Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

Heilpraktiker

§ 1 HeilPrG (Heilpraktikergesetz)

(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.

(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.

(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung "Heilpraktiker".

OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.2.2012, 4 U 197/11, II.1.c

Das HPG enthält Marktverhaltensregeln im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, a.a.O., § 4 Rdnr. 11.78 m.w.N.).

Mit § 1 Abs. 1 HPG wird das Ziel verfolgt, den einzelnen und die Allgemeinheit vor unberufenen Heilbehandlern zu schützen. Das zum Schutz der Volksgesundheit als besonders wichtiges Gemeinschaftsgut angeordnete präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ist als erforderliche subjektive Zulassungsschranke mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar (BVerfG, Beschluss v. 10.05.1988 -1 BvR 482/84, 1 BvR 1166/85).

Die in § 1 Abs. 2 HPG definierte Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine Ausübung der Heilkunde stets dann vorliegt, wenn die Tätigkeit ärztliche bzw. medizinische Fachkenntnisse erfordert und die Behandlung - bei generalisierender und typisierender Betrachtung der in Rede stehenden Tätigkeit - gesundheitliche Schädigungen verursachen kann. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit reicht aber ein nur geringfügiges Gefahrenmoment nicht aus, um die Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HPG auszulösen. Das Gefährdungspotential wird zudem geringer, je weiter sich das Erscheinungsbild des Behandlers von einer medizinisch/ärztlichen Behandlung entfernt (OVG NRW, Beschluss v. 28.04.2006 -13 A 2495/03). ...

Die kosmetische Zielsetzung eines Eingriffs in den Körper schließt die Bewertung, der Eingriff sei der Ausübung der Heilkunde zumindest gleichzustellen, nicht aus (BVerwG, Beschluss vom 25.06.2007 - 3 B 82/06).

OLG Frankfurt, Urt. v. 23.11.2017, 6 U 140/17

In den Anwendungsbereich des Heilpraktikervorbehalts fällt eine Ausübung der Heilkunde nach § 1 I HeilPrG aus verfassungsrechtlichen Gründen nur dann, wenn von der Behandlung eine zumindest mittelbare Gesundheitsgefährdung ausgeht (BVerfG NJW-RR 2004, 705 ).

OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.9.2015, I-20 U 236/13, Tz. 15

Eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HeilPrG ist erforderlich, wenn die Heilkunde ausgeübt werden soll, ohne dass der Ausübende – wie hier unstreitig der Fall – als Arzt bestallt ist. Eine Ausübung der Heilkunde stellt gemäß § 1 Abs. 2 HeilPrG jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen dar, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird. Dabei ist der Begriff verfassungskonform dahin auszulegen, dass eine Ausübung der Heilkunde nur vorliegt, wenn von der Behandlung eine mittelbare oder unmittelbare Gesundheitsgefährdung ausgeht, denn nur dann ist der durch die Erlaubnispflicht begründete Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG gerechtfertigt (BVerfG NJW-RR 2004, 705).

OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.1.2016, 4 U 134/15, B.II.a

Für den Heilpraktikerberuf besteht anders als für sonstige Heil- und Heilhilfsberufe kein gesetzlich fixiertes Berufsbild. Das Heilpraktikergesetz erfasst ein heilkundliches Berufsfeld, ohne nach Aus- und Vorbildung oder fest umrissenen Berufsbildern zu differenzieren. Während etwa für den Beruf des Arztes, Psychologischen Psychotherapeuten oder Logopäden die Ausbildung gesetzlich geregelt ist und die Erteilung der Berufserlaubnis das Bestehen einer staatlichen Prüfung voraussetzt, ist für die berufliche Tätigkeit als Heilpraktiker weder eine bestimmte fachliche Ausbildung noch eine entsprechende fachliche Prüfung vorgeschrieben (BVerwG, NJW 2013, 1320, Rn. 17). Soweit nach § 2 Abs. 1 lit. i HeilprGDV eine Überprüfung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Antragstellers vorgesehen ist, zielt diese Überprüfung nicht auf den Nachweis einer Fachqualifikation oder eines bestimmten Ausbildungsstands, sondern dient der Abwehr von Gefahren für die Volksgesundheit im konkreten Fall (BVerwG, NJW 2013, 1320, Rn. 17 mwN).

Die für Heilpraktiker vorgesehene Überprüfung ist weder als ein "medizinisches Staatsexamen mit ermäßigten Anforderungen" noch als eine "kleine Approbation" zu verstehen (BVerwG, DVBl 1996, 811, Rn. 34). Die Überprüfung zielt nicht auf den Nachweis einer Fachqualifikation ab, und zwar schon deshalb nicht, weil für den Heilpraktikerberuf eine bestimmte fachliche Ausbildung nicht vorgeschrieben ist. Der Heilpraktiker braucht nicht den Nachweis einer allgemeinen sachlichen Fachqualifikation für den Heilpraktikerberuf zu erbringen; es findet mithin keine Fachprüfung statt (BVerwG, NJW 1984, 1414, Rn. 31). Die Überprüfung endet auch nicht in einer Vergabe von Prüfungsnoten, die wie regelmäßig bei den wissenschaftlich-fachlichen Berufszugangsprüfungen auf ein bestimmtes Leistungsprofil bezogen werden. Die Überprüfung ist keine vom Gesetz formalisierte Prüfung im herkömmlichen Sinne. Es wird auch nicht das Ergebnis von Prüfungsleistungen normativ auf einen bestimmten Zeitpunkt festgesetzt, wie dies für wissenschaftlich-fachliche Prüfungen typisch ist (BVerwG, DVBl 1996, 811, Rn. 34). Verlangt wird von der Prüfungsbehörde ausschließlich eine Gefahrenabwehr, d.h. die Versagung der Genehmigung, wenn die Ausübung der Heilkunde durch die Antragsteller eine Gefahr für die Volksgesundheit bedeutet. Allein zur Aufklärung, ob diese Gefahr vorliegt, überprüft der Amtsarzt die Antragsteller auf Kenntnismängel oder medizinische Fehlvorstellungen (BVerwG, DVBl 1996, 811, Rn. 35). Die Überprüfung hat allein die Bedeutung eines gefahrenabwehrrechtlichen Negativattestes des Inhaltes, dass der Überprüfte bei seiner Berufsausübung keine Gefahr für die Volksgesundheit darstellt (OVG Reinland-Pfalz, MedR 2010, 55, Rn. 28). Der pauschalierende, Gefahren abwehrende Charakter der Überprüfung bei der Erlaubnis zur Heilpraxis prägt das Berufsbild des Heilpraktikers, das dadurch deutlich von dem des akademisch ausgebildeten Heilers abgegrenzt wird (vergleiche OVG Bremen, NordÖR 2006, 171, Rn. 27).

Psychotherapie

 

OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.1.2016, 4 U 134/15, B.II.a

Wer sich ausschließlich im Bereich der Psychotherapie heilkundlich betätigen will (so genannte kleine Heilpraktikerprüfung), braucht sich nur einer auf dieses Gebiet bezogenen Unbedenklichkeitsprüfung zu unterziehen (OVG Bremen, NordÖR 2006, 171, Rn. 27). Hinsichtlich der Anforderungen für eine auf Psychotherapie beschränkte Heilpraktikererlaubnis verweisen die Vollzugsregelungen auf die Rechtsprechung insbesondere des BVerwG (NJW 1993, 2395 juris Rn. 29; NJW 1984, 1414, Rn. 35), nach der diese Antragsteller nicht allgemeine heilkundliche Grundkenntnisse einschließlich der Kenntnisse im Bereich der Anatomie, Physiologie und Pathologie haben müssen. Vielmehr genügt, um nicht die Volksgesundheit zu gefährden, der Nachweis ausreichender Kenntnisse über die Abgrenzung heilkundlicher Tätigkeit, insbesondere im psychotherapeutischen Bereich, gegenüber der den Ärzten und den allgemein als Heilpraktiker tätigen Personen vorbehaltenen heilkundlichen Behandlungen sowie auch ausreichende diagnostische Fähigkeiten in Bezug auf das einschlägige Krankheitsbild und der Befähigung, Patienten entsprechend der Diagnose psychotherapeutisch zu behandeln (Ziff. 5.2.2 Abs. 3 der bayerischen Vollzugsregelungen; Ziff. 7.1 Abs. 2 der brandenburgischen Durchführungsbestimmungen).

Diese eingeschränkte Zulassung und Überprüfung der Quilifikation berechtigt Dritte, einer heilpraktischen Behandlung in sachlicher Form die Wissenschaftlichkeit abzusprechen (OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.1.2016, 4 U 134/15).

Faltenunterspritzungen

 

OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.2.2012, 4 U 197/11, II.1.c

Das beanstandete Faltenunterspritzen unter Verwendung von hyaluronsäurehaltigen Präparaten stellt eine erlaubnispflichtige Ausübung der Heilkunde im Sinne von § 1 Abs. 1 und 2 HPG dar.

Osteopathie

 

OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.9.2015, I-20 U 236/13, Tz. 16 ff

Die Osteopathie umfasst verschiedene sogenannte alternativmedizinische Krankheits- und Behandlungstechniken. Sie bezweckt die Diagnostik und Therapie (Schmerzlinderung, Muskelentspannung, Mobilisierung) von reversiblen funktionellen Störungen insbesondere am Stütz- und Bewegungsapparat. Zur Behebung körperlicher Funktionsstörungen bedient sich die Osteopathie manueller Behandlungsmethoden, deren Zweck es ist, durch bestimmte Hand- und Massagegriffe Blockierungen insbesondere innerhalb des Gelenkapparates zu beseitigen. (vgl. Roche Lexikon Medizin, 5. Auflage 2003, Stichworte „Osteopathie“, „Chirotherapie“; Brockhaus Gesundheit, 8. Aufl. 2010, Stichwort: „Osteopathie (Therapie)“). Die Ausübung der Osteopathie stellt somit eine (berufs- bzw. gewerbsmäßig) vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen dar.

Liegen diese Voraussetzungen vor, wird Heilkunde dann ausgeübt, wenn die Tätigkeit nach allgemeiner Auffassung ärztliche bzw. medizinische Fachkenntnisse erfordert. Ob solche Fachkenntnisse im konkreten Einzelfall erforderlich sind, ist vom Ziel, von der Methodik und der Art der Tätigkeit abhängig, zum anderen kann aber auch die Beurteilung, ob die konkrete Behandlung begonnen werden darf, solche Fachkenntnisse erfordern. Entscheidend ist stets, ob die Tätigkeit ihrer Methode nach oder, weil ihre sachgerechte Anwendung eine hinreichende diagnostische Abklärung voraussetzt, in den Händen Unbefugter gesundheitliche Schäden bei Patientinnen und Patienten verursachen kann (vgl. Nr. 1.1 der Richtlinien zur Durchführung des Heilpraktikergesetzes des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit v. 18.5.1999).

Es ist davon auszugehen, dass die Ausführung osteopathischer Behandlungsmethoden medizinische Fachkenntnisse voraussetzt und eine unsachgemäße Ausübung geeignet ist, gesundheitliche Schäden zu verursachen. Hierfür spricht schon, dass das Ausbildungs- und Prüfungscurriculum der BAO einen zeitlich sowie inhaltlich erheblichen Ausbildungsaufwand umfasst. Es ist – insoweit ist den Ausführungen im Urteil des VG Düsseldorf vom 08.12.2008, Az. 7 K 967/07 zuzustimmen – davon auszugehen, dass dies nicht einem bloßen Selbstzweck dient, sondern dieser Ausbildungsaufwand gerade dem Zweck dient, Schäden von Patienten und der Allgemeinheit abzuwenden, sodass es im Umkehrschluss naheliegend ist, davon auszugehen, dass die Ausübung osteopathischer Tätigkeit abstrakt mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Es wird zudem im Allgemeinen davon ausgegangen, dass eine nicht risikolose Osteopathie sowohl Erfahrung als auch sorgfältige Indikationsstellung erfordert. Insbesondere morphologische Veränderungen, die mit einer Schwächung der Knochen- oder Bandstruktur einhergehen, Krankheiten wie rheumatoide Arthritis, Tumore und Traumen sowie Bandscheibenvorfälle, die nur mit medizinischem Fachwissen erkannt werden können, stellen ein erhebliches Risiko bei bzw. ein Hindernis für die Anwendung osteopathischer Behandlungsmethoden dar (vgl. Roche Lexikon Medizin, 5. Auflage 2003, Begriff „Osteopathie“, „Chirotherapie“ - Kontraindikation).

Daher unterliegt die Ausübung osteopathischer Behandlungen im Grundsatz der Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs. 1 HeilPrG. Eine die Osteopathie betreffende spezialgesetzliche Regelung besteht nicht.