Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

a) sachlich

1. Bedeutung der sachlichen Zuständigkeit

2. Sachliche Zuständigkeit im UWG

2a. § 13 UWG: Landgerichte (unabhängig vom Streitwert)

2b. Vorrangig zuständig: Kammern für Handelssachen

2c. Konzentration auf bestimmte Landgerichte

3. Ausnahme: Zuständigkeit der Arbeitsgerichte

3a. § 5 Begriff des Arbeitnehmers

3b. § 2 ArbGG Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Urteilsverfahren

Franchisenehmer als arbeitnehmerähnliche Person

4. Ausnahme: Zuständigkeit der Sozialgerichte

5. Ausnahme: Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte

6. Ausnahme: Schadenersatzanspruch des Verbrauchers

7. Zuständigkeit für Vertragsstrafen aus Unterlassungserklärungen

Bedeutung der sachlichen Zuständigkeit

Bei der sachlichen Zuständigkeit geht es um die Frage, welches Gericht der verschiedenen Gerichtszüge und welches Gericht in der Gerichtshierarchie die erste Instanz ist, bei welchem Gericht also eine Klage oder ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht werden muss.

Im Allgemeinen richtet sich die sachliche Zuständigkeit in Zivilrechtsstreitigkeiten nach dem Streitwert. Bei einem Streitwert von bis zu 5000,- Euro sind die Amtsgerichte erstinstanzlich zuständig, bei einem darüber hinausgehenden Streitwert die Landgerichte.

Von dieser allgemeinen Regel gibt es im Wettbewerbsrecht und gewerblichen Rechtsschutz eine generelle Ausnahme. Die Regel gilt nur für Streitigkeiten, mit denen ein Anspruch aus dem Urheberrechtsgesetz oder dem Verlagsgesetz geltend gemacht wird. Ansonsten gilt:

Sachlich zuständig für alle Streitigkeiten, mit denen ein Anspruch aufgrund des UWG oder einem Gesetz zum Schutze gewerblicher Schutzrechte (Patent, Marke, Gebrauchsmuster, Geschmacksmuster etc.) geltend gemacht wird, ist in erster Instanz fast immer das Landgericht. Das ergibt sich für Wettbewerbsstreitigkeiten aus § 14 UWG. Diese Regel gilt auch für Streitigkeiten um Kostenerstattungsansprüche wegen einer Abmahnung (sog. kleiner Wettbewerbsprozess), auch wenn der eingeklagte Betrag eigentlich in die Zuständigkeit der Amtsgerichte fällt.

Ausnahmen gelten für die Sachverhalte, für die das Arbeitsgericht oder das Sozialgericht zuständig ist. Eine weitere wichtige Ausnahme ist der Schadenersatzanspruch des Verbrauchers aus § 9 Abs. 2 UWG.

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Im Allgemeinen: Zuständigkeit der Landgerichte

§ 14 Sachliche Zuständigkeit

(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig.

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Vorrangig zuständig: Kammern für Handelssachen

§ 95 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz)

(1) Handelssachen im Sinne dieses Gesetzes sind die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen durch die Klage ein Anspruch geltend gemacht wird:

5. auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb

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Konzentration auf bestimmte Landgerichte

Die Bundesländer haben die Möglichkeit, Wettbewerbsstreitigkeiten einem oder einzelnen Gerichten eines Bundeslandes zuzuweisen. Von dieser Möglichkeit wurde bislang nur in Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern Gebrauch gemacht.

In Nordrhein-Westfalen ist das Landgericht Düsseldorf im Zuständigkeitsbereich des OLG Düsseldorf, das Landgericht Köln im Zuständigkeitsbereich des OLG Köln und das Landgericht Bochum im Zuständigkeitsbereich des OLG Hamm zuständig. In Sachsen ist das Landgericht Leipzig zuständig für alle Wettbewerbsstreitigkeiten aus den  Landgerichtsbezirken Chemnitz, Leipzig und Zwickau und das Landgericht Dresden für alle Wettbewerbsstreitigkeiten aus den Landgerichtsbezirke Bautzen, Dresden und Görlitz. In Mecklenburg-Vorpommern ist das Landgericht Rostock für alle Wettbewerbsstreitigkeiten im Zuständigkeitsbereich des OLG Rostock zuständig.

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Ausnahme: Zuständigkeit der Arbeitsgerichte

In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten ist nicht das Landgericht zuständig, sondern das Arbeitsgericht. Das wird häufig übersehen. Wer gegen den illoyalen Mitarbeiter oder illoyale arbeitnehmerähnliche Personen aus dem UWG vorgehen möchte, muss dies vor dem Arbeitsgericht. Das ist nicht unproblematisch, weil das UWG zu einer dem Arbeitsrichter eher unbekannten Gesetzesmaterie gehört.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.4.2011, 5 W 71/11-29-, II.1.b.(1)

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG sind aber die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis – bzw. dem Rechtsverhältnis zwischen einer arbeitnehmerähnlichen Person und ihrem "Arbeitgeber" – im Zusammenhang stehen. Der Begriff der unerlaubten Handlungen ist in diesem Zusammenhang weit auszulegen. Erfasst sind auch Verstöße gegen das UWG durch ein Verhalten des Arbeitnehmers gegenüber seinem früheren Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern sie eine innere Beziehung zu dem Arbeitsverhältnis haben (OLG Brandenburg, MDR 2008, 1417). Eine solche ist immer dann anzunehmen, wenn der Verstoß zugleich eine Verletzung des Arbeitsvertrags einschließlich nachwirkender Treuepflichten darstellt, unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis bereits begonnen hat oder noch besteht. Entscheidend ist, welchen Anteil das frühere Arbeitsverhältnis an der Ermöglichung des Wettbewerbsverstoßes hatte (OLG Brandenburg, MDR 2008, 1417).

OLG Brandenburg, Beschl. v. 4.3.2008, 6 U 37/07, Tz. 21 f.

Auch Verstöße gegen das UWG, die ein Arbeitnehmer gegenüber seinem (früheren) Arbeitgeber begeht, stellen unerlaubte Handlungen in diesem Sinne dar.

Ob ein Wettbewerbsverstoß im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis steht, beurteilt sich nach objektiven Maßstäben. Die unerlaubte Handlung muss zu dem Arbeitsverhältnis der Parteien in einer inneren Beziehung stehen, so dass sie in der besonderen Eigenart des Arbeitsverhältnisses und den ihm eigentümlichen Reibungen und Berührungspunkten wurzelt. Dies ist immer dann anzunehmen, wenn der Verstoß zugleich eine Verletzung des Arbeitsvertrages (einschließlich nachwirkender Treuepflichten) darstellt. Es ist nicht Voraussetzung, dass das Arbeitsverhältnis bereits begonnen hat oder noch besteht. Ob für die Beurteilung von Wettbewerbsverstößen ehemaliger Arbeitnehmer die Arbeitsgerichte zuständig sind, hängt daher davon ab, welchen Anteil das frühere Arbeitsverhältnis an der Ermöglichung des Wettbewerbsverstoßes hatte.

Die Arbeitsgerichte sind auch zuständig, wenn gegen einen Dritten ein Anspruch aus dem UWG geltend gemacht wird, der kein Arbeitnehmer und keine arbeitnehmerähnliche Person ist, wenn gleichzeitig auch ein Anspruch geltend gemacht wird, der in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fällt.

LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.12.2009, 2 Ta 140/09

Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für unerlaubte Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen. Nach § 2 Abs. 3 können vor die Gerichte für Arbeitssachen auch nicht unter die Absätze 1 und 2 fallende Rechtsstreitigkeiten gebracht werden, wenn der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der in den Absätzen 1 und 2 bezeichneten Art in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichen Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist. ...

§ 2 Abs. 3 ArbGG ist grundsätzlich einschränkend anzuwenden. Insbesondere ist zu beachten, dass die Gefahr einer Manipulation bei der Auswahl des zuständigen Gerichts besteht. Jedoch folgt aus § 13 UWG keineswegs, dass grundsätzlich das Landgericht für die Entscheidung wettbewerbsrechtlicher Streitigkeiten berufen ist. Das Merkmal der „Bürgerlichen Rechtsstreitigkeit“ hat keine eigenständige Bedeutung, sondern dient lediglich der Klarstellung, dass für die Annahme der Zuständigkeit des Landgerichts zunächst einmal der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gem. § 13 GVG vorliegen muss.

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§ 5 Begriff des Arbeitnehmers

(1) Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten (§ 1 des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 - Bundesgesetzbl. I S. 191 -) sowie sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

(2) Beamte sind als solche keine Arbeitnehmer.

(3) Handelsvertreter gelten nur dann als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a des Handelsgesetzbuchs die untere Grenze der vertraglichen Leistungen des Unternehmers festgesetzt werden kann, und wenn sie während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser, im Durchschnitt monatlich nicht mehr als 1.000 Euro auf Grund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium der Justiz können im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie die in Satz 1 bestimmte Vergütungsgrenze durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den jeweiligen Lohn- und Preisverhältnissen anpassen.

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§ 2 ArbGG Zuständigkeit im Urteilsverfahren

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ausschließlich zuständig für

1. ...;

2. ...;

3. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern

a) aus dem Arbeitsverhältnis;

b) ...;

c) ...;

d) aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen;

e) ...

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Franchisenehmer als arbeitnehmerähnliche Person

Zur arbeitnehmerähnlichen Stellung eines Franchisenehmers gegenüber dem Franchisegeber:

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 11.4.2011, 5 W 71/11-29-, II.1.a(1)

Arbeitnehmerähnliche Personen unterscheiden sich von Arbeitnehmern durch die fehlende Eingliederung in eine betriebliche Organisation. Sie sind wegen im Wesentlichen freier Zeitbestimmung nicht im gleichen Maß persönlich abhängig wie Arbeitnehmer; an die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit, welches voraussetzt, dass der Abhängige auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen ist und dass er sich in der Regel an eine einzige Person gebunden hat, welche seine wirtschaftliche Existenzgrundlage gewährleistet. Um als arbeitnehmerähnlich zu gelten, muss der wirtschaftlich Abhängige des Weiteren einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02). Das ist der Fall, wenn das Maß der Abhängigkeit nach der Verkehrsanschauung einen solchen Grad erreicht, wie er im Allgemeinen nur in einem Arbeitsverhältnis vorkommt, und wenn die geleisteten Dienste nach ihrer sozialen Typik mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind (BGH, Urt. v. 27.1.2000 – III ZB 67/99).

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Ausnahme: Zuständigkeit der Sozialgerichte

§ 51 Sozialgesetzbuch (SGG)

1) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

2. in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden; dies gilt nicht für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser (§ 108 Nr. 1 und 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch) gelten,

(2) Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Satz 1 gilt für die soziale Pflegeversicherung und die private Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch) entsprechend.

(3) Von der Zuständigkeit der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit nach den Absätzen 1 und 2 ausgenommen sind Streitigkeiten in Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die Rechtsbeziehungen nach § 69 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

BGH, Urt. v. 9.11.2006, I ZB 28/06, Tz. 10, 13 - Gesamtzufriedenheit

Für die Zuständigkeit des Gerichts ist entscheidend, ob es sich um eine Streitigkeit in einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Nicht von Bedeutung ist nach der Bestimmung des § 51 SGG, ob die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist.

Von einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung ist auszugehen, wenn Maßnahmen betroffen sind, die unmittelbar der Erfüllung der den Krankenkassen nach dem Fünften Buch des Sozialgesetzbuchs obliegenden öffentlich-rechtlichen Aufgaben dienen. Wird der wettbewerbsrechtliche Anspruch dagegen nicht auf einen Verstoß gegen Vorschriften des SGB V gestützt, sondern ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Normen, deren Beachtung auch jedem privaten Mitbewerber obliegt, handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung i.S. von § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG.

EbensoBGH, Beschl. v. 17.8.2011, I ZB 7/11, Tz. 8 ff - Radiologisch-diagnostische Untersuchungen  BGH, Beschl. v. 30.1.2008, I ZB 8/07, Tz. 14 – Treuebonus; BGH, Beschl. v. 4.12.2008, I ZB 31/08 – Integrierte Versorgung; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2023, 14 W 44/23, Tz. 39

BGH, Beschl. v. 17.8.2011, I ZB 7/11, Tz. 10 ff - Radiologisch-diagnostische Untersuchungen

Als Maßnahme im vorgenannten Sinn sind auch Handlungen der Leistungserbringer anzusehen, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung der gesetzgeberischen Ziele aufgrund des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags stehen. Dies ergibt sich aus § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG, § 69 SGB V. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung zur Änderung der genannten Vorschriften (BT-Drucks. 14/1245, S. 68) ausdrücklich klargestellt, dass es dem gesetzgeberischen Ziel entspricht, alle aus den Rechtsbeziehungen des vierten Kapitels des SGB V (§§ 69 bis 140h SGB V) resultierenden Streitigkeiten, auch soweit Dritte hiervon betroffen sind, den Sozialgerichten zuzuweisen, ohne dass auf die von der Rechtsprechung bis dahin angenommene Doppelnatur des Handelns abzustellen ist. Damit sollte der Streit, ob das Handeln einer gesetzlichen Krankenversicherung öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist, für die Rechtswegzuweisung nicht mehr von Bedeutung sein.

Die Vorschrift des § 69 SGB V gilt auch für die Beziehungen der Leistungserbringer untereinander, soweit es um Handlungen in Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags der Krankenkassen geht.

Die Zuständigkeit der Sozialgerichte ist auch dann gegeben, wenn eine Partei, wie das Beschwerdegericht in Bezug auf die Klägerin festgestellt hat, gleichsam als Repräsentant von Leistungserbringern Ansprüche gegen einen anderen Leistungserbringer geltend macht.

BGH, Beschl. v. 17.8.2011, I ZB 7/11, Ls. - Radiologisch-diagnostische Untersuchungen

Für eine Unterlassungsklage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs gegen einen Krankenhausbetreiber, mit der erstrebt wird, dem Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr radiologisch-diagnostische Untersuchungen als ambulante Leistungen nach § 116b SGB V durchzuführen und/oder abzurechnen, sofern die Untersuchungen keine vom Leistungskatalog des § 116b Abs. 3 SGB V umfassten Krankheiten zum Gegenstand haben, ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet.

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2023, 14 W 44/23, Tz. 40

Die Zulässigkeit des Rechtswegs richtet sich mithin nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, das heißt durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Lebenssachverhalts festgelegt. Da nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG Streitigkeiten unabhängig davon, ob sie nach den vorliegenden Gegebenheiten zivilrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Natur sind, immer dann schon den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind, wenn von einer Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung auszugehen ist, ist maßgeblich darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge wesentlich von Bestimmungen des Zivilrechts oder des SGB V geprägt wird (vgl. BSG, Beschl. v. 21.7.2016 - B 3 SF 1/16 R, Rn. 8).

ABER:

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2023, 14 W 44/23, Tz. 41 ff

Nach Wortlaut und Sinn des § 17a GVG ist eine Verweisung nur dann geboten und zulässig, wenn der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten schlechthin, das heißt für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist; ist dagegen bei mehrfacher - auch bei mehrfacher rechtlich und tatsächlich selbständiger - Begründung des einen Klageanspruchs der ordentliche Rechtsweg hinsichtlich eines der konkurrierenden Klagegründe zulässig und nur hinsichtlich eines weiteren Klagegrundes unzulässig, so ist eine Verweisung an das für den weiteren Klagegrund zuständige Gericht nicht statthaft (BGH, Urt. v. 5.7.1990, III ZR 166/89, Tz. 17; OLG Hamburg, Urt. v. 27.9.2013, 3 U 56/11, Tz. 169).

Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Das bedeutet, dass das für eine Anspruchsgrundlage zuständige Gericht auch über solche Anspruchsgrundlagen entscheidet, die für sich allein die Zuständigkeit einer anderen Gerichtsbarkeit begründen würden (st. Rspr., vgl. nur BSG, Beschl. v. 29.9.1994, 3 BS 2/93, NJW 1995, 1575). Ziel der gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 2 GVG ist es, in den Fällen, in denen ein einheitlicher prozessualer Anspruch auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete (auch tatsächlich und rechtlich selbständige) Anspruchsgrundlagen gestützt wird, das angerufene Gericht zur Entscheidung über sämtliche Klagegründe zu verpflichten, sofern nur der Rechtsweg für einen von ihnen gegeben ist, wobei jedoch offensichtlich nicht gegebene Anspruchsgrundlagen außer Betracht bleiben (Musielak/Voit/Wittschier, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 17 GVG, Tz. 7).

Liegt hingegen eine Mehrheit prozessualer Ansprüche vor, ist für jeden dieser Ansprüche die Rechtswegzuständigkeit gesondert zu prüfen. Ist der beschrittene Rechtsweg für einen der prozessualen Ansprüche nicht eröffnet, hat eine Prozesstrennung gemäß § 145 Abs. 1 ZPO mit anschließender Teilverweisung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG zu erfolgen (BGH, Beschl. v. 9.1.2023, VI ZB 80/20, Tz. 24).

OLG Karlsruhe, Beschl. v. 27.6.2023, 14 W 44/23, Tz. 53

Zwar regelt § 69 SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern, auch soweit durch diese Rechtsbeziehungen die Rechte Dritter betroffen sind. Insoweit wäre die Anwendung von § 3a UWG ausgeschlossen. Allerdings erfasst § 69 SGB V ausschließlich die Rechtsbeziehungen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrags der Krankenkassen einerseits und der Erfüllung des übernommenen Versorgungsauftrags durch die Leistungserbringer andererseits stehen (OLG Stuttgart, Urt. v. 9.7.2015, 2 U 83/14Rn. 43 f.; vgl. auch BGH, Beschl. v. 17.8.2011, I ZB 7/11, Tz. 11). Eine derartige Fallgestaltung liegt hier nicht vor; ein rein wettbewerbsrechtlicher Streit zwischen pharmazeutischen Unternehmern fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 69 SGB V (BeckOGK/Krasney, SGB V, Stand: 15.02.2023, § 69 Rn. 14).

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Ausnahme: Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte

OLG Köln, Beschl. v. 7.2.2024, 6 U 109/23, Tz. 28

Die Feststellung des Rechtswegs ist gemäß § 17 Abs. 2 GVG unter Prüfung des Rechtsstreits nach allen für den prozessualen Anspruch in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu treffen. Wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, ist für die Abgrenzung von zivilrechtlicher/wettbewerbsrechtlicher Streitigkeit und öffentlich-rechtlicher Streitigkeit auf die Natur des Rechtsverhältnisses abzustellen, aus der der Klageanspruch abgeleitet wird. Maßgeblich ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag des Klägers darstellt. Daher reicht es für die Annahme einer bürgerlich-rechtlichen Streitigkeit nicht aus, dass sich der Kläger auf eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage beruft. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Parteivortrag - seine Richtigkeit unterstellt - Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergibt, die dem Bürgerlichen Recht zugeordnet sind. Bei der Qualifikation des Rechtsverhältnisses als öffentlich-rechtlich oder als bürgerlich-rechtlich kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient oder sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (s. KBF/Köhler/Feddersen, UWG, 41. Aufl., § 12 Rn. 1.2, m.w.N.).

OLG Hamm, Beschl. v. 14.2.2019, 4 W 87/18, Tz. 18, 22

Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient, oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (GmS OBG NJW 1986, 2359; vgl. auch GBH NJW 2011, 1365). Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine bürgerlich-rechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, ist im Regelfall die Rechtsnatur des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs, wie er sich aus dem Klageantrag in Verbindung mit den vom Kläger zur Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ergibt, wobei es auf die Rechtsauffassungen der Parteien nicht ankommt (GmS OBG NJW 2009, 1968; BGH NJW 1976, 1941). Es ist nicht erforderlich, dass ein zivilrechtlicher Klageanspruch schlüssig dargetan ist. Maßgebend ist vielmehr, dass der Parteivortrag – seine Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergibt, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die zuständigkeits- und die anspruchsbegründenden Tatsachen zusammenfallen (BGH NJW 1996, 3012). ...

… Aus dem … Sachvortrag der Klägerin ergibt sich eindeutig, dass keinesfalls ein generelles Verbot des Telemedienangebots „e.de“ erwirkt werden soll. Vielmehr geht es der Klägerin – die dies mehrfach ausdrücklich betont hat - darum, die im Einzelnen beanstandeten redaktionellen Beiträge auf der Internetseite zu unterbinden, weil die Beklagte nach ihrer Auffassung das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt hat. Zu beurteilen ist die Rechtsnatur des klägerischen Begehrens, wie es sich nach dem Antrag und dem Sachvortrag darstellt.

Zur Prüfung des Rechtswegs in der Berufungsinstanz:

OLG Köln, Beschl. v. 7.2.2024, 6 U 109/23, Tz. 21

§ 513 Abs. 2 ZPO ist bei einem Streit über die Eröffnung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten nicht anwendbar, weil § 17a GVG insoweit eine abschließende Sonderregelung enthält (s. Zöller-Heßler, ZPO, 35. Aufl., § 513 Rn. 12). Danach wäre der Senat an den beschrittenen Zivilrechtsweg nur dann gebunden, wenn das Landgericht diesen rechtskräftig für zulässig erklärt hätte. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Landgericht hat entgegen § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG trotz ausdrücklich erhobener Rüge der Beklagten über den zulässigen Rechtsweg nicht vorab durch einen nach § 17a Abs. 4 GVG mittels sofortiger Beschwerde anfechtbaren Beschluss entschieden, sondern im Sachurteil selbst. Dies ist verfahrensfehlerhaft. Rügt eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges und bejaht das Gericht diese, so muss hierüber vor der Hauptsache durch einen gesonderten Beschluss entschieden werden, isoliert von den sonstigen Fragen zur Zulässigkeit und Begründetheit der Klage (Zöller-Lückemann, ZPO, 35. Aufl., § 17a GVG Rn. 6; Schaub in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl., Kap. 45 Rn. 4).

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Ausnahme: Schadenersatzanspruch des Verbrauchers

Nach § 14 Abs. 4 UWG richtet sich die Zuständigkeit der Gerichte bei Streitigkeiten, in denen ein Verbraucher einen Schadenersatzanspruch gegen einen Unternehmer wegen einer unlauteren geschäftlichen Handlung geltend macht, nach den allgemeinen Vorschriften, das heißt nach dem Gerichtsverfassungsgesetz und der Zivilprozessordnung. Für die sachliche Zuständigkeit folgt daraus, dass die Amtsgerichte erstinstanzlich zuständig sind, wenn der Schaden - wie dies in der Regel der Fall ist - bis zu 5.000,- EUR beträgt.

In der Gesetzesbegründung (BT-Drcks. 19/27873) heißt es insoweit auf Seite 41:

"In Abhängigkeit des jeweiligen Streitwertes kann damit auch die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründet sein. Zwar werden hierdurch in Zukunft gerichtliche Entscheidungen über Wettbewerbssachen nicht mehr nur bei den Landgerichten konzentriert sein, jedoch wird so verhindert, dass die Landgerichte mit einer Vielzahl von zu erwartenden Verfahren mit geringen Streitwerten belastet werden, für die sie andernfalls nicht zuständig wären. Dies erscheint insbesondere auch im Hinblick darauf nicht angemessen, dass bei Eröffnung der sachlichen Zuständigkeit der Landgerichte nach § 95 Absatz 1 Nummer 5 GVG die Kammern für Handelssachen funktionell zuständig sind. In diesem Fall also in der Besetzung eines Berufsrichters als Vorsitzenden und zweier ehrenamtlicher Richter entschieden würde. Zudem würde die Kammer für Handelssachen dann über einen Rechtsstreit entscheiden, an dem Verbraucherinnen oder Verbraucher beteiligt sind."

Zur örtlichen Zuständigkeit siehe hier.

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