsakte erlassen, in denen Durchführungsbestimmungen zu Absatz 1 für bestimmte Lebensmittel festgelegt werden. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 48 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

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Artikel 28

Alkoholgehalt

(1) In Bezug auf die Angabe des Alkoholgehalts in Volumenprozent gelten für Erzeugnisse, die in KN-Code 2204 eingereiht sind, die in den auf solche Erzeugnisse anwendbaren speziellen Unionsvorschriften festgelegten Bestimmungen.

(2) Der vorhandene Alkoholgehalt in Volumenprozent anderer als der in Absatz 1 genannten Getränke, die mehr als 1,2 Volumenprozent Alkohol enthalten, ist gemäß Anhang XII anzugeben.