Ihr Rechtsanwalt im Wettbewerbsrecht
Dr. Hermann-Josef Omsels*

Eine Darstellung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb und wettbewerbsrechtlicher Nebengesetze



 

 

 

l) Persönlichkeitsrecht/Eingriff in Gewerbebetrieb

Unerwünschte Werbung per Telefon, Mail, Fax oder SMS stellt nicht nur einen Wettbewerbsverstoß dar. Gegenüber Privatpersonen ist es auch ein rechtswidriger Eingriff in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht und gegenüber Unternehmen ein Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

BGH, Urt. v. 14.3.2017, VI ZR 721/15, LS 1, Tz. 15

Die ohne wirksame Einwilligung an eine geschäftliche E-Mail-Adresse versandte Werbe-E-Mail stellt einen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar (Fortführung von BGH, Urt. v. 12.9.2013, I ZR 208/12, GRUR 2013, 1259).

... Gegenstand des Schutzes ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers; es soll verhindert werden, dass dem Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren und mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers führt. Unverlangt zugesendete E-Mail-Werbung erfolgt betriebsbezogen und beeinträchtigt den Betriebsablauf im Unternehmen des Empfängers. Das Verwenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung.

OLG Frankfurt, Urt. v. 30.9.2013, 1 U 314/12

Die vom Inhaber eines E-Mail-Kontos nicht erlaubte Nutzung desselben zu werblichen Zwecken verletzt grundsätzlich das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers bzw. bei Unternehmern deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Der Begriff der Werbung ist sehr weit zu fassen, erfasst auch die Übermittlung von Rechnungen, Zahlungsaufforderungen und Mahnungen, die dem Absatz und der Verwertung eigener Leistungen dienen.

Die Voraussetzungen und Grenzen der zulässigen Versendung von E-Mail-Werbung werden an § 7 Abs. 3, 3 UWG ausgerichtet. So verweist der BGH zu den Grenzen des BGB-Anspruchs auf das UWG:

BGH, Urt. v. 14.3.2017, VI ZR 721/15, Tz. 10, 15

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, § 831 BGB ein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung elektronischer Post mit werblichem Inhalt wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu, soweit nicht die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG erfüllt sind. ...

Hier kommen die Maßstäbe des § 7 UWG zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB zur Anwendung.

OLG Dresden, Beschl. v. 24.6.2024, 4 U  168/24

Die Maßstäbe des § 7 UWG kommen zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB zur Anwendung.

Insoweit kann auf die Ausführungen zu § 7 UWG verwiesen werden. Dies gilt auch für die Rechtswidrigkeitsprüfung:

BGH, Urt. v. 14.3.2017, VI ZR 721/15

Die aufgrund seines Charakters als Rahmenrecht erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten der Beklagten aus, wie schon der Wertung des § 7 Abs. 2 UWG zu entnehmen ist. Unabhängig davon überwiegt das Interesse des Klägers das Interesse der Beklagten, dem Kläger Werbung mit elektronischer Post ohne sein Einverständnis zuzuleiten. Auch hier gilt, dass der Schutz der geschäftlichen Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe, vorrangig gegenüber dem wirtschaftlichen Gewinnstreben von anderen Unternehmen oder Gewerbetreibenden ist und dass die berechtigten Interessen der gewerblichen Wirtschaft, ihre Produkte werbemäßig anzupreisen, es angesichts der Vielfalt der Werbemethoden nicht erfordern, mit der Werbung in die internen Betriebsabläufe einzudringen (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.2000, I ZR 241/97 zu Telefonwerbung).

Ein Unterlassungsanspruch des Unternehmers oder der Privatperson ist nicht auf die konkrete E-Mail-Adresse oder Telefonnummer beschränkt, an die die E-Mail-Werbung oder der Werbeanruf gerichtet wurde.

BGH, Urt. v. 14.3.2017, VI ZR 721/15, Tz. 11

Das Begehren ist nicht beschränkt auf die derzeit der Beklagten und deren Werbepartnern bekannte geschäftliche E-Mail-Adresse des Klägers, sondern bezieht sich auf alle etwaigen gegenwärtigen oder zukünftigen geschäftlich genutzten E-Mail-Adressen des Klägers.