Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

(2) Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen

Ein Verband zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen ist berechtigt, Unterlassungsansprüche geltend zu machen, wenn er der Satzung und der Form nach sowie durch aktive Tätigkeit gewerbliche Interessen seiner Mitglieder wahrnimmt, indem er -  jedenfalls auch - Wettbewerbsverstöße verfolgt, die seine Mitglieder in der Verfolgung ihrer geschäftlichen Belange betreffen. Dafür spricht bei aktiven Verbänden eine Vermutung.

Der Zweck der Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen muss der Satzung des Verbands entsprechen. Es reicht aber aus, wenn er sich der Satzung entweder durch Auslegung oder durch die gelebte Praxis des Verbands entnehmen lässt.

BGH, Urt. v. 6.4.2017, I ZR 33/16, Tz. 18 f - Anwaltsabmahnung II

Ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen muss die im Gesetz genannten Voraussetzungen nicht nur der Form und dem Wortlaut der Satzung nach, sondern auch durch seine Tätigkeit erfüllen, indem er tatsächlich gewerbliche Interessen verfolgt. Gewerblichen Interessen dient auch die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (BGH, Urt. v. 5.10.1989, I ZR 56/89, GRUR 1990, 282, 284 = WRP 1990, 255 - Wettbewerbsverein IV). Ob sich bei einem Fachverband aus einer allgemeinen Zielsetzung der Wahrnehmung wirtschaftlicher Interessen seiner Mitglieder nicht schon ohne weiteres die Berechtigung zur Verfolgung von - diese Interessen berührenden - Wettbewerbsverstößen ergibt, hat der Senat bisher offen gelassen (BGH, Urt. v. 28.6.1990, I ZR 287/88, GRUR 1990, 1038, 1039 - Haustürgeschäft I).

Die Satzung der Klägerin benennt zwar weder die Förderung der gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder noch die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs als Satzungszweck. Die Benennung der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs muss jedoch nicht ausdrücklich erfolgen. Es genügt, dass sich dieser Zweck hinreichend deutlich aus der Satzung ergibt.

BGH, Urt. v. 27.4.2000, I ZR 287/97, II.3.a - Fachverband

Bei einem ordnungsgemäß gegründeten und aktiv tätigen Verband spricht eine tatsächliche Vermutung für die tatsächliche Zweckverfolgung, die der Gegner zu widerlegen hat.

BGH, Urt. v. 05.10.1989, I ZR 56/89 – Wettbewerbsverein IV (= GRUR 1990, 282)

Der Bundesgerichtshof fordert in ständiger Rechtsprechung, dass ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen die im Gesetz selbst genannten Voraussetzungen nicht nur der Form und dem Wortlaut der Satzung nach, sondern auch durch seine Tätigkeit erfüllen muss, indem er tatsächlich gewerbliche Interessen verfolgt. Gewerblichen Interessen in diesem Sinne dient auch die Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs; sie genügt sowohl als Satzungszweck als auch als Tätigkeit eines gerade mit dieser Zweckbestimmung gegründeten und geführten Vereins.

KG, Urt. v. 4.5.2021, 5 U 126/19, Tz. 22

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Dies ist anhand der Zielsetzung, d. h. der Satzung und der tatsächlichen Betätigung des Verbands zu ermitteln.

KG, Urt. v. 19.2.2013, 5 U 56/11 (= GRUR-RR 2013, 335)

Zwar muss das Fehlen einer Satzungsregelung nicht notwendig dagegen sprechen, dass ein Wettbewerbsverband als klagebefugt i. S. des § 8 Abs. 3 Nr. 2UWG angesehen werden kann (vgl. BGH, GRUR 1990, 1038 – Haustürgeschäft). Umso mehr muss aber gefordert werden, dass sich ein solcher Verband tatsächlich nachhaltig in der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen hervorgetan hat.

Das gemeinsame gewerbliche Interesse der Mitglieder muss darauf gerichtet - bzw. dahin "zusammengefasst" - sein, dass der Verband bei seiner satzungsgemäßen Tätigkeit auch und unter Umständen sogar schwerpunktmäßig solche Wettbewerbsverstöße verfolgt, die gewerbliche Belange der in ihm zusammengeschlossenen Mitglieder tatsächlich in irgendeiner Weise berühren, und dass er zu diesem Zweck auch auf sachliche und örtliche Bezüge der Verstöße zu bestimmten Mitgliederinteressen achtet. Geschieht dies grundsätzlich, so ist der Verband klagebefugt und kraft dieser generellen Befugnis dann nicht gehindert, auch gegen Wettbewerbsverstöße vorzugehen, die weder Einzelinteressen noch das gemeinsame "zusammengefasste" Interesse der Mitglieder unmittelbar betreffen.

OLG Celle, Urt. v. 22.10.2015, 13 U 123/14, B.I.1

Das Vorgehen des Klägers ist ... konkret von seiner Satzung gedeckt. Dies folgt zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Satzung, wohl aber aus deren Auslegung, die bei der Bestimmung der Art und des Umfangs der Förderung unternehmerischer Interessen durch den Verband zu berücksichtigen ist (vgl. dazu BGH, Urt. v. 19.2.1965, I b ZR 45/63, Tz. 16).

OLG Köln, Urt. v. 25.3.2022, 6 U 98/21, Tz. 46f

Voraussetzung für die Klagebefugnis/Anspruchsberechtigung nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG a.F. ist, dass der Verband die Interessen seiner Mitglieder als Kollektiv wahrnimmt und nicht lediglich missbräuchlich Individualinteressen verfolgt (Köhler/Feddersen in: KBF, UWG, 39. Aufl. 2021, § 8 Rn. 3.45).

Die Wahrnehmung von Einzelinteressen dürfte allenfalls dann vorliegen, wenn es sich bei den Mitgliedern des Verbandes insgesamt um Unternehmen eines einzelnen Konzerns handelt, die entweder von einem Unternehmen iSv § 17 AktG beherrscht werden, weil zugunsten eines Unternehmens ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag besteht und/oder weil eine Mehrheitsbeteiligung besteht, die zu einer faktischen Beherrschung führt, § 17 Abs. 2 AktG.

BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 32 - Mitgliederstruktur

Für die Klagebefugnis eines Verbands kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen - mittelbare oder unmittelbare - Mitglieder verfügen (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2006, I ZR 218/03, Tz. 21 - Sammelmitgliedschaft V; Goldmann in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl., § 8 Rn. 402). So genügt es, dass ein Verband, der dem klagenden Verband Wettbewerber des Beklagten als (mittelbare) Mitglieder vermittelt, von diesen mit der Wahrnehmung ihrer gewerblichen Interessen - gegebenenfalls auch durch schlüssiges Verhalten - beauftragt worden ist und seinerseits den klagenden Verband durch seinen Beitritt mit der Wahrnehmung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder beauftragen durfte. Auf die Frage, ob die Organisation, die dem klagenden Verband Mitglieder vermittelt, bei diesem stimmberechtigt ist, kommt es nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Mitgliedschaft der Organisation dazu dienen sollte, künstlich die Voraussetzungen für die Verbandsklagebefugnis zu schaffen (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.2006, I ZR 116/03, Tz. 20 - Brillenwerbung; BGH, GRUR 2007, 610 Tz. 21 - Sammelmitgliedschaft V). Auch bei unmittelbaren Mitgliedern kommt es auf deren Stimmberechtigung nur an, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ihre Mitgliedschaft allein bezweckt, dem Verband die Klagebefugnis zu verschaffen.

Ebenso OLG Hamburg, Urt. v. 31.8.2023, 5 U 99/20, Tz. 56; anderer Ansicht die Vorinstanz OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.6.2022, 20 U 325/20, Tz. 29

BGH, Urt. v. 26.1.2023, I ZR 111/22, Tz. 34 - Mitgliederstruktur

Der Umstand, dass nur 43 von derzeit etwa 2.750 Mitgliedern des Klägers aktive Mitglieder mit Stimmrecht sind, spricht nicht gegen seine Klagebefugnis.