Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

1. Schweigen

1. Schweigen auf eine berechtigte Abmahnung

a. Verschweigen einer Drittunterwerfung

2. Schweigen auf eine unberechtigte Abmahnung

3. Schweigen auf eine zu weit gefasste Unterlassungsforderung

Grundsätzlich gilt: Wer schweigt begibt sich der Möglichkeit, sich selber zu verteidigen. Das kann ein Gericht bei seiner Entscheidung über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf das Gericht – von Ausnahmefällen abgesehen – eine einstweilige Verfügung nur dann im Beschlusswege (ohne mündliche Verhandlung) erlassen, wenn der Antragsgegner Gelegenheit hatte, zum Vorwurf Stellung zu nehmen  (BVerfG, Beschl. v. 30.9.2018, 1 BvR 1783/17). Diese Gelegenheit kann ihm durch die Abmahnung gegeben werden. Reagiert er darauf nicht, kann das Gericht eher unterstellen, dass er zum Vorwurf nichts zu sagen hat.

Schweigen auf eine berechtigte Abmahnung

Wer auf eine berechtigte Abmahnung hin schweigt, gibt dem Abmahnenden Veranlassung, ohne weitere Zwischenschritte ein Gerichtsverfahren einzuleiten. Dadurch entstehen erhebliche weitere Kosten.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.11.2017, 1 W 40/17

Veranlassung zur Klage gibt, wer sich vor Prozessbeginn so verhält, dass der Berechtigte annehmen muss, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. In Wettbewerbssachen hat eine beklagte Partei regelmäßig Anlass zur Klageerhebung gegeben, wenn sie auf eine berechtigte Abmahnung des Klägers hin keine vertragsstrafebewehrte Unterlassungserklärung abgibt.

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Verschweigen einer Drittunterwerfung

Wer auf eine berechtigte Abmahnung hin verschweigt, dass er gegenüber einem Dritten wegen des beanstandeten Verhaltens bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, haftet dem Dritten aus den §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB für die Kosten des Gerichtsverfahrens, das danach unnötigerweise eingeleitet wird.

BGH v. 19.06.1986, I ZR 65/84 - Aufklärungspflicht des Abgemahnten

Die durch eine Verletzungshandlung veranlasste Abmahnung dient, da sie das Streitverhältnis bereits auf einfache und billige Weise vorprozessual beendigen und einen Rechtsstreit vermeiden soll, im Regelfall dem wohlverstandenen Interesse beider Parteien und verbindet diese daher in einer wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung eigener Art, deren Inhalt wegen der jedenfalls im Regelfall gegebenen Interessenüberschneidungen in besonderem Maße durch Treu und Glauben bestimmt wird. Nach der somit im Einzelfall erforderlichen Interessen- und Pflichtenabwägung erscheint es aber geboten, den Verletzer, der durch sein unerlaubtes Handeln dem Verletzten Anlass zur Abmahnung und - für den Fall des Schweigens auf diese - zum prozessualen Vorgehen gegeben hatte, als nach Treu und Glauben verpflichtet anzusehen, den Abmahnenden darüber aufzuklären, dass eine Unterwerfung wegen derselben Verletzungshandlung bereits einem Dritten gegenüber erfolgt ist. Denn für den Abmahnenden besteht anderenfalls die erhebliche, auf das ursprüngliche wettbewerbswidrige Verhalten des Verletzers zurückzuführende Gefahr eines sowohl überflüssigen als auch aussichtslosen Prozesses, während andererseits die Mitteilung der Unterwerfung, ihres Adressaten und ihres wesentlichen Inhalts dem Abgemahnten eine im Verhältnis zu jenem von ihm verursachten Risiko geringen, jedenfalls aber zumutbaren Aufwand bereitet.

Wird die aus der Rechtsbeziehung der Parteien erwachsende Aufklärungspflicht verletzt, so kann darin, falls der Abgemahnte schuldhaft gehandelt hat, eine positive Forderungsverletzung (heute Verletzung von § 241 Abs. 2 BGB) liegen, mit der Folge, dass dem Verletzten ein Schadensersatzanspruch gegen den Verletzer zustehen kann.

OLG Hamm, Urt. v. 5.10.2010, 4 U 64/10

Im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 91 a, 93 ZPO ist zu berücksichtigen, ob der Beklagte zur Verfahrenseinleitung durch Verletzung der ihm obliegenden Aufklärungspflicht in Bezug auf eine abgegebene Dritte Unterwerfungserklärung Anlass gegeben hat. Eine Aufklärungspflicht ist auch insoweit nach § 242 BGB zu bejahen, wenn der Beklagte gegenüber dem Postboten die Annahme der Abmahnung unberechtigt verweigert hat, danach gegenüber einem Dritten eine Unterlassungserklärung abgibt und den Abmahnenden nicht darüber informiert, der nach der verweigerten Annahme ein Gerichtsverfahren einleitet.

BGH v. 01.12.1994, I ZR 139/92 - Kosten bei unbegründeter Abmahnung

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist anerkannt, dass als Folge einer vom Abgemahnten tatsächlich begangenen oder von ihm (mit) zu vertretenden Verletzungshandlung und der darauf erklärten Abmahnung zwischen dem Verletzer und dem Unterlassungsgläubiger eine wettbewerbsrechtliche Sonderbeziehung eigener Art zustande kommt, die in besonderem Maß durch Treu und Glauben und das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme bestimmt wird. Daraus können sich je nach den Umständen auch Pflichten zur Aufklärung ergeben, wenn dem anderen Teil als Folge des Verhaltens des Verletzers Kostenschäden drohen, die durch die Aufklärung unschwer zu vermeiden sind.

Diese Sonderbeziehung kommt aber noch nicht durch den Wettbewerbsverstoß an sich zustande, sondern erst durch den Zugang einer Abmahnung.

KG Berlin, Urt. v. 14.5.2013, 5 U 49/12, Tz. 8

Eine wettbewerbsrechtliche Sonderbeziehung zwischen Verletzer und Unterlassungsgläubiger, welche geeignet ist, bestimmte Rechtspflichten zu begründen, entsteht nicht schon durch einen Wettbewerbsverstoß, sondern erst dadurch, dass der Störer abgemahnt worden ist (vgl. BGH GRUR 1990, 381 f. - Antwortpflicht des Abgemahnten). An letzterem fehlt es aber bei einem nicht zugegangen Abmahnschreibens.

OLG Hamm, Urt. v. 1.6.2023, 4 U 225/22, Tz. 82

Berechtigte Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb begründen eine durch die Abmahnung oder auch durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung konkretisierte wettbewerbsrechtliche Sonderbeziehung eigener Art, die in besonderem Maße durch Treu und Glauben und das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme bestimmt wird. Daraus können sich abhängig von den konkreten Umständen Pflichten zur Aufklärung ergeben, insbesondere wenn dem anderen Teil als Folge des Verhaltens des Verletzers Kostenschäden drohen, die durch die Aufklärung unschwer zu vermeiden sind (vgl. BGH, Vers-urt. v. 9.2.2023, I ZR 61/22, Tz. 24 – Kosten für Abschlussschreiben III).

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Schweigen auf eine unberechtigte Abmahnung

BGH v. 01.12.1994, I ZR 139/92 - Kosten bei unbegründeter Abmahnung

Eine Aufklärungspflicht des zu Unrecht Abgemahnten besteht grundsätzlich nicht. Zwischen dem Abmahnenden und dem Abgemahnten fehlt es in einem solchen Fall an einer Sonderrechtsbeziehung, die Grundlage für eine Aufklärungspflicht sein könnte.

Die einseitige Zusendung einer Abmahnung kann als solche kein Rechtsverhältnis schaffen, aus dem eine Aufklärungspflicht folgen könnte. Soweit in der Rechtsprechung eine wettbewerbsrechtliche Sonderbeziehung zwischen dem Unterlassungsgläubiger und dem Abgemahnten anerkannt wird, hat diese ihren Grund darin, daß zwischen beiden durch die Verletzungshandlung ein gesetzliches Schuldverhältnis entstanden ist, das durch die Abmahnung lediglich konkretisiert und vertieft wird.

Eine Aufklärungspflicht des zu Unrecht Abgemahnten kann auch nicht aus dem Rechtsinstitut des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen hergeleitet werden. Die vorvertraglichen Pflichten von Verhandlungspartnern, aufgrund deren sie einander eine zumutbare Rücksichtnahme auf ihre berechtigten Belange schulden, sind gerechtfertigt durch das vertragsähnliche Vertrauensverhältnis, das durch den Eintritt in Verhandlungen begründet wird. Bei einer ohne eine vorherige Kontaktaufnahme ausgesprochenen Abmahnung besteht kein entsprechendes Vertrauensverhältnis. Mit einer Abmahnung wird der Abgemahnte gegen seinen Willen bedrängt, einen Unterlassungsvertrag abzuschließen, gleichgültig ob die Abmahnung nur eine Aufforderung oder bereits das Angebot zum Abschluss eines Unterlassungsvertrages enthält. Ein solches - unberechtigtes - Drängen begründet grundsätzlich keine Schutzpflichten des Bedrängten.

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Schweigen auf eine zu weit gefasste Unterlassungsforderung

OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.11.2017, 1 W 40/17

Auch eine zu weit gefasste, auch rechtmäßiges Verhalten umfassende Abmahnung ist nicht wirkungslos, jedenfalls nicht im gewerblichen Rechtsverkehr. Denn im gewerblichen Rechtsschutz, dessen Grundsätze im Lauterkeitsrecht entsprechend gelten, ist anerkannt, dass den Gläubiger nicht eine Obliegenheit trifft, der Abmahnung den Entwurf einer Unterlassungserklärung beizufügen, weshalb es grundsätzlich auch unschädlich ist, wenn der Gläubiger mit der einer Abmahnung beigefügten, vorformulierten Unterwerfungserklärung mehr verlangt, als ihm zusteht; es ist dann Sache des Schuldners, die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer Unterwerfungserklärung in dem dazu erforderlichen Umfang auszuräumen (h.M., vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl., § 12 Rdn. 1.19 mwNw.).

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Zitiervorschlag zur aktuellen Seite

Omsels, Online-Kommentar zum UWG:

http://www.webcitation.org/6wDE0kcSs