§ 3a UWG verbietet bestimmte Verhaltensweisen, bei denen ein Unternehmer sich im Wettbewerb einen Vorteil dadurch verschafft, dass er gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt. Allerdings ist nicht jede Rechtsverletzung wettbewerbswidrig. Bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist wegen der UGP-Richtlinie eine Voraussetzung, dass sie eine Grundlage im Recht der Europäischen Union hat. Diese Frage ist in jedem Einzelfall zu prüfen.
BGH, Urt. v. 31.3.2010, I ZR 34/08, Tz. 16 - Gewährleistungsausschluss
Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt (vgl. Art. 4 der Richtlinie; EuGH, Urt. v. 14.1.2010 - C-304/08, Tz. 41 - Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs/Plus Warenhandelsgesellschaft). Sie regelt die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern abschließend (EuGH, Urt. v. 23.4.2009 - C-261/07 und 299/07, Tz. 51 - VTB/Total Belgium). Dementsprechend kann ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG (a.F.) grundsätzlich nur noch begründen, wenn die betreffende Regelung eine Grundlage im Unionsrecht hat.
BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 43/23, Tz. 51 - Hydra Energy
Ist der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) definierte Anwendungsbereich eröffnet, ist für die lauterkeitsrechtliche Anwendung von Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG nur Raum, sofern die Richtlinie den von der Marktverhaltensregelung betroffenen Bereich nach den übrigen Absätzen des Art. 3 unberührt lässt.
BGH, Urt. v. 4.2.2010, I ZR 66/09, Tz. 15 – Gallardo Spyder
Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken hat in ihrem Anwendungsbereich (Art. 3 der Richtlinie) zu einer vollständigen Harmonisierung des Lauterkeitsrechts geführt und regelt daher die Frage der Unlauterkeit von Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern wie insbesondere die in diesem Verhältnis bestehenden Informationspflichten abschließend. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen solche nationalen Bestimmungen eine Unlauterkeit nach § 4 Nr. 11 UWG nur noch insoweit begründen, als die betreffenden Informationspflichten eine Grundlage im Gemeinschaftsrecht haben.
Ebenso BGH, Urt. v. 7.5.2015, I ZR 158/14, Tz. 19 - Der Zauber des Nordens; BGH, Urt. v. 25.2.2016, I ZR 238/14, Tz. 11 - Mehrwertdienstenummer; KG, Urt. v. 14.2.2017, 5 U 105/16, Tz. 5 - Essensausfahrer
Gesetzliche Vorschriften, die ihre Grundlage in einer europäischen Richtlinie haben, die den Mitgliedstaaten der Europäischen Union strengere nationale Regelungen erlaubt, als sie in der Richtlinie als ‚Mindeststandard vorgesehen werden, dürfen nach Art. 3 Abs. 4, 5 der Richtlinie 2005/29/EG (in der bis zur zum Inkrafttreten der Richtlinie (EU) 2161/2019 geltenden Fassung) über unlautere Geschäftspraktiken ab dem 12. Juni 2013 noch insoweit angewendet werden, als sie – insoweit entgegen der in der jeweiligen Richtlinie vorgesehenen Erlaubnis – der Mindestvorgabe der Richtlinie entsprechen. Strengere Vorschriften verstoßen gegen Art. 3 Abs. 5 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (in der bis zur zum Inkrafttreten der Richtlinie (EU) 2161/2019 geltenden Fassung) und können nicht mehr als Verstoß gegen § 3a UWG oder § 5 Abs. 2, 4 UWG angesehen werden. Näheres dazu hier.
Bei Handlungen, die sich nicht an Verbraucher richten, ist die UGP-Richtlinie nicht einschlägig. Die Handlung muss aber im Übrigen im Einklang mit europäischem Recht stehen.
BGH, Urt. v. 31.3.2016, I ZR 88/15, Tz. 17 - Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur
Im Streitfall ist die Richtlinie 2005/29/EG nach ihrem Art. 3 Abs. 1 nicht anwendbar, weil vorliegend keine Geschäftspraktik gegenüber einem Verbraucher in Rede steht. Der Beklagte hat mit den von der Klägerin beanstandeten Verhaltensweisen Dienstleistungen für Unternehmen erbracht.
Geschäftliche Handlungen gegenüber Arbeitnehmern sind keine Handlungen gegenüber Verbrauchern.
KG, Urt. v. 14.2.2017, 5 U 105/16, Tz. 6 - Essensausfahrer
Die UGP-RL gilt nach ihrem Art. 3 Abs. 1 nur für unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern. Verbraucher ist, wie sich aus Art. 2 Buchst. a UGP-RL ergibt, diejenige natürliche Person nicht, die im Geschäftsverkehr zu Zwecken handelt, die ihrer beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Die von der Antragstellerin aus § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1 SGB IV hergeleitete Pflicht von Unternehmern zur Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen besteht hinsichtlich Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Diese Personen handeln also im Geschäftsverkehr zu Zwecken, die ihrer beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, und sind sonach keine Verbraucher i. S. der UGP-RL.
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Omsels, Online-Kommentar zum UWG: