OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.10.2009, 4 U 113/09, II.2.a
Die Erlaubnisfreiheit von Nebenleistungen gemäß § 5 Abs. 1 RDG trägt dem Umstand Rechnung, dass viele gewerbliche Tätigkeiten, deren Schwerpunkt im wirtschaftlichen Bereich liegt, notwendig auch mit rechtsbesorgender Tätigkeit (bzw. Rechtsdienstleistungen) verbunden sind. Nebenleistungen sind daher erlaubnisfrei, wenn sie in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit einer Hauptleistung stehen, deren Schwerpunkt auf nicht rechtlichem Gebiet liegt. Das Gesetz regelt in § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG, dass sich der Charakter einer Nebenleistungen nach dem Inhalt, nach dem Umfang der Rechtsdienstleistung, nach dem sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit und unter Berücksichtigung der Kenntnisse richtet, die für die Tätigkeit erforderlich sind.
... Für die praktische Tätigkeit eines Versicherungsmaklers ergeben sich folgende Konsequenzen: Entscheidend - und Voraussetzung einer Anwendung von § 5 Abs. 1 RDG - ist das Vorliegen eines Kundenauftrags für eine maklertypische Hauptleistung, also ein Auftrag, Vorschläge für eine private Altersvorsorge (oder ein Deckungskonzept für eine betriebliche Altersversorgung) zu machen, bzw. entsprechende private Verträge zu vermitteln. Im Rahmen und bezogen auf einen solchen Hauptauftrag ist der Versicherungsmakler berechtigt, die Sozialversicherungspflicht und die Möglichkeit einer Sozialversicherungsbefreiung des Kunden (bzw. der Betriebsangehörigen) zu prüfen und den Kunden hierüber zu beraten. Die Tätigkeit des Versicherungsmaklers bleibt eine Nebenleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG, solange die Beratung über die sozialversicherungsrechtlichen Fragen einen konkreten Bezug zur Hauptleistung (Konzeption und Vermittlung privater Verträge) hat.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 8.10.2009, 4 U 113/09, II.2.b - d
Zum Berufsbild des Versicherungsmaklers gehört grundsätzlich eine umfassende Betreuung der Versicherungsangelegenheiten des Kunden. Der Versicherungsmakler hat insoweit in weitem Umfang die Interessen seines Kunden zu wahren. Daraus ergibt sich, dass eine erlaubte Rechtsdienstleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG nicht nur dann in Betracht kommt, wenn es darum geht, dass der Versicherungsmakler neue Versicherungsverträge vermittelt, sondern auch dann, wenn er von seinem Kunden beauftragt wird, bereits bestehende (nicht von ihm selbst vermittelte) Verträge zu überprüfen (vgl. hierzu zur entsprechenden Rechtslage nach Art. 1 § 5 Ziff. 1 Rechtsberatungsgesetz a.F. OLG Hamm, Versicherungsrecht 1985, 59). Dies muss auch für eventuelle Nebenleistungen im Bereich des Sozialversicherungsrechts gelten. Das heißt: Wenn ein Versicherungsmakler von seinem Kunden beauftragt wird, bestehende private Vorsorgeverträge im Hinblick auf ihre Angemessenheit zu prüfen, dann darf der Makler in diesem Zusammenhang auch Fragen der Sozialversicherungspflicht und einer eventuellen Sozialversicherungsbefreiung prüfen und den Kunden darüber beraten, wenn und soweit dies zur Beurteilung der privaten Vorsorge des Kunden sinnvoll ist.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass ein Versicherungsmakler nicht berechtigt ist, einen Kunden über die Frage seiner Sozialversicherungspflicht - oder einer möglichen Sozialversicherungsbefreiung - zu beraten, wenn die Voraussetzungen einer Nebenleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG nicht vorliegen. Ein Versicherungsmakler ist mithin nicht berechtigt, die Prüfung der Sozialversicherungspflicht oder die Prüfung einer möglichen Sozialversicherungsbefreiung als (selbständige) Leistung anzubieten, ohne dass ein konkreter Zusammenhang zu einer für den Versicherungsmakler typischen Haupttätigkeit (Erarbeitung eines privaten Vorsorgekonzepts, siehe oben) bestünde. Eine solche selbständige Rechtsdienstleistung auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts muss der Versicherungsmakler den rechtsberatenden Berufen, insbesondere Rechtsanwälten, überlassen.
Die erlaubnisfreien Nebentätigkeiten des Versicherungsmaklers (siehe oben) beschränken sich auf Prüfung der Rechtslage und Beratung des Kunden. Hingegen gehört die Vertretung des Kunden in Sozialversicherungsangelegenheiten gegenüber den entsprechenden Behörden nicht zur erlaubnisfreien Nebenleistung gemäß § 5 Abs. 1 RDG. Das heißt, ein Versicherungsmakler ist auch dann nicht berechtigt, mit einer Vollmacht seines Kunden einen Antrag auf Sozialversicherungs-Befreiung bzw. Rückzahlung von Beiträgen bei der zuständigen Behörde zu stellen, wenn ein Zusammenhang mit einem privaten Vorsorge-Konzept besteht.
Auszugehen ist insoweit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 RDG vom üblichen Berufs- oder Tätigkeitsbild des Versicherungsmaklers. Zu diesem Berufsbild gehört zwar, dass der Makler Schriftverkehr mit den privaten Versicherern übernimmt und beispielsweise bei Schadensregulierungen für den Kunden tätig wird. Die Vertretung eines Kunden gegenüber einem Sozialversicherungsträger gehört in Deutschland allerdings bisher nicht zum üblichen Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Versicherungsmaklers. Es ist davon auszugehen, dass Kunden - anders als bei Kontakten zu den privaten Versicherern - eine solche Tätigkeit ihres Maklers auch nicht als Nebenleistung erwarten. Ein Versicherungsmakler kann seine Hauptleistung - die Erarbeitung eines privaten Vorsorgekonzepts - ohne Schwierigkeiten erbringen, indem er seinen Kunden beispielsweise auf die Möglichkeit einer Sozialversicherungsbefreiung hinweist, die Antragstellung gegenüber der Behörde jedoch dem Kunden selbst, bzw. einem von diesem zu beauftragenden Rechtsanwalt, überlässt. Für eine solche Verfahrensweise spricht auch der Umstand, dass eine Sozialversicherungs-Befreiung nicht selten mit schwierigen rechtlichen Problemen einerseits und erheblichen Auswirkungen für den Kunden andererseits verbunden ist, so dass die Einschaltung eines speziellen Fachmanns, beispielsweise eines Fachanwalts für Sozialrecht, sinnvoll sein kann.
OLG Köln, Urt. v. 11.4.2014, 6 U 187/13, II.3
In der Literatur wird zum Teil vertreten, für den Versicherungsmakler werde der Bereich der zulässigen rechtsberatenden Nebenleistungen durch § 34d Abs. 1 S. 4 GewO bestimmt. Nach dieser Vorschrift beinhaltet die für Versicherungsmakler gemäß § 34d Abs. 1 S. 1 GewO erforderliche Erlaubnis die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten. Nach Hirtz soll diese Regelung abschließend und nicht über § 5 Abs. 1 S. 1 RDG erweiterbar sein. Tatsächlich ist die Bestimmung aber so zu verstehen, dass sie die selbstständige entgeltliche Rechtsberatung - also als Hauptleistung - erfasst. Für rechtsberatende Tätigkeiten als Nebenleistung gilt nach wie vor § 5 Abs. 1 S. 1 RDG (BT-Drucks. 16/1935, S. 18; Dörner, in: Prölss/Martin, VVG, § 34 d GewO Rn. 34; Schönleiter, in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: 65. EL 2013, § 34 d Rn. 60).
Das OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.6.2018, 6 U 122/17 legt zunächst ausführlich dar, was zur Versicherungsvermittlung gehört und was nicht. Dabei stellt es auf § 59 VVG und § 34d GewO ab. Im Ergebnis gelangt es zur Auffassung, dass Versicherungsvermittler ist, wer Kraft rechtsgeschäftlicher Geschäftsbesorgungsmacht für einen anderen Versicherungsschutz ganz oder teilweise beschafft, ausgestaltet und abwickelt, ohne selbst Versicherungsnehmer oder Versicherer zu sein. Zum Berufsbild gehört auch die Vermittlung eines Tarifwechsels nach § 204 VVG.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 13.6.2018, 6 U 122/17
Soweit die Beklagte bei der Tarifwechselvermittlung etwa als Rechtsdienstleistungen einzuordnende Prüfungs- und Beratungsleistungen erbringt, namentlich rechtliche Gesichtspunkt berücksichtigt, wie die Fragen, auf welche Tarife ein Anspruch besteht und welche Rechte beim Tarifwechsel erhalten bleiben, handelt es sich im Verhältnis zur makelnden Hauptleistung dem Inhalt und Umfang nach um eine Nebenleistung im Sinn von § 5 RDG.