Nach § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 UWG darf u.a. nicht irregeführt werden über
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen.
BGH, Urt. v. 27.6.2024, I ZR 98/23, Tz. 15 – klimaneutral
Zu den sonstigen zur Täuschung geeignete Angaben rechnen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG auch solche über wesentliche Merkmale der Ware, zu denen auch das Verfahren der Herstellung sowie Vorteile der Ware zählen. Unter Vorteilen einer Ware sind positive Eigenschaften zu verstehen, die sich aus ihrer Gestaltung ergeben oder mit ihrer Verwendung einhergehen (BGH, GRUR 2023, 1710 [juris Rn. 20] - Eigenlaborgewinn, mwN). Zu den wesentlichen produktbezogenen Merkmalen zählen auch die vorliegend in Rede stehenden Angaben zum Herstellungsverfahren der Ware und seinen Auswirkungen auf die Umwelt sowie zu Maßnahmen, mit denen solche Auswirkungen ganz oder teilweise kompensiert werden.
BGH, Urt. v. 21.6.2018, I ZR 157/16, Tz. 20 f - Vollsynthetisches Motorenöl
Eine Irreführung über wesentliche Merkmale einer Ware im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG liegt nicht nur vor, wenn einer Ware konkrete, im Einzelnen benannte Eigenschaften zugewiesen werden, die sie tatsächlich nicht aufweist. Zu den wesentlichen Merkmalen einer Ware gehört auch die Zugehörigkeit zu einer Produktkategorie, die sich nach der Verkehrsauffassung von anderen Kategorien unterscheidet.
Zu den wesentlichen Merkmalen der Ware oder Dienstleistung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG gehört auch deren Art. Die Art eines Produkts bezeichnet seine Gattung und damit einen Oberbegriff für Produkte, die nach der Verkehrsauffassung in wesentlichen Merkmalen übereinstimmen. Der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Produktkategorie kann der Verbraucher auch ohne nähere Angaben zu konkreten Eigenschaften erste Informationen darüber entnehmen, welchen konkreten Bedarf dieses Produkt befriedigt. Die Angabe über die Art ist irreführend, wenn für die beworbene Ware oder Dienstleistung zu Unrecht die Zugehörigkeit zu einer Gattung in Anspruch genommen wird, mit der der Verkehr eine wie auch immer geartete Wertschätzung verbindet.
Ebenso BGH, Urt. v. 13.7.2023, I ZR 68/21, Tz. 39 – Bakterienkulturen; KG, Hinweisbeschl. v. 2.1.2024, 5 U 1015/20 (MD 2024, 224); OLG München, Urt. v. 30.11.2023, 29 U 926/21, Tz. 50
BGH, Urt. v. 21.6.2018, I ZR 157/16, Tz. 25 - Vollsynthetisches Motorenöl
Die Angabe über die Art im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 UWG ist bereits irreführend, wenn für die beworbene Ware oder Dienstleistung zu Unrecht die Zugehörigkeit zu einer Gattung in Anspruch genommen wird, mit der der Verkehr eine wie auch immer geartete Wertschätzung verbindet. Dabei kann auch durch Angaben irregeführt werden, die über die konkreten Eigenschaften einer Ware oder Leistung unmittelbar nichts aussagen, von denen der Verkehr aber annimmt, dass sie nur verwendet werden, wenn bestimmte Beschaffenheitsmerkmale vorhanden sind, die für die Wertschätzung durch den Verbraucher von Bedeutung sind. Ob die kaufrelevante Wertschätzung, die der nach diesen Grundsätzen gebildeten Produktkategorie vom Verkehr entgegengebracht wird, im Hinblick auf konkrete objektive Eigenschaften zu Recht besteht oder auf einer subjektiven Einschätzung beruht, wie etwa der Überlegung, mit dem Kauf einer infolge des aufwendigeren Herstellungsprozesses teureren Ware erwerbe man ein exklusiveres Produkt oder tue sich sonst "etwas Gutes", ist ohne Belang. Maßgeblich ist allein, ob diese Wertschätzung - wie im Streitfall rechtsfehlerfrei vom Berufungsgericht festgestellt - für die Kaufentscheidung von Bedeutung ist.
Zu einer bzgl. des Herstellungsverfahren zutreffenden Angabe, die aber mit anderen, höherwertigen Produkten assoziiert wird.
OLG Brandenburg, Urt. v. 7.2.2023, 6 U 55/22, II.1.c.cc
Zu den in § 5 Abs. 2 UWG genannten Umständen zählt die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung, worunter sämtliche nach der Verkehrsauffassung für deren Wertschätzung bedeutsamen Merkmale zu verstehen sind (s. etwa Sosnitza, in: Ohly/ders., UWG, 7. Auflage 2016, § 5, Rn. 247). Der demnach weit zu verstehende Begriff der Beschaffenheit umfasst daher auch Bewertungen und Empfehlungen von Verbrauchern. Denn derartige Bewertungen stellen für Verbraucher eine wichtige Informationsquelle dar und können ihre Kaufentscheidung maßgeblich beeinflussen (vgl. Erwägungsgrund 47 der Richtlinie (EU) 2019/2161).