BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 105
Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ist eine Inkassodienstleistung die Einziehung fremder oder zum Zweck der Einziehung auf fremde Rechnung abgetretener Forderungen, wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben wird. Ist eine Person gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG bei der zuständigen Behörde für den Bereich der Inkassodienstleistungen registriert, darf sie aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen in diesem Bereich erbringen.
BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 141
§ 2 Abs. 2 Satz 1, § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG sind dahin auszulegen, dass der darin enthaltene Begriff der Inkassodienstleistung nicht in einem zu engen Sinne verstanden werden darf. … Vielmehr ist insoweit - innerhalb des Rahmens des mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz verfolgten Schutzzwecks (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG) - eine eher großzügige Betrachtung geboten.
KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 60, 63 ff
Der Begriff der Rechtsdienstleistung in Gestalt der Inkassodienstleistung (Forderungseinziehung) gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG ... ist unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber mit dem Rechtsdienstleistungsgesetz ... nicht in einem zu engen Sinne zu verstehen. Vielmehr ist - innerhalb des mit diesem Gesetz verfolgten Schutzzwecks, die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 RDG) - eine eher großzügige Betrachtung geboten (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89-177, Rn. 141, juris – wenigermiete.de). ...
Der Antragsgegnerin als registriertem Inkassodienstleister ist es grundsätzlich nicht verwehrt, im Rahmen des außergerichtlichen Forderungseinzugs in substantieller Weise - auch begleitend zu einem Gerichtsverfahren - Rechtsberatung vorzunehmen (BGH, Urt. v. 08.4.2020, VIII ZR 130/19, Tz. 43 und 46 – Mietpreisbremse; Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 144f – wenigermiete.de).
Der Antragsgegnerin ... ist es ferner grundsätzlich nicht verwehrt, ihre Kunden darüber zu beraten, ob und unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten ihnen eine solche Forderung zustehe, selbst wenn ihnen ohne die Leistungen der Antragsgegnerin nicht bewusst gewesen sein sollte, insoweit überhaupt durchsetzbare Forderungen innezuhaben (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 115f – wenigermiete.de unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Februar 2002, 1 BvR 423/99; ferner: BGH, Urt. v. 08.4.2020, VIII ZR 130/19, Tz. 47 - Mietpreisbremse).
Ein Inkassodienstleister wie die Antragsgegnerin darf ferner selbst dann mit Forderungsschreiben im Verhältnis zu möglichen Anspruchsgegnern hervortreten, wenn Ansprüche ihrer Kunden erst durch diese Tätigkeit begründet werden (BGH, Urt. v. 27.11.2019, VIII ZR 285/18, Tz. 157 - 160 – wenigermiete.de). Auch Rechtsäußerungen im Rahmen des außergerichtlichen Konfliktes zwischen Gläubiger und Schuldner sind von dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegenden Begriff der Inkassodienstleistung und damit auch von der der Antragsgegnerin erteilten Inkassoerlaubnis grundsätzlich gedeckt (vgl. BeckOK RDG/Günther, 17. Ed. 1.4.2021, RDG § 10 Rn. 44; Rillig in: Deckenbrock/Henssler, RDG, 5. Aufl. 2021, § 10 Rn. 16).
Allerdings muss sich die Tätigkeit des Inkassounternehmens innerhalb der nachgewiesenen Sachkunde halten ((§ 11 Abs. 1, § 12 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, 5 RDG in Verbindung mit § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 RDV).
KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 70 f
Setzt das Inkassounternehmen die nach Vorstehendem von ihm verlangte, überprüfte und für genügend befundene Sachkunde bei der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen ein, ist nicht erkennbar, dass damit eine Gefahr für den Rechtsuchenden oder den Rechtsverkehr verbunden sein könnte (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.2.2002, 1 BvR 423/99, Tz. 31).
Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn Inkassodienstleistungen und die mit ihnen typischerweise einhergehenden Beratungsleistungen nicht auf den Gebieten (§ 11 RDG) erbracht werden, für die ... die für die Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG erforderliche Sachkunde nachzuweisen ist. Denn in diesem Fall ist nicht gewährleistet, dass das Inkassounternehmen der ihm mit der Registrierung zugewiesenen Aufgabe, fremde Rechte oder Vermögensinteressen in eigener Verantwortung wirkungsvoll durchzusetzen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.2.2002, 1 BvR 423/99, Tz. 30), gerecht werden kann.
KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 83
Eine außergerichtliche Durchsetzung und Einziehung von Forderungen, die ihre Grundlage weder in den in § 11 Abs. 1 RDG genannten Rechtsgebieten hat, noch überhaupt im deutschen Recht fußen, dessen Kenntnis wenigstens in Grundzügen Voraussetzung für die Registrierung für Inkassodienstleistungen und die Befugnis zur Erbringung der hiermit einhergehenden Rechtsdienstleistungen ist, ist mit dem Leitbild der Inkassotätigkeit auch bei der vom Bundesgerichtshof in Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts geforderten weiten Auslegung des Begriffs der dem registrierten Unternehmen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RDG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG gestatteten Inkassodienstleistungen nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen.
Dies gilt erst recht, wenn Forderungen nach ausländischem Recht geltend gemacht werden sollen.
KG, Beschl. v. 12.5.2021, 5 U 1091/20, Tz. 85
Ein in Deutschland registrierter Inkassodienstleister, der neben im deutschen Recht verankerten Forderungen auch solche mit einer Rechtsgrundlage im Recht eines anderen Staates einziehen will, bedarf daher auch einer Registrierung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RDG (Valdini in: GWR 2018, 231, 232).
Kosten
OLG Hamburg, Urt. v. 9.4.2020, 15 U 88/19
§ 4 Abs. 5 RDGEG ist eine markverhaltensregelnde Norm i.S.v. § 3a UWG, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat. Die Berufung greift dies auch nicht an. Der Senat kann daher erneut zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil (dort auf Seite 9 unter aa.) verweisen. ...
... Die Höhe der Inkassokosten, die im Außenverhältnis zum Schuldner erstattet verlangt werden kann, ist gemäß der zwingenden Regelung in § 4 Abs. 5 RDGEG dahingehend begrenzt, dass Kosten für außergerichtliche Inkassodienstleistungen, die eine nicht titulierte Forderung betreffen, nur bis zur Höhe der einem Rechtsanwalt nach den Vorschriften des RVG zustehenden Vergütung erstattungsfähig sind. Gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Die Vorschrift gilt für Rahmengebühren allgemein. Hierzu gehören alle Gebühren, die sich nach dem Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit richten (§ 13 RVG) und bei denen der Gesetzgeber keinen bestimmten Gebührensatz, sondern einen Gebührenrahmen vorgegeben hat. Dazu gehört auch und insbesondere die Geschäftsgebühr gemäß Ziffer 2300 VV RVG (v. Seltmann in: BeckOK RVG, 47. Edition, Stand: 01.03.2020, § 14 Rn. 1), die im Grundsatz mit einem Faktor von 0,5 bis 2,5 abgerechnet werden darf. Gemäß Ziffer 2300 VV RVG darf der Rechtsanwalt eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 jedoch nur fordern, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war.