Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Sperren auf Verkaufsportalen

KG, Beschl. v. 12.5.2022, 5 U 139/19, Tz. 96

Die von der Beklagten veranlasste Sperrung des von der Klägerin in die Internethandelsplattform eBay eingestellten Angebotes erfüllt unter den hier zu beurteilenden Umständen des Einzelfalles den Tatbestand einer unlauteren Mitbewerberbehinderung gemäß § 4 Nr. 4 UWG.

KG, Beschl. v. 12.5.2022, 5 U 139/19, Tz. 105

Eine unlautere Mitbewerberbehinderung im Sinne von § 4 Nr. 4 UWG kommt nicht nur bei Vorliegen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung insbesondere in Gestalt der Abnehmerverwarnung in Betracht, sondern auch dann, wenn dem Mitbewerber gestützt auf ein Schutzrecht durch eine Anzeige oder Mitteilung gegenüber Dritten eine Verletzung desselben vorgehalten wird, obwohl diese objektiv betrachtet tatsächlich nicht gegeben ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2009, I ZR 123/06 – Fräsautomat; Müller-Bidinger in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 4 Nr. 4 UWG (Stand: 24.02.2021), Rn. 261).

Nichts anderes gilt für eine objektiv unberechtigte Mitteilung über eine von dem Mitbewerber begangene Schutzrechtsverletzung an den Betreiber einer Internethandelsplattform, mit der letzterer dazu veranlasst wird, das von der vermeintlichen Schutzrechtsverletzung betroffene Angebot des Mitbewerbers zu sperren. Denn auch mit dieser Vorgehensweise greift der Schutzrechtsinhaber über einen Dritten, der weder ein gesteigertes Eigeninteresse an der sachlichen Prüfung der Berechtigung der geltend gemachten Schutzrechtsverletzung und einer Auseinandersetzung mit dem Schutzrechtsinhaber noch die Möglichkeit zur eingehenden Prüfung der Berechtigung des geltend gemachten Anspruches hat, und der an ihn herangetragenen Aufforderung zur Sperre eines Angebotes daher regelmäßig zunächst Folge leisten wird, in die Absatzbemühungen des Mitbewerbers ein (Omsels in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, § 4 Rn. 390).

KG, Beschl. v. 12.5.2022, 5 U 139/19, Tz. 119

Die Nutzung von Mechanismen wie des VeRi-Programms zum Zwecke der Durchsetzung der eigenen Rechtsposition ist allerdings in besonderem Maße dazu geeignet, den Warenabsatz des Mitbewerbers auch aufgrund zu Unrecht erhobener Beanstandungen einzuschränken. Die Anzeige einer Schutzrechtsverletzung gegenüber dem Plattformbetreiber begründet die nicht fernliegende Gefahr, dass diese vom Plattformbetreiber ohne nähere Prüfung zum Anlass genommen wird, den Mitbewerber (zumindest einstweilen) von dem Vertrieb bestimmter Ware über die Handelsplattform auszuschließen. Der Betreiber der Internethandelsplattform, der damit rechnen muss, bei einem fortgesetzten Vertrieb rechtsverletzender Ware selbst vom Rechtsinhaber auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden (vgl. nur BGH, Urt. v. 30.4.2008, I ZR 73/05, Tz. 50 bis 53 – Internet-Versteigerung III) wird – anders als derjenige, der die in Rede stehende Schutzrechtsverletzung begangen haben soll – ein nur geringes Interesse daran haben, eine an ihn gerichteten Aufforderung, ein bestimmtes Angebot zu sperren, unbeachtet zu lassen, sofern diese Aufforderung gewissen - vom Pattformbetreiber vorgegebenen - Mindestanforderungen genügt. Er wird ferner regelmäßig nicht über alle Informationen verfügen, die ihm eine zuverlässige Prüfung der Rechtsbeständigkeit des geltend gemachten Schutzrechts und des Vorliegens eines Eingriffes in dessen Schutzbereich ermöglichen und eine solche Prüfung ohnehin nur im Rahmen des Zumutbaren leisten können. Es liegt daher nahe, dass der Mitbewerber zunächst – gleichsam auf „Zuruf“ – mit dem beanstandeten Angebot von der Nutzung der Internethandelsplattform ausgeschlossen wird (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2006, I ZR 217/03, Tz. 21 – unbegründete Abnehmerverwarnung; Müller-Bidinger in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 4 Nr. 4 UWG (Stand: 24.02.2021), Rn. 237).