Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

Ausnutzung von Aufmerksamkeit

1. Grundsatz: Die Ausnutzung von Aufmerksamkeit ist erlaubt

2. Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Ambush-Marketings

3. Einschieben in eine fremde Serie

4. Anlehnung an eine fremde Leistung

Grundsatz: Die Ausnutzung von Aufmerksamkeit ist erlaubt

 

Die Ausnutzung von Aufmerksamkeit, die ein Unternehmer für sein Unternehmen oder dessen Produkte geschaffen hat, ist zur Bewerbung von Konkurrenzprodukten grundsätzlich zulässig.

BGH, Urt. v. 27.2.1986, I ZR 210/83 – Handzettelwerbung

Das Eindringen in den Kundenkreis eines Mitbewerbers ist grundsätzlich nicht unerlaubt; es besteht kein Recht des Mitbewerbers auf Erhaltung seiner Kundschaft, und das Ausspannen von Kunden, auch wenn es zielbewußt und systematisch geschieht, liegt im Wesen des Wettbewerbers. Daß die Beklagte sich dabei durch die Wahl des Orts der Werbung Werbeaufwendungen der Klägerin zunutze macht, ist bei einem Sachverhalt, bei dem es nicht um ein Abfangen der fremden Kunden … geht, ebenfalls nicht zu beanstanden. ... Die Aufwendung von Mühe und Kosten gibt für sich genommen keinen Anspruch auf Rechtsschutz gegenüber an und für sich zulässigen Werbemaßnahmen.

Selbst wer mit größten finanziellen Anstrengen erst einen Markt für ein bestimmtes Produkt geschaffen hat, muss es ohne Hinzutreten weiterer Umstände hinnehmen, dass andere Unternehmer auf den Zug aufspringen und den erst geschaffenen Bedarf mit eigenen Produkten befriedigen.

OLG, Frankfurt, Urt. v. 20.7.2010, 6 U 186/09, Tz. 19

Ein Unternehmer handelt nicht schon dann gemäß § 4 Nr. 10 UWG wettbewerbswidrig, wenn er die Aufmerksamkeit, die Angebote der Wettbewerber beim angesprochenen Verkehr finden, dazu nutzt, um auch auf sein konkurrierendes Leistungsangebot hinzuweisen (vgl. BGH, GRUR 2009, 500, Tz. 23 – Beta Layout – zu adword-Anzeigen). Dementsprechend darf ein Mietwagenunternehmer seine Leistung grundsätzlich im Telefonbuch unter „T“ bewerben (vgl. Harte/Henning/Omsels , UWG, § 4 Nr. 10, Rn 81; Piper/Ohly/Sosnitza, UWG,§ 4 Rn 10/49).

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Wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Ambush-Marketings

 

Ambush-Marketing (Marketing aus dem Hinterhalt) bezeichnet die Ausnutzung der Aufmerksamkeit für ein in der Regel sportliches oder kulturelles (Groß-)ereignis wie die olympischen Spiele oder Fußballmeisterschaften für eigene Werbezwecke, obwohl der Werbende dafür keine Erlaubnis des Veranstalters besitzt. Dem Veranstalter ist diese Form der Werbung äußerst unlieb, da sie seine Bemühungen um eine exklusive Vermarktung z.B. durch offizielle Sponsoren unterläuft.

Dennoch ist es anerkannt, dass Ambush-Marketing grundsätzlich zulässig ist. Dem Veranstalter steht kein Schutzrecht an seiner Veranstaltung und dem damit einhergehenden Rummel zu. Für das Recht zur Fernsehübertragung führte der BGH aus:

BGH, Urt. v. 28.10.2010, I ZR 60/09, Tz. 21 – Hartplatzhelden

Nach der vom … Rechtsprechung des BGH zur Vermarktung von Sportveranstaltungen durch die Einräumung der Befugnis zur Fernsehübertragung steht dem Veranstalter einer Sportveranstaltung anders als dem Veranstalter der Darbietung eines ausübenden Künstlers kein verwandtes Schutzrecht zu.

Diese Rechtslage gilt in Bezug auf Sportveranstaltungen, aber auch sonstige öffentliche Veranstaltungen allgemein, wenn von Darbietungen ausübender Künstler (Musiker, Schauspieler etc.) abgesehen wird, an deren Aufnahme und deren Verwertung, aber auch nur daran, dem Veranstalter nach § 81 UrhG ein Schutzrecht zusteht.

Dritte können aber durch die Art und Weise, wie sie im Einzelfall mit oder bei einem sportlichen Ereignis werben, Rechte verletzen. So verstößt es gegen § 5 Abs. 1 UWG, wenn sie den irreführenden Eindruck erwecken, als seien sie offizieller Sponsor der Veranstaltung, obwohl sie es nicht sind

(Bsp.: LG Stuttgart Urt. v. 19.1.2012, 35 O 95/11 KfH;
s. aber auch LG Stuttgart Urt. v. 4.5.2012, 31 O 26/12 KfH).

Wenn sie Werbemittel in den räumlich geschützten Bereich der Veranstaltung bringen, kann auch ein Verstoß gegen das Hausrecht (Besitzrecht) vorliegen. Außerdem kann im Einzelfall eine Verletzung von Marken- oder sonstigen Kennzeichenverletzungen gegeben sein. Zum Schutz des olympischen Emblems und der olympischen Bezeichnungen gibt es sogar ein eigenes Gesetz

(s. dazu aber LG Kiel, Urt. v. 21.6.2012, 15 O 158/11).

Zu den Grenzen eines möglichen Markenschutzes siehe andererseits BGH, Beschl. v. 27.4.2006, I ZB 96/05 - FUSSBALL WM 2006 oder BPatG, Beschl. v. 25.11.2009, 25 W (pat) 35/09 – EM2012.

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Einschieben in eine fremde Serie

 

In gewisser Weise gehört auch das Einschieben in eine fremde Serie zum Thema der Ausnutzung von Aufmerksamkeit. Dabei geht es darum, dass ein Wettbewerber ein Produkt geschaffen hat, dass aus einer Mehrzahl von Teilen besteht, die weiter ergänzt werden können und nach dem Geschäftskonzept auch weiter ergänzt werden sollen. Ein klassisches Beispiel ist das Lego-Klemmbausteinsystem.

Es ist naheliegend, dass andere Unternehmer versuchen, diesen Ergänzungsbedarf durch eigene Konkurrenzprodukte zu befriedigen. Das wurde früher für unlauter gehalten. Ob diese Rechtsprechung noch bestand hat, ist zumindest zweifelhaft.

BGH, Urt. v. 2.12.2004, I ZR 30/02, II.4.a,b - Klemmbausteine III

Das Berufungsgericht hat sich bei seiner Beurteilung auf die Rechtsprechung des Senats gestützt, nach der das Überleiten des Markterfolgs einer fremden Leistung durch Einschieben gleichartiger, beliebig austauschbarer fremder Ergänzungserzeugnisse in das von Anfang an auf die Deckung eines Ergänzungsbedarfs ausgerichtete Verkaufssystem des Erstherstellers trotz vorhandener Ausweichmöglichkeiten unter dem Gesichtspunkt der Ausbeutung fremder Leistung gegen § 1 UWG a.F. verstößt (vgl. BGHZ 41, 55, 58 - Klemmbausteine I; BGH, Urt. v. 7.5.1992 - I ZR 163/90, GRUR 1992, 619, 620 = WRP 1992, 642 - Klemmbausteine II; Urt. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 525 = WRP 2000, 493 - Modulgerüst). Diese Rechtsprechung hat bereits in früheren Jahren (...), zumal aber nach dem Ergehen der Senatsentscheidung "Klemmbausteine II" (GRUR 1992, 619) Kritik erfahren (...).

Der Senat sieht im Streitfall keine Notwendigkeit, zu dieser Kritik abschließend Stellung zu nehmen. Er folgt ihr jedenfalls insoweit, als mit dem wettbewerbsrechtlichen Schutz des Unternehmers vor einem Einschieben in seine Serie kein in zeitlicher Hinsicht unbegrenzter Schutz vor Nachahmungen für eine Innovation gewährt werden darf. Ein solcher Schutz stünde im Gegensatz zu der gesetzlichen Befristung des Innovationsschutzes im Patentrecht, im Gebrauchsmusterrecht und im Geschmacksmusterrecht. Die Gewährung eines wettbewerbsrechtlichen Schutzes des Unternehmens vor einem Einschieben in seine Produktserie verhinderte, daß in diesem Bereich der Grundsatz der Freiheit der Nachahmung von Produkten, die keinem sonderrechtlichen Schutz (mehr) unterfallen, jemals berücksichtigt werden könnte.

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Anlehnung an eine fremde Leistung

 

Die Anlehnung an eine fremde Leistung ist nur unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 UWG unzulässig.

BGH, Urt. v. 2.12.2004, I ZR 30/02, II.4.a,b - Klemmbausteine III

Das Landgericht hat in den Gründen seiner Entscheidung ... ausgeführt, die Fertigung des Spielzeugs der Beklagten aus Klemmbausteinen eines Formats, das den Einbau in das System der Klägerinnen erlaube, diene jedenfalls auch dazu, sich an den Erfolg eines schon sehr bekannten und auf dem Markt geschätzten Systems anzuhängen und von dem Ansehen, das die Klägerinnen für ihre Erzeugnisse in jahrzehntelanger Markttätigkeit gewonnen hätten, unmittelbar zu profitieren, womit den Klägerinnen ein Teil ihres Markterfolgs in anstößiger Weise genommen werde. Dies ist im rechtlichen Ansatz zutreffend, weil eine für einen Anspruch aus § 1 UWG a.F. unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes relevante Rufausbeutung nicht nur auf Täuschung, sondern auch auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen kann (vgl. BGHZ 141, 329, 342 - Tele-Info-CD, m.w.N. und nunmehr ausdrücklich § 4 Nr. 9 Buchst. b Fall 1 UWG).

... Für eine Rufausbeutung reicht es allerdings nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen oder Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden. Dasselbe gilt, wenn der Originalhersteller mit seinem Produkt einen neuen Markt erschlossen hat und der Nachahmer beim Eindringen in diesen Markt die angesprochenen Verkehrskreise in geeigneter Weise darüber informiert, daß sein eigenes von dem nachgeahmten Produkt zu unterscheiden sei. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß entsprechende Assoziationen die typische und nahezu zwangsläufige Folge eines zuvor gewährten monopolartigen Schutzes darstellen.

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Siehe auch unter Schmarotzen.

 

Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6DICij5Pf