Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Nr. 6: Fach- und fremdsprachliche Ausdrücke

§ 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG wurde mit Wirkung zum 26. Oktober 2012 aufgehoben.

Die Verwendung fremdsprachlicher Begriffe, die nicht allgemein verstanden werden, birgt allerdings nicht selten eine Irreführungsgefahr in sich. Sie verstößt dann gegen § 3 HWG.

 

Die nachfolgenden Ausführungen gelten nicht mehr und sind lediglich rechtshistorischer Natur.

 

1. Gesetzestext

2. Richtlinientext und -konformität

3. Fachsprachliche Bezeichnungen

4. Fremdsprachliche Bezeichnungen

5. Abgrenzung zum allgemeinen Sprachgebrauch und zur Gemeinsprache

5a. Allgemeiner Sprachgebrauch

5b. Gemeinsprache

6. Sachlich-nüchterne Angaben

7. Erläuterungen des Inhalts

8. Angaben auf der Umverpackung

Gesetzestext

 

§ 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG

Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden

mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind.

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Richtlinientext und -konformität

 

Zu § 11 Abs. 1 Nr. 6 HWG gibt es kein unmittelbares konkretes Korrelat in der Richtlinie 2001/83/EG. Es wird aber davon ausgegangen, dass eine enge, richtliniemlonforme Auslegung von Art. 87 Abs. 3 der Richtlinie gedeckt ist,

Art. 87 Abs. 3 Richtlinie 2001/83/EG

(3) Die Arzneimittelwerbung

  • muss einen zweckmäßigen Einsatz des Arzneimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt;

  • darf nicht irreführend sein.

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Fachsprachliche Bezeichnungen

 

OLG Hamburg, Urt. v. 28.11.2002, 3 U 57/02, II.1.a.aa, bb

Fachsprachliche Bezeichnungen sind Bezeichnungen, die durch explizite Definitionen zum Terminus geformt wurden und die der Verständigung zwischen Angehörigen eines fachlich abgegrenzten Kommunikationsbereichs dienen sollen.

Die Fachsprache ist von der Umgangssprache abzugrenzen. Über die Fachsprache verständigen sich die Fachkreise. Ein fachsprachlicher Begriff gehört erst dadurch nicht mehr zu Fachsprache, dass er in die Umgangssprache eingegangen ist. Es reicht nicht aus, dass einzelne Personen außerhalb der Fachkreise die Bezeichnung verstehen oder verwenden.

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Fremdsprachliche Bezeichnungen

 

Fremdsprachliche Bezeichnungen sind Begriffe, die aus einer anderen, als der deutschen Sprache stammen und die der deutsch Sprechende nicht mit seiner Sprache erlernt. Fremdsprachliche Bezeichnungen sind von Fremdwörtern zu unterscheiden, die zwar auch aus einer anderen Sprache stammen, aber gemeinhin in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind, wenn auch möglicherweise nicht bei allen Bevölkerungsschichten.

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Abgrenzung zum allgemeinen Sprachgebrauch und zur Gemeinsprache

 

Allgemeiner Sprachgebrauch

 

OLG Hamburg, Urt. v. 28.11.2002, 3 U 57/02, II.1.a.aa, bb

Maßgeblich für den Eingang eines Worts in den allgemeinen Sprachgebrauch ist das Verstehen der Bezeichnung. Für den Gebrauch ist nicht etwa nur auf den aktiven, sondern auch auf den passiven Wortschatz abzustellen. Das ergibt sich aus dem Schutzzweck des § 11 Nr. 6 HWG, die Vorschrift soll vor allem Suggestions- und Verwirrungsgefahren entgegenwirken.

BGH, Urt. 27.4.1995, I ZR 116/93, II.4 – Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie

Ein Wort ist nur dann in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen, wenn die Personen, an die die Werbung sich richtet, die fremdsprachliche Bezeichnung versteht.

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Gemeinsprache

 

OLG Hamburg, Urt. v. 28.11.2002, 3 U 57/02, II.1.a.aa, bb

Vom Verbotsbereich des § 11 Nr. 6 HWG ausgenommenen sind Bezeichnungen der Gemeinsprache; denn Gemeinsprache ist die im ganzen Sprachgebiet gültige, allen Angehörigen der Sprachgemeinschaft verständliche und zum allgemeinen, nicht speziell fachgebundenen Gedankenaustausch gebrauchte Form der Sprache.

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Sachlich-nüchterne Angaben

 

OLG Hamburg, Urt. v. 28.11.2002, 3 U 57/02, II.1.c.bb.aaa

Der Anwendung des § 11 Nr. 6 HWG steht nicht entgegen, dass die Bezeichnung auf der äußeren Umverpackung sachlich gehalten und nicht typisch "reklamehaft" gestaltet ist. Der Verkehr mit Arzneimitteln erwartet gerade auch nüchtern-sachliche Angaben.

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Erläuterungen des Inhalts

 

BGH, Urt. 27.4.1995, I ZR 116/93, II.4 – Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie

Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Verwendung auch unverständlicher fremdsprachlicher Begriffe in der Werbung nicht schlechthin untersagt, sondern unter Umständen dann zulässig, wenn der Begriff entweder in der Werbung selbst in verständlicher Weise erläutert wird oder sich jedenfalls hinreichend aus dem Gesamtzusammenhang der Werbung ergibt. Denn in einem solchen Falle kann dem Schutzzweck des § 11 Nr. 6 HWG, den Verkehr vor Gefährdungen aus der Verwendung unbekannter fremd- oder fachsprachlicher Begriffe (Suggestivwirkung, Missverständnisse u.ä.) zu bewahren, genügt werden.

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Angaben auf der Umverpackung

 

OLG Hamburg, Urt. v. 28.11.2002, 3 U 57/02, II.1.b

Angaben auf der äußeren Umverpackung eines Arzneimittels erreichen nicht nur die Fachkreise, sondern auch das allgemeine Publikum im Bereich der Patienten. Das entspricht der objektiven Zielrichtung, und zwar auch bei verschreibungspflichtigen Mitteln.

 

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