Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Fachkreise

1. Allgemeines

2. Ermittlung des Verkehrsverständnisses bei Fachkreisen

3. Zur situationsadäquaten Aufmerksamkeit von Gewerbetreibenden

4. Fachkreise im Heilmittelwerberecht

Allgemeines

Wenn die geschäftliche Handlung sich (auch) an Fachkreise richtet, ist die Unlauterkeit der Handlung (auch) an deren Verständnis und Gewohnheiten zu orientieren. Wenn die geschäftliche Handlung sich nur an Fachkreise richtet, kommt es nur auf deren Verständnis oder Gewohnheiten an. Der Durchschnittsverbraucher bleibt dann außen vor.

BGH, Urt. v. 15.4.2010, I ZR 145/08, Tz. 30 - Femur Teil

Zu Recht hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der Frage der Herkunftstäuschung allein auf die angesprochenen Fachkreise abgestellt. Nach seinen auf dem Vortrag der Parteien beruhenden Feststellungen bieten die Parteien ihre in Rede stehenden Produkte ausschließlich Fachkreisen an. Das Angebot richtet sich nicht an Endverbraucher.

Fachkreise sind durchschnittlich besser informiert als der durchschnittliche Verbraucher. Sie sind in der Regel auch aufmerksamer und sorgfältiger, da sie Waren und Dienstleistungen gründlicher prüfen als Verbraucher.

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Ermittlung des Verkehrsverständnisses bei Fachkreisen

BGH, Urt. v. 17.7.2013, I ZR 21/12, Tz. 29 – Einkaufswagen

Der Richter, der das Verständnis des Verkehrs ohne sachverständige Hilfe ermittelt, geht davon aus, dass er aufgrund eigenen Erfahrungswissens selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt. Dementsprechend ist die Frage, ob diese Annahme zutrifft, grundsätzlich nach denselben Regeln zu beurteilen, die auch ansonsten für die Beantwortung der Frage gelten, ob ein Gericht auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichten und stattdessen aufgrund eigener Sachkunde entscheiden kann. Die Beurteilung, ob die Feststellung der Verkehrsauffassung kraft eigener richterlicher Sachkunde möglich ist oder eine Beweisaufnahme erfordert, ist dabei vorrangig tatrichterlicher Natur. Sie ist daher in der Revisionsinstanz nur daraufhin zu überprüfen, ob der Tatrichter den Prozessstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und seine Beurteilung zur Verkehrsauffassung frei von Widersprüchen zu den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen vorgenommen hat. Diese Maßstäbe gelten auch, wenn der Richter die Verkehrsauffassung von Fachkreisen zu ermitteln hat. Häufig wird nicht ersichtlich sein, dass sich die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen der Fachkreise auf die Beurteilung - etwa einer Werbung - auswirken; häufig werden auch die Gerichte, die ständig mit Wettbewerbssachen befasst sind, aufgrund ihrer besonderen Erfahrung die erforderliche Sachkunde erworben haben, um die Verkehrsauffassung der Fachkreise zu beurteilen. In diesem Zusammenhang ist grundsätzlich erforderlich, dass der Tatrichter die Feststellungen zur Verkehrsauffassung in einer Weise darlegt, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung ermöglicht.

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Zur situationsadäquaten Aufmerksamkeit von Gewerbetreibenden

BGH, Urt. v. 30.6.2011, I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg

Das Berufungsgericht hat weiterhin angenommen, gerade Gewerbetreibende und deren Mitarbeiter stünden nicht selten unter Zeitdruck und nähmen deshalb den Inhalt von Anträgen auf Eintragung in ein Branchenbuch oft selbst dann nicht mit der an sich gebotenen Aufmerksamkeit zur Kenntnis, wenn ihnen eine Einverständniserklärung in Form einer Unterschrift abverlangt werde. Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Feststellung kann das Revisionsgericht nur darauf überprüfen, ob das Berufungsgericht den Tatsachenstoff verfahrensfehlerhaft nicht vollständig ausgeschöpft hat und die Beurteilung nicht mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen in Einklang steht. Solche Rechtsfehler hat die Revision nicht dargetan.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 13.7.2021, 6 W 43/21

Gegenüber Fachkreisen mit höherem Bildungsgrad und Fachkunde kann im Allgemeinen ein höherer Grad an Aufmerksamkeit und Beurteilungsvermögen zu Grunde gelegt werden, weil Vorbildung, Erfahrung und Kenntnis der Verhältnisse eine kritische Prüfung ermöglichen oder erleichtern (BGH GRUR 2007, 605, 606 Rn 16 - Colorrado; BGH GRUR 1984, 376, 377 - Johannisbeerkonzentrat, BGH GRUR 2007, 605 Rn 11 - Umsatzzuwachs).

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Fachkreise im Heilmittelwerberecht

§ 2 HWG

Fachkreise im Sinne dieses Gesetzes sind Angehörige der Heilberufe oder des Heilgewerbes, Einrichtungen, die der Gesundheit von Mensch oder Tier dienen, oder sonstige Personen, soweit sie mit Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln erlaubterweise Handel treiben oder sie in Ausübung ihres Berufes anwenden.

siehe hierzu hier

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6J52rtOy4