Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

Was gibt's Neues?

Eine Auswahl neuer Gerichtsurteile des EuGH und BGH zum Wettbewerbsrecht


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Eingestellt am 09.6.2024

BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 145/23 - Verwarnung aus Kennzeichenrecht III

a) Die Grundsätze, nach denen die unberechtigte Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten kann, gelten nicht nur für Verwarnungen, die der Inhaber einer für Waren geschützten Marke gegenüber dem Hersteller von Waren oder seinen Abnehmern mit der Behauptung ausspricht, deren Benutzung eines Zeichens in Bezug auf die von ihnen hergestellten oder vertriebenen Waren verletzten sein Markenrecht, sondern auch für Verwarnungen, die der Inhaber einer für Dienstleistungen geschützten Marke gegenüber dem Anbieter von Dienstleistungen mit der Behauptung ausspricht, dessen Benutzung eines Zeichens in Bezug auf die von ihm angebotene oder erbrachte Dienstleistung verletze sein Markenrecht. Sie gelten grundsätzlich auch für Verwarnungen, die der Inhaber einer solchen Marke gegenüber denjenigen ausspricht, die diese Dienstleistungen als Kunden in Anspruch nehmen.

b) Für die Annahme eines ernsthaften und endgültigen Verlangens, eine als Schutzrechtsverletzung beanstandete Handlung künftig nicht mehr vorzunehmen, ist es nicht stets erforderlich, dass der Schutzrechtsinhaber unter Fristsetzung die Abgabe einer Unterlassungserklärung verlangt. Es ist vielmehr aufgrund einer Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls zu prüfen, ob es sich bei der jeweils in Rede stehenden Geltendmachung des Schutzrechts durch den Schutzrechtsinhaber um ein ernsthaftes und endgültiges Verlangen handelt.

c) Für Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB wegen einer unberechtigten Schutzrechtsverwarnung gilt die kurze Verjährungsfrist des § 11 UWG und nicht die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB, wenn das Verhalten des Verwarnenden zugleich einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch wegen unlauterer gezielter Mitbewerberbehinderung begründet.

Verfahren>Gerichtsverfahren>Antrag>Bestimmtheit>Unterlassungsantrag

Verbote>Gezielte Behinderung>Zulässiger Markengebrauch

Verbote>Gezielte Behinderung>Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung

BGH, Urt. v. 29.5.2024, I ZR 43/23 - Hydra Energy

a) Die Vorschrift des § 43 Abs. 2 MessEG, die dem Schutz des Verkehrs vor Fehlannahmen über die relative Füllmenge einer Fertigpackung ("Mogelpackung") dient, fällt, soweit Handlungen von Unternehmen gegenüber Verbrauchern betroffen sind, in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der in diesem Verhältnis eine Vollharmonisierung bewirkenden Richtlinie 2005/29/EG. Damit ist, weil insoweit die in den übrigen Absätzen des Art. 3 der Richtlinie 2005/29/EG vorgesehenen Ausnahmen nicht betroffen sind, für die lauterkeitsrechtliche Anwendung der Vorschrift des § 43 Abs. 2 MessEG als Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG kein Raum, soweit sie Tatbestandsmerkmale - hier: das Merkmal der Bereitstellung auf dem Markt - vorsieht, die dem Tatbestand des Art. 6 der Richtlinie 2005/29/EG beziehungsweise des diese Vorschrift umsetzenden § 5 UWG fremd sind. Die Beurteilung der Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung hat dann allein nach § 5 UWG zu erfolgen (Klarstellung zu BGH, Urt. v. 11.10.2017, I ZR 78/16, Tz. 41 - Tiegelgröße).

b) Eine wettbewerblich relevante Irreführung über die relative Füllmenge einer Fertigpackung ("Mogelpackung") nach § 5 UWG liegt unabhängig von dem konkret beanstandeten Werbemedium - hier: Online-Werbung - vor, wenn die Verpackung eines Produkts nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der darin enthaltenen Füllmenge steht. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Fertigpackung nur zu zwei Dritteln gefüllt ist, sofern nicht die Aufmachung der Verpackung das Vortäuschen einer größeren Füllmenge zuverlässig verhindert oder die gegebene Füllmenge auf technischen Erfordernissen beruht.

Verbote>Vorsprung durch Rechtsbruch>Mess- und Eichgesetz>Mogelpackung

Verbote>Vorsprung durch Rechtsbruch>Spürbarkeit

Verbote>Vorsprung durch Rechtsbruch>Verhältnis zur UGP-Richtlinie

Verbote>Irreführung>Mogelpackung

Eingestellt am 04.6.2024

BGH, Urt. v. 2.5.2024, I ZR 12/23 - Tierkrankenwagen

Eine ausschließlich mildtätige und/oder gemeinnützige Tätigkeit, mit der keine erwerbswirtschaftlichen Ziele verfolgt werden und die nicht auf die Erbringung einer entgeltlichen oder auf dem Markt ansonsten gegen Entgelt angebotenen Leistung gerichtet ist, ist grundsätzlich nicht als geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG anzusehen (Fortführung von BGH, Urt. v. 20.10.1983, I ZR 130/81 - Erbenberatung).

Anwendungsbereich>geschäftliche Handlung>Idealvereine

BGH, Beschl. v. 18.4.2024, I ZB 55/23

Ist allein das Organ einer juristischen Person Titelschuldner, sind Ordnungsmittel im Falle einer schuldhaften Zuwiderhandlung des Organs gegen den Vollstreckungstitel (allein) gegen das Organ festzusetzen.

Verfahren>Bestrafung>gerichtliche Verbote>Organ einer juristischen Person

Eingestellt am 10.5.2024

BGH, Urt. v. 7.3.2024, I ZR 83/23 – Vielfachabmahner II

a) Der Geltendmachung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungspflicht aus einem aufgrund einer missbräuchlichen Abmahnung geschlossenen Unterlassungsvertag kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen (vgl. BGH, Urt. v. 14.2.2019 - I ZR 6/17, GRUR 2019, 638 [juris Rn. 33 f.] = WRP 2019, 727 - Kündigung der Unterlassungsvereinbarung).

b) Die Frage, ob die Geltendmachung der auf einer Unterlassungsvereinbarung beruhenden Vertragsstrafe rechtsmissbräuchlich ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wobei die Umstände, die im Rahmen des § 8c Abs. 1 UWG nF (§ 8 Abs. 4 UWG aF) einen Rechtsmissbrauch begründen, auch im Rahmen der Prüfung des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB herangezogen werden können (vgl. BGH, GRUR 2019, 638 [juris Rn. 17 f. und 33 f.] - Kündigung der Unterlassungsvereinbarung).

c) Von einem rechtsmissbräuchlichen Abmahnverhalten ist auszugehen, wenn sich der Gläubiger bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs überwiegend von sachfremden Gesichtspunkten leiten lässt (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2023 - I ZR 111/22, GRUR 2023, 585 [juris Rn. 40] = WRP 2023, 576 - Mitgliederstruktur, mwN). Ohne Hinzutreten weiterer Indizien kann dies regelmäßig nicht allein deshalb angenommen werden, weil der Gläubiger die geltend gemachten Unterlassungsansprüche in einer Vielzahl von Fällen trotz ausgebliebener Unterwerfungserklärungen der Schuldner nicht gerichtlich weiterverfolgt hat.

Verfahren>Bestrafung>Vertragsstrafe>Rechtsmissbrauch

Ansprüche>Unterlassungsanspruch>Rechtsmissbrauch>allgemein

Ansprüche>Unterlassungsanspruch>Rechtsmissbrauch>Vielfachabmahner

Ansprüche>Unterlassungsanspruch>Rechtsmissbrauch>zu weit reichende Unterlassungsforderung

Eingestellt am 14.4.2024

BGH, Urt. v. 8.2.2024, I ZR 91/23 - Großhandelszuschläge II

a) Nach der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV in der seit dem 11. Mai 2019 geltenden Fassung hat der pharmazeutische Großhandel bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken einen Mindestpreis einzuhalten, der aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers und einem festen Zuschlag von 70 Cent beziehungsweise - seit dem 27. Juli 2023 - 73 Cent zuzüglich Umsatzsteuer besteht. Zugleich legt § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AMPreisV - wie bereits § 2 AMPreisV in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung - einen Höchstpreis fest.

b) Die Gewährung von Skonti oder sonstigen Preisnachlässen, die zur Unterschreitung des sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV ergebenden Mindestpreises führen, ist unzulässig. Dies gilt sowohl für "echte" Skonti, mit denen eine vertraglich nicht geschuldete Zahlung durch den Käufer vor Fälligkeit abgegolten wird, als auch für "unechte" Skonti, die lediglich die pünktliche Zahlung durch den Käufer honorieren.

Verbote>Arzneimittelrecht>Preisvorschriften>Geltung für den pharmazeutischen Unternehmer

Verbote>Arzneimittelrecht>Preisvorschriften>Systematik

Verbote>Arzneimittelrecht>Preisvorschriften>Skonto

Verbote>Vorsprung durch Rechtsbruch>Spürbare Beeinträchtigung der Interessen

Eingestellt am 4.3.2024

BGH, Beschl. v. 21.12.2023, I ZB 42/23

a) Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist die Rechtsbeschwerde wegen des durch § 574 Abs. 1 Satz 2, § 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzten Instanzenzugs zwar auch im Fall ihrer Zulassung ausgeschlossen (vgl. BGH, Beschl. v. 27.2.2003, I ZB 22/02, Tz. 9). Diese Begrenzung gilt aber nicht für das Ordnungsmittelverfahren, das als selbständige Folgesache mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2008, I ZB 32/06, Tz. 10 - Mehrfachverstoß gegen Unterlassungstitel; Beschl. v. 26.9.2023, VI ZB 79/21, Tz. 12).

b) Die Zwangsvollstreckung ist ein vom Erkenntnisverfahren selbständiges und unabhängiges Verfahren. Die Antragsbefugnis des Gläubigers im Ordnungsmittelverfahren gemäß § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO folgt aus § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO und nicht aus § 8 Abs. 3 UWG.

Verfahren>Bestrafung>Veränderte Umstände

Eingestellt am 5.2.2024

BGH, Urt. v. 23.1.2024, I ZR 147/22 – chalk in it

Die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist nicht dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass stets allein die in ihrem individuellen Schutzinteresse betroffenen Mitbewerber (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) zur Geltendmachung von Ansprüchen wegen einer (möglichen) Anschwärzung gemäß § 4 Nr. 2 UWG befugt sind. Eine kollektive Anspruchsdurchsetzung durch Wirtschaftsverbände im Sinn des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist vielmehr dann zulässig, wenn sich die Anschwärzung nicht lediglich gegen einen individualisierten Mitbewerber, sondern gegen eine Mehrheit von Mitbewerbern richtet, und zumindest einer der betroffenen Mitbewerber Mitglied des klagenden Verbands ist.

Verfahren>Gerichtsverfahren>Zuständigkeit>örtlich>international

Ansprüche>Unterlassungsanspruch>Aktivlegitimation>Verbände>Anschwärzung

Ansprüche>Unterlassungsanspruch>Schuldner>Täterschaft>Organhaftung

Anwendungsbereich>International>Rom II-Verordnung

Eingestellt am 10.1.2024

BGH, Beschl. v. 23.11.2023, I ZB 29/23

Der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde des Gläubigers gegen die Entscheidung, mit der gegen den Schuldner ein Ordnungsgeld verhängt worden ist, steht die fehlende Beschwer entgegen, wenn in seinem Antrag auf Festsetzung eines Ordnungsgelds weder ein konkreter Betrag noch eine ungefähre Größenordnung des Ordnungsgelds angegeben wurde und das Gericht die Höhe des Ordnungsgelds nach seinem Ermessen festgesetzt hat.

Verfahren>Bestrafung>Ordnungsstrafe>Beschwerde>Beschwer

Eingestellt am 6.1.2024

BGH, Urt. v. 7.12.2023, I ZR 126/22 - Glück

a) Das Konzept, ein Emotionsschlagwort als Produktnamen zu verwenden, kann nicht als ein die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts mitbestimmendes Element angesehen werden. Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutzes gemäß § 4 Nr. 3 UWG ist der Schutz von Waren und Dienstleistungen in ihrer konkreten Gestaltung, nicht die dahinterstehende abstrakte Idee.

b) Auch wenn sich die Gestaltung der Verpackung von Produkten des täglichen Bedarfs deutlich vom Marktumfeld abhebt, ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Verkehr auch an darauf angebrachten Produkt- und Herstellerangaben orientiert und deshalb eine Täuschung über die betriebliche Herkunft einer Produktnachahmung auszuschließen ist (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Oktober 2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443 = WRP 2001, 534 - Viennetta).

Verbote>Nachahmungsschutz>Waren oder Dienstleistungen>Verpackung

Verbote>Nachahmungsschutz>Wettbewerbliche Eigenart>Kennzeichen

Verbote>Nachahmungsschutz>Wettbewerbliche Eigenart/Kein Konzeptschutz

Verbote>Nachahmungsschutz>Nachahmung>Gleiche Warenkategorie

Verbote>Nachahmungsschutz>Vermeidbare Nachahmung>Produktbezeichnung