Wenn über einen Streitgegenstand rechtskräftig entschieden wurde, kann über ihn nicht noch einmal prozessiert werden.
BGH, Urt. v. 7.4.2011, I ZR 34/09, Tz. 13 – Leistungspakete im Preisvergleich
Gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ist ein Urteil der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage erhobenen Anspruch entschieden worden ist. Der Umfang der Rechtskraft wird dabei maßgeblich durch den Streitgegenstand bestimmt, über den das Gericht entschieden hat.
Ein illustratives Beispiel, auf welche Kriterien bei der Beurteilung der Identität oder Nicht-Identität von Streitgegenständen abgestellt werden muss, findet sich in der Entscheidung des BGH, Urt. v. 7.4.2011, I ZR 34/09, Tz. 15 - 19 – Leistungspakete im Preisvergleich.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.5.2015, I-15 U 15/15, Tz. 13
Der Umfang der Rechtskraft eines Urteils geht in erster Linie aus der Urteilsformel hervor. Reicht diese allein nicht aus, den Umfang der Rechtskraft zu bestimmen, sind zur Auslegung der Tatbestand und die Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, heranzuziehen (BGH GRUR 2015, 269 – K-Theory (Urheberrecht); BGH NJW 1997, 3447; GRUR 2008, 933 – Schmiermittel).
OLG Hamm, Urt. v. 2.8.2018, I-4 U 18/15, Tz. 60
Der Umfang der Rechtskraft einer Unterlassungsverurteilung ist beschränkt auf den Streitgegenstand, über den entschieden worden ist. Dieser wird durch die konkrete Verletzungshandlung begrenzt, aus der das Klagebegehren hergeleitet worden ist. In Rechtskraft erwächst der in die Zukunft gerichtete Verbotsausspruch nicht als solcher, sondern nur in Bezug auf die festgestellte Verletzungshandlung, so dass Verletzungshandlungen, auf die der Antrag im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht gestützt worden war, zum Gegenstand einer (erneuten) Unterlassungsklage gemacht werden können (BGH GRUR 2006, 421 – Markenparfümverkäufe; a.A. Ahrens-Ahrens, 8.Aufl., Rn. 64; Teplitzky-Feddersen, 11. Aufl., Kap. 57, Rn. 16a).
OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.5.2015, I-15 U 15/15, Tz. 13
Bei einem Anerkenntnisurteil kommt es für die Auslegung der Urteilsformel in erster Linie darauf an, was die Parteien gewollt und erklärt haben, weshalb das Parteivorbringen, insbesondere die Klage- bzw. Antragsbegründung heranzuziehen ist
Die Rechtskraft eines Urteils im Hauptsacheverfahren steht der gerichtlichen Geltendmachung eines neuen Verstoßes entgegen. Dagegen muss im Ordnungsmittelverfahren vorgegangen werden. Etwas anderes gilt aber, wenn erst eine einstweilige Verfügung vorliegt, die (noch) nicht als abschließende Regelung anerkannt ist.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.1.2014, 6 U 135/10, Tz. 77
Zwar ist die Geltendmachung eines neuen Verstoßes in einem Zweitverfahren wegen der entgegenstehenden Rechtskraft grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. BGH, GRUR-RR 2011, 742, Tz. 13 - Leistungspakete im Preisvergleich). Bei den den Ordnungsmittelverfahren zugrunde liegenden Vollstreckungstiteln handelte es sich jedoch um einstweilige Verfügungen, die wegen ihres vorläufigen Charakters gegenüber der Hauptsacheklage eine entgegenstehende Rechtskraft nicht begründen. Dass A. eine Abschlusserklärung abgegeben hat, welche das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin an einem weiteren Unterlassungstitel entfallen lässt (vgl. BGH, GRUR 2010, 855 Tz. 16 - Folienrollos; BGHZ 181, 373 Tz. 14 - Mescher weis) ist nicht vorgetragen.
Die Rechtskraftwirkung bezieht sich nur auf den Anspruch, über den entschieden wurde. Eine rechtskräftige Entscheidung über den Unterlassungsanspruch entfaltet keine Bindung hinsichtlich des Schadenersatzanspruchs oder des Kostenerstattungsanspruchs.
BGH, Urt. v. 31.5.2012, I ZR 45/11 - Missbräuchliche Vertragsstrafe
Zwar besteht eine der Wirkungen der Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO in der Bindung des Gerichts an die Vorentscheidung, wenn die im ersten Prozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge im zweiten Prozess eine Vorfrage darstellt. Die Bestimmung des § 322 Abs. 1 ZPO setzt aber der Rechtskraft eines Urteils bewusst in der Weise enge Grenzen, dass diese sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Urteils, das heißt die Rechtsfolge beschränkt, die den Entscheidungssatz bildet, nicht aber auf einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die betroffene Entscheidung aufbaut. Dementsprechend wird das Bestehen oder Nichtbestehen eines Unterlassungsanspruchs nicht dadurch präjudiziert, dass die Schadensersatzklage mangels Erweislichkeit der Verletzung rechtskräftig abgewiesen worden ist. Beide Ansprüche betreffen unterschiedliche Handlungen. Der Schadensersatzanspruch stützt sich auf die geschehene Verletzungshandlung, während es beim Unterlassungsanspruch um in der Zukunft liegende Verletzungshandlungen geht. Diese Überlegungen gelten entsprechend für das Verhältnis zwischen rechtskräftig zuerkanntem Unterlassungsanspruch und Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten. Mit dem Urteil über den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch wird eine Entscheidung über dessen Bestehen oder Nichtbestehen zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung getroffen, auf die das Urteil ergeht. Die Entscheidung über den Verbotsantrag besagt aber nichts über die Begründetheit des Unterlassungsanspruchs im Zeitpunkt der regelmäßig vor Rechtshängigkeit erfolgenden Abmahnung. Die Rechtskraft des Unterlassungsurteils erstreckt sich daher nicht auf das Vorliegen des Unterlassungsanspruchs im Zeitpunkt der vorprozessualen Abmahnung.