"alle"
Beispiel: "Alle wollen den E-Postbrief"
OLG Köln, Urt. v. 15.7.2011, 6 U 34/11
Der Antragsgegnerin ist hinsichtlich dieser Werbeaussage einzuräumen, dass es sich um eine reklamehafte Übertreibung handelt. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die angesprochenen Verbraucher den Begriff "alle" in dieser Aussage nicht wörtlich nehmen, sondern als Übertreibung auffassen werden. Gleichwohl ist der Irreführungsvorwurf begründet. Der Verkehr wird nämlich annehmen, dass das beworbene neue Medium einen ganz erheblichen Zulauf ausgelöst hat. Er wird der übertreibenden Angabe "Alle wollen den E-Postbrief" also einen Tatsachenkern dahingehend beimessen, dass dieses neue Produkt in ganz besonderer Weise erfolgreich sei und umgangssprachlich einen "Run" ausgelöst habe. Diese Erwartung werden die Verbraucher auch angesichts der Verwendung des Wortes "wollen" mit der Werbeaussage verbinden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin werden die Leser das Verb "wollen" nicht ausschließlich oder in erster Linie dahin verstehen, dass die Betroffenen (lediglich) ein Interesse an dem Produkt hätten. Die Antragsgegnerin bringt durch das schlagwortartige Herausheben der Aussage "Alle wollen den E-Postbrief" im Gegenteil zum Ausdruck, dass über das reine voluntative Element hinaus auch tatsächlich bereits eine besonders hohe Nachfrage bestehe. Das ist indes nicht der Fall.
"alles"
Beispiel: "Ich nutze jetzt für alles den E-Postbrief"
OLG Köln, Urt. v. 15.7.2011, 6 U 34/11, II.3.a
Die Aussage "Ich nutze jetzt für alles den E-Postbrief" hat einen Tatsachenkern, indem zum Ausdruck gebracht wird, dass für die Übermittlung bestimmter Inhalte der E-Postbrief genutzt werden kann.
Der allen vier Personen in der Werbung wortgleich in den Mund gelegte Satz wird von dem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher, der den Flyer zur Kenntnis nimmt, dahin aufgefasst, dass mit diesem E-Postbrief all das, was bislang durch einen herkömmlichen Brief transportiert werden konnte, jetzt durch das neue Medium versendet werden kann.
... Jedenfalls dadurch, dass insgesamt vier verschiedene Personen verschiedenen Geschlechts und Alters für gänzlich verschiedene Lebensbereiche die Aussage "Ich nutze jetzt für alles den E-Postbrief" verwenden, wird klar zum Ausdruck gebracht, dass "alles" eben auch alles bedeuten soll.
Auch ohne Verwendung der Begriffe alle oder alles kann alle oder alles verstanden werden:
OLG München, Urt. v. 19.5.2022, 6 U 4971/21, II.2.b.3 (juris)
Nach dem für die Beurteilung einer Werbeaussage maßgebenden Gesamteindruck der Werbung wird der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung dahingehend verstehen, dass beim Kauf jeglicher TV- oder Haushaltsgroßgeräte ab einem Preis von 299 € im Aktionszeitraum eine Zusatz-Dienstleistung „Lieferluxus“, welche die Lieferung, den Aufbau, den Anschluss und die Inbetriebnahme des gekauften Geräts umfasst, zum Preis von 19 € hinzugebucht werden kann.
So enthält die Werbung zunächst keinerlei Beschränkung des Angebots „Lieferluxus“ auf bestimmte Geräte bzw. nimmt bestimmte Geräte nicht ausdrücklich von dem Angebot aus. …
Der durchschnittliche Verbraucher wird auch nicht aufgrund des Umfangs der angebotenen Dienstleistung, nämlich dass diese lediglich einen „Aufbau“, nicht jedoch einen „Einbau“ beinhaltet, darauf schließen, dass Einbaugeräte von dem Angebot ausgenommen sind.