Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:
4. den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbständiger beruflicher Interessen.
§ 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG erfasste bis zur UWG-Reform 2020, die bezüglich § 8 Abs. 3 UWG erst zum 1.12.2021 in Kraft trat, nur die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern. Im Rahmen der UWG-Reform wurden zum 1.12.2021 in den Kreis der nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG aktivlegitimierten Kammern auch die anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts aufgenommen, deren Anspruchsberechtigung sich bis dahin aus dem früheren § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ergab (vgl. BGH, Urt. v. 31.3.2016, I ZR 88/15, Tz. 13 - Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur). Diese Änderung war notwendig geworden, da die Aktivlegitimation des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nun die Organisation als eingetragener Verein und die Eintragung des Vereins in die Liste qualifizierter Einrichtungen beim Bundesamt der Justiz voraussetzt (dazu siehe hier).
Gesetzesbegründung in BT-Drcks. 19/12084, Seite 27
Die Klagebefugnis anderer öffentlich-rechtlicher Kammern sowie der Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer satzungsgemäßen Aufgaben wird ergänzt. Bislang wurden in § 8 Absatz 3 Nummer 4 UWG lediglich die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern genannt. Die Klageberechtigung anderer öffentlich-rechtlich verfasster Kammern sowie von Gewerkschaften ergab sich aus § 8 Absatz 3 Nummer 2 UWG. Dies ist wegen der Änderung von § 8 Absatz 3 Nummer 2 nicht mehr möglich, da die Aufnahme in die Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eine Organisation als eingetragener Verein voraussetzt. Die Rechtsdurchsetzung durch Kammern und Gewerkschaften soll jedoch nicht eingeschränkt werden, da hier kein Missbrauch ersichtlich ist. Zudem wurde der Begriff der Handwerkskammern durch die Wörter „den nach der Handwerksordnung errichteten Körperschaften des öffentlichen Rechts" ersetzt, um auch die Kreishandwerkerschaften zu umfassen. Der Begriff der „anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts“ umfasst zum Beispiel die Landwirtschaftskammern und die Rechtsanwaltskammern. Die Klagebefugnis besteht für die Industrie- und Handelskammern, die nach der Handwerksordnung errichteten Körperschaften des öffentlichen Rechts und andere berufsständische Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben. Dies entspricht der bisherigen Auslegung von Nummer 4 und bedeutet, dass die Kammer von einem Wettbewerbsverstoß so betroffen sein muss, dass dessen Verfolgung in ihren Aufgabenbereich fällt. Die Gewerkschaften sind entsprechend ihrer bisherigen Klagebefugnis nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 UWG auch weiterhin im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbständiger beruflicher Interessen klagebefugt.
Zu den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen gehören die neben den Handwerkskammern auch die – zumeist als Verein organisierten – Handwerksinnungen.
Die Aktivlegitimation der Gewerkschaften ist ein Novum, dass mit der UWG-Reform 2020 eingeführt wurde. Zwar meint der Gesetzgeber in seiner Gesetzesbegründung, dass die Gewerkschaften schon immer aktivlegitimiert gewesen seien.
Gesetzesbegründung in BT-Drcks. 19/12084, Seite 27
Die Gewerkschaften sind entsprechend ihrer bisherigen Klagebefugnis nach § 8 Absatz 3 Nummer 2 UWG auch weiterhin im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbständiger beruflicher Interessen klagebefugt.
Tatsächlich gibt es aber keine Gerichtsentscheidung, aus der sich das ergeben könnte (vgl. Köhler WRP 2019, 1550, 1553 f). Köhler weist an dieser Stelle auch darauf hin, dass „Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbständiger beruflicher Interessen“ bislang auf die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder gegenüber deren Auftraggebern beschränkt waren. Ihnen wächst mit § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG ein neues Aufgabenfeld zu, allerdings nur
"im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbständiger beruflicher Interessen“
Die Mitglieder der Gewerkschaft müssen selbständig tätig sein. Dadurch treten sie in den Wettbewerb mit anderen Anbietern gleicher oder ähnlicher Dienstleistungen. Abhängig beschäftigte Mitglieder und deren Interessen zählen nicht, da sie keine Unternehmer im Sinne des UWG sind,
In der Regel geht es um die Interessen freiberuflich tätiger Personen, die in ähnlicher Art von einem oder wenigen Auftraggebern abhängig sind wie ein Arbeitnehmer dies ist. Dabei handelt es sich z.B. um selbständig und freiberuflich tätige Wort- und Bildjournalisten, die einerseits von wenigen Auftraggebern (Medien, Bildagenturen) abhängig sind, andererseits aber natürlich auch im Wettbewerb mit ihresgleichen stehen. Unlauteres Verhalten in diesem Konkurrenzverhältnis kann nun auch von einer Gewerkschaft verfolgt werden.
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